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Donnerstag, 25. April 2024
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Geschrieben von Jürgen Splet   

Heft bestellen - Splets kleiner Reiseführer - Mit dem Citroen CX nach ... nun, der Weg ist das Ziel!

Der Sammler an sich ist ja ein geselliger Typ - eines der deutlichsten Beispiele dafür ist die Oldtimerszene und deren Anhängsel.  Und dass Europa nebst der gesamten Welt immer kleiner wird, bringt die unterschiedlichsten - und skurrilsten - Konstellationen zuwege. Ihr werdet lesen, wie ich das meine ...

Text & Photos: Jürgen Splet

 

ImageAber viele Sammler machen einen Fehler, sie vernachlässigen die Infrastruktur. Speziell die wirklich getriebenen mit Sendungsbewusstsein verfallen da oft in große Nöte. Was der Sammler in jedem Fall benötigt, ist ein in unglaublichem Maße wandlungsfähiges Transportfahrzeug - in unserem Fall seit gut zehn Jahren der Citroen CX Break - was da rein geht, was der zieht, wie wenig der braucht - sowohl Service als auch Sprit ... und die Hydraulikfederung ist der Gipfel, da sie wirklich jeden ladungsmäßigen Blödsinn gelassen ausbügelt und auch mit vollem Fahrzeug plus Hänger für ausreichende Gelassenheit hinterm Volant sorgt ...
Aber nun ist es passiert - die alljährliche Pickerlprüfung bescherte uns ein Transportfahrzeug, welches innerhalb von 30 Minuten vom Alltagsmuli zum oldtimermäßigen Restaurationsobjekt mutierte - und da wir noch viele Projekte vor uns haben, ist somit die CX-Ära im Hause Splet vorerst beendet.
Und noch etwas: Sammler tauschen ihre Sorgen untereinander aus ... daraus resultieren auch viele Besitzerwechsel und wertvolle Hinweise ... So wie letzten Sonntag (nicht aus der Sicht des Lesers, sondern aus der des Schreibers zum Zeitpunkt des Fabulierens ...). Mein polnischer Freund, dem ich per Skype im Zuge einer Terminplanung auch solches berichtete - mit dem Hintergedanken, er möge jemand kennen, der vielleicht Interesse habe - schaute mal flugs ins Internet - und teilte mir mit, dass jemand vom tschechischen CX-Club (Ja, den gibt‘s!) just am kommenden Wochenende, wo wir uns ohnehin treffen wollten, in Brno ein kleines CX-Treffen organisiere!
Na, ich nicht faul und den entsprechenden Link kontaktiert - ein paar Mails später war klar, wie unser Sonntag aussehen würde: Erst Brno, dann auf der Rückfahrt Saisoneröffnung des Traktoriums in Drasenhofen.
Sonntag, 3. April, ein schöner Morgen, der CX wartet vor der Waschstraße der ortseigenen Tankstelle darauf, sich in staubfreiem Kleid präsentieren zu können, wenn er auf seine Geschwister trifft.
Nicht nur unsere Tochter gab sich die Ehre, als Begleitung mitzufahren, sondern auch einer ihrer Freunde, der ein Faible für Citroen hat, schloß sich uns an - sodass wir schließlich gegen 9:45 starteten.
Dem Brünner Stadtverkehr sahen wir relativ gelassen entgegen, hatte sich doch ein anderer Oldtimerfreund aus Brno, seines Zeichens Besitzer zweier wunderschöner Fiats, erbötig gezeigt, uns außerhalb der Stadt zu treffen und sodann zum Ort des Geschehens zu lotsen ...
ImageWir hatten bestes Reisewetter, der Citroen schnurrte wie üblich - ist ja auch erst 25 Jahre alt, was ist das schon ... - und so fanden wir uns nach einer Fahrt durch die erwachende Frühlingslandschaft vor den Toren Brünns ein, wo wir schon erwartet wurden. Noch ein letzter kurzer Check per Telefon - und wir waren
Richtung City unterwegs. Brünn hat einige sehr große Parks relativ im Zentrum gelegen - überhaupt fühlt man sich in einigen Vierteln durchaus auch nach Wien versetzt (abgesehen von den O-Bussen, warum dieses Konzept in der Umweltstadt Wien nicht genützt wird, verstehe ich nicht!) - solche Bilder sagen sehr viel über die gemeinsamen Wurzeln aus und führen die Grenzen ad absurdum, die nur in den Köpfen bestehen, weder Landschaft noch Lebensweisen scheren sich darum ...
