HMW Fuchs Hilfsmotor
Geschrieben von Günther Uhlirz, NG Mylius   

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Zeitzeuge Günther Uhlirz und NG Mylius erzählen vom "Fuchs", der 60.000 Radfahrern das Treten abnahm.

Text: Günther Uhlirz, NG Mylius
Photos: NG Mylius

 

ImageAb 1948 gab es ihn. Aus heimischer Erzeugung, von den Halleiner Motoren Werken. Er hieß noch nicht HMW sondern einfach Fuchsmotor. Die HMW-Mopeds folgten ihm auf den Fuß.
Er gehörte zur Gattung der "Fahrrad-Anbaumotore".  Bis es geklärt war wer sie verkaufen sollte - ob Fahrrad- oder Motorradhändler - trug man sie vom Fachgeschäft des Erzeugers heim oder ließ sie per Nachnahme kommen. Eigengewicht 8 ½ kg, Kostenpunkt 1.000 Schilling. Zur Montage reichten die Fahrradschlüssel mit den vielen Löchern, ergänzt durch Hammer und Zange aus der Werkzeuglade zu Hause. Bauhaus gab’s noch nicht.
Diese "Hilfsmotore" - oder noch despektierlicher "Arschwärmer" genannt - wurden während des Kriegs in Nürnberg erfunden. Mit, bei der Konstruktion, war auch Ing. Anton Fuchs, ein Österreicher. Nach dem Krieg heißen sie dann FM38 "Vicky" oder Fuchs FM 40, je nachdem wo sie gebaut werden, bei Victoria in Nürnberg oder bei HMW in Hallein. Ihnen eilt ein guter Ruf voraus: moderne Zweitakter mit Umkehrspülung, 38 cm³, 1 PS, 5.000 U./min, 2 Gänge, Fahrtwindkühlung und 6 V/3 W fürs Licht. Und dazu gibt’s einen Gepäcksträger mit integriertem 2½-l-Benzintank. Der Motor wird seitlich, links, neben dem Hinterrad montiert, dazu ein Zahnkranz für den Antrieb vom Motor, schön mittig auf den Radspeichen. Felge, Speichen und die Styria Freilaufnabe mit Rücktrittbremse bleiben unverändert. Drei Bodenzüge führen nach vorn, zum Lenker: zwei nach rechts zu einem konventionellen Gasdrehgriff mit Dekompressor, der dritte zum "Schaltgriff mit angelenkter Sperrklinke" links.
Das alles machte zwar aus einem Fahrrad noch kein Motorrad, aber wenigstens ein Motorfahrzeug.  Mit Zweigangschaltung! Ganz wichtig in Österreich, der "Schaltgriff mit angelenkter Sperrklinke". Er bedient eine Doppelkupplung im Getriebe, wo Spreizringe wahlweise auf zwei verschiedene Zahnradübersetzungen wirken. Der "Berggang" ist so übersetzt, dass man gut mittreten kann. 20% sind zu schaffen, bei längeren Steigungen mit Kühlpause.
Solchermaßen umgebaute Fahrräder kann man theoretisch auch weiterhin ohne Motorkraft betreiben, praktisch bereitet es aber wenig Vergnügen.  Die eigenwillige Doppelkupplung gibt die Verbindung zum Hinterrad nicht wirklich frei, und meist ist auch der Sattel zum Treten zu tief gestellt.
Motore ohne Kupplung und Gangschaltung setzten sich bei uns nicht durch. Auch nicht der Lohmann-Diesel, den die Juniorwerke in Graz in Lizenz gebaut hatten.
ImageDie "Fuchserln" hingegen bezwingen Alpenpässe, und Leute mit gutem Sitzfleisch legen riesige Entfernungen zurück, wie etwa Richard Wunderer auf seiner "Safari ohne Geld, mit Fahrrad, Hilfsmotor und Schlafsack durch Nordafrika".
