Bugatti - die späten Jahre
Geschrieben von Wolfgang M. Buchta   

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Vom Fall und Aufstieg und Aufstieg einer großen Marke.

Wolfgang M. Buchta wirft einen genaueren Blick auf die weniger bekannten Jahre der Marke Bugatti, Martyn Goddard und Ulli Buchta haben photographiert.

ImageDer Spätsommer 1939 war keine gute Zeit, nicht für Europa im Allgemeinen und nicht für die Firma Bugatti im Besonderen.
Am 1. September begann der Zweite Weltkrieg - mit den bekannten verheerenden Folgen, und bereits drei Wochen vor Kriegsbeginn verunglückte Jean Bugatti, der älteste Sohn von Ettore Bugatti, bei einer Testfahrt tödlich.
Mitte der 30er Jahre war Bugatti in wirtschaftlichen Problemen und Ettore Bugatti fand die Rettung in der Produktion der Autorail Triebwagen, die durch zwei resp. vier Motore aus dem Bugatti Royale angetrieben wurden. Die in Summe 88 produzierten Garnituren konnten das Überleben der Firma sichern, aber Jean Bugatti wurde immer mehr zum kreativer Kopf hinter den Automobilen.  Nach einem Streik der Arbeiter wurde ihm schließlich 1936 die Leitung der Automobilproduktion zur Gänze übertragen, während sich "Le Patron" mit vor allem anderen Projekten - Rennbooten, einem Rekordflugzeug und den bereits erwähnten Triebwagen - widmete.
Mit dem Type 57 war Bugatti ein - im Maßstab eines Vorkriegsluxuswagen-Bestseller gelungen, der auch sportlich höchst erfolgreich war. Beim letzten 24-Stunden-Rennen von Le Mans vor dem Krieg waren Jean-Pierre Wimille/Pierre Veyron mit einem Bugatti Type 57 C Tank siegreich gewesen. Und mit genau so einem Stromlinienwagen war Jean Bugatti an jenem unheilvollen 11.  August 1939 unterwegs. 10 Kilometer westlich der Fabrik musste Jean Bugatti bei schätzungsweise 200 km/h einem Radfahrer, der plötzlich aus einem Feldweg kam, ausweichen und prallte gegen einen Baum.
Weder sein Vater noch die Firma sollten sich von dem unerwarteten Verlust - Jean Bugatti war 30 Jahre alt - je wieder erholen ...
ImageKurz vor Kriegsbeginn lud König Leopold III. von Belgien Ettore Bugatti zu einem Gespräch über die Zukunft der Firma ein. Der König hätte es gerne gesehen, dass Ettore Bugatti mit seinem ganzen Unternehmen nach Belgien in die Minerva Werke bei Antwerpen übersiedelt wäre ...
Am 3. September begann der Krieg und Bugatti musste den grenznahen Elsass verlassen. Jetzt erwies es sich als segensreich, dass da Bugatti Werk, dank der Produktion der Triebwagen, einen direkten Anschluss an die Gleise der SNCF hatte und so konnte die ganze Evakuierung via Paris nach Bordeaux mittels Bahn erfolgen.
Die ganze Mannschaft wurde in einer leerstehenden Fabrik des Hispano-Suiza Konzerns angesiedelt und begann im Auftrag der französischen Regierung mit der Fertigung von Kurbelwellen für die 12-Zylinder-Flugmotore. Die Produktion war gerade in Schwung gekommen, als die Deutsche Wehrmacht im Frühjahr 1940 auch Bordeaux besetzte.
Ettore Bugatti stammte ja bekanntlich aus Italien, einem mit Deutschland verbündeten Land, und so schlugen ihm die deutschen Besatzungsbehörden vor, nach Molsheim zurückzukehren und für die deutsche Kriegsproduktion zu arbeiten - ein Vorschlag, den Bugatti ebenso höflich wie bestimmt ablehnte.