In einem dieser Parks sollte es nun sein, allein, wir durften nicht hinein - der Veranstalter war sauer, man hatte die Einfahrtsgenehmigung zurückgezogen ... der Albtraum aller Organisatoren war für ihn wahr geworden.
Er wollte noch abwarten, bis alle Teilnehmer anwesend wären und sodann anderswo hinfahren - den Plan dafür hatte er schon vorbereitet!  So standen wir mehr oder weniger planvoll im Park ‘rum und da hatte Petr (unser Vorfahrer im wahrsten Sinn des Wortes) die glorreiche Idee, uns seine Garage zeigen zu wollen - wir stimmten gerne zu, da es absehbar war, dass die nächsten beiden Stunden eher langweilig werden würden.
15 Minuten und ein paar Brünner Straßenzüge später standen wir vor der Garagenzeile, in der sich auch seine beiden Boxen befinden. Den einen der beiden Fiats kannte ich ja schon - der Multipla war vor ca. 15 Jahren aus meiner Ersatzkarosserie und seinem sehr rostigen Exemplar entstanden - aber der Fiat 1800 war ein echter Augenschmaus - den kannte ich in dem Zustand noch nicht. Auch meine Tochter und der junge Begleiter waren sehr begeistert - es ist aber auch ein schönes Fahrzeug!
Es folgten einige Benzingespräche, die die Zeit überbrückten, die Grzegorz benötigte, vom Park ebenfalls zu der Garage zu finden - er wollte uns ja eigentlich beim Park treffen ... Ab und zu sind Navis wirklich nützlich!
So standen wir also in Brno - eine Fuhre Österreicher, zwei Polen und zwei Tschechen - und unterhielten uns in einem Sprachenwirrwarr von Deutsch (Wir, Petr, Grzegorz), Englisch (Petr‘s Sohn, Grzegorz Begleiterin, wir) und Tschechisch - (ebenfalls Grzegorz, Petr und sein Sohn). Ach ja, ich vergaß zu erwähnen, dass der Organisator des Treffens auch Englisch sprach, seine Freundin eher Deutsch ... Aber es funktioniert!
ImageGegen 13 Uhr sollten wir beim nächsten Treffpunkt für alle Citroens sein - Petr meinte, dass der direkte Weg eher uninteressant wäre - er wolle uns durchs Ausflugsgebiet Brünn‘s führen.  Es war ein wunderschöner Tag, allerorten waren Radfahrer, Skater etc. unterwegs - so ähnlich wie auch am Stadtrand von Wien Richtung Wienerwald an solchen Tagen - und wir wurden auf eine Strecke gelotst, die es mit den Straßerln des Wienerwaldes leicht aufnehmen kann - kurvig, hügelig, zeitweise steill rauf und runter - dazwischen immer wieder Orte mit teilweise sehr schönen Häusern (Gründerzeitstil und ähnliches ...) und es ist klar ersichtlich, dass an der Verbesserung allerorten rege gearbeitet wird - wunderschöne Kirchen, Denkmäler etc.
... alleine für diese Straße hätte man normalerweise ein paar Stunden Zeit benötigt ... Das Ziel war ein Hügel mit einer Gedenkplattform - es war der Platz, von dem aus Napoleon vor etwa 200 Jahren die Schlacht von Austerlitz befehligte - leider war die Sicht nicht so klar, sonst hätte man von dort wirklich viele Kilometer ins Land gesehen, aber es war auch so sehr beeindruckend!  Insgesamt kamen dann sechs Citroen zusammen - drei CX aus Tschechien, unser CX Break, ein neuer C6 - das derzeitige Flaggschiff der Marke - und ein Xantia - ebenfalls mit den Vorzügen der Hydraulik gesegnet!
Unser junger Begleiter durfte dann ein Stück im GTI -Turbo des Veranstalters mitfahren - und war sodann für den Rest der Autowelt verloren - schätze, die moderne Kfz-Industrie hat da einen Kunden in spe eingebüßt ... Nur fliegen ist schöner, wie unser Freund Petr Tichy wusste, der andauernd die kreisenden Sportflieger beobachtete - einige kannte er ja persönlich als Flugkollegen - sein zweites Hobby!