Die Lebensdauer des kleinen Motörchens wurde kaum jemals ergründet, die rasche Fahrzeugentwicklung in dieser Zeit überholte die Konstruktion.  Dabei befand sie sich vielfach in den Händen technisch unbedarfter Neulinge. Ihnen hat Günther Uhlirz in seinem "Handbuch für den Fuchsfahrer", erschienen 1949, die Tipps gegeben.  Etwa die unkonventionelle Bewältigung des stop-and-go Verkehrs: "Das vollkommene Abbremsen bis zum Stillstand des Rades kann bei eingeschalteten Gängen zu schweren Schäden am Motor führen. Deshalb klinken Fuchsfahrer (mangels einer herkömmlichen Kupplung) den Schaltgriff auf den letzten Metern vor dem Stillstand in Leerlaufstellung ein. Darüber hinaus haben sie, in weiser Voraussicht auf das dem Stillstand folgende Wegfahren, die Pedale in ihre Totpunkte oben und unten gebracht. Zum Wegfahren setzt zuerst der trittbereite Fuß das Fahrrad kurz in Bewegung, dann klinkt ein Finger der linken Hand die Sperrklinke aus, der Schaltgriff gleitet von selbst aus dem Leerlauf in den 2.  Gang. Nun wird rechts, am Drehgriff Gas gegeben: des Füchsleins Vortrieb setzt ein. Der erste Gang wird nur am Berg gebraucht."
Da es für Fahrräder keine Tachometer gab, waren folgende "Anhaltspunkte" sehr interessant:
"25 km/h fahren Sie, wenn Sie gerade noch gut mit treten können.
15 km/h ist das Tempo eines Radfahrers, der es nicht eilig hat.
100 km sind Sie gefahren, wenn Sie 1½ l Benzin verbraucht haben."
Der Tank fasst 2½ l, folglich sind zwischen den Tankstopps noch folgende Arbeiten durchzuführen:
"Alle 50 km sämtliche Schrauben nachziehen.
Alle 100 km Kerze reinigen."
ImageDarüberhinaus: "Alle 500 km Getriebeöl nachfüllen oder wechseln, Benzinsieb und Tank reinigen.
Beim Überfahren von Eisenbahnschienen, Wasserrasten und Querrinnen immer auf Leerlauf schalten und abbremsen!
Es ist durchaus möglich, an das Fahrrad zusätzlich einen Einachsanhänger zu kuppeln, jedoch soll das erst nach dem Einfahren geschehen."
Uhlirz hatte im Zuge eines Ferienjobs bei HMW mit seinem Fahrrad nach Hallein zu fahren. Dort wurde ihm ein Leihmotor ans Fahrrad montiert.  Zweck: eine Österreichrundfahrt, Großglockner Hochalpenstraße inklusive. Im Anschluss hatte er darüber in Hallein zu berichten.
In Hallein lernte er auch Ing. Anton Fuchs, den Vater der Kleinstmotorisierung Österreichs persönlich kennen. Er beschreibt ihn als einen Supertechniker mit allen Fasern seines Herzens. Sein Interesse, seine Freude, seine Begeisterung an technischen Zusammenhängen waren die Triebfedern seines Lebens. Ein großer, starker Mann!  Er stammte aus St. Pölten, hatte in Nürnberg bei Viktoria als Konstrukteur gearbeitet und war zu Kriegsende zurück in die Heimat gekommen.  Er hatte, wohl zu einem Teil aus dem Gedächtnis, den Viktoria Fahrradmotor neu gezeichnet und ihn "Fuchsmotor" genannt. Vier Jahre später, 1952, änderte er dann das Ansaugsystem des Motors, von Kurbelwellendrehschieber- auf Kolbensteuerung. Das ersparte ihm ab diesem Zeitpunkt die Lizenzgebühren an Victoria. Der "neue Fuchs" war geringfügig stärker als der alte und hieß nun "FM 40 S" ("FahrradMotor 40 cm³ Salzburg").
