Bitter Automobile
Geschrieben von Wolfgang M. Buchta   

Heft bestellen - Bitter Automobile - Der Marathonmann

Erich Bitter feierte seinen 80. Geburtstag und Familie Buchta durfte dabei sein.  Wolfgang Buchta hat die Geschichte aufgezeichnet, Ulli Buchta hat photographiert und Erich Bitter hat in sein Archiv gegriffen ...

Photos: Ulli Buchta, Archiv Erich Bitter & Lutz Keiss

  ImageSchwelm ist die flächenkleinste Stadt Nordrhein-Westfalens und die Kreisstadt des Ennepe-Ruhr-Kreises und Schwelm ist dadurch bemerkenswert, dass die Stadt 1950 das 360.  Stadtjubiläum und 1996 das 500-jährige Bestehen der Stadt feierte - anscheinend vergeht die Zeit im Landkreis Ennepe-Ruhr besonders rasch. Aber dann gibt es zumindest einen Sohn der Stadt, der zum Ausgleich die Zeit besonders gut zu nützen weiß ...
Die Familie Bitter waren eine alteingesessene Familie, die einen Handel mit Fahrrädern, Nähmaschinen und Kinderwagen betrieb, und im August 1933 wurde als erster von zwei Söhnen Erich Bitter, der Held unserer Geschichte geboren.
Zwischen Wirtschaftskrise und Zweitem Weltkrieg erlebte Erich Bitter eine kurze, aber glückliche Kindheit in gutbürgerlichen Verhältnissen - am Sonntag ging es mit dem elterlichen Mercedes-Cabriolet zum Schwimmbad und zum Sonntagsbraten und die Sommer verbrachte man traditionell an der Ostsee.
Wer die wichtigsten zeitgeschichtlichen Jahreszahlen im Kopf hat, wird erkennen, dass kurz nach dem sechsten Geburtstag des kleinen Erich der Zweite Weltkrieg begann und damit die unbeschwerte Kindheit zu Ende war. Erich Bitter sen. musste einrücken, und Mutter Elfriede sich allein um Familie und Firma kümmern.  Düsseldorf, wo Familie Bitter lebte, war weit im Westen Deutschlands und bereits Mitte Mai 1940 fielen die ersten Bomben - und eines der ersten Ziele lag keine drei Kilometer vom Heim der Familie in der Nähe des zuvor erwähnten Schwimmbades - keine sehr beruhigenden Aussichten für eine besorgte Mutter.
ImageMit dem Beginn der "erweiterten Kinderlandverschickung", entschloss sich Elfriede Bitter den Siebenjährigen in eine weniger gefährdete Region, ins weit entfernte Rummlsburg in Pommern zu schicken.
Dort begann, fernab jeder Großstadt, eine aufregende Zeit für den kleinen Erich, in der er in der Landwirtschaft vor allem viel Kontakt mit Pferden haben sollte. Nach acht Monaten endete eine spannende Zeit und Erich übersiedelte nach Berlin, wo er sich erst einmal wieder an die Bedeutung der Körperpflege gewöhnen musste - wenn man den Erzählungen Glauben schenken darf, so verbrachte er die ganze Zeit in ein und demselben Trainingsanzug ...
Vom Onkel und Tante in Berlin ging‘s vorerst einmal zurück ins heimatliche Düsseldorf, wo allerdings die Bombengefahr nicht kleiner geworden war, ganz im Gegenteil, und so wurden Erich und sein jüngerer Bruder Wolfgang erneut "landverschickt", diesmal auf einen Bauernhof in der Nähe von Würzburg. Dort gab es zwar keine Bedrohung durch den Krieg, aber dafür Holzsplitter und einer von diesen kam in Erichs Finger zu stecken und führte zum gefürchteten Wundstarrkrampf, den er mit viel Glück und einem amputierten Finger überlebte.