So geschah es, dass ein gewisser Obersturmbannführer Trippel sich in Molsheim einquartieren konnte, die Werkzeugmaschinen von Bugatti zurück transportieren ließ und mit der Produktion von allerlei "kriegswichtigem Gerät" begann.  Bemerkenswert sind dabei die Schwimmwagen, die Trippel für die Wehrmacht konstruierte, eine Beschäftigung, der Trippel auch noch lange nach dem Kriege erfolgreich nachgehen sollte ...
In Bordeaux hielt sich Bugatti mit seiner seine Firma mit der Fertigung von Ersatzteilen für Automobile und Eisenbahntriebwagen über Wasser und begann "nebenbei" mit der Konstruktion eines Kleinwagen, dem Typ 68, mit einem winzigen 330 ccm Vierzylinder mit vier Ventilen pro Zylinder, zwei oben liegenden Nockenwellen und einer Drehzahl von bis zu 12.000 U/min.
ImageSchließlich übersiedelte Le Patron mit seiner Familie und einigen getreuen Mitstreitern nach Paris und nahm das kleine Meisterwerk mit. In Paris beschäftigte sich das kleine Team mit einer Vielzahl von Projekten.
Auf der "To-do-Liste" standen so unterschiedliche Konstruktionen wie ein Einzylinder-Bootsmotor, eine Vierzylinder-Dampfmaschine und ein luftgekühlter 16-ccm Fahrradhilfsmotor mit Roots Kompressor.
Der Motor des Typ 68 wurde auf 375 ccm vergrößert - einer dieser Motoren befindet sich heute im "Musee National Collection Schlumpf" in Mühlhausen - und kurzzeitig stand die Idee im Raum vier derartige Motore zu einem 16 Zylinder von 1.500 ccm zusammenzufassen.
Es folgte ein realistischerer Entwurf für einen 1,5 Liter Vierzylinder, der gleichermaßen Renn- und Sportwagen als Antrieb dienen sollte. Dieses Projekt sollte nach Kriegsende in einem Exemplar als Typ 73 realisiert werden.
Am 6. Juni 1944 war D-Day und damit begann die Befreiung Frankreichs und Europas und auch Bugatti konnte allmählich an eine Rückkehr nach Molsheim denken.
Bevor es allerdings so weit war, nahm Bugatti an ersten französischen Rennen der Nachkriegszeit teil und präparierte 1945 für den "Coupe des Prisoniers" in Paris zwei Typ 50 B Einsitzer - einen für Jean-Pierre Wimille, der das Rennen gewann, und einen für sich selbst.
Aber am Reißbrett entstand schon ein aufregenderes Projekt. Als Typ 78 sollte ein Luxuswagen mit einem Achtzylindermotor von 4,5 Liter Hubraum entstehen.
Obwohl Trippel natürlich mit Kriegsende aus dem Werk in Molsheim vertrieben wurde, sollte es noch bis 1947 dauern, bis das Unternehmen Bugatti das angestammte Werk wieder beziehen konnte. Le Patron sollte die Rückkehr allerdings nicht mehr erleben - Ettore Bugatti verstarb am 21. August 1948 in einem amerikanischen Militärspital in Neuilly-Sur-Seine.
Nach der Rückkehr nach Molsheim beschlossen die Erben, die Firma weiterzuführen und die verbliebene Belegschaft begann einmal mit Aufräumungsarbeiten und der Beseitigung der Kriegsschäden.
ImageEine Zeit lang konnte sich Bugatti mit verschiedenen "Gelegenheitsjobs" über Wasser halten - die Triebwagen der Vorkriegszeit mussten nach dem Krieg wieder renoviert und aktiviert werden, verschiedene Werkzeuge und Werkzeugmaschinen wurden auf Auftrag, z. B. von Peugeot, entwickelt und gebaut und erste Kontakte zur Luftfahrindustrie wurden geknüpft - für die spätere Caravelle produzierte Bugatti verschiedene Komponenten und für die französische Armee wurden in Molsheim Rotorblätter für Hubschrauber gefertigt.  Über einen Kontrakt zur Produktion von Dieselmotoren kam Bugatti in engerem Kontakt mit Hispano-Suiza, einem anderen ehemaligen Hersteller von Luxusautomobilen, der jetzt primär im Luftfahrt und Militärtechnikbereich tätig war.
