Horch Automobile
Geschrieben von Wolfgang M. Buchta   

Heft bestellen - Horch Automobile - Er baute Autos!

Es ist eine beachtliche Leistung, eine Automarke gegründet zu haben, und wenn man den passenden Namen trägt, könnte die Marke sogar diesen Namen tragen - das hebt den Gründer in die Liga von Ford, Ferrari, Peugeot, Opel oder Porsche, was deutlich besser als Müller GT oder Buchta Cabrio klingt. Und dann gibt es den exklusiven Kreis der Firmengründer, die zwei Marken mit dem eigenen Namen begründet haben, und da fallen uns nur die Herren Carl Benz (Benz & Co und Carl Benz Söhne), Ransom Eli Olds (Oldsmobile und Reo) und eben August Horch (Horch und Audi) ein.

Wolfgang M. Buchta hat sich mit der Geschichte von August Horchs erster Firmengründung beschäftig, Ulli Buchta und das August Horch Museum in Zwickau haben die Bilder dazu beigesteuert.

  ImageAm 12. Oktober 1868 wurde in Winningen an der Mosel dem Schmied Karl Friedrich Horch und seiner Frau Helen ein Sohn geboren, den sie auf den Namen August tauften.
Der kleine August hatte es mit seiner Familie "gut getroffen", insbesonders mit dem Beruf seines Vaters, denn es war schon seit jungen Jahren ein Bastler und Tüftler und begann daher logischerweise nach der Schule seine Lehre in der väterlichen Werkstätte. In seiner Autobiographie erzählt August Horch, dass er sich mit 13 Jahren ein dreirädriges Fahrrad gebaut hat.
Mit 15 1/2 Jahren hatte er seine Lehre abgeschlossen und brach mit einem Freund und 20 Mark in der Tasche zur Wanderschaft auf. Seine erste Anstellung fand er bei einem Schmied in Heidelberg. Sein weiterer Weg führte in nach Böhmen, Österreich, Ungarn und schließlich nach Belgrad, wo er Arbeit beim Bau der Eisenbahnline von Serbien nach Bulgarien fand und dabei neben viel neuem Wissen auch eine schwere Malariaerkrankung erwarb, die ihn zur Heimreise zwang.
Nach vier Jahren Wanderschaft kehrte er zu seiner Familie zurück, die er allerdings bald wieder verlassen sollte: Seinen Wunsch nach einer "formaleren" technischen Ausbildung, als es Lehre und Wanderschaft bieten konnten, konnte er sich am angesehnen Technikum in Mittweida in Sachsen erfüllen. Nach sechs Semestern hatte August Horch im Oktober 1891, drei Tage nach seinem Geburtstag, das angestrebte Ingenieurspatent in der Tasche und konnte "in die Wirtschaft" gehen...
Seine erste Position als Konstrukteur fand er bei einer Eisengießerei in Rostock, die nach nicht einmal einem jahr verließ, um zur ebenfalls in Rostock beheimateten Neptunwerft zu wechseln.  Bei Neptun stieg er rasch zum Betriebsleiter auf, ehe die Pleite der Werft, diese Karriere fürs erste beendete.
ImageDie nächste Station führte ihn nach Leipzig, wo er bei "Grob & Co" einen 800 PS Petroleummotor nach einem Dreivierteljahr zum Laufen brachte, und viel über die Funktionsweise des "Explosionsmotors" lernte, beispielsweise, dass die Verbrennungsrückstände des Petroleums, den Motor für den Dauerbetrieb ungeeignet machen...
Im Frühsommer 1896 präsentierte die Firma "Hildebrand & Wolfmüller", die Hersteller des ersten serienmäßigen Motorrads, ihre neue Maschine Leipzig - und August Horch was fasziniert und bewarb sich bei "Benz & Co" in Mannheim, wo er bereits im Juni 1896 als "Assistent des Betriebsleiters der Abteilung Gasmotorenbau" begann.
Benz war zu dieser Zeit zwar der größte Automobilhersteller der Welt, aber die Fahrzeuge waren, vorsichtig ausgedrückt, durchaus noch verbesserungsfähig, eine Aufgabe, der sich Horch, inzwischen zum Betriebsleiter aufgestiegen, gerne widmete oder vielleicht sollte man besser sagen, der sich Horch gerne gewidmet hätte. Carl Benz war gelinde gesagt konservativ und allen Änderungen abgeneigt, was schließlich zum Zerwürfnis zwischen Horch und Benz führte. August Horch beschreibt die Situation in seiner Autobiographie "Ich baute Autos" so:
"ich begann einen umfassenden Angriff auf Papa Benz und schilderte ihm in allen glühenden Farben den Vorteil dieser Konstruktion.  Ich redete ihm wie einem kranken Kinde zu, diese Konstruktion für seine Wagen zu übernehmen.  Es war vergeblich. Er wollte nicht. Er hatte einen Standpunkt, den ich innerlich nicht ganz verwerfen konnte: niemals hätte er eine Konstruktion von einer anderen Wagenfabrik angenommen. Es war sein Ehrgeiz, an seinen Benz-Modellen nur solche Konstruktionen zu verwenden, die in der Firma Benz entworfen und ausgearbeitet worden waren."