Nach Kriegsende kehrte der nunmehr nicht mehr so kleine Erich - immerhin schon 12 Jahre alt - nach Schwelm zurück, das allerdings - in der Nähe von Wuppertal und dem Ruhrgebiet gelegen - weitgehend zerstört war. Alles was von den Bitter‘schen Firmen der 30er Jahre geblieben war, waren zwei Vulkanisiermaschinen, mit denen sich auch Schuhe neu besohlen ließen, in dieser Zeit eine treffliche Einnahmequelle.

ImageDie Laufbahn als Radrennfahrer. Irgendwann konnte die Familie auch das Fahrradgeschäft wieder eröffnen, und sein Großvater baute Erich aus Ersatzteilen ein eigenes Fahrrad, womit nach den Pferden seine zweite große Leidenschaft vorgegeben war - eine Laufbahn als Radrennfahrer war unvermeidlich.
Irgendwann 1947 fand in Kassel das Jugendradrennen "Rund um den Goetheturm" statt und Familie Bitter kutschierte mit einem alten Opel Super 6, der irgendwie den Weg zur Familie gefunden hatte, nach Kassel. Erich Bitter konnte im großen Starterfeld immerhin den zweiten Platz belegen, und der Sieger hatte ein echtes Rennrad mit Gangschaltung gehabt. Bald darauf durfte auch Erich Bitter eine solche "Rennmaschine" sein Eigen nennen ...
Damit begannen erfolgreiche Zeiten bei lokalen Radrennen, aber Erich Bitter zeigte auch bereits Interesse an "mehrspurigen Kraftfahrzeugen".  Wenn Mutter Bitter mit dem Opel Super 6 ausfuhr, um für Familie und Firma Besorgungen zu machen, da zog Erich es vor, seiner Mutter zu helfen anstatt die Schule zu besuchen, vor allem wenn er dabei selbst - im Alter von rund 15 Jahren - ans Steuer durfte. Nur damit alles klar ist: Auch 1948 war es nicht OK, die Schule zu schwänzen und ohne Führerschein durch die Gegend zu brausen.
ImageKein Wunder, dass sich der schulische Erfolg in Grenzen hielt - lediglich in Sport und Kunsterziehung brillierte er - und 1951 entschloss er sich zum Leidwesen seiner Familie, das Gymnasium zu verlassen und Radprofi zu werden. Familiär gab es dazu die besten Voraussetzungen: Familie Bitter hatte wieder ein Geschäft in Düsseldorf eröffnet und Erich Bitter "durfte" regelmäßig in der Filiale nach dem Rechten sehen - natürlich mit dem Rennrad und über eine Strecke von in Summe 100 km, da war zusätzliches Training fast überflüssig.
Im gleichen Jahr gewann Erich Bitter seine große Liebe, nein, keine Dame, auch die sollte es in seinem Leben geben, sondern einen rosa Zettel namens Führerschein. Im Sommer 1951 trat er zur Prüfung an, die ob der bereits reichlich vorhandenen Fahrpraxis eine Formsache war, und musste dann allerdings bis zum 18. Geburtstag auf das begehrte Dokument warten, eine lange Wartezeit, in der er natürlich prompt noch einmal beim "Schwarzfahren" erwischt wurde.
Klugerweise baute sich Erich Bitter neben seiner Radkarriere auch eine "bürgerliche Existenz" auf - als Fahrverkäufer für einen Abfüllbetrieb für Coca Cola und in der eisenverarbeitenden Industrie.  Die dienstlichen Wege legte er mittlerweile nicht mehr mit dem Rennrad sondern mit dem eigenen NSU Prinz zurück und mit diesem für seine Zeit sportlichen Kleinwagen, kam Bitter in Sachen Motorsport auf den Geschmack.

ImageBitter im Motorsport. Mit 26 sagte Bitter dem Profiradsport Adieu und wendete sich dem Motorsport zu. Ein befreundeter Karosseriebauer im benachbarten Städtchen Eneppetal nahm Bitter unter seine Fittiche und führte ihn in die Wunderwelt von Wagenpässe, Fahrerlizenzen und Anhang J ein.
