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Donnerstag, 25. April 2024
Tatra-Derivationen Central Garage Drucken E-Mail
Geschrieben von Detlev Krehl   

Heft bestellen - Tatra-Derivationen Central Garage - Familientreffen mit Ahnenforschung

Eine Tatra-Ausstellung mit Tatra-Derivationen in der Central Garage in Bad Homburg vor der Höhe.

Text: Detlev Krehl

 

ImageWer weiß noch, dass...? Wissen Sie etwas über AUSTRO-Tatra, DELT A, DETR A, Lorraine-Tatra, Tatra-Fitzmaurice, UNIT AS-Tatra und Schenk (Schweiz)? Nach Aussage des Initiators und Kurators Klaus Buschbaum ist das Thema Tatra weltweit sicherlich hinlänglich bekannt.  Dank mannigfaltiger Veröffentlichungen in Fachpublikationen oder Bücher. Ein weiterer Grund sind Museen in denen Tatra-Modelle ausgestellt sind. In einem solchem Umfang und in einer solchen Konstellation, wie in der Bad Homburger Ausstellung, jedoch erst- und einmalig. Hierbei handelt es sich um eine Retrospektive besonderer Art. Aufgewachsen als "Offenbacher Bub", an der Stadtgrenze zu Frankfurt am Main, war es für den "Macher" der Ausstellung Ansporn und Hauptmotivation mehr über die Historie der Frankfurter DELT A und DETR A zu erfahren und dies der breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Daraus resultiert die Ausstellung für das Publikum. Für Klaus Buschbaum war die fachliche Aufarbeitung des Themas ein erster Baustein um ein Gesamtes darstellen zu können. Dieses wiederum bedeutete Puzzleteile in verschiedenen Ländern aufzufinden und zusammenzusetzen. Dieser zeitintensiven Aufgabe hat er sich angenommen.  So fand er eine größere Anzahl unterschiedlichster Exponate in privaten und musealen Sammlungen.  Nebenbei förderte seine Recherche die Zusammenführung von Gleichgesinnten, im Sinne der Bewahrung von Tatra Historie und Tatra-Lizenz-Produkte. Ihren spezifischen Hintergrund haben alle Exponate durch einen gemeinsamen Ursprung in Tatra. Im Besonderen die länderspezifischen Eigenschaften und deren unterschiedlichsten Firmenhistorien können in Bad Homburg v.d.H. erstmalig dargestellt und detailliert aufgezeigt werden. Die Zusammenhänge der einzelnen Firmenportraits werden dadurch ersichtlich. Denn wer von den Frankfurter Bürgern weiß noch, dass außer der Firma Adler (ehemals Heinrich Kleyer) Fahrzeuge (Motor-Dreiräder, Motorräder und Automobile) ganz in deren Nähe, in der Frankenallee 98-102, die Delta Werke (Deutsche Lizenz Tatra - 1925-1927) und daraus hervorgegangen die DETR A Werke, (Deutsche Lizenz Tatra-Automobile vormals DELT A - 1928-1958), Automobile produzierte? Genauso verhält es sich mit Fahrzeugen an den anderen Produktionsstandorten.  UNIT AS-Tatra in Budapest/Ungarn fertigte in Lizenz, von 1928 an bis etwa 1930 das Modell Tatra Typ 12. Ihre eigenen Karosserie-Entwürfe orientierten sich in weiten Teilen an denen des Original-Tatra.
ImageDer Kunde konnte anhand 13 verschiedener Karosserie-Varianten wählen. Neben Innenlenker-Limousine, Phaeton und Tourenwagen-Aufbau waren in dieser Karosserievielfalt Phaeton mit Spezialaufsatz für Gewerbetreibende, Lieferwagen in verschiedenartigen Ausführungen, geschlossene Warenwagen, offene 1,0 Tonnen Pritschenwagen und geschlossene 1,0 Tonnen Lieferwagen enthalten. Die österreichischen Ableger entstanden im Tatra-Werke Automobilund Waggonbau-AG, Wien, im Zeitraum von 1924 - bis 1935. Auf die vom Tatra-Werk Nesselsdorf gelieferten rechtsgelenkten Fahrgestelle der Tatra-Typen 11, 12 und 30 wurden Karosserien aufgebracht. Deren äußeres Erscheinungsbild war bei einigen späteren Ausführungen anhand kleinerer Änderungen gegenüber dem Original als Wiener Tatra zu erkennen. Nur die hier gebauten Karosserien wiesen eine zum Teil geänderte A-Säule und geänderte Kotflügelformen auf. Eine zwingende Umbenennung der Tatra-Werke Wien in AUSTRO -Tatra erfolgte 1935. Die viel zu hohen Einfuhr-Zölle ließen eine weitere Produktion in dem bisher bekannten Umfang wirtschaftlich unrentabel erscheinen.  Daher entschloss man sich von 1936 an ein 100%iges österreichisches Erzeugnis unter der Firmierung AUSTRO -Tatra Werke GmbH, Wien, am Markt anzubieten. Der AUSTRO - Tatra Typ 57 wurde als Limousine, Kabriolett und Lieferwagen angeboten und vertrieben. Aus einem Familienbesitz im Kärtner Gailtal konnte der weltweit einzige AUSTRO -Tarta 57 L Lieferwagen mit Holzpritschen-Bauweise für den Zeitraum der Ausstellung entliehen werden.
