Heft bestellen - Leiser Abgang des „Rollerprofessors“ – Ein Nachruf …
Völlig überraschend ist Magister Werner Schwöglhofer im Jänner vergangenen Jahres im Alter von 75 Jahren verstorben. Der „Herr Professor“, wie er im Kreis seiner kleinen Sammlerrunden – Flohmarktrunden – genannt wurde, war beruflich Zeit seines Lebens Professor für Mathematik und Leibesübungen. Er war fast wöchentlich am Wiener Flohmarkt anzutreffen.
Nach einer mehrmonatigen Schockstarre der Hinterbliebenen kam nun Bewegung in die „Rollerverlassenschaft“ und es hat sich das Doro-theum Wien bereit erklärt, die Versteigerung von insgesamt 300 Lots zu übernehmen.
Der Professor war ein Sammler aus Leidenschaft und hinterließ eine vom Volumen her mehr als beachtliche Sammlung von Motorrollern, Roller-teilen und Automobilia (vielleicht besser „Rollermobilia“), die man ihresgleichen in Europa kaum finden wird.

Zurück zum Beginn: Es fing eigentlich alles ganz unauffällig an: Ein Jugendfreund, der beruflich nach Salzburg umzog, schenkte dem Professor eine Lambretta – ziemlich verlottert, und nicht fahrfähig, aber mit gültigen österreichischen Papieren.
Damit begann die Suche nach Informationen und Teilen für diese Lambretta. Zunächst fand der Professor im damaligen Lambretta Gene-ralimporteur Heinrich Scherak einen Berater, Ersatzteilbeschaffer und dann auch Freund. Als dieser in Pension ging, übernahm der Professor etliche Ersatzteile und war schon soweit „in der Szene“, dass ihm klar war, dass bei der Typenvielfalt von Lambretta-Rollern für die Instandsetzung der „ersten Lambretta“ nur ein gleichartiges Gerät, also gleiche Type als Ersatzteilträger in Frage kam.

Des Professors Mutter lebte in der Gumpendorferstraße, ihr Sohn, der Professor, besuchte sie regelmäßig am Weg vom Akademischen Gymnasium nach Hause in den 23. Bezirk und natürlich auch an Samstagen im Rahmen seiner Flohmarktbesuche. Es war daher logisch, dass der Professor Jakobs Oldtimertreff (Dr. Jakob Barnea) – gleich um die Ecke kennen lernte. Wenn auch Jakob eher für Automobile und Beförderung bei Festen in historischen Automobilen bekannt war – gab es dennoch die erste Einführung über „wie man, einmal vom Oldtimervirus befallen, mit diesem umgehen solle“.
Was immer der erste Grund für den Virus – (Schaffung einer „Odtimer-Roller-Samm-lung“) war, der Ver-such, die geschenkte Lambretta mit Hilfe von Heinrich Scherak (zum damaligen Zeitpunkt noch Generalimporteur für Lambrettas und Lambretta-Ersatzteilen) zum Laufen zu bringen – oder der Kontakt mit Jakob – eine neue Sammlerleidenschaft hatte den Professor gepackt.

Es reihte sich Lambretta um Lambretta in die Sammlung ein. Parallel dazu jede Menge an Rollermodellen bis hin zu „Rollermobilia“.
Einmal vom Virus befallen, suchte der Professor nach Ersatzteilen und fand vor allem in Italien fachkundige Freunde, unter ihnen Vittorio Tessera, den heute nicht nur in Italien tätigen „Lambretta-Papst“ aus Mailand. Er hat dort ein Rollermuseum geschaffen und kümmert sich um die Reproduktion von Lambrettateilen. Über die Firma „Casa Lambretta“ vertreibt er Lambrettateile in ganz Europa mit zahlreichen Vertragspartnern in Europa (unter anderem Stoffis Garage in Österreich, Cambridge Lambretta in England, Scooter Center UK und Deutschland, um nur einige zu nennen).