Über all diese unterschiedlichen Tätigkeiten hatten Roland Bugatti und Werksdirektor Pierre Marcos aber nicht vergessen, das Bugatti einst ein großartiger Autobauer gewesen war. Eine komplette Neukonstruktion war finanziell und von der technischen Kapazität unmöglich aber die beiden prüften drei Optionen.
Noch vor dem Krieg war unter der Leitung von Jean Bugatti der Prototyp des Typ 64 entstanden, der allerdings ob seiner aufwendigen Konstruktion verworfen wurde.
Vom in Paris entworfene Typ 73 existierte ein Prototyp. Allerdings erschien diese Modell kein würdiger Nachfolger der Vorkriegsmodelle und wurde daher ebenfalls verworfen.
So blieb als dritte Option nur die Weiterentwicklung des großartigen Typ 57, eine Entscheidung, die auch dadurch begünstigt wurde, dass eine große Anzahl von Ersatzteilen den Krieg überlebt hatten.
ImageEin in einigen Details verbesserter Typ 57 wurde auf kleinere - 17 Zoll statt 18 Zoll - Räder gestellt, die Kraftübertragung erfolgte über ein elektromagnetisches Cotal-Getriebe und das ganze wurde in eine zeitgemäße Karosserie gekleidet - fertig war der Bugatti Typ 101 von dem zwei Stück im Jahr 1951 am "Salon de l‘Automobile" in Paris präsentiert wurden.
Der Typ 101 wurde als Typ 101 mit 135 PS und als Typ 101 C mit Kompressor und 188 PS angeboten.  Die restlichen Daten entsprachen dem Typ 57 der Vorkriegszeit. Das Interesse war gross aber die Zahl der tatsächlich Kaufwilligen hielt sich - nicht zuletzt ob des stolzen Preises für einen modern eingekleideten Vorkriegswagen - in Grenzen.
In Summe endete die "Produktion" nach sieben Fahrzeugen, von denen sechs mit verschiedenen Karosserien von Gangloff, Guillore und Antem versehen wurden - drei davon fanden sogar Käufer und drei - eine Limousine, ein Cabriolet und ein Coupe - verblieben im Werk.
Das siebente Chassis blieb bis 1960 ohne Karosserie bis der amerikanische Designer Virgil Exner den letzten Typ 101 nach seinen Entwürfen bei Ghia in Italien mit einer, sagen wir einmal eigenwilligen, Karosserie einkleiden ließ.
Verglichen mit 670 verkauften Typ 57 in der Vorkriegszeit konnte der Erfolg des Typ 101 nur als Desaster gesehen werden und Bugatti versuchte einen kleinen Sportwagen - der Typ 102 sollte einen "halben" Typ-101-Motor mit 1.500 ccm haben - auf "die Räder zu stellen". Es sollte bei Plänen und einem einzigen Motor bleiben.
1955 überraschte Bugatti die versammelte Motorpresse mit einer sensationellen Ankündigung: Bugatti würde zum Rennsport auf höchstem Niveau zurückkehren und präsentierte einen Grand Prix-Wagen.
Nun, ganz so spektakulär ging es hinter den Kulissen nicht zu. Nach mehr als 15 Jahren verfügte Bugatti nicht mehr über das nötige "Knowhow" im Rennsport und verpflichtete Giochino Colombo, den Konstrukteur großartiger Rennwagen bei Alfa Romeo, Ferrari und Maserati.
ImageDie Technik des Typ 251 war in der Tat beeindruckend: Der aus zwei Blöcken bestehende Magnesium-Achtzylinder war quer im Heck des Wagens eingebaut. Vier Webervergaser und Doppelzündung versorgten die acht Zylinder mit Kraftstoff und Zündfunken. Über ein synchronisiertes 5-Gang-Getriebe wurden die 230 PS auf die Räder übertragen Scheibenbremsen sorgten für die nötige Verzögerung.