Speziell ein grüner CX GTI nach einer Vollrestauration war ein Stück, dem man sich nur vorsichtig näherte, er war rundum wirklich wunderschön gemacht - Respekt! Wer weiß, wie kompliziert der CX unterm Blech gebaut ist, kann nachvollziehen, was da an Stunden verbraucht wurde!
ImageGrzegorz, der mehr den älteren Fahrzeugen zugetan ist - er restauriert einen Buckeltaunus und Kleinschnittger - hatte sich schon bald Richtung Drasenhofen verabschiedet, wir verließen die Runde einige Zeit später und verabschiedeten uns von unserem hervorragenden Führer durchs Brünner Umland, begleitet von Jan und seinem CX, der sehen wollte, was es da nicht weit von Brno wohl zu sehen gäbe - speziell die Schilderung des barocken Schüttkastens hatte es ihm angetan! Die Strecke Richtung Mikulov ist einfach schön bei solchem Wetter - und der Blick auf die Stadt, welche auf dem jäh aufragenden Burgfelsen thront, aus jeder Richtung ein Gedicht. Kurz danach eben Drasenhofen und das Traktorium von Hannes und Daniela Morocutti - von außen eine schöne Halle, eröffnet sich nach dem Durchschreiten des Eingangs eine eigene Sammlerwelt, die keine Vergleiche zu scheuen braucht! Aber schon vor der Tür waren einige Besucherfahrzeuge - ein Lloyd - diesmal nicht unserer, aber in der gleichen Farbstellung, ein Mirafiori - wann habt ihr den letzten auf der Straße gesehen? - und noch ein paar ältere Vehikel ...
Unsere beiden tschechischen Freunde waren sichtlich angetan, Jans Freundin interessierte sich speziell für die große Zahl an ausgestellten Uniformen - sie studiert Geschichte mit dem Seitenzweig Polizeihistorie - und nachdem mittlerweile auch Grzegorz, der einen Zwischenstop in Mikulov eingelegt hatte, eingetroffen war, gingen wir weiter den Hügel hinauf zum Schüttkasten. Ende des 17. Jh. von Graf Trautson erbaut (ja, genau die Adelsfamilie, von der auch das gleichnamige Palais in Wien stammt - sie waren rührige Bauherren!), wurde er in unglaublicher Liebe zum Detail in einen wunderbar erhaltenen Museumsbau gewandelt - und beinhaltet jetzt sowohl eine Moped- und Fahrradsammlung als auch eine Anzahl alter bäuerlicher Maschinen und Gerätschaften! Und das alles in einem Rahmen, den man nicht beschreiben kann - diese Atmosphäre und die Begeisterung der Besitzer muss jeder selbst erleben!
Irgendwann ist das Auge nebst Hirn nicht mehr aufnahmefähig - wer sich da in den Details verliert, ist für den Rest des Tages verloren ... und dann bietet sich die museumseigene Heurigenschank an, zu verweilen.
Es war auch gerade ein Tisch auf der Terrasse frei geworden - Kunststück, die Sonne war dort auch gerade weg ... aber wir setzten uns zu acht dorthin und erlebten wieder wie schon zuvor ein kleines Sprachenwirrwarr, das aber letztlich nicht für Verwirrung, sondern eher für Erheiterung sorgte - und es waren sich alle einig, einen schönen Tag verlebt zu haben. Ich für meinen Teil muss gestehen, dass mir bei der längeren Fahrt mit dem CX schon sehr schwer ums Herz wurde - sein bereits existenter Nachfolger, ein Toyota Carina Kombi, ist zwar sicher ein wunderbares Alltagsfahrzeug mit hohem Nutzwert, aber fürs Herz ... und über Bodenwellen schweben wird der nie! Aber alles geht leider nicht ... doch Tage wie der eben erlebte belohnen für all die Arbeit, die unser Hobby letztendlich bedeutet!
Genießt auch diese Seiten der Oldtimerei in diesem Sommer - fernab aller Hundertstelsekunden-Jagden bei Rallyes - und fahrt offenen Auges durch unsere wunderschöne mitteleuropäische Welt - dies wünscht allen Oldie-Fahrern und Beifahrern, Schraubern und Enthusiasten etc. Jürgen Splet.
 
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