1960 macht Bitter, wieder als Beifahrer seines Partners Horst Frischkorn, einen großen Schritt von lokalen Rallyes mit dem Prinz zur Akropolis Rallye mit einem nagelneuen Alfa Romeo Giulietta Zagato.
Die Bilanz dieser ersten, großen Rallye war durchwachsen: Der Alfa Romeo Zagato war zwar schnell, hatte auf den schlechten Straßen des Balkans auch genügend technische Probleme.  Wie die Platzierung am Ende ausgesehen hätte, können wir nur spekulieren, den dass Abenteuer endete mit einem gewaltigen Überschlag.
Von Rallyes war Erich Bitter durch diese Odysee geheilt und konzentrierte sich von da an auf die Rundstrecke, aus Kostengründen vorerst einmal auf NSU . Am Ende der Saison war Bitter der zweitbeste NSU -Fahrer und klopft in Neckarsulm um einen Händlervertrag an - mit Erfolg und bald war die NSU -Dichte im Raum Schwelm deutlich höher als zuvor und Bitter konnte vom Prinz auf den Sportprinz umsteigen.
Wiederum mit Erfolg! Dank des Tuning, den die Brüder Bitter dem kleinen Zweizylinder angedeihen ließen, fuhr Erich Bitters Sportprinz seinen Konkurrenten auf und davon, und zunehmend kamen nicht nur "normale" Kunden zur NSU -Vertretung nach Schwelm, sondern auch Sportfahrer, die für ihren Wagen die gleiche "Frisur" wie der Hausherr wollten.
Gleichermaßen schöngeistig und geschäftstüchtig entdeckte Bitter in England die schicken Rennanzüge von Les Leston, erwarb einen für sich selbst und handelte einen Importvertrag aus. Und wenn die Konkurrenten schon nicht so schnell wie Bitter waren, so wollten sie zumindest so schön wie er sein - aus kleinen Anfängen entstand ein florierender Handel mit britischem Rennzubehör. Ende der 60er Jahre hatte Rallye-Bitter drei Geschäfte und vierzig Vertriebspartner in ganz Deutschland.
ImageBitter übernahm die Shell-Tankstelle in Schwelm und wechselte als Händler von NSU zu den größeren, teureren und vor allem schnelleren Volvos - und traf immer öfter auf der Rennstrecke auf die kleinen, aber sauschnellen Autos des geborenen Wieners Carlo Abarth.
Schnurstracks reiste Bitter nach Turin und begehrte von der verdutzten Sekretärin einen Termin bei Signore Abarth - er bekam nicht nur diesen, sondern kurz darauf auch einen Abarth 850 TC Corsa und einen Importeurvertrag für Deutschland.
Und der "Chef" war die beste Werbung für die kleinen Rennwagen aus Turin. 1965 wurde er Deutsche Rundstreckenmeister, nein wäre er fast geworden, denn ein Manfred Schieck hatte bei einem Rennen, bei dem die Abarths nicht startberechtigt waren, ein paar Punkte mehr gesammelt.  Während die Wogen in der Sportwelt hoch gingen verunglückte Schieck bei der "Tour d‘Europe" und der Gentleman Erich Bitter verzichtete auf weitere Proteste.
In den Folgejahren gab es keinen "Deutschen Rundstreckenmeister" mehr, aber die "Deutsche Automobilsport-Trophäe" steht noch immer bei Erich Bitter im Regal ...
Ende der Saison 1967 war Bitter dem Abarth "entwachsen" und stieg mit Hilfe seines Freundes F. A. "Butzi" Porsche und sehr zum Unwillen Carlo Abarths auf Porsche 906 um. Mit verschiedenen Partnern bescherte ihm der 45.000 DM teuere Rennwagen eine erfolgreiche Saison 1968. Einige Beispiele gefällig? Beim 1000- km-Rennen am Nürburgring errang Bitter mit Reinhold Joest den 1. Platz bei den Sportwagen bis 2.000 ccm und ebenso beim "Gran Premio del Mugello" mit Pauli Toivonen und wurde 4. im Gesamtklassement.