Beim Grand Prix von Frankreich 1956 in Reims hatte der Typ 251 sein Debüt und die Optimisten sahen bereits eine Sportwagenversion für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Klugerweise begnügte sich Bugatti mit einigen Demonstrationsrunden mit Maurice Trintignant am Steuer.  Zuerst brachen die vorderen Stoßdämpfer, was das Fahrverhalten nicht wirklich verbesserte, und dann das Gasgestänge, worauf Trintignant an die Boxen musste. Der Grand-Prix-Wagen verschwand für immer in einer Halle in Molsheim ...  Bis Anfang der 1960er Jahre entstanden in Molsheim Projekt für Straßensportwagen - der Typ 252 hatte einen "halben" Grand-Prix-Motor mit 1.500 ccm und 120 PS, der später auf 1.600 ccm vergrößert wurde. Als das einsame Chassis irgendwann Ende der 50er Jahre eine Alukarosserie verpasst bekam und die Testfahrten beginnen konnten, war der Wagen gut, aber bei weiten nicht sensationell, wie es sich für einen Bugatti geziemt hätte, und natürlich noch lange nicht ausgereift.
Zur gleichen Zeit begann ein kleines Team die Arbeiten an einem großvolumigen Sportwagen mit V-12-Motor. Einige Teile waren bereits gefertigt resp. zugeliefert worden als Hispano-Suiza, die Bugatti im Juli 1963 übernommen hatten, die Automobilsparte ein für alle mal abdrehte.
Für die nächsten knapp 30 Jahre war Bugatti resp. Messier-Bugatti wie die Firma heute heißt, erfolgreich als Entwickler und Zulieferer von Komponenten für die Luftfahrtindustrie. Wenn wir heute mit einem Airbus oder einer Boeing fliegen stehen die Chancen gut, dass das Fahrwerk aus Molsheim kommt.
ImageDamit könnte unsere Geschichte eigentlich enden und die Automobile mit dem Namen Bugatti wäre nicht mehr als eine schöne Erinnerung oder, wie Lord Montague of Beaulieu sein Buch nannte, "A Lost Cause of Motoring".
Aber dann gab es da einen italienischen Geschäftsmann namens Romano Artioli, seines Zeichens Importeur von Suzuki und Lotus in Italien und weltgrößter Ferrarihändler, der sich partout in den Kopf gesetzt hatte, die Marke Bugatti wieder zum Leben erwecken zu müssen.
Artioli versammelte ein paar nicht näher spezifizierte "europäische Investoren" hinter sich und erwarb am 14. Oktober 1987 alle Rechte an der Marken Bugatti - außer für Produkte der Luftfahrtindustrie - für "Bugatti International", eine Firma, die ihren Sitz in Luxemburg hatte. Gleichzeitig mit der Holding in Luxemburg wurde in Modena die "Bugatti Automobili Spa" gegründet.
Dass das ganze Unternehmen nicht (nur) die versponnene Idee eines reichen Industriellen war ist auch daraus abzulesen, dass Ferrari die neue Konkurrenz so ernst nahm, dass Artiolis Vertrag sofort gekündigt wurde.
Direktor der "Bugatti Automobili Spa" wurde kein geringerer als Paolo Stanzani, der Vater des Lamborghini Countach.
Sein erster Entwurf lief unter der Bezeichnung "Tipo 035", eine Hommage an den legendären Typ 35 der Zwischenkriegszeit, und sollte wie sein Namensgeber ein Wagen sein, mit dem man gleichermaßen unter der Woche ins Büro fahren und am Wochenende Rennen gewinnen konnte.
Der 035 war ein kompakter Sportwagen mit einer Fülle von technischen Details, die in keinem anderen Automobil zu dieser Zeit zu finden waren.  Die Spezifikation beinhaltete unter anderen: Einen Motor in Formel-1-Technologie mit 500 PS, permanenten Allradantrieb, ein leichtes und hochfestes Chassis aus Verbundwerkstoffen, ...
Während ihres ganzen, kurzen Bestands sollte die "Bugatti Automobili Spa" nicht nur großartige Autos bauen, sondern war auch immer für echte, italienische Operndramatik gut.