Ein Exponat, welches lediglich beschrieben wird, vermisst man in der Ausstellung. Hierbei handelt es sich um den Tatra-Fitzmaurice. Captain D. Fitzmaurice ersann den Tatra-Typ 75 zu importieren und zu verkaufen. Er ließ sich als "Sale Concessionaire for British Empire", Lizenznehmer zwecks Baus mit Karosserien nach eigenen "britischen" Entwürfen eintragen. Nach Recherche-Ergebnissen ist lediglich noch das Original-Fahrgestell des "Streamline-Saloon" vorhanden. Eine von der Thomas Harrington Ltd. karosserierte Aluminiumhaut ist abhanden gekommen. Dieses Fahrzeug, ein Prototyp, war 1933 auf der Londoner Olympia Motor Show ausgestellt gewesen. Leider sind bis heute keine Zahlen bekannt, in welcher Stückzahl Captain Fitzmaurice Tatra Automobile nach Großbritannien importierte. Ein außerhalb Frankreichs bisher nicht gezeigter Kolonialwagen für das Französische Militär, basierend auf dem Tatra-Typ 72, zieht sicherlich die Blicke des Publikums in der Präsentation auf sich. Der hier gezeigte Lorraine-Tatra ist mit zusätzlichen kleinen Stützrädern am Vorderwagen ausgestattet. Laut überlieferten Daten wurden Fahrzeuge dieses Assembling-Lizenz Baus im Zeitraum 1934 bis 1938 produziert.
ImageJe nach Wünschen der verschiedenen Militäreinheiten (z.B. Luftwaffe) entstanden geländegängige Tatra-Automobile mit einem modifizierten Fahrwerk und eigenständigem Karosseriebau (z.B. offene Kübelkarosserie), angelehnt an die originalen Tatra-Karosserien. Wirtschaftliche Überlegungen, manchmal auch wirtschaftliche Notwendigkeiten, führten zu der ein oder anderen Tatra-Lizenzübernahme. So wurde unter anderem in den beiden nachfolgenden Firmen anhand einer Tatra-Lizenz produziert. Als erstes ließen die Neue Röhr Werke AG, Ober-Ramstadt, von 1933 - bis 1935 einen Röhr Junior mit leicht überarbeiteter Technik des Tatra-Typ 75 entstehen. Vor einer großen Wand mit zeitdokumentarischen Fotos steht ein in der Ausstellung besonders zu beachtender Wagen.
Diese Fotos machte die ehemalige Besitzerin des Röhr-Junior Sportwagens, Marion Gräfin Dönhoff höchstpersönlich auf ihren ausgiebigen Langstreckenfahrten, die ihr als Reportage-Fahrten dienten. Kapital-Beschaffungs-Maßnahmen zwangen die Werksführung der Neue Röhr Werke im März 1935 die Produktion der Röhr-Junior Limousinen, Kabriolett-Limousinen, zweisitzige Sportwagen und für militärische Zwecke aufgebaute Kübelwagen-Karosserien einzustellen. Direkt im Anschluss daran konnte man sich mit einem zu dieser Zeit sehr renommierten Automobil-Hersteller Deutschlands, Stoewer-Werke AG, vormals Gebrüder Stoewer, Stettin, zur Übernahme der Lizenz-Bauweise einigen. Alle notwendigen Produktionsanlagen wurden noch im Jahr 1935 nach Stettin verbracht um von diesem Standort aus die Länder Deutschland, Niederlande, Skandinavien, Spanien und die Schweiz mit dem recht erfolgreichen Modell zu bedienen. Erste Exemplare, noch aus Röhr-Restbeständen, wurden durch eine Stoewer-Greif Figur auf der Motorhaube und dem Stoewer-Greif Emblem auf den Radkappen markentypisch angeglichen. Besonders hervorzuheben ist eines von drei hergestellten Exemplaren des Stoewer-Greif-Junior Geländesportwagen, welches sich in der Ausstellung befindet. Dieses Fahrzeug stellt motorsportliche Erfolge in außergewöhnlicher Form dar. In der Zeit von 1935 bis 1939, Produktionszeitraum des Stoewer-Greif, ersann man seitens der Obersten Nationalen Motorsportbehörde werbewirksame Veranstaltungen. An diesen Vergleichsfahrten nahm unter anderem dieser Stoewer-Greif-Junior Geländesportwagen siegreich an der Brandenburgischen Geländefahrt und der Ostpreußenfahrt 1939 teil. Beide Firmen, Röhr und Stoewer, fertigten ihre Karosserien im eigenen Stil und hatten dadurch äußerlich keine direkte Zuordnung zu der unter der Haube steckenden Tatra-Lizenz-Technik. Dann wäre da noch der Frankfurter Teil der Geschichte.  DELT A und DETR A. Deutsche Lizenz Tatra-Automobile (DELT A) in Frankfurt am Main von 1925 bis 1927.
