Home arrow Archiv arrow AC 2014/01 arrow Franz Kammerhofer Oldtimerbesitzer  
Donnerstag, 28. März 2024
Franz Kammerhofer Oldtimerbesitzer Drucken E-Mail
Geschrieben von Eva Vielhaber   

Heft bestellen - Franz Kammerhofer Oldtimerbesitzer - Da Papa wird's scho richt'n ...

Ein Leben ohne Oldtimer ist möglich, aber dennoch sinnlos!

Text: Eva Vielhaber
Photos: zvg Familie Kammerhofer
  ImageGerichtet hat der Papa nie was, aber restauriert!  Wer kann schon behaupten, jedem seiner drei Kinder ein selbst restauriertes Puch-Motorrad geschenkt zu haben? Er, Franz Kammerhofer, er kann‘s! 1937 in Seitenstetten im Mostviertel geboren, erlernte er beim Vater seiner späteren Ehefrau Grete den Beruf des Fassbinders. Später arbeitete er als Werkzeugmacher bei den Steyr- Werken aber das "Mechanikern", das hat er beruflich nie erlernt.
Beide, sowohl Grete als auch Franz, haben sich bereits in der Jugend ihrer gegenseitigen Liebe aber auch der "Oldtimerei" verschrieben. Die emanzipierte Grete besaß bereits Anfang der 1960er Jahre einen Auto- und Motorradführerschein - damals für eine Frau die große Ausnahme!  Grete und Franz stehen stellvertretend für zahlreiche "under cover"-Oldtimer-Fanatiker in Österreich, die auf ihre eigene, bescheidene Art, verbunden mit zahlreichen Entbehrungen, vor allem finanzieller Natur, es im Laufe ihres Lebens zu einer beachtlichen Sammlung gebracht haben.
Franz sagt, dass das Restaurieren für ihn fast wie Matador spielen* war. "Damals war ein altes Fahrzeug noch kein Oldtimer, diese Bezeichnung gab‘s noch nicht wirklich. Viel Wert legte man nicht darauf, jeder war froh, wenn er sich ein neues Fahrzeug leisten hat können. Aber mein Franz war damals schon anders und wenn ich ein Fahrzeug g‘wesn wär, dann hätt‘ ich sowieso den Himmel auf Erden g‘habt!", erzählt Grete. Mit ihrem Vater, der eine Fassbinderei hatte, ist Grete in den 1950er Jahren in einem 26er Steyr-Traktor, Baujahr 1947, bestückt mit 2! Anhänger "Wein-Fassln" nach Podersdorf liefern gefahren. "Nach ein paar Kilometer hab‘ ich durch das Schütteln am Traktor so Schluckauf g‘habt ... diese Fahrt vergess‘ ich nie, sie dauerte ewig!", erzählt Grete.

ImageFranz und seine "großen Lieben". Sein erstes Fahrzeug war eine "Stangl-Puch"; MS 50 Baujahr 1954. "MS" steht für "Moped Schalenrahmen" und "50" für den Hubraum. "Fahrrad mit Hilfsmotor" wurde damals ein Moped genannt.  Die Bezeichnung Moped setzt sich aus "MOtorisierte PEDale" zusammen. Später folgte eine gebrauchte Puch 175er SV, Baujahr 1954. (SV = Schwingarm-Vollnabenbremsen).
1956 kaufte Franz auf einem Flohmarkt einen Opel Rekord, einen typischen "Hühnerstall- Fund" - dementsprechend sah dieser Opel auch aus! 1960 wurde ein Fiat 600er gekauft. Damit ging‘s dann 1962 auf Hochzeitsreise nach Italien: Caorle, Venedig und retour über den Großglockner.  1966 wurde der 600er von einem Fiat 1100 RI abgelöst.
1975 wurde sowohl ein neuer FIAT 124er, aber auch ein "Feuerwehrauto", ein "Willys Jeep", Baujahr 1942, gekauft! Der Jeep war rot, hässlich, komplett zerlegt und rostig ehe ihn Franz komplett von Grund auf restaurierte.
Und da richtige Improvisation die halbe Restauration ist, wurde kurzerhand die Kinder-Schaukel im Garten zu einer Art "Flaschenzug" umgebaut.  Dieser "Flaschenzug" wurde auch Jahre später immer wieder verwendet.  Vor allem dieser Jeep prägte die Kindheit der "Kammerhofer-Sprösslinge", denn damit wurden die schönsten Ausflüge unternommen und diverse Baby- und Kinderfotos gab es ja sowieso immer nur mit Fahrzeugen, die auch oftmals Namen bekamen, wie zum Beispiel "Clementine", der orange-rote VW-Käfer, Baujahr 1972.  Dieser wurde vom "grünen Käferl" in "amerikanischer Ausführung", Baujahr 1962, abgelöst.

ImageHand in Hand - nur so klappt's.
Grete hat immer mitgearbeitet. Sie hat Ventile geschliffen, Chromteile mit einer alten Schuster-Poliermaschine auf Hochglanz gebracht, geschraubt, gehämmert u.v.m. Ein guter Freund hat die Lackierarbeiten übernommen.
"Die Küche war bei uns eine Art Gemeinschafts- Werkstatt. Ich erinnere mich noch als wir einmal einen Puch-Roller über die Stiege geschleppt haben. In der Küche wurde dann gekocht, restauriert und dazwischen haben die Kinder Hausaufgaben gemacht ...", erzählt Grete.  "Naja, ich habe mich bei diesem Roller eh sehr beeilt, da Grete nicht so glücklich d‘rüber war und in der Küche war es schon ganz schön eng, aber schön ist er g‘worden der Roller!", so Franz schmunzelnd.