Unterwegs, im Betrieb, Fuchs war immer mit Rechenschieber zu sehen. Einschlägige Fragen beantwortete er erst nachdem er (blitzschnell) seinen "Rechner" konsultiert hatte. Oft legte er auch selbst Hand an, wie etwa die Konstruktion des Dekompressors aus einem Ventil, einem Stück gebogenem Blech und einer Schraube. Sie bewährte sich und wurde nie mehr geändert.
ImageEr wohnte auf dem Halleiner Werksgelände.  Aus einem Aufenthalt bei Ford Kanada hatte er auch ein Radio mitgebracht, von hierzulande völlig unbekannter Qualität, mit "High Fidelity".  Wenn dann abends, bei warmem Sommerwetter die Fenster geöffnet waren, kamen selten schöne Klänge aus der Wohnung des technischen Direktors und mischten sich mit dem Geräusch der Werkzeugmaschinen. Es wurde ja in drei Schichten gearbeitet.
Uhlirz wurde im ersten Teil seiner Österreichrundfahrt von Ing. Fuchs "auf Fuchs" begleitet.  Es fuhr sich gut, hinter dem großen, breitschultrigen "Chef". Bald hinter Salzburg blieb er stehen und setzte den großen, offenbar auch schweren Rucksack ab. Ein fast komplettes Ersatzteillager kam zum Vorschein. Testfahrt Pass Lueg! Erster Gang, Vollgas und Mittreten. Heulend, mit einer kleinen Rauchfahne, zog der kleine Motor den schweren Mann bergauf. Dann wendete er, nahm aus dem Rucksack ein Sortiment Uhrmacherreibahlen, vergrößerte die Hauptdüse, und im zweiten Versuch erreichte er (und ich) die Passhöhe ohne Probleme. Nach dieser Unterweisung durch den Chef persönlich fuhr ich die große Tour alleine weiter.
Damals gab es den Begriff Moped noch gar nicht, geschweige denn " Fahrrad mit Hilfsmotor". So hatte ich eigens für diesen Einsatz den Motorradführerschein gemacht. An der Vorderachse und hinten, am Schutzblech des Fahrrads prangten richtige, große Kennzeichen.
Nicht nur Ämter, auch Kinder taten sich mit der Einordnung dieser Fahrräder schwer, lachten und schlugen in Tirol Purzelbäume vor Vergnügen, als sie merkten, dass der Radfahrer bergauf gar nicht tritt, und das Fahrrad einen Ton von sich gibt.
ImageDann kam der Arlberg, eine große Herausforderung!  Eine lange gleichmäßig steile Sandstraße mit tiefen Fahrrinnen. Vier Minuten Vollgas, dann noch eine Minute und dann Stillstand. Die vorgeschriebenen fünf Minuten Pause. Mitten in der Steigung, Hinterrad an einem Kieshügel abgestützt.  Den Berg herunter kam eine Moto Guzzi, leise und schnell.
Ich versuchte anzufahren, das ging nicht. Trotz Mittreten, trotz Nebenherlaufen. Links fiel das Gelände einige hundert Meter tief ab, ich sah die Bäume ganz winzig. Rechts ging es ebenso steil bergauf. Kein Geländer, Leitplanken waren damals unbekannt. Mit viel Mut stellte ich das Fahrrad auf einer ebenen Fläche gerade, das war quer zur schmalen Straße. Nun musste der Motor mit der ersten Umdrehung anspringen! Ich trat kräftig in die Pedale und lenkte gleichzeitig nach rechts, bergauf, scharf vorbei am Abgrund.  Fast schon stürzend startete der Motor, und ich konnte weitere fünf Minuten bergan fahren. Die große Steigung hatte ich dann hinter mir, Sankt Anton und Sankt Christophen liegen fast auf einer Hochebene.
