M, wie Motorsport |
Geschrieben von Gernot Kronberger | |
Heft bestellen - M, wie Motorsport Kaum ein anderes Auto bringt den Zeitgeist der späten 70er Jahre exakt auf den Punkt, wie der M1 von BMW. Text: Gernot Kronberger
Die Ziehväter. Um die für den Sommer 1973 geplante, offizielle Einweihung des neuen Firmen-Museums und Bürokomplexes der BMW AG in München entsprechend zu feiern, und außerdem für die 1972 in München stattfindenden Olympischen Spiele mit einem optischen Bonbon präsent zu sein, schlug Verkaufschef Robert "Bob" Lutz im März 1972 den Bau einer rassigen Sportwagen-Studie als Blickfang vor. Bereits 1971 hatte Hubert Hahne, ehemaliger Werksfahrer bei BMW, solch ein Projekt angeregt. Da kein eindeutiges Nein kam, nahm er Kontakt mit Lamborghini auf. BMW sollte die Mechanik liefern und Lamborghini sollte daraus einen Sportwagen bauen. Zwei Chassis mit BMW Serienmotor entstanden als der vormalige Verkaufschef Paul G. Hahnenmann ("Nischen Paul") überraschend bei BMW ausschied. Der Vertrag mit Lamborghini platzte. ![]() Dennoch gab es über 100 Interessenten, die bereit gewesen wären rund eine halbe Million Mark für das Mittelmotor-Coupe hinzublättern. Angeregt von Verkaufschef Lutz nahm man deshalb wieder Kontakt zu Michelotti auf, um eine Kleinserie entstehen zu lassen. Die Flügeltüren sollten allerdings normalen weichen und als Aggregat war an Stelle des unerprobten Turbomotors ein verbesserter Dreiliter Sechszylinder vorgesehen. Die Pläne gediehen weit und ein Kaufpreis von 120.000 Mark schien realistisch. Doch die Ölkrise machte einen Strich durch die Rechnung. Kurzarbeit, Tempo 100 und Fahrverbote ließen bei BMW den sogenannten Krisenstab immer häufiger tagen. Sämtliche Zukunftsprojekte wurden auf Eis gelegt, darunter auch die Zusammenarbeit mit Michelotti, welcher bereits heftig in die Fertigung des Coupes investiert hatte. 20 Stück im Monat hätten entstehen sollen. Da es aber keine bindenden Verträge gab erhielt Giovanni Michelotti auch keinerlei finanzielle Abfindung! Das war der dritte Streich... ![]() Unter der internen Bezeichnung "E26" lief 1976 das Projekt für einen konkurrenzfähigen Rennwagen an, der in der "Gruppe 4" im Rahmen der Marken- Weltmeisterschaft eingesetzt werden sollte. Das Reglement verlangte jedoch, dass mindestens 400 idente Basisfahrzeuge in maximal 24 aufeinanderfolgenden Monaten gebaut werden müssen. Um diese Vorgaben zu realisieren, galt es daher zunächst eine verkäufliche, straßentaugliche Version zu entwickeln. Im Werbedeutsch klang das so: "Viele fahren mit modifizierten Serienwagen Rennen. Bei BMW geht jetzt ein modifizierter Rennwagen in Serie." Die Sache hatte nur einen Haken: Die BMW Motorsport GmbH hatte keine Möglichkeit solch ein Programm in der vorgesehenen kurzen Zeit zu realisieren. Um den "E26" über ein normales Produktionsband laufen zu lassen, war die geplante Stückzahl von 800 zu gering. So schloss BMW trotz aller schlechten Erfahrungen mit dieser Arbeitsweise erneut einen Vertrag mit Lamborghini ab. Diesmal war es ein Liefervertrag über die Montage des BMW M1. 400 Fahrzeuge sollten bis Ende März 1979 entstehen, danach war die Produktion von einem Auto pro Tag vorgesehen, bis die 800 Stück BMW M1 erreicht waren. Die Entwicklungsarbeiten seitens BMW waren, trotz einiger technischer Schwierigkeiten so gut wie abgeschlossen, da platzte die Bombe. Lamborghini steckte in einer ernsten Finanzkrise. Neerpasch musste fürchten, dass die Sportwagenschmiede schloss und damit das gesamte Projekt auf der Strecke blieb. An einen Vertrag war aufgrund der unsicheren Zukunft nicht zu denken. Als man nach neuen Produktionsstätten umsah konterte Lamborghini: "Wenn BMW glaubt, uns ausbooten zu müssen, dann wird es dieses Auto niemals geben!" Eine kritische Situation, zumal der BMW Vorstand soeben auch den Bau