Et voilà: 3 selbst restaurierte Puch-Motorräder für 3 Kinder. Zuerst war alles geheim.  Keines der Kinder konnte ahnen, dass die drei Puch-Motorräder, die Franz und Grete so emsig restaurierten für sie sein sollten.  Andreas, bekam die "türkis-grüne" Puch 250 SGS, Baujahr 1956. "Eine ungewöhnliche Farbe, die ich nur schwer hin kriegte. Diese Puch wird bei Veranstaltungen immer kritisch beäugt und als kitschig abgestempelt. Ich erkläre dann immer, dass die Farbe äußerst selten und original ist und daher so eigenartig wirkt, da es sich bei diesem Motorrad um ein "Export-Modell‘ handelt!", sagt Franz.
Margret, auch "Maxi" genannt, bekam eine schwarze Puch 250 SGS, Baujahr 1954 und Eva, die Jüngste eine rote Puch 250 SGS, Baujahr 1957 (SGS steht für SchwingGabel-Sport).  "Für eine Oldtimer-Ausfahrt holen wir Kinder die von unserem Papa geputzten, polierten und aufgetankten Motorräder, die nach wie vor bei ihm in der Garage stehen, bekommen jeder 10 Euro, damit wir uns ein Jauserl kaufen können - ein lustiges Ritual seit Jahren. Die Liebe zu den Oldtimern haben wir wirklich in die Wiege gelegt bekommen und diese Liebe geben wir auch an unsere Kinder weiter!", sagt Eva.

ImageDer aktuelle Fuhrpark - Drei Jawa Motorräder 350, ein Jawa Beiwagen-Gespann (Jawa, ein tschechoslowakisches Unternehmen, wurde von Franticek Jane?cek gegründet und war ursprünglich eine Waffenschmiede. 1929 wurde mit der erworbenen Lizenz der Wanderer Werke AG das erste Motorrad erzeugt - eine Kopie der deutschen Wanderer. Jawa = JAnecek und WAnderer) - eine CZ, Franz nennt sie ein "tschechisches Wunderwerk". Die CZ-Werke (Ceska Zbrojovka/Tschechische Waffenfabrik) wurden nach dem Ersten Weltkrieg gegründet und stellten anfangs nur Waffen her.
Dann gibt‘s da noch einige Puch-Motorräder, zahlreiche Puch-Mopeds wie eine gelbe Puch VZ, 50 M, Baujahr 1969, eine "Stangl-Puch" MS 50, Baujahr 1962, 2 Maxi Puch ... mindestens 20 bis 30 Waffen-Räder. Einmal im Jahr macht die ganze Familie eine kleine Waffenrad-Spritz-Tour.  Das "Waffenrad" ist ein Lizenzprodukt des "Swift"-Rades aus England. Die Bezeichnung entstand, da der Hersteller (Österreichische Waffenfabriks-Gesellschaft) in Friedenszeiten ab Ende des 19. Jahrhunderts Fahrräder für zivile Zwecke produzierte. Der Begriff "Waffenrad" wurde 1896 als Markenname registriert. Seit Anfang der 1930er Jahre bis 1987 wurde es in den Puch-Werken Graz-Thondorf gefertigt.

Das Paradies liegt oftmals so nah. "Meine Mutter wohnte im Parterre und kurz nach ihrem Tod hab‘ ich alles zu meinem kleinen "Biker Paradies‘ gemacht. Die Küche wurde zum Biker-Stüberl und das Schlafzimmer zur Garage.  Die Vorhänge und die Original-Wandmalerei sind noch immer so, wie bei meiner Mama. Da treffe ich mich regelmäßig mit meinen Kumpels und dann plaudern wir von früheren Zeiten ...", erzählt Franz schmunzelnd.
Erwähnenswert ist auch, dass Franz in den 1960er Jahren bei einigen der damals legendären Moped-Rennen in Sigmundsherberg im Waldviertel mit einer "Stangl-Puch" MS 50 teilnahm.  Es gibt auch Erlebnisse, wie eine Fahrt über die "Wieser Höhe" (kleine Anhöhe vor Waidhofen an der Ybbs) in einem 60er Audi in den 1970er Jahren. Grete und die zwei Töchter mussten sich auf der Motorhaube platzieren, angeklammert an den Scheibenwischern o. ä. ... da sonst Franz nicht über "den Berg gekommen" wäre! Es war schließlich Winter und die Schneeräumung ließ noch auf sich warten! "Fast erfroren sind meine drei Damen, aber als Oldtimer-Enthusiast muss man oft Opfer bringen!", erzählt Franz lachend.
Seine Grete schüttelt nur den Kopf! Franz Kammerhofers Garage war immer voll, an einige der Fahrzeuge kann er sich gar nicht mehr erinnern, denn es waren so viele. Fahrzeuge wurden gekauft, verkauft ... Ende der 1970er Jahre avancierte aber die Marke PUCH zu seinem absoluten Liebling!  Heute blickt das Ehepaar Kammerhofer zufrieden auf diese, oftmals entbehrungsreiche, aber doch sehr schöne Zeit mit ihren drei Kindern und ihren Oldtimern zurück! Sie sind sich sicher, dass ihre sechs Enkelkinder und auch das erste Urenkerl diese Tradition mit viel Herz weiterführen werden!
 
< voriger Eintrag   weiter >