Im September 1968 sollte eine zufällig Begegnung mit Huschke von Hanstein, dem Rennleiter von Porsche, die Weichen für die nächsten 45 Jahre stellte.

Image"Du liebe Zeit, das ist ja ein Opel." "Zwischen Tür und Angel" fragt ihn von Hanstein, ob der in Hockenheim zwei Rennen fahren wolle. "Für wen?" - "Das kann ich Dir nicht sagen, sonst fahrst Du womöglich nicht!"
Bitter fuhr also von Stuttgart statt nach Hause nach Hockenheim und stand vor einem schwarzen, zweitürigen Opel Rekord - "Du liebe Zeit, das ist ja ein Opel."
Die technische Elite von Opel war in der Form von Robert A. Lutz und Anatole Lapin vor Ort um den später "Schwarze Witwe" genannten Wagen, bei seiner Premiere zu beobachten, die gleichermaßen erfolgreich wie erfolglos verlief.  Rasch erkannte Bitter, das der Motor zwar ein "Höllengerät" war, aber das Fahrwerk nicht mithalten konnte. Mit neuen Stoßdämpfern und ein paar Modifikationen hatte sich Bitter mit dem Wagen angefreundet und war bereit für das Renndebut im belgischen Zolder, wo Opel dem Konkurrenten Ford, der dort den Ford Escort präsentierte, die Show stehlen wollte.
Im Training brach leider ein Kipphebel, ein Defekt den die Mechaniker zwar über Nacht reparieren konnten, aber Bitter musste mit dem Opel Rekord aus der letzten Reihe starten, von wo er mit viel Elan eines Großteil des Feldes von hinten aufrollte - zumindest der Teil mit dem "Show stehlen" war gelungen.
Beim Saisonfinale in Hockenheim fuhr Bitter allen Porsches um die Ohren und stellte den Rekord auf die Pole Position. Im Rennen lief es dann weniger gut: Bitter führt vom Start weg und kollidierte beim Überrunden fast mit einem anderen Fahrer. Um die Kollision zu vermeiden lenkte er den Wagen ins Kiesbett. Bis er sich von dort wieder befreit hatte, lag er eine Runde zurück und bis zum Ende reichte es gerade für‘s Mittelfeld, also wieder eine durchwachsene Bilanz - Showwert maximal, Rennerfolg minimal.
ImageErich Bitter hatte durch die beiden Rennen seine sagen wir einmal mangelnde Begeisterung für die Marke aus Rüsselsheim abgelegt, und wollte die "Schwarze Witwe" sogar kaufen. Diese ging zwar an Kurt Bergmann in Wien, aber zu Robert Lutz entstand eine lebenslange Freundschaft, die für unsere weitere Geschichte noch von enormer Bedeutung werden sollte.
Nach Porsche und Opel kehrt Bitter wieder zu Abarth zurück, erwarb einen Abarth 2000 und fiel in Monza aus und wurde bei der Targa Florio Gesamtneunter und gewann die Sportwagenwertung.  Am ersten Juni 1969 beim ADAC-1000-Kilometer-Rennen bekam der Abarth im Training Unterwind, hob ab, touchierte ein paar Bäume und brannte völlig aus. Bitter blieb unverletzt, beschloss aber das Schicksal nach drei schweren Unfällen nicht mehr weiter herauszufordern und beendete seine Rennkarriere.
Mitte der 60er Jahre hatte Bitter ein breites Sortiment an Motorsport-Artikeln - Rennbekleidung und -wäsche, feuerfeste Nomex-Anzüge, Helme, Handschuhe, Holzlenkräder, ...

Image"Indra" - wenn das kein guter Name für das neue Auto war! Als Autohändler hatte Bitter nach wie vor Abarth, Volvo und Saab im Programm, aber irgendwie wäre eine exklusive Marke im Portfolie schon schmuck. Gespräche mit Lamborghini scheitern, und sein Markenkollege, der Villacher - schon wieder eine Österreich-Connection - Johannes Ortner brachte ihn mit der Firma Intermeccanica in Kontakt.