So war der nächste Schritt irgendwie logisch und vorhersehbar: Am 15. Oktober 1899 verließ Horch die Firma "Benz & Co" und am 14. November 1899 wurde eine neue Firma ins Handelsregister der Stadt Köln eingetragen, die als Gesellschafter Ingenieur August Horch und seinen Partner, den Tuchhändler Salli Herz, hatte.  In einem leerstehenden Pferdestall im Stadtteil Ehrenfeld eröffneten die "A. Horch & Cie" zunächst einmal eine Reparaturwerkstätte für Motorwagen und Maschinen aller Art. Aber eigentlich wollte Horch ja Automobile konstruieren und bauen. Sein erstes Patent erhielt er auf ein neues Abreißgestänge für die Bosch-Magnetzündung, das sich gut verkaufte und ein wenig Geld in die Kassen der jungen Firma brachte, sodass Horch mit der Konstruktion seines ersten Motorwagens beginnen konnte, in der er alles bei Benz gelernte - plus seine neuen Ideen und Verbesserungen - verwirklichen konnte.
ImageWährend die Benz-Wagen eine selbsttragende Karosserie nach Art einer Kutsche hatten, setzte Horch den Aufbau auf einen soliden Rahmen, auf den die zukünftigen Kunden individuelle Karosserie setzen konnten. Der Zweizylindermotor nach Benzvorbild hatte zusätzliche kleine Kolben zum Ausgleich von Vibrationen, und für die Kraftstoffversorgung sorgte ein Vergaser eigener Konstruktion. Das Getriebe war eine verbesserte Version der damals üblichen Bauweise, und das Differential war eine eigene Konstruktion, ein sogenanntes Stirnraddifferential, das lange Zeit für Horch (und später Audi) Fahrzeuge charakteristisch blieben sollt.
Der erste Wagen, der sich bereits deutlich vom Benz-Vorbild unterschied, wurde Ende des Jahres 1900 fertig und absolvierte Anfang 1901 seine ersten Probefahrten. Rasch fand der Typ rund 10 Kunden im Raum Köln und Umgebung, und August Horch konnte sich der Konstruktion eines neuem Modells zuwenden.
Natürlich glich der Horch Nr. 2 seinem Vorhänger und hatte wieder einen Zweizylindermotor, der allerdings nicht mehr liegend sondern stehend angeordnet war. Wichtigste Neuerung war die Kraftübertragung mittels Kardanwelle statt Riemen, womit Horch einmal mehr Innovationskraft zeigte. Zylinderblock, Getriebe-, Differentialgehäuse bestanden aus Leichtmetall. Ein Exemplar des Horch Nr. 2 wurde versuchsweise mit einem Einzylindermotor ausgerüstet.
Im August 1901 war der Kardanwagen bereit zu den ersten Probefahrten, und Horch stieß auf erste Probleme, die allerdings nicht (primär) technischer sondern finanzieller Natur waren - das Grundkapital von 30.000 Mark war zu gering, und die Banken und andere potentielle Geldgeber lehnten allesamt dankend ab...
ImageHorch entsann sich seiner Kontakte nach Leipzig und nahm mit einem Maschinenhersteller namens Wilhelm Moritz Bauer aus Gera Kontakt auf. Dieser war rasch bereit bei Horch einzusteigen, urgierte allerdings einen Umzug nach Sachsen, einen Schritt, den Kompagnon Herz nicht mitmachen wollte und daher aus der Firma ausstieg...
Bereits am 11. März 1902 traf Horch in Plauen ein - seine Maschinen folgten kurz darauf.  Lediglich die erwartete Fabrikshalle existierte nicht und so musste Horch blitzartig ins benachbarte Reichenbach in eine ehemalige Spinnerei ausweichen. Am 22. März 1902 konnte die Produktion der Zweizylinder-Kardanwagens in Sachsen beginnen.
Und Horch hatte große Zukunftspläne, die zumindest in einem Prospekt Niederschlag fanden: "Wir bauen unsere Motorwagen für alle Zwecke: Sport, Industrie und Verkehr mit 1-, 2-, 3- und 4-Cylinder paarweise gegossen."
