Die Raketenflugpost des Ingenieur Schmiedl
Geschrieben von Erich Fries   

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Eine Zustellung der Post, im verschneiten, unpassierbaren Gelände der Alpen, dürfte der Auslöser gewesen sein, die Ing. Schmiedl bewog, sich mit einer Postrakete zu beschäftigen.

Text: Erich Fries

ImageIng. Friedrich Schmiedl, geboren am 14. Mai 1902 in Schwertberg/Oberösterreich, war Bauingenieur in Graz. Mit Feuerwerksraketen beschäftigte er sich allerdings schon mit 12 Jahren!  Nach seinem Ingenieursdiplom mit Auszeichnung, setzte er seine Versuche mit 19 Jahren in seiner Freizeit fort. Wesentlich dabei waren die Bündelungen von Raketen zu einer Stufenanordnung, die einen größeren Aktionsradius ermöglichten. Bereits am 2. Februar 1931 startete er die Versuchsrakete 7 vom Schöckl, dem Grazer Hausberg mit 100 Briefen nach dem 5 km im Tal gelegenen Zielort St. Radegund. Die Landung der Rakete erfolgte durch einen zeitgesteuerten Fallschirm. Durch Schriften von Franz von Hoefft und Hermann Oberth ausgelöst, war es auch die Vision von Friedrich Schmiedl an einen interkontinentalen Postflugtransport zu denken.
Um diesen Flugposttransport möglichst realistisch zu gestalten entwarf Schmiedl eigene Design-Briefmarken. Da das Freimachen von Postsendungen dem staatlichen Monopol unterworfen war, konnten diese allerdings nur als "Vignetten" gehandelt werden. Für Schmiedl war dies auch eine Möglichkeit, einen Teil der Unkosten, die ihm durch seine Versuche entstanden sind, hereinzubekommen. Die amtlichen Briefmarken, zusammen mit den "Vignetten", wurden in der Philatelie beliebte Sammelobjekte.  Allerdings hatte Schmiedl auch potente Gegner, die in der Zeitschrift "Der Internationale Philatelist" vom Unfug der österreichischen Raketenpost schrieben. Nun wurden Postsendungen ja auch nur in eine Richtung transportiert. Es war also keine "Rohrpost der Lüfte" mit wechselseitiger Kommunikation. Vielleicht war dies der Grund, dass Schmiedl sich auch anderen, angewandten Möglichkeiten der Raketentechnik zuwandte.
In der Zeit von 1918 bis 1933 beschäftigte er sich mit Versuchs- und Postraketen, Unterwasserstartraketen, Raketen- und Düsenflugzeugen und Stratosphärenballonen.

ImageDie Photorakete. Schmiedl setzte seine Raketen auch für meteorologische Experimente ein. Mit selbst konstruierten Miniaturkameras, die erst nach der Rückstoßerschütterung ausgelöst wurden versuchte er Bilder aus größeren Höhen zu gewinnen.
Zwischen 1931 und 1934 versuchte er auch verschiedene Farbfilter zu verwenden, um Vegetationsarten besser zu erkennen. Diese Versuche könnte man als Vorläufe heutiger Mehrspektralkameras der Satellitentechnik sehen. Aber auch die Photorakete selbst, erinnert sie nicht an die Aufklärungsdrohnen von heute?
Schmiedl musste aufgrund der bekannten Notstandsverordnungen von 1934, die auch den Privatbesitz von Sprengmitteln bei Todesstrafe verboten, seine Versuche einstellen. Seine Prüfanlage für Raketentreibstoffe hatte Schmiedl aus Angst vor Schwierigkeiten zerstört.
Gerhard Zucker, ein Raketenkonstrukteur aus Hasselsfelde im Harz, erfuhr brieflich durch Ing.  Schmiedl von dessen Schwierigkeiten. Zucker hatte Connections in Holland, England und Amerika. Er bot Schmiedl sofort an mit ihm in England ein Firma zu gründen bei der er ihm 50 % des Gewinnes versprach. Darüber hinaus bot er ihm an, ihn die Reisekosten zu senden.  "Wenn wir uns entwickeln wollen, müssen wir raus in die Welt, ..." schrieb Zucker. Es folgte der Austausch einiger Briefe zwischen London und Graz, in denen Schmiedl auch von Stratosphärenflügen schrieb und schon einige Pläne für den Weltraumflug hatte. Nun fragt man sich doch, warum Schmiedl diesem verlockenden Angebot nicht Folge geleistet hat?
Nun, Schmiedl war zweifellos ein großartiger Kreativer, ein Erfinder, der immer wieder neue Ideen hatte, aber auch als "Chef" diese selbst verwirklichen wollte. Ein Einzelkämpfer, der nicht im Team von anderen Befehle erhalten wollte.  Damit war er in der Riege großer Erfinder kein Einzelfall. Begonnen hatte es ja schon 1927, als die japanische Regierung ihm eine Stelle in einem Forschungsprogramm anbot.
ImageSchmiedl sah sich schon immer als ein Pionier der Weltraumfahrt und so wollte er auch 1938, nach dem Anschluss an das Deutsche Reich nicht in kriegstechnische Vorbereitungen hineingezogen werden. Diesmal vernichtete er nicht nur eine Prüfanlage für Raketentreibstoffe sondern alle Unterlagen! 1937 beschäftigt sich Ing. Schmiedl mit einem Rückstrahlmotor für Schiffe. 1943 wurde er jedoch zum Militär eingezogen und dem Festungs-Pionierstab auf der Krim zugeteilt. Aber auch nach dem zweiten Weltkrieg lehnte Schmiedl eine Mitarbeit an dem amerikanischen Raketenprogramm ab.
Die Liebe zu den Raketen aber blieb, wenn auch auf einer etwas anderen Ebene.1950 nimmt Ing.  Schmiedl am 1. Internationalen Astronautic- Congress in Paris teil und zu besonderen Jubiläumsanlässen startete er noch einige Modellraketen.
1955 trat Ing. Schmiedl in den steirischen Landesdienst ein wo er als Technischer Rat arbeitete.  Ing. Friedrich Schmiedl hatte keine Erben und vermachte seinen gesamten Besitz der Stadt Graz. Die Stadt gründete eine Ing.-Friedrich- Schmiedl-Stiftung, wobei die Erlöse aus dem Stiftungsvermögen von der Technischen Universität Graz für Forschungsstipendien an Studierende vergeben werden.
Am 11. September 1994 verstarb der Raketenpionier im Alter von 92 Jahren in Graz. Er war Träger des Ehrenrings und des Großen Goldenen Ehrenzeichens des Landes Steiermark, sowie 1971 der Hermann-Oberth-Medaille, die er von Wernher von Braun überreicht bekam.

ImageQuellen:

Karl Trobas, Friedrich Schmiedl, Biografie, Band I 1992

Karl Trobas, "Raketen, Raketenpost, Postraketen", Friedrich Schmiedl, ein Raketenpionier aus Graz, II . Band, Manumedia-Verlag, Schnider, Graz

Bruno Besser, "Friedrich Schmiedl-Raketenpionier und Wegbereiter der Weltraumforschung" in: Karl Acham (Hrsg.), Naturwissenschaft, Medizin und Technik aus Graz, Böhlau Verlag, Wien u.a., 2007, S. 231-241.

Fotos: Dr. Bruno Besser, Akademie der Wissenschaft, Abteilung Luft und Raumfahrt, Graz und Frau Juliane Kern von der Ing. Friedrich-Schmiedl-Stiftung der Stadt Graz.

Interview mit Dr. Bruno Besser in Graz