Im Juli 1990 überwarf sich Stanzani mit Artioli und verließ schlagartig die Firma. Sorgfältig wurde sein Name aus allen Drucksorten getilgt ...
ImageSein Nachfolger hatte einen nicht weniger illustren Background: Nicola Materazzi war unter anderem der Vater des Ferrari F 40. Unter seiner Leitung wurde der Tipo 035 fertiggestellt. Ein paar andere Entwicklungsingenieure - Pedrazzi, Bevini und Benedetti wechselten inzwischen zu einem Konkurrenzprojekt, dem Cizeta Moroder V16 T.
Am 15. September 1990 wurde das spektakuläre nagelneue Werk und Forschungszentrum in Campogalliano, nordwestlich von Modena, eröffnet.
Der erste Entwurf für den neuen Bugatti war von Marcello Gandini gezeichnet worden, aber glich für Artolis Geschmack zu sehr seinen Entwürfen für Lamborghini. Nach mehreren Änderungswünschen war Gandini so genervt, dass er aus dem Projekt ausstieg und sich verbat, dass sein Name im Zusammenhang mit den Wagen genannt wurde. So gilt der Architekt der Fabrik, Gianpaolo Benedini, als der Mann, der das Design - zumindest offiziell - finalisiert hat.
Technologisch gab es wenig zu kritisieren. Das Chassis war aus Carbon. Der Anfang der 90er Jahre noch sehr exotische Werkstoff wurde vom französischen Flugzeugbauer Aerospatiale verarbeitet.  Der Motor war ein relativ kleiner V-12 von 3,5 Liter Hubraum, dem vier Turbos mehr als 561 PS - in der Version Super Sport sogar 611 PS - entlockten. Partner Elf hatte für den Bugatti ein spezielles Öl entwickelt.
Das Sechsganggetriebe war, eine andere Neuerung, neben dem Motor untergebracht und übertrug die Kraft auf alle vier Räder. Der Allradantrieb gab dem Wagen nicht nur ein besseres Fahrverhalten unter ungünstigen Straßenbedingungen, sondern erlaubte auch die Verwendung schmälerer Reifen, da sich die Kraft besser verteilte - schmälere Reifen - bessere Aerodynamik - geringere ungefederte Massen. Die Entwickler hatten sich offenbar auch den kleinsten Details gewidmet.
Carbonbremsen und ein aktives Fahrwerk waren zwei andere Leckerbissen, die zwar im Pflichtenheft standen, aber schließlich fallen gelassen wurden.  Technologische Probleme und exorbitante Kosten machten auch vor dem "besten Sportwagen der Welt" nicht halt.
ImageDafür bekam der Kunde einen ausfahrbaren Heckspoiler, speziell von Michelin entwickelte Reifen für eine Geschwindigkeit bis 350 km/h und ...
Am 15. September 1991 wurde der jetzt EB 110 - zu Ehren des 110. Geburtstags Ettore Bugattis - genannt Wagen im Rahmen einer kleinen, dezenten Feier mit ein paar tausend Gästen, darunter auch der Autor dieser Zeilen, in La Defense in Paris präsentiert. Zum Abschluss fuhr Werksfahrer Jean Philippe Vittecoq an der Spitze eines Konvois historischer Bugattis über die Champs- Elysees. Am Beifahrersitz saß ein gewisser Alain Delon.
Der EB 110 war ein Sportwagen auf höchsten Niveau aber kein Rennwagen. Von Werksseite gab es daher auch keinerlei offiziellen Renneinsatz.  Das hinderte einige ambitionierte Privatteams aber nicht, den einen oder anderen EB 110 - vor allem der um 200 kg abgemagerte und leistungsgesteigerte EB 110 SS bot sich da an - auf die Rennstrecke zu "entführen".
55 Jahre nach dem denkwürdigen Sieg Bugattis in Le Mans war wieder ein Bugatti am Start.  Treibende Kraft war Michel Hommel, mit wohlwollender aber inoffizieller Unterstützung des Werks.