Die Realität sah deutlich bescheidener aus: Ein- und Dreizylindermotor hat es nie gegeben, und auch die im Prospekt (zeichnerisch) gezeigten Karosserievarianten wurden nur zu einem kleinen Teil verwirklicht.
Ende 1902 stieß ein gewisser Fritz Seidel zu Horch, der ein technisches Universitätsstudium abgeschlossen hatte, was Anfang des 20.  Jahrhunderts durchaus bemerkenswert war. Mit Seidel hatte Horch einen "guten Griff" getan.  Nicht nur konstruierte er - gemeinsam mit dem Chef - den bereits angekündigten Vierzylinder-Motor, sondern er blieb dem Unternehmen bis zu seinem Ableben im Jahre 1936 treu.
Dem später als "großer Wagen" bezeichnete Vierzylinder folgte bald ein kleinerer Vierzylinder, sodass Horch Anfang 1904 drei Motorvarianten anbieten konnte, von denen alle drei - 10-12 PS Zweizylinder sowie die beiden 12-15 PS und 17-20 PS Vierzylinder - bei der Zuverlässigkeitsfahrt Berlin - Leipzig - Berlin im Mai 1904 am Start waren und zwei Goldmedaillen erringen konnten.
ImageHorch blieb nur zwei Jahre in Reichenberg und es ist heute unklar, wieviele Fahrzeuge in der Zeit gebaut wurden, die Zahl dürfte bei schätzungsweise 40 bis 50 Exemplare gelegen sein.  Die geringe Stückzahl lag nicht zuletzt am Platz- und Kapitalmangel, denn die "Behelfsfabrik" in Reichenbach war ganz einfach zu klein und die Kapitaldecke war zu dünn - es standen wieder eine Übersiedlung und eine Kapitalerhöhung am Programm ... Zur Lösung des Kapitalmangels bot sich eine Umstrukturierung in eine Aktiengesellschaft an und rasch konnte Horch, der sich inzwischen einen guten Namen gemacht hatte, potentielle Investoren gewinnen, und die Platzprobleme wurde durch den Ankauf von reichlich Grund- und Boden in Zwickau gelöst. Ab 10. Mai 1904 firmierte das Unternehmen als "August Horch & Cie. Motorwagen-Werke AG" in Zwickau. Das Grundkapitel von 110.000 Mark wurde bald auf 350.000 erhöht.
Lediglich an der "menschlichen Front" tauchten erste Probleme auf. Horch war nicht mehr allein bestimmender Eigentümer und Patriarch "seiner" Firma, sondern die neuen Aktionäre, allen voran Wilhelm Bauer und der Aufsichtsratsvorsitzenden Emil Freytag begannen Horch "drein zu reden"...
Als ersten Schritt wurde per 20. September 1904 Horch der Buchhalter Jakob Holler als Prokurist zur Seite gestellt, was Horch vorerst gar nicht einmal so unrecht war, da ihm Technik und Verkauf mehr am Herzen lagen als trockenen Zahlen und Kalkulationen.
ImageMit den Vierzylindermodellen hatte August Horch eine gute Basis für folgende Modelle gelegt und irgendwann 1904 wurde die Produktion der Zweizylinder eingestellt. Eine genau Aufschlüsselung, welche Modelle in den Jahren 1904 und 1905 gebaut wurden exisitiert nicht, aber in Summe durften es 1904 30 und im Jahr darauf 29 Fahrzeuge gewesen sein.
Schriftlich forderte der Aufsichtsrat Horch auf, sich auf die drei vorhandenen Vierzylinder-Modelle zu beschränken, allerdings stellte Horch ungeachtet dessen einen großen 35-40 PS Wagen auf die Räder, der über einen 5,8 Liter Vierzylindermotor und etliche Neuerungen verfügte und im Februar 1905 auf der Berliner Automobilausstellung präsentiert wurde.
Die drei kleineren Modelle wurden zu einer Baureihe bereinigt und zwischen 1906 und 1909 (kleiner Horch) resp. 1910 (großer Horch) wurden 307 "kleine" und 156 "große" Horch gefertigt. Das klingt nicht nach einer großartigen Produktion, aber im "Business Plan" bei der Gründung der AG war man von 50 Automobilen pro Jahr ausgegangen. Dank stolzer Preise - das 40 PS Chassis kam auf 16.300 Mark - erreichte die junge AG bereits 1905 "schwarze Zahlen" und für 1906 gab‘s für die Aktionäre sogar eine Dividende.