Die Abfahrt war steil und schwierig, denn ein normales Fahrrad hat ja nur eine Rücktrittbremse und vielleicht noch eine Felgenbremse. Das alles wird zumindest sehr heiß. Schon fast am Ende des Gefälles stand ein großer englischer Wagen.  Just als ich vorbeifuhr öffnete der Fahrer den Kühler, eine Fontäne aus bräunlicher Kühlerflüssigkeit stieg hoch.
Auf der Rückfahrt über Salzburg und Linz kam kurz vor Melk das Aus: es regnete, und wieder einmal war die Vergaserdüse verstopft. Routiniert blies ich sie durch, während aus dem Benzinschlauch versehentlich Benzin-Ölgemisch auf den Reifen tropfte. Das ergab auf der nassen, gepflasterten Straße einen riesigen Rutscher, krachend flog das Fahrrad auf die Straße. Der Motordeckel mit dem schönen Fuchssymbol war eingedrückt, die Schwungscheibe stand schräg zur Kurbelwelle, das Hinterrad blockierte, und ich bekam schnell einen riesigen Bluterguss an der Hüfte. Ab ging’s zum Bahnhof!
Es war eine recht unrühmliche Heimkehr in Wien.
Als der Motor wieder lief, startete ich zum zweiten Angriff auf den Großglockner. Diesmal ging die Fahrt zunächst nach Süden, Semmering, Packalpe und Klagenfurt waren die nächsten Ziele.  Kurz vor Lienz begann der Motor zu stottern, blieb stehen und sprang nicht mehr an. Zündkerze!  Ich wechselte die Kerze, kein Erfolg. Dabei besaß ich eine richtige "Kerzenorgel", d. h. eine Holzleiste mit acht Bohrungen für ebenso viele Reservekerzen. Alles gratis Testexemplare von einer neuen Zündkerzenfabrik aus Fulpmes.
Es war ein heißer Sommertag, ich hatte alle Kerzen versucht und war vom Schieben völlig erledigt. Den Zylinderkopf hatte ich auch abgenommen und wieder aufgesetzt. Darunter war kein Fehler zu entdecken. Verzweifelt und ausgepowert ließ ich mich in das weiche, hohe Gras des Straßengrabens fallen. Nach einer Stunde übersiedelte ich in einen großen Bauernhof. Dort konnte ich im Heu schlafen. Es gab sogar einen ganzen Topf frischer Bohnen. Das Fahrrad lehnte außen am Haus.
Am nächsten Morgen sah ich mir die Situation an: links ging es bergab nach Lienz, hinter dem Bauernhof steil hinauf nach Iselsberg. Meine Straße!  Ich nahm mir bergab einen Anlauf, das war zunächst über eine Wiese. Die Bauernkinder liefen mit, dem motorisierten Radfahrer zusehen. Der Motor sprang an. Auf die Straße einbiegen! Weiter Richtung Iselsberg und Großglockner! Eine dicke Rauchwolke zog sich den Berg hinan, alles Öl von der Katastrophe mit den verölten Zündkerzen verbrannte jetzt. Die lange Steigung war für diese "Innenreinigung" geradezu ideal. Erst ganz oben wagte ich es, den Motor abzustellen.  Ich erkannte, die Zündkerzen aus Fulpmes hatten eben nur eine recht kurze Lebensdauer. Aber bis zum Großglockner ergab sich kein Problem.
In Heiligenblut angekommen steuerte ich die einzige Tankstelle an, um vollzutanken. Zwei Liter!  So winzige Mengen waren nicht immer zu bekommen. Doch ich hatte Glück, von einem Engländer, der vor mir getankt hatte, war gerade mein Quantum übrig geblieben, und schon kroch ich langsam, mit Mittreten die 12%ige Steigung hinauf. Nach der Uhr, immer nur 5 Minuten fahren, dann 5 Minuten auskühlen lassen.  Nach dem zweiten Halt war ich oben, stolz wie ein Spanier. Großglockner mit dem Fahrradmotor bezwungen! Später erfuhr ich, dass ich nur der "zweite Sieger" war, ein italienischer Cucciolo, ein Viertakter, war schon vor mir oben gewesen.  Seine Nachfahren heißen übrigens heute Ducati.  Im Werk in Hallein berichtete ich vor versammelter Geschäftsleitung von der Fahrt, von den Erfolgen und den Schwierigkeiten. Dann gaben sie mir mein Fahrrad zurück. Mit dem "Leih"Motor dazu, den durfte ich behalten. Stolz fuhr ich mit dem sonst kaum bekannten Fahrradmotor nach Hause.
