Verkehr in Madagaskar |
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Geschrieben von Christian Mitterdorfer | |
Heft bestellen - Verkehr in Madagaskar Verkehr in Madagaskar - dort wo der Pfeffer wächstText: Christian Mitterdorfer Photos: Christian Mitterdorfer, Fidy Rakotoarivony, Birgit Liebers (www.wuestenschiff.de) und Denis Bonthoux (www.zigzag-madagascar.com), www.team-bhp.com ![]() Trotz der enorm großen Fläche ist das Straßennetz Madagaskars sehr überschaubar, es gibt ein grobmaschiges Netz von Hauptverkehrsstraßen, die letzten paar Hundert Kilometer wurden überhaupt erst vor wenigen Jahren asphaltiert. Die meisten dieser Hauptverkehrsstraßen verdienen aber nicht das Wort Straße in unserem Sinne, wohl gemerkt wir sprechen von den Hauptstraßen: Eng, kurvig und mit zig Schlaglöchern übersäht. Das Nebenstraßennetz hingegen besteht zu 100 % aus Staubstraßen, sogenannten "Pisten", meist aufgrund der erzreichen Erde rotgefärbt. Laufende Straßenwartung ist schlicht nicht existent. Das Resultat kann sich jeder selbst ausmalen. Als Draufgabe kommt im Südsommer, also zu Beginn des Kalenderjahres die Regenzeit mit weiträumigen Überschwemmungen. Häufig sind Straßen, wie auch Brücken ein bis zwei Meter unter Wasser und ganze Landstriche Wochen nicht erreichbar. In den Westen der Insel gelangt man etwa von Jänner bis April fast gar nicht. Gerüchte, dass in Madagaskar im Jahre 1901 die erste Autobahn weltweit mit einer Länge von 200 km gebaut wurde, konnte ich nicht verifizieren, sind aber schwer vorstellbar. Ein weiteres Faktum ist, daß es keine verlässlichen Straßenkarten gibt, die wenigen verfügbaren Karten sind alle sehr ungenau, unvollständig und in vielen Details auch falsch. ![]() Der motorisierte Personenverkehr wird hauptsächlich mit Taxi Bé und Taxi Brousse abgewickelt. Dies sind Sammeltaxis, wobei Taxi Bé die "Express"-Version darstellen, die Taxi Brousse bei jedem Ort stehen bleiben. Beiden gemein ist die hauptsächliche Verwendung von alten Peugeot Breaks der Modelle 403, 404, 504 und 505. Vereinzelt auch Kleinbusse französischer und japanischer Provenienz. Die Normalbesetzung dieser dreireihigen Kombis sind zwei Passagiere am Beifahrersitz, vier in der Mittelreihe und drei in der dritten Reihe, also zehn Personen. In Einzelfällen gehen sich auch noch ein oder zwei mehr aus. Das zahlreiche Gepäck findet dann am Dachträger Platz. Hühner und andere Haustiere werden noch zwischen die Reisenden gepackt. Die weitaus größte Menge des Personentransports wird allerdings zu Fuß erledigt. Auch kilometerweit außerhalb von Ortschaften sieht man immer wieder Gruppen von Personen, die zum Teil schwere Lasten auf ihren Köpfen auf die Märkte in den Ortschaften tragen bzw. die Einkäufe von den Märkten wieder nach Hause bringen. Bevorzugt weil begütert ist da bereits der, der ein sogenanntes Zebu Car - einen Ochsen Karren sein Eigen nennt. Auf Überlandstraßen ergibt sich daher ein Slalom um Fußgänger, Ochsenkarren, Sammeltaxis, die gerade ein- oder aussteigen lassen und natürlich liegen gebliebene Fahrzeuge, die immer wieder den Straßenrand säumen. ![]() Im "Enten-Taxi" durch Tana, der Hauptstadt Madagaskars. Tana, die geläufige Kurzform für das unaussprechliche Antananarivo ist das letzte Biotop für im Alltag bewegte französische Oldtimer. Die verwendeten Autos sind größtenteils ausrangierte Fahrzeuge aus Frankreich, Belgien und Holland. Ca. ein Drittel der auf knapp 8.000 Autos geschätzten Taxi-Flotte in Tana sind Citroen 2CV, alle in Beige lackiert und viele mit einem selbst angepasstem Blechdach dauerhaft verschlossen. Neben den 2CV die beliebtesten Modelle sind Renault 4. Daneben sieht man auch noch häufig als Taxi verwendet: Citroen Visa, Peugeot 104 & 204, Renault 5 & 12 und zum Teil auch noch vereinzelte Peugeot 203 und Citroen Traction