Aus dem Kontakt entwickelte sich eine Freundschaft – man traf sich auf Messen in Padua oder Rimini, oder Vittorio Tessera kam nach Österreich auf Besuch zum Professor. Roller, Zeitschriften, Explosionsschaubilder von alten Modellen, alte Ersatzteilkataloge wurden ausgetauscht, zusätzlich Roller angeschafft – und zwar jetzt auch österreichische Roller wie Lohner, Kauba, KTM, Colibri, die so zum Teil nach Italien zu Vittorio Tessera gelangten.
Seine älteste Tochter Michaela, meine, seit 1990 bessere Hälfte, brachte den Virus mit in unsere Freundschaft und spätere Ehe und damit 2 Lambrettas, eine fahrfähig, Baujahr 1965 (ein Geschenk zur bestandenen Matura) und eine Lambretta als „Geduldsübung“ – launisch wie eine Zicke (mit Mailänder Kennzeichen). Vielleicht war dieses Gerät Teil der Mailänder Scala zur Verfügung einer Prima Donna … – eine Lambretta war fahrfähig und wurde laufend von Michi benutzt, aber auch die „Zicke“ wurde im Laufe der Jahre durch uns „domestiziert“. 
Und damit war auch ich vom Oldtimervirus angesteckt, denn gemeinsam mit dem Professor, dem Freund Heinrich und Michi erstand ich den ersten Oldtimer in Kirchberg an der Pielach – einen Fiat Topolino Belvedere Baujahr 1953.
Gemeinsam besuchten wir Teilemärkte damals noch in Wr. Neustadt, dann in St. Pölten und regelmäßig in Tulln. Einmal verschlug es uns „auf der Jagd nach den Dingen“ (Anm.: Spruch von Wilhelm von Humboldt …), gemeinsam nach Padua auf den Oldtimer- und Teilemarkt, immer auf der Suche nach fehlenden Teilen für Roller, ganzen Rollern, oder aber Teilen für unsere damals schon vier Mitglieder zählende Topo-linofamilie.

Während wir unser Haus im Weinviertel ausbauten und unsere (mittlerweile vierköpfige)Familie heranwuchs, beschafften wir uns größere Oldtimer. Rollerfahrten waren dann „out“. Als Begleiter des Professors bot sich dann sein Sohn an, er war der Jüngste in des Professors Familie. Christian war dann alt genug, um den Professor auf die Märkte zu begleiten und hatte so die Möglichkeit, in die Sammelleidenschaft einzutauchen, was bei der Sichtung und Vorbereitung der Versteigerung ein große Hilfe war.
Bereits vor seiner Pensionierung begann der Professor für sich und seine Sammlung ein Haus zu bauen (mit einem großen Keller …) und erweiterte seine Rollersammlung in einem uns völlig unbekannten Ausmaß. Sein ausgesprochenes Ziel war es, von jeder produziertenLambretta-Type zumindest ein Stück in seiner Sammlung zu haben. Und wir haben damals noch ungläubig darüber gelacht (Das schafft er nie! …). Wie wir jetzt feststellen mussten – weit gefehlt!

Unter anderem fanden wir beim Räumen des Hauses einen Roller der ersten Serie Baujahr 1947, der uns sehr bekannt war: Michi und ich waren in den späten 80er-Jahren unterwegs zu einem Markt in Italien und besuchten aufgrund einer Zeitungsannonce einen pensionierten Richter in der Nähe von Villach. Der Roller war schon damals größtenteils restauriert, so wie er heute im Rahmen der Versteigerung dargestellt wird. Der Verkäufer wollte diesen Roller aber dann doch nicht verkaufen. (Vielleicht waren wir ihn für dieses edle Stück zu jung?) So zogen wir unverrichteter Dinge wieder ab. Wir erzählten dies aber dem Professor – und „voila“ – 25 Jahre später sahen wir das gute Stück in seiner Sammlung!!!
Beim Räumen seines „Lambretta-Hauses“ erwarteten uns noch mehr Überraschungen, die jetzt im Rahmen einer Dorotheumsversteigerung „unter den Hammer“ kommen werden:

Das sind neben zahlreichen Lambrettas, Roller aus der Nachkriegsgeschichte Österreichs – Kauba, Colibri, Mirabell, sowie Lohner, Puch, KTM, Rumi etc.; unter anderem ein Lohnerroller, der laut Typenschein niemanden Geringerem als einem „Baumeister Ing. Richard Lugner“ gehörte.
Ebenso fanden wir bei der Räumung Modelle von Rollern, Autos, in verschiedenen Maßstäben, die immerhin drei große Transportkartons füllten, ganz zu schweigen von Werkzeug, Roller-literatur und Rollerersatzteilen. 
Um alle Roller samt Teilen zu transportieren, waren insgesamt 16 Fuhren mit Kasten-LKWS notwendig! Dies erklärt auch die für eine Versteigerung relativ große Anzahl von ca. 300 Lots.


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