ImageAus meiner sporadischen Tätigkeit als Prüfer in der Wiener Fuchs Vertretung am Stubenring 22 - sie hatte ihren Eingang in der Falkestraße und firmierte unter "Fahrzeug-Vertrieb Königer, Hinterberger & Co." - verdienen einige typische Erlebnisse festgehalten zu werden.
Die Käufer kamen in großer Zahl, es kamen junge Ehepaare, Pfarrer und Lehrer, Handwerker und Bauern, mit den merkwürdigsten Problemen.
Da hatte z.B. ein technisch völlig unbeleckter Arzt Probleme, den Motor überhaupt in Gang zu bringen. Unser Geschäft hatte eine Art Podium vor den Schaufenstern, darauf setzte er sich mit Notizbuch und Bleistift und ließ sich diktieren: Zuerst aufsteigen. Losfahren. Kupplung loslassen.  Weiter treten. Gas geben. Wenn der Motor zu hören ist nicht mehr treten. Ich habe nie erfahren wie lang der Herr Doktor das Notizbuch brauchte.
Oder die Serienstreuung bei Ehepaaren. Mitunter beschwerten sich Ehepaare, dass immer ein Motor schneller lief als der andere. Das kam von Unterschieden in der Serienfertigung. Von geringen Unterschieden. Trotz großer Mühe waren sie kaum zu verhindern.
Oder der Schweißer. Ein jüngerer Mann, Beruf Schweißer, hatte alles "was man so braucht" kurzerhand angeschweißt: eine zusätzliche Federung für den Sattel, eine Stoßdämpfung für den Lenker, dazu eine Querstrebe, solide Gepäckkörbe vorn und hinten, zwei Fahnenstangen, Halter für eine Trinkflasche, zwei zusätzliche Fußrasten und einen Kindersitz. So war sein geliebtes "Komfortfahrzeug" längst bei dem Gewicht eines Motorrades angekommen, nur die Motorleistung war gleich geblieben. Es dauerte Minuten, bis es die Spitze von 25 km/h erreichte, und dieses "lahme Fahrverhalten" sollten wir beheben! Es kostete uns viel Überredungskunst, den unzufriedenen Schweißer dazu zu bewegen, wenigstens die Hälfte seiner Innovationen wieder abzubauen.
ImageEosin vs. Totalschaden. Ein kleiner, bescheidener Mann kommt mit überhitztem Motor vorgefahren.  Nach wenigen Minuten war uns klar, da fehlte Getriebeöl! Ing. Winkelhöfer, unser Wiener Chef stemmte die Arme in die Seiten, sah den kleinen Mann (natürlich von oben her) böse an: "So etwas habe ich ja noch nie erlebt, und Sie trauen sich auch noch hierher. Schlamperei! Haben Sie denn nicht die Betriebsanleitung gelesen, da steht doch drin, wie und wann der Ölstand zu kontrollieren ist! Wahrscheinlich ist der Motor nicht mehr zu reparieren. Sie sind womöglich schon lange Zeit ohne Öl gefahren, das muss ja zu einem unreparablen Schaden führen, das kostet sie einen neuen Motor, dafür gibt es keine Garantie.  Kommen sie in zwei Tagen wieder, dann werde ich ihnen sagen was sie zahlen müssen! Das ist doch unglaublich!"