einer echten Straßen-Version des M1 beschlossen hatte. ![]() Und das, obwohl fünf hochspezialisierte Firmen, inklusive der Motorsport GmbH im wahrsten Sinne des Wortes versuchten, das Produkt M1 in perfekter Handarbeit auf die Breitreifen zu stellen. Marchesi& C. in Modena baute den nur 194 Kilo schweren Stahl-Gitterrohrrahmen. Etwa 150 Arbeitsstunden waren dafür nötig. Der Chef selbst arbeitete, fast schon künstlerisch, frei aus der Hand, wobei die Werkzeuge nach den fünf Prototypenrahmen entstanden, die noch von Lamborghini erstellt wurden. Die Karosseriehaut entstand bei "T.I.R", der Transformationi Italiani Resine, 35 Kilometer von Modena entfernt. Sie bestand aus glasfaserverstärktem Kunststoff und entstand in rund 130 Arbeitsstunden. Rahmen und Karosserie kamen zu ItalDesign, die sich bei der Realisierung neuer Automodelle von der Idee bis zum Prototypen- Fahrzeug seit 1968 einen Namen machte. Der Rahmen wurde zunächst lackiert und mit der Karosserie verbunden. Danach erhielt die Karosserie einen Feinschliff und wurde lackiert. Alleine der Lackiervorgang nahm drei Tage in Anspruch, da jede der drei Lackschichten sorgfältig poliert und anschließend im Ofen bei 40 Grad eingebrannt wurde, Anschließend wurde der M1 verglast, mit der Elektrik versehen sowie mit dem vorgefertigten Armaturenbrett bestückt. Ab hier teilten sich die Wege. ![]() 450 der zivilen Straßen-M1 sollten schlussendlich zwischen 1979 und 1981 gebaut werden. Und um jeden musste BMW hart kämpfen. Die letzten drei entstanden am 6. 2. 1981 und wurden an BMWSpanien und an 2 Kunden direkt in München ausgeliefert. Eine intern geführte Fahrgestell- Nummernliste weist von 1978 bis 1982 insgesamt 48 gebaute Rennfahrzeuge aus. Zwei davon ohne Nummer und je einen Renn M1, der direkt zu den Privatteams von Schnitzer und Heidegger transportiert wurden. Die restlichen 44 Wagen hatten Osella (4), BMW Motorsport GmbH (15) und Ron Dennis (25), im Ursprung auf die Beine gestellt. Diese Procar-Fahrzeuge brachten letztendlich doch noch etwas Glanz am Ende einer schwierigen Entstehungsphase. ![]() Triebwerksseitig ließ man sich auf keine Experimente ein. Das werksintern "M88" bezeichnete Aggregat hatte als konstruktive Basis einen über 10 Jahre alten Motor. Allerdings war das Volumen der Graugussblockes mit 3.460 cm3 ziemlich ausgeschöpft. Die Konstrukteure mussten sogar einen technischen Kniff anwenden um zu diesem Hubraumvolumen des Vierventil- Motors zu kommen: zusammengegossene Zylinderlaufbuchsen ermöglichten eine maximale Bohrung von 93,4 mm. Im Prinzip handelt es sich beim M88 Triebwerk, das von den BMW-Standard-Triebwerken abgeleitet worden war, um einen alten Bekannten. Wirklich neu war der von Motorenchef Paul Rosche entwickelte Vierventil-Zylinderkopf, den wir aber schon aus dem 3,0 CSL Coupe in der 3,5-Liter--Wettbewerbs- Variante her kennen. Eine geänderte Ventilsteuerung bildete die einzig wirklich technische Neuerung. ![]() Die Verwendung des Serienaggregates M88 in die Rennausführung M88/1 für die Gruppe 4-Version war in Anbetracht der sportlichen Veranlagungen einfach und wenig aufwendig: geschmiedete Kolben, polierte Pleuel, nachgearbeitete Kanäle, größere Ventile mit doppelten Ventilfedern, eine schärfere Nockenwelle sowie für die Einspritzanlage ein angepasster Raumnocken und eine Schiebermechanik statt der sechs Drosselklappen. Außerdem ein Flammrohr an der Auspuffanlage, dann so hoffte Paul Rosche, ließen sich Leistungen bis zu 490 PS realisieren. Die dazu erforderlichen knapp 10.000 U/min vertrug der 3,5-Liter-Reihensechszylinder klaglos. Noch mehr Leistung versprachen sich die Münchner bei der Verwandlung in die Gruppe 5. Ihr verhalfen zwei KKK-Turbolader zu einer PS-Ausbeute zwischen 850 bis 950 PS, je nach Ladedruck. Dieser Motor erhielt die interne Bezeichnung M88/2. ![]() |