ImageGezeigt werden in Bad Homburg, unweit von Frankfurt, zwei weltweit einzig erhaltene Fahrzeuge des frühen Frankfurter DELT A-Modells Typ 11, welches technisch dem Tatra-Typ 12 entspricht. Von 1928 an bis 1958 firmierte die gleiche Firma unter DETR A (Deutsche Lizenz Tatra-Automobile Betriebsgesellschaft mbH) vormals DELT A. Weltweit einmalig ist auch der als "Großer Vier-Zylinder" bekannte DETR A 8/40 Warenwagen (1931-1933), welcher technisch dem Tatra-Typ 52 ebenbürtig ist und dieser kann im Rahmen dieser Ausstellung bestaunt werden.
Einer der "Letzten", so könnte man den, im Original mit einem 4-Zylinder-Boxer Motor bestückten, in der Ausstellung befindlichen Tatra-Typ 600 "Tatraplan" bezeichnen. Das gezeigte Modell ist nachträglich mit dem größeren V-8 Zylinder im Heck bestückt worden.  Dieser Umbau, als frühes Tuning bezeichnet und zeittypisch, ist jedoch nicht das Besondere am Tatraplan. Als Produktions-Standort wird das Skoda-Werk in Mlada Boleslav genannt und nicht Tatra in Koprivnice. Es war in der staatlich gelenkten sozialistischen Planwirtschaft üblich solche Planerfüllungskorrekturen durchzuführen.  Daher wurde der Tatra 600 (1951-1952) bei Skoda gebaut und zweitens ist es die letzte serienmäßig bei Tatra gebaute Stromlinie nach Lizenz des Schweizer Aerodynamikers Paul Jaray.  In der Modellfolge, angefangen im Jahr 1934 mit dem Tatra 77, gefolgt von den Modellen Tatra 77A, Tatra 87 und 97. Dem Ausstellungskonzept entsprechend haben wir nun fast alle Protagonisten aufgezählt. Die Schweizer Abteilung wird repräsentiert in Form eines Schweizer Militär-Fahrzeuges, Tatra 72 "4 x 4". Den Aufbau erledigte das Eidgenössische Militätdepartment, Kriegstechnische Abteilung Bern. Baujahr 1935 im Zeitraum 1934 - 1938. Hier ist zu bemerken die Einmaligkeit, Form und Historie, des Fahrzeuges.
Es wurde als Fahrgestell in die Schweiz geliefert und von der Schweizer Armee als Feuerwehr- Fahrzeug aufgebaut und im Anschluss daran in Langnau zu diesem Zweck genutzt. In diesem Zusammenhang sind die zwei ausgestellten Feuerwehrspritzen genauer zu betrachten. Die Firma Ferdinand Schenk, Motorspritzenfabrik, Worblaufen bei Bern, war "der" Schweizer Hersteller von Feuerwehrspritzen (1817 - 1957).
Wie kam dieser Hersteller daran, Motorspritzen mit Tatra Motoren auszustatten?  Ferdinand Schenk verband eine enge persönliche Freundschaft seit Anfang der 1930er Jahre mit Hans Ledwinka. Ab diesem Zeitraum begründet sich auch die Schweizer Generalimporteur-Tätigkeit von Tatra in die Schweiz. Was noch fehlt sind im Eingangsbereich zwei Exponate, anerkannt als geniale Hans Ledwinka Konstruktion, welche die Basis der meisten Ausstellungs-Fahrzeuge darstellt. Rechter Hand ein Original Tatra 11 Fahrgestell und links davon ein vollständig restaurierter Tatra 11 Phaeton.
Neben diesem Tatra 11 Phaeton und einem aufgestellten Portraits ihres Großvaters, Hans Ledwinka, posierte am Ausstellungs-Eröffnungstag die Enkelin, Johanna Mader. Frau Mader ist die Tochter von Fritz Ledwinka, Sohn vom Hans und ehemaliger Autokonstrukteur. Somit erhielt die Ausstellung eine zusätzliche persönliche Note. In einem eigenen gesonderten Raum im Rahmen der Ausstellung findet eine Sonderausstellung mit dem Titel "Stromlinie" statt.
Hier werden zwei Tatras in besonderer Form dargestellt. Es handelt sich um das Modell Tatra 87 und 603. In den auf der gesamten Ausstellungsfläche bereitgestellten Vitrinen werden seltene Devotionalien der Marke Tatra und deren Ableger präsentiert.
Nicht genannte Modelle sind in der Präsentation selbst zu erkunden. Lassen Sie sich überraschen, es handelt sich noch um das eine oder andere außergewöhnliche Fahrzeug.
 
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