Der kleine Mann schlich grußlos und mit dicken Sorgenfalten auf der Stirn davon. Als er nach zwei Tagen wiederkam, konnte er mit einer neuen Ölfüllung im Getriebe und vielen Dankesbezeugungen davonfahren. Der Motor war glücklicherweise doch nicht kaputt.
An einem Sonntag traf ich ihn zufällig wieder, den kleinen Mann. Ich fuhr durch den Wienerwald, natürlich mit dem Fuchs. Vor mir lag ein leichter Rauchschleier. Nach einer Kurve sah ich den Urheber, einen anderen Fuchsfahrer. Er war es, der schüchterne, kleine Mann! "Der Motor raucht viel, geht schlecht und braucht bald mehr Öl als Benzin." Zum Kundendienst würde er nicht mehr gehen, denn die werden ihn wieder beschimpfen, und dann muss er sich bestimmt einen neuen Motor kaufen. Lange musste ich ihm zureden bis er endlich bereit war, am Montag wieder zu uns zu kommen. Natürlich bekam er den Motor kostenlos repariert.
Es hatten sich nämlich die Fälle von Motoren mit unerklärlichem Getriebeölschwund gehäuft. Wir hatten die Dichtung zwischen Getriebe und Motor im Verdacht, da könnte der Motor das Öl ansaugen und verbrennen.
Um das zu beweisen, fuhr ich zur naheliegenden Hofapotheke und besorgte ein kleines Tütchen Eosin. Allen Fahrern, die mit wenig oder keinem Öl im Getriebe vorsprachen, leerten wir ein wenig davon ins Getriebe, einfach zum Öl dazu.  Dann hießen wir sie, in ein paar Tagen wieder vorbeizukommen.
Sobald sie da waren, streifte einer von uns unmerklich an deren Auspuff: war der Finger rot, war alles klar: ein Garantiefall. So fanden wir die schwarzen (besser die roten) Schafe heraus, im Werk wurde nun auf die Dichtung in diesem Bereich große Sorgfalt verwandt, dieser Fehler war behoben.
Oder der Fuchsexport nach Israel. Bei uns gab’s auch kräftige, schon fertig motorisierte Fahrräder, in Weinrot und mit stärkeren Speichen. Ein besonders Komplettes mit Lichtanlage, Luftpumpe, Werkzeug, Gepäckträger, Ständer, Ersatzschlauch, besonders weichem Sattel und mit einer kleine Fahne sollte an eine Adresse in Israel geliefert werden - nach erfolgter Einweisung des Käufers. Der hatte jedoch keine Ahnung, also ab in den Keller! Dort wurde das Fahrrad mit dem
Vorderrad auf den Prüfstand eingespannt, das Hinterrad konnte sich auf zwei Laufrollen frei drehen. Der Proband bestieg das Fahrrad. Nach kurzer Erklärung kamen die Kommandos: Treten!  Schneller treten! Noch schneller! Kupplung loslassen! Dann gab es einen Zündungsknall, der "Fuchs-Schüler" hörte zu treten auf, und dann war Stille. Der Motor war nicht angesprungen.  Zweiter Versuch. Beim dritten Mal sprang der Motor an. Gelungen! Mit knallrotem Kopf saß er nun auf dem Prüfstand und wusste nicht, ob er Gas geben oder kein Gas geben sollte. Er wusste nicht einmal in welche Richtung der Drehgriff zu drehen war.
Dann trugen wir das Motor-Fahrrad hinaus, vors Geschäft, auf die Straße. Dort sollte der Proband die ersten motorgetriebenen Meter seines Lebens zurücklegen, in einer Nebenfahrbahn der Wiener Ringstraße, mit einer Ampel nach kaum 50 Metern, wo am Luegerplatz eine Straße mit mehreren Fahrbahnen den Ring querte. Mit unserer Hilfe sprang der Motor an, er schaltete sogar in den zweiten Gang, doch die Ampel vor uns zeigte Rot. Bremsen! STOP! Gas weg! Es half nichts.  Er fuhr mit glücklichem Lächeln, geradezu verzaubert, immer weiter und weiter. Die Fußgänger sprangen zur Seite, die Autos bremsten mit quietschenden Reifen. Er begann unseren Blicken zu entschwinden. Einen Kilometer später hatte ich ihn eingeholt. Und zum Stehen gebracht.