Auch in den folgenden Jahren schien Horch auf bestem Kurs zu weiteren Erfolgen zu sein - z.B.  1908: 100 verkaufte Fahrzeuge ergaben einen Umsatz von 1,3 Mio. Mark und einen Reingewinn von 200.000 Mark, und auch sportlich lief vorerst alles bestens.
Mit dem Kaiserpreis-Rennen 1907 im Taunus wendete sich das Blatt - alle drei Horchs am Start fielen mit technischen Defekten aus. Dazu kamen Probleme mit dem wieder "ausgegrabenen" Zweizylinder, den niemand wollte und Horchs Arbeiten an dem neuen Sechszylinder - dem Aufsichtsrat waren Horchs "Experimente" zuwider.
ImageWiederholt intrigierte Prokurist Holler in Briefen an den Aufsichtsrat gegen die "technische Leitung des Werke", also gegen August Horch, und als 1909 wieder kein einziger Horch die Herkomerfahrt überlebte, wurde August Horch per Telegramm zur "Kopfwäsche" nach Zwickau beordert. Eine offenbar hitzige Diskussion endete mit der "sofortigen Entlassung des bisherigen Technischen Direktors Horch" - nach 10 Jahren Arbeit stand Horch, wenn auch mit einer Abfindung von 20.000 Mark, "auf der Strasse".
Horch war zwar mit vorerst gescheitert, aber steckte nach wie vor voller Idee und gründete sofort eine "August Horch Automobilwerke GmbH", was die "Horch & Cie. Motorwagenwerke AG" natürlich nicht so amüsant fanden und rechtliche Schritte einleiteten.
Und jetzt zeigte sich, dass eine solide humanistische Bildung auch im Geschäftsleben nützlich sein kann. "Horch" ist der Imperativ, also die Befehlsform von "Hören" und im Lateinischen heißt "hören" "audire" und der Imperativ "audi" - am 25. April 1910 wurde die "Audi Automobilwerke GmbH Zwickau" in das Handelsregister der Stadt Zwickau eingetragen ...
Dass sich die Wege der Marken Horch und Audi gut 20 Jahre später wieder kreuzen sollten, und dass Audi eine bis heute andauernde Erfolgsgeschichte vorweisen kann, das ist eine andere Geschichte - aber wie erging es Horch ohne Horch weiter?
Ein Dutzend erfahrene Mitarbeiter waren ihrem Chef gefolgt, und Diplomingenieur Fritz Seidel wurde zum neuen Leiter der Konstruktionsabteilung ernannt. Ihm zur Seite wurde Heinrich Paulmann als Betriebsingenieur gestellt.
Vorerst wurde einmal das bewährte Typenprogramm - 11/22 PS und 23/40 PS - beibehalten, und nach und nach ergänzten Seidel und Paulmann das Angebot mit einem 13/35 der 1913 zum 14/40 vergrößert wurde. Dem vorsichtigen aber allgemeinen Trend zur Motorisierung folgend, entstand 1910 zwei "Einstiegsmodelle", der 6/18 PS und der 8/24 PS.
Nach oben hin wollte man das Spektrum durch Luxusautos mit ventillosen "Knight Schiebermotoren" erweitern, die man von der englischen Daimlergesellschaft in Coventry zu importieren dachte. Über den Druck von Prospekten kam dieser Plan allerdings nicht hinaus ...
ImageDafür wurden Oberklassemodelle mit konventionellen Motoren entwickelt und 1914 konnten die Kunden zwischen Vierzylindermodellen mit 30, 40, 50 und 60 PS wählen. Mit den starken Motoren konnte Horch allmählich auch im Nutzfahrzeugmarkt - Taxis, Lastwagen, Autobusse, Krankenwagen, ... - Fuß fassen. Kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs kam noch ein 33/80 PS Wagen mit einem Vierzylinder von 8 Liter Hubraum heraus, ehe die Produktion für die nächsten vier Jahre "Kaiser Volk und Vaterland" gewidmet werden musste.
Per 3. Februar 1918 wurde das Unternehmen in "Horchwerke AG" umbenannt, und mit Kriegsende war klar, das der Weg von der Kriegsproduktion zur Zivilproduktion ein herausfordernder Schritt sein würde, der durch die in Deutschland herrschende Inflation und die in großer Stückzahl gebauten Importfahrzeuge zusätzlich erschwert wurde.
