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Freitag, 29. März 2024
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Geschrieben von Martin Winterle   

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Übersetzen wir das Wort Omnibus aus dem Lateinischen, so bedeutet „omni“ – „alle“. Der Bus für Jedermann hat eine lange Tradition, beginnend mit dem Betrieb von Pferdeomnibussen.

 

Anno 1876 konstruierten die Franzosen Bollée und Dalifol

ein dampfgetriebenes Monster, welches „Diligence à Vapeur“ genannt wurde. Mit einem Fassungsvermögen von 50 Passagieren nicht viel kleiner als aktuelle Reisebusse.

Den von Pferden gezogenen Kutschen und von Dampf betriebenen Ungetümen folgte 1895 der erste, von Carl Benz gebaute 8-sitzige Kraftomnibus, einen Panhard & Levassor gab es zwei Jahre zuvor. Mit seinen 5 PS befuhr er fast ein Jahr lang die Strecke von Siegen nach Netphen in Nordrhein-Westfalen. Seine weitere Entwicklung verlief bis Anfang der 1920er-Jahre parallel zum Lastkraftwagen. Zwischen 1910 und 1930 gab es daher fast ebenso viele Omnibushersteller wie Lastwagenfabrikanten. Erst die Einführung des Niederflurrahmens stellte die grundlegende Trennung vom Lastauto dar. Der erste Unterflurmotor entstand 1929 bei Hanomag. Seit etwa 1923 und ab 1950 fast ausschließlich, finden Dieselmotoren zum Antrieb Verwendung. Erstmals werden 1947 selbsttragende Karosserien für Omnibusse der französischen Firmen Chausson und Renault verwendet. Die von 1935–1950 in der sog. Trambusbauweise gefertigten Busse hatten ihren Motor noch vorne im Fahrgastraum, zwischen Fahrer und Einstieg. Erst nachfolgende Typen mit Unterflurmotor erbrachten echte zwei Meter mehr Innenraum für die Passagiere als herkömmliche Haubenbusse.


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Den Karosserieaufbau übernahmen anfangs Wagnereien und Waggonbaufabriken später Karosseriebauer. Namhafte Aufbauhersteller wie Kässbohrer (Daimler-Benz) und Auwärter (MAN) existieren im Grunde heute noch. Der Bau von Omnibussen für kommunale Großabnehmer wie Postverwaltungen und staatliche Transportbetriebe war meist eine regionale Angelegenheit. Spanische Pegaso, ungarische Ikarus, schweizerische und österreichische Saurer, Steyr, Gräf & Stift, skandinavische Scania und Volvo, tschechische Tatra seien als Beispiele genannt.

Dazu werden bei Bedarf, bereits seit den späten 1920er-Jahren Anhänger im innerstädtischen und Umlandverkehr als sog. Omnibuszüge eingesetzt.


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Begriffe für die unterschiedlichen Ausführungen waren in der Vergangenheit: Aussichtswagen, Spazierfahrtenwagen, Stadt- und Überlandomnibus, Doppelstock-Großstadtomnibus, Eineinhalbstockbus, Allwetterausführung, Alpenbus usw.

In der Gegenwart kennen wir den Cityliner, Hochdecker, Superhochdecker usw. Klassische Typen sind die Greyhounds und die gelben Schoolbusses aus Amerika, die roten Londoner, cremefarbige Berliner Typen u. a.


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Ein Mittelding zwischen Omnibus und Straßenbahn stellt der strombetriebene Oberleitungsomnibus, kurz Obus, dar. Der im innerstädtischen Bereich und für die Erreichbarkeit von Vororten geeignete Obus verfügt in moderneren Ausführungen über einen mit Benzin betriebenen Behelfsmotor, was ihm eine gewisse Unabhängigkeit von der elektrischen Oberleitung sichert.

Nicht vergessen werden darf beim Thema Omnibus die große Familie der Kleinbusse. Als berühmtester darf der VW Bulli und alle seine zahlreichen Nachfolger gelten. Weltweit führten nahezu alle Hersteller von Personenwagen auch solche Kleinbusse im Programm.

Im Modellautobereich stellen die für bis zu zehn Personen zugelassenen Minibusse ein eigenes Sammelgebiet dar.

Wenn es uns auch nicht vergönnt ist, einen echten, luxuriösen Reiseomnibus über schnurgerade Autobahnen oder durch schöne Landschaften zu lenken, um gut gelaunte Reisegesellschaften bequem zum Urlaubsziel zu transportieren, lass’ uns wenigstens so tun als ob …

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Also … spielen wir – „verreisen“


In der Beliebtheitsskala rangierte bei den Buben der Omnibus von jeher erst weiter hinten. Mit Feuerwehr, Rennauto und Traktor konnte sein Spielwert nicht mithalten. Dennoch werden seit mehr als 100 Jahren Omnibusmodelle angeboten. Wie bei allen anderen Kraftfahrzeugarten anfangs kleine Holzausführungen um wenige Kreuzer. Bald folgten fantasievolle Kreationen aus Blech in allen möglichen Größen. Immer auch im Trend der Zeit, manchmal sogar mit einem Blick in die Zukunft. Manche dieser lithografierten Kunstwerke aus der Zeit vor 1930 sind heute selbst von Fachleuten nicht mehr exakt einem Hersteller zuordenbar. Neben Deutschland und Japan kamen schöne Modelle aus Italien, Frankreich, England und den USA.