Avant, alle mit einem knallgelben Taxischild auf dem Dach als solche gekennzeichnet. Citroen DS haben wir leider keine gesehen, wohl ist die aufwendige Technik für den harten Alltagseinsatz nicht geeignet. Vor allem die 2CV und R4 zeichnen sich durch ökonomisches Verhalten aus, sie kosten gebraucht ca. fünf Millionen Ariary, das sind umgerechnet ca. EUR 1.500 und sind äußerst wirtschaftlich im Unterhalt und selbst zu reparieren. Allgegenwärtig ist der Mangel, so rollte unsere Taxi Ente schon nach kurzer Fahrt am Straßenrand aus. Unbeeindruckt holt der Taxilenker eine Ein-Liter-Wasserflasche gefüllt mit Benzin aus dem Kofferraum und tankt nach, weiter geht die Fahrt - Tankstop auf madagassisch! ![]() Schon kurze Zeit später war das Unternehmen der wichtigste Arbeitgeber in der Region. 1985 wurden auf der Mondial de l’Automobile in Paris auch für Europa zwei Modelle präsentiert: der Karenjy-"Iraka" und der Karenjy "Mazana". Internationale Schlagzeilen machte das junge Unternehmen auch, als Papst Johannes Paul II 1989 bei seinem Madagaskar-Besuch ein Karenjy-Fahrzeug als Papamobil verwendete. Der Höhenflug war aber nur von kurzer Dauer, im politisch instabilen Madagaskar war der Sturz des Machthabers Ratsiraka 1992 gleichbedeutend mit dem Ende der kurzen Fahrzeug-Produktion. Lokalen Gerüchten zu Folge muss wohl die einstige Kolonialmacht Frankreich im Hintergrund an den Rädern gedreht haben und dafür gesorgt haben, dass die so erfolgversprechende Autoproduktion in Madagaskar ein so abruptes Ende gefunden hat. Nun, der geneigte Leser mag sich selbst seinen Reim darauf machen, ob Hunderttausende in die Welt exportierte "Zebus" - so nennen die Einheimischen die Autos - den französischen und natürlich auch anderen Automobilherstellern ernsthaft Konkurrenz gemacht haben hätten könnten ... ![]() Derzeit werden wieder zwei Modelle von den ca. 50 Mitarbeitern ausschließlich in Handarbeit hergestellt, Fließbänder sucht man vergebens. Es sind dies das Allrad-Fahrzeug "Mazana" (Der Robuste), und der frontgetriebene "Iraka", beide sowohl geschlossen (carrossé) als auch als Cabrio (décapotable) angeboten. Die Fertigstellung eines Modells dauert etwa einen Monat. Angeblich können pro Jahr ca. 500 Fahrzeuge produziert werden. Die Preise bewegen sich zwischen EUR 5.000 und 7.000. Die Autos sind hervorragend für die miserablen und holprigen madagassischen Straßen geeignet. Auch die katholische Kirche spielt wieder eine kleine Rolle für die Auferstehung der Karenjy-Wagen, hat die Diozöse Fianarantsoa doch einige Wagen bestellt, um damit problemlos auch die abgeschiedensten Regionen erreichen zu können. Die Karenjy-Fahrzeuge basieren auf alter Renault 18-Technik, Für den 4x4 werden Dieselmotoren mit einem Hubraum von 2.068 cm³ mit einer Leistung von 66,5 PS verwendet, für den frontgetriebenen Iraka werden 1.400er Benzinmotoren mit einer Leistung von 64 PS verwendet. Die Karosserie ist selbst entworfen und wird aus Fiberglas hergestellt. Die Farben sind meist sehr kräftig schreiend in Giftgrün, Knallrot, Quietschgelb oder Grellblau und sollen so den Herausstehungscharakter besser unterstreichen, auf jeden Fall fallen sie im Verkehr dadurch besser auf. Angeblich gibt es Pläne auf neuere Renault Clio-Technik umzusteigen, wir haben aber vor Ort noch nichts davon gesehen. Neben den oben beschriebenen Fahrzeugen, die auf Renault-Technik basieren, gibt es auch zwei Modelle mit Citroen-Technik, die in Madagaskar zusammengebaut wurden bzw. werden: den Citroen Tily, ein Prototyp aus den späten 80ern mit Glasfaser-Karosserie auf BX Basis und den seit 2009 gebauten Karenyj Visa (Citroen Visa Lizenzbau) - mit Daihatsu 3-Zylindermotoren. Wir werden also auch weiterhin nicht sehr viel hören von Fahrzeugen "Made in Madagascar". |
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