1920 übernahm Dr. Moritz Straus die Aktienmehrheit des krisengebeutelten Automobilbauers und konnte in die Beziehung mehr als "schnöden Mammon" einbringen, dann Dr.  Straus besaß auch die Mehrheit an der "Argus Flugmotorenweke GmbH" in Berlin, wodurch sich für Horch natürlich interessante Synergien ergaben. Zur Verwirklichung seiner Pläne wurde Jakob Holler aus der Firma komplimentiert und Arthur Löwenstein, der von Daimler abgeworben wurde, wurde zum Vorstandsvorsitzenden bestellt.
Die Bedeutung der Nutzfahrzeuge wuchs für Horch und die luxuriösen PKWs waren im wesentlichen Konstruktionen der Vorkriegszeit - 1920 hatte Horch sechs Personenwagen und drei Lastwagen im Angebot.
Die Bereinigung der Baureihen war angesagt, und 1923 liefen die alten Modellreihen aus - in Summe waren bis dahin 7.185 Horch-Wagen gebaut worden - und wurden durch den Horch 10/35 PS abgelöst, dessen Motor vom Schweizer Konstrukteur Arnold Zoller bei der "Konzernschwester" Argus entworfen worden war.
ImageÄußerlich glich der neue Wagen seinen Vorgängern und es wurde zwischen 1922 und 1924 davon rund 930 Personenwagen und 1.000 Lieferwagen gebaut. Zoller hatte bei Argus auch einen Motor mit obenliegender Nockenwelle entworfen, der Dr. Straus allerdings für die Serienproduktion zu kompliziert erschien. Allerdings kam dieser Motor in zwei Horch-Rennwagen anläßlich des ersten AVUS -Rennens im Jahre 1921 zum Einsatz.
Mitte 1922 war die Zeit von Arnold Zoller bei Horch zu Ende, und er wurde durch einen "ganz großen Namen" abgelöst: Am 1. Juli 1922 begann Paul Daimler, der älteste Sohn Gottlieb Daimlers, bei Horch und widmete sich einmal der Modellpflege des 10/35 PS Horchs. Der bekam jetzt die schon von Zoller vorgesehene obenliegende Nockenwelle und kam damit auf eine Leistung von 50 PS, sowie neue mechanische Vierradbremsen. Der jetzt 10/50 PS Horch genannte Wagen hatte einen Flachkühler und ein neues, vom Berliner Graphiker Fritz Böhm entworfenes, Emblem, ein großes "H", das vom Schriftzug "HOR CH" gekrönt wurde. Bis 1926 konnten 300 Exemplare abgesetzt werden.
Für Paul Daimler war der "kleine Vierzylinder" nur eine Überbrückung - er wollte "richtige" Autos mit "richtigen" Motoren bauen, und ein richtiger Motor musste nun einmal acht Zylinder haben. Er konnte Dr. Straus von seinen Plänen überzeugen und begann 1924 mit der Entwicklung eines möglichst leisen Motors, dessen Geräuschlosigkeit durchaus auf Kosten der Leistung gehen durfte. Trotz zweier Nockenwellen und Königswellenantrieb leistete der Reihenachtzylinder mit gut 3 Liter Hubraum gerade einmal 60 PS - dafür konnte er es in Sachen Geräuschentwicklung mit allen Konkurrenten aufnehmen.
Als der neue Wagen 1926 auf der Berliner Automobilausstellung präsentiert wurde, war in der Presse einfach vom "Horch 8" die Rede und die Zwickauer wurden allgemein gelobt, dass Horch den ersten deutschen Serien-Achtzylinder anbieten konnte. Werksintern hieß er "Horch 8 Typ 303" und hatte anfänglich einen Hubraum von 3.132 ccm - die "Dynastie" der prächtigen Horch-Achtzylinder hatte begonnen. Preislich positionierte sich der Horch 303 in der Oberklasse und war mit 12.500 Mark (später 11.900) etwas teurer als der Mercedes Mannheim, den es um 11.800 gab, aber günstiger als die Mitbewerber von Hansa-Lloyd oder Adler.
ImageIn Folge begann bei Horch eine munteres Verwirrspiel mit Nummern, die keiner, zumindest keiner leicht ersichtlichen, Logik folgen.  Der Horch 303 hatte einen Hubraum von 3.132 ccm, einen Radstand von 3.450 mm und, je nach Karosserie eine Spitze von rund 100 km/h.  Mit kurzem Radstand (3.160 mm) hieß der gleiche Wagen Type 304. Ein Jahr später, Anfang Dezember 1927, gingen die Nachfolger in Serie: Hubraum auf 3.378 ccm und Leistung auf 65 PS erhöht hießen die Wagen jetzt Typ 305 (lang) und Typ 306 (kurz).