Wir haben nie mehr etwas von ihm gehört, hoffen aber doch, dass er lebend in Israel angekommen ist. Vielleicht läuft in Israel irgendwo heute noch ein einsamer Motor!" Soweit Günther Uhlirz, als er in seiner Studentenzeit Schriftsteller, Testfahrer und Kundenberater bei HMW war.
Es dauerte nicht lange, da versuchten findige Konstrukteure, das Einsatzgebiet des Fuchsmotors zu erweitern. Der Motorroller "Lohner 98" war gerade aufgekommen. In Einheitsgrün, mit Seilzugstarter und 2,25 PS. Reduziert auf Fahrraddimensionen und die 1 PS des Hilfsmotors entstanden "Leichtroller" oder "Stadtflitzer".  Alle diese "Fuchsroller" scheiterten, denn ohne Fahrradpedale waren sie als Trittroller kaum zu starten. "Fuchs, der Lastesel" war ein weiteres Einsatzgebiet. Hier war dem unverwüstlichen Hilfsmotor mehr Erfolg beschieden. Gewerbetreibende mit ihren Lastendreirädern setzten gern und lang auf ihn, wie Joe Trummer, Schauspieler und Speiseeisverkäufer am Stephansplatz.  Dort hat ihm sein Eiswagerl mit Fuchsmotor ein Zubrot verschafft. Zehn Jahre lang. Im Alter verarmt wurde er "Kunde" vom Sozialdienst der Dompfarrkanzlei St. Stephan. Er ist 64-jährig gestorben Dr. Ragnar Mathéy wiederum versah sein "Lasten-Tandemfahrrad" mit einem zweiten Vorderrad, einer Achsschenkellenkung und einem Fuchsmotor. Diese Maßnahmen verhinderten das Umfallen beim Be- und Entladen, erhöhten die Anzahl der montierbaren Packtaschen und erweiterten seinen Wirkungskreis. Der bestand darin, Eisenhandlungen, Geschirrgeschäfte und Dirndlschneiderinnen zu beliefern. Zuerst waren es kleine, hufeisenförmigen Magnete vom Alteisentandler.  Er hatte sie einfach nur gereinigt und an den Polen rot oder blau angestrichen. Vom gleichen Alteisentandler bezog er später auch Aludrahtabfälle, die er in großer Serie, kunstvoll zu Trachtenknöpfe biegen ließ, und schließlich fuhr er mit dem zweispurigen Fuchs Lastentandem auch unverwüstliche "Palatschinkenschaufeln" aus, hergestellt aus dem Duraluminium eines abgeschossenen englischen Bombers und versehen mit Holzgriffen aus der eigenen Drechslerei.  Heute würde man sie als hochgiftige Bratenwender aus dem Verkehr ziehen.
In der Folge hat Dr. Mathéy kräftig an der weiteren Kleinmotorisierung Österreichs mitgewirkt.  Als Financier der Kauba Lux Roller, mit seinen Bobby-Rollern und seiner Megu-Mopetta. Heute, nach seinem Tod, trägt das "Kreativ Biotop Ragnarhof" in der Brunnengasse, im 16. Wiener Gemeindebezirk seinen Namen.
Nicht gewerbliche Nutzung, eher privater Komfort für Zwei dürfte bei dem vierrädrigen "Fuchs Auto" Pate gestanden sein. Ein Cabrio aus zwei Fahrrädern, umgeben von einem Gestell mit Stoffbespannung und angetrieben von einem Fuchsmotor.