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Als in den 1960er-Jahren die Produktion erst nach Hongkong, später bis Indien und China verlagert wurde, nahm deren Beliebtheit spürbar ab. Auch hatte sich nach 1980 der Focus der spielenden Knaben anderen Zielen zugewandt.

Mit der Verbreitung von Gusseisen in der Spielzeugherstellung, ausgehend von den USA, wurden nach 1920 auch Omnibusse aus diesem Material hergestellt. Die weltweite Produktion von Modellen aus Zamak begründete in der Folge Märklin, Meccano, Mercury und Solido. Später kamen Matchbox, Corgi Toys, Tekno usw. dazu.


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Die ab etwa 1950 einsetzende Kunststoffverarbeitung im Spielzeugbereich teilte die kleinen Busse in zwei grundlegend verschiedene Größen. Zum einen, die für den boomenden H0-Eisenbahnbereich als sinnvollen Zubehör angedachten Modelle. Rasch mutierten diese aber zu einem selbständigen Sammelgebiet. Dieses Größensegment in H0 oder in 1:87, wie immer man sagen will, beherrscht seit Anfang an der Marktführer WIKING. Berühmt wurden die (immer wieder neu aufgelegten, daher preiswerten) Serien der Berliner Großstadt-Omnibusse mit praktisch allen Baumustern seit den späten 1920er-Jahren. Klassische wie aktuelle Baureihen schöner Linienbusse der Post und Modelle des Reisedienstes von 1950 aufwärts gab bzw. gibt es von BUSCH, RIETZE, PRALINE, PREISER, HERPA, BREKINA, FRÖWIS, ROCO Salzburg u. a.

Wer das Omnibus-Angebot von beispielsweise AWM der letzen 25 Jahre studiert, kommt beim Betrachten der zahllosen Farb- und Aufdruck- Varianten diverser Reiseveranstalter auf immer weniger Grundmodelle sehr schnell selbst drauf, dass nur konsequente Selbstbeschränkung beim Erwerb eine

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sinnvolle, nicht ausufernde Kollektion ergibt.

Die zweite Spezies stellten größere Omnibusse in 1:55 bis 1:40 dar, deren Plastikderivate nicht selten mit Blechboden und Schwungradantrieb angeboten wurden. Ihre Herkunft war meist die englische Kronkolonie Hongkong. Wenigstens stand es so auf der Bodenplatte.

Um vieles hochwertiger und in der Gunst der Sammler weit oben stehen Ausführungen aus Zamak in den Größen von 1:55 über 1:50 bis 1:40.

Wegen ihrer baulichen Größe lassen sich Omnibusse der obigen Maßstäbe vorzüglich gemeinsam mit Personenwagen in 1:43 sammeln. Nicht einmal 1:55 stellt einen großen Stilbruch dar, platziert man sie etwas im Hintergrund der Vitrine.


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Sammelbar sind zahlreiche Grundmodelle von Stadtautobussen und Reiseomnibussen von FIAT, Scania, Volvo, Mercedes-Benz, Renault, Berliet, Saviem, Chausson, Roadmaster, Leyland, MAN, Setra, Steyr, Saurer, Magirus, Pegaso aus der Epoche ab 1950.

Die bedeutendsten Modell-Hersteller waren bzw. sind bis heute: RIO, Märklin, Oldcars, Tekno, CIJ, Minialux, Dinky Toys, Corgi Toys, Matchbox (Super King), Norev, Solido, SIKU, Joal, Conrad, Cursor, NZG, Schuco, Ziss, Vitesse, Mercury, Metosul usw.

Als in den späten 1970er-Jahren die Spielzeugauto-Produktion insgesamt rückläufig wurde, blieb ein Fabrikant bis heute aktiv – SIKU. Zahlreiche Omnibus-Baumuster entstanden in den letzten 50 Jahren. Die meisten davon in 1:55 mit regional typischen Aufklebern. Zudem sind Fabrikate von Conrad, NZG und Cursor immer echte Werbemodelle und daher hochwertige, gesuchte Sammlerstücke.


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Apropos gesuchte Sammlerstücke: Ein ganz wesentliches Kriterium beim Erwerb aller Modellautos, natürlich auch der Omnibusse, ist deren Zustand. Produkte der letzten 25 Jahre sind oft mit bruchgefährdeten Außenspiegeln ausgestattet. Beim Kauf ist auf deren Unversehrtheit zu achten. Omnibusse mit Kinderzimmer-Kilometern auf dem Tacho sollten trotzdem alle Radzierkappen und Stoßstangenecken aufweisen.

Nun bitte – alles einsteigen – die Reise kann beginnen!

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