Wie zu dieser Zeit üblich baute Horch das "Rolling Chassis" und die Karosserie - Phaeton, Limousine, Pullmann und Sportkabriolet - kamen meist vom der Gottfried Lindner AG aus der Nähe von Halle, die sich mit dem Waggonund Anhängerbau einen guten Namen gemacht hatten - und so sahen die Karosserien auch aus: Solide aber bieder, und nicht dem hochpreisigen Image der Marke entsprechend. Zumindest sah Dr. Straus das so und beauftragte Professor O.H.W. Hadank, seines Zeichens Fachlehrer für Gebrauchsgraphik an der "Berliner Hochschule für Freie und Angewandte Kunst", sich um die "Karosserieentwicklung in allen künstlerischen und formtechnischen Fragen" zu kümmern.
Ein weiterer Professor dieser Hochschule, Ernst Böhm, zeichnete für eine neue und standesgemäße Kühlerfigur - einen geflügelten Pfeil - verantwortlich.  1928 konnren die Besucher der Berliner Automobilaustellung erstmals die Kreation von Prof. Hadank bewundern: Der Horch Typ 350 war deutlich abgerundeter und wirkte niedriger, obwohl die Kopfhöhe gleich geblieben war. Die Karosserien waren typischerweise zweifärbig lackiert. Technisch konnte der Typ 350 mit einem auf 3.950 ccm vergrößerten und auf 80 PS leistungsgesteigerten Motor aufwaren. Als erster deutscher Wagen war der Horch 350 mit splitterfreien Glasscheiben ausgestattet.
ImageDie (deutsche) Motorpresse überschlug sich in ihrer Begeisterung und erklärte "... dass dieser in Zusammenarbeit von Ingenieuren und Künstlern erzeugte Typ auf dem internationalen Weltmarkt ein Ruhmesblatt der deutschen Automobilindustrie bedeutet." Der Typ 350 war - einmalig in der Typennummerierung von Horch - mit langem und kurzem Radstand unter der gleichen Typennummer erhältlich und verkaufte sich bis Oktober 1930 2.800 mal.
Ein Jahr später verpasste Prof. Hadank dem Type 350 ein "Update" - länger, breiter, niedriger, eleganter - und fertig war der Typ 375, den es nur mit kurzem Radstand gab. Der Horch 375 bekam auch eine neue Kühlerfigur - der geflügelte Pfeil wurde zu einer geflügelten Weltkugel, die ebenfalls von Prof. Böhm stammte und markenrechtlich geschützt war. Binnen eines Jahres entstanden 936 Exemplare. Damit war Horch im Luxussegment der Achtzylinder die mit Abstand führende deutsche Marke. Bis 1930 wurden in Zwickau mehr als 7.000 Achtzylinder gefertigt.
Aber nicht nur "Reich und Schön" fuhren Horch, sondern auch die staatlichen Behörden. Ehe sich Paul Daimler Ende 1929 aus gesundheitlichen Gründen von Horch verabschiedete, entwarf er noch "Kübelsitzer" für Polizei und Reichswehr auf Basis des Horch 350 und einen Dreiachser für zwei Tonnen Nutzlast oder bis zu 10 Personen.  Die Stückzahl des Dreiachsers ist nicht bekannt, da dieser in den Firmenunterlagen nicht extra ausgewiesen wurde.
1930 trat Fritz Fiedler seinen Dienst als Chefkonstrukteur an, den Dr. Straus mit einem für die Zeit ungewöhnlich lukrativem Angebot von Stoewer abgeworben hatte.
Als erstes ließ Fiedler die Typen 350 und 375 mit neuen Blechkarosserien von Ambi-Budd in Berlin versehen, wodurch die schweren Limousinen bis zu 350 kg "abspeckten" und versuchte als nächstes die Horch-Wagen auch technisch zu überarbeiten. Ehe sich Fiedler auch an die Konstruktion eines neuen Motors wagte, wurden diese Übergangstypen als Horch 400 (kurz) und Horch 405 (lang) gebaut.
ImageNach fünf Jahren und 8.490 Stück lief die Produktion des nunmehr "alten" Paul-Daimler-Motors aus und wurde durch den "Fiedler Motor" in drei Größen - Vierliter mit 80 PS, Viereinhalbliter mit 90 PS und Fünfliter mit 100 PS - abgelöst.  Jeden Motor wurde in zwei Radständen angeboten und 1932 wurde noch kurzzeitig ein fallweise verächtlich "Spar-Horch" genannter Wagen mit drei Liter Hubraum und kurzem Fahrgestell gebaut. Dass jedes dieser Modelle eine andere Typennummer und eine Vielzahl von Karosserien hatte, versteht sich wohl von selbst.