Der einsame EB 110 startete vom 17. Startplatz aus und konnte sich innerhalb der ersten sechs Stunden in die Top Ten vorarbeiten bis die Turbos neuerlich Probleme machten und der Bugatti in der Wertung nach hinten "durchgereicht" wurde.  Nach mehr als 23 Stunden war er aber noch immer im Rennen als er von einer Dodge Viper angefahren wurde und in den Leitplanken endete.  Andere Teams versuchten ihr Glück bei amerikanischen IMSA Rennen und in japanischen Rennserien, aber der Achtungserfolg von Le Mans sollte der Höhepunkt der Sportkarriere bleiben.
Image1993 überraschte Bugatti die Besucher des Genfer Autosalons mit dem Modell EB 112. Giugiaro hatte unter größter Geheimhaltung eine monumentale, viertürige Luxuslimousine entworfen, die dank eines 6-Liter-Motors mit 460 PS locker die 300 km/h Marke überschritt. Allradantrieb, Carbonchassis, Frontmittelmotor und Sechsganggetriebe und jeder erdenklicher Luxus sollten die betuchten Käufer in Scharen anlocken. Eine Lieferzeit von zwei Jahren und ein beeindruckendes Preisschild garantierten die ultimative Exklusivität von zwei(!) Stück.
Im Sommer 1993 übernahm Bugatti die englische Sportwagenmarke Lotus, die sich gerade im Besitz von General Motors befand, und später im Jahr spekulierte die englische Autozeitschrift Autocar über eine geplante Übernahme des Karosseriebauers Zagato.
Die Verkauszahlen ließen in den Nachwehen des ersten Golf-Kriegs zu wünschen über und Artioli musste sich immer öfter als Finanzjongleur anstatt als Autobauer betätigen. Ein Börsengang wurde ebenso angedacht wie ein Entwicklungsauftrag für ein kleines Allradfahrzeug für eine Ausschreibung der italienischen Armee im Jahre 1994. Erinnert das nicht an die Situation, mit der auch die "originale" Firma Bugatti immer wieder zu kämpfen hatte?
Beim Genfer Autosalon im März 1995 kündigte Artioli zahlungskräftige Partner an, im Sommer war es ein indischer Prinz, der bei Bugatti einsteigen wollte und am Abend des 22. September 1995 erklärte das Gericht in Modena den Konkurs über die "Bugatti Automobili Spa".
Die Sitution des Masseverwalters wurde nicht gerade erleichtert, da ein pozentieller Käufer zwar EB 110s bauen konnte, aber diese nicht Bugatti nennen durfte, denn die Namensrechte lagen ja, wir erinnern uns vielleicht, bei der Holdinggesellschaft mit Sitz in Luxemburg.
ImageDie sechs in der Konkursmasse befindlichen EB 110 wurden zwei Jahre später von Jochen Dauer erworben, der sie in Deutschland als "Dauer EB 110" fertig stellte. Um die Jahrtausendwende gründeten Materazzi und einige andere ehemalige Bugatti-Mitarbeiter in Modena die Firma "B Engineering". Ein leicht überarbeiteter EB 110 stellte als "Edonis" in Nardo mit 378,6 km/h einen Rekord auf, der nur leider niemanden mehr interessierte, denn mittlerweile entstand ganz wo anders ein noch "supereres Super Car" und da stand sogar Bugatti drauf ...
In den 90er Jahre erweiterte die VW-Gruppe und Ferdinand Piech massiv die Fahrzeugpalette und auf der Suche nach einer Über-Drüber-Premiummarke blieb Piechs Auge wohl bald an Bugatti hängen, die Markenrecht lagen ja nach wie vor bei der luxemburgischen Holding.
Nach kaum vier Monaten Verhandlung gehörte die "Bugatti International S.A." per 5. Mai 1998 zur VW-Gruppe, die der Welt jetzt zeigen sollte, was ein großer Konzern auf die Beine stellen kann.
