90 Jahre BMW Motorräder
Geschrieben von Christian Spatt   

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Gratuliere, BMW

Text: Christian Spatt
Photos: Ulli & Wolfgang M. Buchta

 

ImageJubiläen gibt es ja viele heutzutage, seit Jahren feiern wir den 50er der 3 österreichischen Möbelhäuser, auch die Seifen- und Waschmittelindustrie betreibt Produktdiversifikation ja in erster Linie, um nicht der Anlässe für Jubiläumsangebote verlustig zu gehen.
Der Hausverstand hat auch seinen Anteil an der Jubiläi gehabt, Schweinderl und junge nervige Tirolerinnen werden sicher demnächst nachziehen.  20 Jahre Fairtrade, 10 Jahre Bundeskriminalamt, 8 Wochen Verteidigungsminister, 150 Jahre Rotes Kreuz, 30 Jahre Donauinselfest (allerdings, da - so ehrlich muss man sein - waren vor 4 Jahren die Melvins zu Gast, das passt also), 100 Jahre Lainer (ups!), 50 Jahre Freilichtmuseum Stübming, 70 Jahre ...
Aber dann, wenn man sich durch die Masse von Sonder-Jubiläums-Angeboten, Jubelschnäppchen, Jubiläums-Prozenten, Bonus-Jubiläen wühlt, dann stößt man manchmal auf ein tatsächliches, erwähnenswertes - nein, genug vom J-Wort ...
Der langen Vorrede kurzer Sinn, BMW feiert 90 Jahre BMW-Motorräder, wir feiern mit. Austro Classic nahm den Anlass zum Anlass, sich auf die Spuren der Geschichte des Motorradherstellers BMW zu begeben. Fündig wurde man dazu im Motorradmuseum Sigmundsherberg, dazu weiter unten.
Wir geben zu, es hätte sich die Fahrt mit dem Sondermodell R 1200 R angeboten, aber letztlich war die Gier, die neue R 1200 GS ordentlich Probe zu fahren, zu groß.  Nun ja, die Wunderdinge, die erzählt wurden, sie stimmen. Die Fahrt von Wien via Klosterneuburg durchs Weinviertel war für sich wunderbar, es waren Weg und Ziel dieses Mal das Ziel. In Sigmundsherberg kam es dann zum Treffen der Generationen samt gemeinsamer Ausfahrt. Eine Familienaufstellung, auch wenn es sich um keine direkte Linie handelte. Wir wären wieder beim Thema, R 1200 R als direkter Nachkomme, und die Gier nach dem neuen flüssigkeitsgekühlten Aggregat der GS.
ImageMit Familienaufstellungen ist das so eine Sache.  Man ist sich nicht sicher, ob man sich lieber die Gemeinsamkeiten oder die Unterschiede nicht eingestehen möchte. Das ist bei Motorrädern letztlich auch nicht anders, endet aber selten in den Abendnachrichten. Genaugenommen haben wir es ja nur mit Großonkels und einem Großneffen zu tun, aber der beschriebene Spannungsbogen ist unverkennbar.
Einerseits ist es klar, dass ein Motorrad aus 1938 mit einem aus 2013 nicht mehr viel zu tun hat, alleine schon der Einfluss der Elektronik, ohne die ein Motorrad wie die GS für Normalsterbliche vermutlich auf Dauer unfahrbar wäre, aber andererseits ist schon spannend, wie viele Grundkonzepte sich in allen 3 Generationen wiederfinden. Motor, Antriebsstrang, für 80 Jahre Entwicklung ist der Wiedererkennungswert immer noch enorm.
Für eine kleine Überraschung hat dann aber doch das Faktum gesorgt, dass auch die Oldtimer problemlos zu fahren sind. Wenn der Motor einmal rennt, dann hat man eigentlich beim Fahren nicht mehr das Gefühl, sich in den Anfängen der motorisierten Menschheitsgeschichte zu bewegen. (Es sei hier natürlich auch nicht der Aufwand vergessen, den Afficionados wie Prof.  DI Ehn im Motorradmuseum Sigmundsherberg betreiben, um diese Oldtimer im vorgefundenen - perfekten - Zustand zu halten).
Natürlich merkt man Unterschiede in der puren Mechanik, auch sind 22 PS mit ca. 125 PS nur bedingt vergleichbar, aber irgendwie sind wir als Fazit hier doch wieder bei der angesprochenen Familienaufstellung.

Technische Daten der drei anlässlich des 90-Jahre-Jubiläums gefahrenen Motorräder:

BMW R 71 Bj. 1938


745 ccm SV, B/H=78/78 mm (quadratisch)
22 PS bei 4.600 U/min.
4-Gang-Fußschaltung mit Hand-Hilfsschalthebel, Kardanwelle, Doppelschleifen Rohrrahmen, Teleskopgabel vorn, Geradeweg
Hinterradfederung,
Leergewicht 187 kg,
Vmax 125 km/h,
Stückzahl 3.458.
Besonderheit: Die "doppelten" Zylinderköpfe, die eine gute Durchlüftung und optimale Kühlung gewährleissteten. Vorbild für die russischen Ural und Dnepr-Modelle infolge Zuverlässigkeit und Langlebigkeit.

BMW R 67/2 Bj. 1954

594 ccm, OHV, B/H=72/73 mm (fast quadratisch)
28 PS bei 5.600 U/min.
4-Gang-Fußschaltung mit Hand-Hilfsschalthebel, Kardanwelle, Doppelschleifen Rohrrahmen, Teleskopgabel vorn, Geradeweg Hinterradfederung,
Leergewicht 192 kg,
Vmax 145 km/h, Stückzahl 4.234.
Besonderheit: neue Motorgeneration, besonders glattflächig und robust. Gleiche Konstruktion mit 500 ccm - BMW R 51/3.  Wurde im Prinzip bis zur R 50 und R 60S bis 1969 beibehalten. Die gefahrene R 67/2 hatte die damals neue Duplex Vorderradbremse, die im Modelljahrgang 1955 von der Vollnabenbremse abgelöst wurde.

BMW R 1200 GS Bj. 2013

1170 ccm, 125 PS bei 7750 U/min
6Gang Handschaltung, Kardanwelle, zweiteiliges Rahmenkonzept aus Haupt- und daran angeschraubtem Heckrahmen, mittragender Motor BMW Motorrad Telelever; Zentralfederbein Gewicht fahrfertig und vollgetankt 238 kg
Vmax über 200 km/h
Besonderheit: neue Motorgeneration - Luft-/Flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor mit zwei obenliegenden, Stirnradgetriebenen Nockenwellen und einer Ausgleichswelle.

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