Wir wollen hier nicht allzusehr ins Detail gehen und nur summarisch die Produktionsjahre 1931 bis 1935 zusammenfassen:
3 Liter Hubraum: Typ 430
4 Liter Hubraum: 410/440/710
4,5 Liter Hubraum: Typ 420/450/470/720/750/750B
5 Liter Hubraum: Typ 480/500/500A/500B/780/780B
Im Herbst präsentierten die Horch Werke in Paris ein leuchten gelbes Cabriolet mit braunem Verdeck und grüner Lederpolsterung, aber nicht die Farbe war die eigentliche Sensation, sondern der Motor - ein V-12-Zylinder mit sechs Liter Hubraum und 120 PS.
Fiedler hatte diesen "Wundermotor" mit zahlreichen technischen "Schmankerln" versehen, wie eine siebenfach gelagerte Kurbelwelle mit 12 Ausggleichsgewichten und einem Schwingungsdämpfer sowie eine spezielle Schmierung, die beim Starten in jeden Zylinder schon vor dem ersten Hub etwas Öl verteilte. Zur Geräuschminderung und zur automatischen Regulierung des Ventilspiels wurden die Ventile nicht direkt über die Ventilhebel sondern über einen dazwischen liegenden, ölgefüllten Kolben betätigt. Erstmals war ein Horch mit hydraulischen Vierradbremsen ausgestattet.
ImageDer Horch 670 genannte Zwölfzylinder war zunächst ausschließlich als Sportcabriolet mit gewaltigen Radstand von 3.450 mm erhältlich.  Die etwas später präsentierte Pullmann-Limousine lief unter der Typenbezeichnung 600.  Mit einer Fahrleistung von bis zu 140 km/h - natürlich in völliger Stille - war der Zwölfzylinder aus Zwickau ebenso in der Spitzenklasse wie beim Verbrauch von bis zu 30 Liter/100 km und beim Preis. Mit RM 24.500 für die Pullmann-Limousine und RM 26.000 für das Sport-Cabriolet wurde der neue Horch nur von den Mercedes Kompressormodellen und dem Maybach Zeppelin übertroffen.
Leider kam das Prunkstück mitten in der Wirtschaftskrise auf den Markt und zwischen November 1931 und September 1934 entstanden gerade einmal 27 Pullmann-Limousinen und 53 Sport-Cabriolets.
1932 wurde die 400er Baureihe durch die Modelle der 700er Baureihe abgelöst, die bereits in unserer zuvor präsentierten Typentabelle aufscheinen.  Krise hin oder her - in der Klasse ab 3,3 Liter kamen (in Deutschland) auf im Jahre 1932 773 zugelassene Horch-Wagen 583 Fahrzeuge aller anderen Konkurrenten zusammen.
Abgesehen von diesen relativen Erfolge, stand es um Horch nicht gut. Absatzprobleme, Millionenverluste und die "Monokultur" - Horch war der einzige deutsche Hersteller, der ausschließlich Achtzylinder im Programm hatte - summierten sich zu gewaltigen finanziellen Nöten und das Unternehmen stand bei den Banken, allen voran bei der Sächsischen Staatsbank, tief "in der Kreide".
Da es den anderen sächsischen Autoherstellern - DKW, Audi und Wanderer - nicht viel besser ging, entwickelte diese, die Sächsische Staatsbank, einen Plan zu Konzentration der sächsischen Automobil- und Motorradindustrie, der bei den anderen Gläubigerbanken auf großes Interesse stieß.
Nach dennoch langwierigen Verhandlungen wurden am 29. Juni 1932 rückwirkend zum 1.  November 1931 die vier Firmen zur Auto Union AG fusioniert - womit die beiden Gründungen August Horchs, also Horch und Audi, unter einem Konzerndach vereint waren.
ImageHorch war zwar jetzt nur mehr "der dritte Ring der Auto Union", aber die Marke sollte bestehen bleiben und man musste sich überlegen, wie gut die Produktpalette in die Zeit passte Das Resultat dieser Überlegungen war einerseits ein einziges Modell, der Horch 850 - 8 Zylinder, 5.5 Liter Hubraum - mit dem bekannten Reihenachtzylinder in der größten Ausbaustufe.
Die Reihe der "großen Horchs" wurde unter bunt wechselnden Typenbezeichnungen - 850/850 Sport/851/853/853A/855/951/951A bis 1940 weitergebaut.  Und andererseits ein "kleiner" Horch, der Horch 830 - 8 Zylinder, 3.0 Liter Hubraum - der allerdings einen komplett neu konstruierte Motor in V-8 Anordnung bekam.