Kein halbes Jahr später präsentierten VW/Bugatti auf dem Autosalon von Paris die Studie EB 118, wobei 118 diesmal für die 1. Studie mit 18 Zylindern, man soll ja bekanntlich nicht am falschen Platz sparen, steht. Die Karosserie stammte wieder von Italdesign, die dabei die Linien des EB 112 zu einem großen, zweitürigen Coupe weiter entwickelt hatten.
Im März darauf folgte in Genf mit dem EB 218 - 2. Studie mit 18 Zylindern - ein mächtiger Viertürer, der über den gleichen 6.3-Liter-W 18 Motor mit 550 PS Leistung verfügte.
Für die IAA im Herbst 1999 in Frankfurt wurde die Namenssystematik geändert - der Supersportwagen mit Mittelmotor hieß jetzt Bugatti EB 18/3 Chiron - 18 Zylinder, 3. Studie und Louis Chiron war ein erfolgreicher Rennfahrer, der seine Karriere 1925 auf Bugatti begonnen hatte.
Fünf Wochen später wurde in Tokyo der EB 18/4 Veyron präsentiert und der Namensgeber Pierre Veyron war der Le-Mans-Sieger von 1939, natürlich auf Bugatti. Der EB 18/4 war übrigens der erste Wagen dieser Reihe, dessen Form nicht von Giugiaro stammte, sondern von einem hausinternen Team unter der Leitung von Jozef Kaban, dem späteren Designchef von Konzerntochter Skoda.
Binnen zwei Jahren harter Arbeit wurde aus der Studie ein produktionsreifes Fahrzeug. Zuerst wurde aus dem 18 Zylinder ein Sechzehnzylinder, der ohne Turbo auf 630 PS kam und 2001 wurde stolz die fast serienreife Version - 8 Liter Hubraum, vier Turbos und 1.001 PS - präsentiert.
Seit 2005 kann man den Wagen kaufen und auch beim Preis schlägt die "Magie der runden Zahlen" zu - 1.001 PS zum Preis von EUR 1.000.000,-.  Allerdings bekommt der glückliche (und wohlhabende) Kunde für sein Geld eine ganze Menge Technik: Carbonchassis, Allradantrieb, 7-Gang- DSG-Getriebe, 1.250 Newtonmeter Drehmoment, sieben Kühler mit einer Gesamtfläche von 1 m2, Carbon-Keramik-Bremsen, einen verstellbaren Heckflügel, eine Spitze von 407 km/h, eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 2,5 Sekunden und einen Bremsweg von 100 auf 0 von 31,4 Meter, ...
Und, das mag jetzt vielleicht überraschend sein, ein Auto das sich völlig problemlos und gutmütig fahren lässt - auch, wie uns unser Hochgeschwindigkeits- Korrespondent ein paar Seiten später bestätigen wird, am oberen Ende des Geschwindigkeitsbereichs.  Der Tour zum Supermarkt für den Wochenendeinkauf für die ganze Familie stehen also nur der limitierte Kofferraum und EUR 1.200.000 + MwSt. im Wege ...
Gebaut, oder vielleicht sollte man besser sagen assembliert, werden die 300 geplanten Exemplare - von denen schon mehr als 220 verkauft sind - auf historischem Boden in Molsheim im Elsass.  Das "Verwaltungsgebäude" ist das restaurierte Schlösschen, in dem Le Patron residierte und ein Stück daneben eine hypermoderne Fabrik aus Glas und Stahl, wo für den Kunden gut sichtbar "sein" Auto gebaut und getestet wird. Das Ambiente und die große Show sind schon einen Teil des Kaufpreises wert.
Und alle jene, denen der Veyron für den Wochenendeinkauf - siehe oben - zu klein ist, kommt irgendwann demnächst der Bugatti 16 C Galibier, eine Limousine mit dem Motor des Veyron. Und, nein Ihr braucht jetzt nicht das Internet zu konsultieren, Galibier war kein Rennfahrer, sondern ist ein französischer Alpenpass über den nicht nur die Tour de France führt, sondern wo es einst auch Bergrennen gab, bei denen Bugatti wohl auch erfolgreich war.