Der vom V-12-Motor inspirierte Achtzylinder hatte bei der Präsentation im Jahre 1933 3.004 ccm und 70 PS. Zwei Jahre später wurde der als Horch 830 B benannte Wagen vom vergrößerten V-8 mit 3.250 ccm angetrieben, der in den Folgejahren auf 3.517 ccm (830 Bk / 830 L) und 3.823 ccm (830 BL / 930 V) erweitert wurde.  Im Karosserieangebot - Tourer, Limousine, Pullmann-Limousine, Sport-Cabriolet, ... - orientierte sich das neue Modell an seinen Ahnen.
Kommerziell war der Wagen, zumindest nach den Maßstäben eines Herstellers wie Horch, ein Erfolg. Zwischen November 1933 und Oktober 1934 wurden über 1.000 Exemplare des Horch 830 in verschiedenen Karosserieformen verkauft, davon bemerkenswerterweise mehr als die Hälfte Cabriolets vom Karosseriebauer Gläser aus Dresden. Die Zukunft ließ weiter steigende Stückzahlen erwarten, allerdings erschwerten zunehmende Wehrmachtsaufträge für die ganze Industrie zunehmend die Produktion ziviler Modelle.
ImageAls Nachfolger der Horch 830 Modelle war der Typ 930 V vorgesehen, der sich vor allem durch eine neue Karosserie, einen stärkeren Motor mit 82 PS und einer neuen Doppelgelenkhinterachse auszeichnete. Ein auf 3.100 mm gekürzter Radstand sollte das Gewicht unter zwei Tonnen drücken, was mit 1.970 kg knapp gelungen war.  Die Präsentation war eigentlich für Herbst 1936 geplant, verzögerte sich aber aufgrund der Überlastung des Werks und der Zulieferer bis Frühjahr 1937. Und auch dann lief die Produktion nur zögerlich an, weil immer wieder Material fehlte.
Ab Herbst wurde der 3,8-Liter-Motor mit 92 PS eingebaut, mit dem die Fahrleistungen beachtlich waren. Bei einer Autobahnfahrt von München nach Berlin (529,9 km) in nur 3 Stunden und 53 Minuten wurde ein Schnitt von 136 km/h erzielt. Fraglich, ob dieser Wert heute mit einem modernen Auto noch erreichbar ist. Bis zur kriegsbedingten Produktionseinstellung im Jahre 1940 wurden immerhin 2.000 Exemplare vom 930 V gebaut.
In drei Exemplaren entstanden bei Gläser und in Zwickau Prototypen des Horch 930 S, einer spektakulären, sechssitzigen Stromlinienlimousine, mit für die Zeit bemerkenswerten Extras wie einem Radio, einem Frischluftgebläse für die Frontscheibe, einem Lenkradschloss zur Diebstahlsicherung sowie einem Handwaschbecken mit kaltem und warmem Fließwasser hinter dem rechten Vorderrad.
Spätestens ab 1940 kamen aus dem Horch-Werk in Zwickau nur mehr militärische Versionen - Kübelwagen, Sanitätsfahrzeuge, etc. - und "echte" Militärfahrzeuge (siehe Kasten).  Mit dem Kriegsende 1945 war es mit Horch vorerst einmal vorbei.
ImageIn der SBZ, der "Sowjetischen Besatzungszone" entstanden nach Kriegsende noch bis zu neun weitere Exemplare des Stromlinienwagens 930 S, die meist an sowjetische Generäle gingen.  Rund 10 Jahre später präsentierte die DDR auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1956 stolz einen repräsentativen Luxuswagen, den Sachsenring Horch P 240, der von einem sowjetischen General getestet und vernichtend beurteilt wurde.  Zu den zahllosen Problemen mit der Vorserie kam, das die Namensrechte für "Horch" bei der (westdeutschen) Auto Union in Ingolstadt lagen, die sich die Verwendung des Namens Horch energisch verbaten - daher entfiel ab der zweiten Serie der Name Horch ...
Sehr optimistisch hatte die SED Staatsführung für 1956 die Produktion von 6.000 Exemplaren und für 1957 von 9.000 Stück geplant - bis 1959 sollten es dann aber in Summe nur 1.382 Stück werden ... Sowie fünf besonders eigenwillig geformte "Sachsenring Repräsentant" Paradefahrzeuge, die anlässlich der Feiern zu "20 Jahre DDR" am 7. Oktober 1969 vorgestellt wurden.
Heute liegen die Namensrechte für Horch bei Audi, und wer weiß, vielleicht gibt es irgendwann wieder eine repräsentative Horch Limousine aus Ingolstadt ...