Das seit 1959 existierende Unternehmen von Frank Reisner baute seit Anfang der 60er Jahre Sportwagen mit eleganten italienischen Karosserien und großvolumigen amerikanischen Motoren.  Als Bitter Reisner in Turin besucht standen etliche Intermeccanica Italia mit 5,7-Liter-Motoren von Ford herum und Bitter fand daran durchaus Gefallen. Reisner war anfangs wenig kooperativ und erst mit dem Angebot, den Italia in Deutschland zu typisieren und so neue Märkte zu erschließen, konnte der Hungaro-Kanadier gewonnen werden.
Bereits bei der Heimfahrt von Turin nach Schwelm konnte sich Bitter von den guten Fahrleistungen und der miserablen Straßenlage des Italia überzeugen, ein Problem, das sich mit Hilfe des Fahrwerkspezialisten Bilstein aus dem benachbarten Ennepetal lösen ließ. Schwieriger war es mit der Qualität des Wagens und mit der geschäftlichen Ethik des Herrn Reisner - "Du brauchst einen Ersatzmotor? Dann kaufe einen ganzen Wagen." - Bei 150 km/h bricht die vordere Radaufhängung? "Interessant - erzähl‘ mal ..." Rasch war Bitter klar, dass diese keine tragfähige Basis für eine längerfristige Zusammenarbeit war, und er schlug Reisner vor, statt des nicht in Europa erhältlichen Motors von Ford bewährte Generals Motors resp. Opel-Mechanik zu verwenden. Schließlich verfügten die Rüsselsheimer mit dem 5,4-Liter-V-8 des Opel Diplomat über ein potentes und grundsolides Triebwerk. Und Bob Lutz, der Verkaufschef von Opel, war ja ein guter Freund ...
Im Laufe der Dreierverhandlungen wurde aus dem Motor des Diplomat schließlich mehr oder weniger ein ganzer Diplomat abzüglich der Karosserie, also Motor, Getriebe, Vorder- und Hinterachse, Tank und unzählige Kleinteile wie Türschlösser, Lenkung, Heizung, Klimaanlage, Instrumente, ...
Überraschenderweise waren die Verantwortlichen bei Opel leicht von der Idee zu überzeugen, dass ein schickes Coupé auf Basis des vergleichsweise biederen Diplomats dem Image von Opel gut tun würde, selbst ein Besuch im "Werk" von Intermeccanica ließ die Führungsetage von Opel nur leicht geschockt zurück. Und so geschah es: Bitter kaufte einen Opel Diplomat und führte diesen nach Turin zum "Ausschlachten". Drei Diplomat-Bausätze folgen, wieder auf Kosten von Erich Bitter.
ImageEndlich war der erste Prototyp, der mit dem Ausgangsmuster Italia nur mehr die Sitze gemeinsam hatte, fertig, und Erich Bitter fuhr das noch namenlose Auto von Turin nach Rüsselsheim, um es dem Opel-Vorstand zu präsentieren.  Im Autoradio spielte es gerade Udo Jürgens mit seinem 1970 vorgestellten Song "Indra", in dem es um ein schönes, geheimnisvolles Mädchen ging - wenn das kein guter Name für das neue Auto war!
Alle waren begeistert, und vor der endgültigen Vertragsunterzeichnung offenbarte Frank Reisner noch ein kitzekleines Problem - er hatte kein Geld, um die Komponenten von Opel zu kaufen.  Bitter ließ sich überreden, die Sache vorzufinanzieren und Opel war ein solides deutsches Unternehmen natürlich lieber als Geschäftspartner als "irgendjemand da unten in Italien".  Am Genfer Autosalon hatte der von Franco Scaglione gezeichnete Indra 1971 seine erfolgreiche Prämiere und Händler und Kunden überschlugen sich, Kaufverträge zu unterschreiben.
Mit der Auslieferung der ersten Kundenautos begannen "die Mühen der Ebene", denn die Qualität der von Reisner gelieferten Fahrzeuge ließ durchaus Wünsche offen - Rost, mangelnde Passgenauigkeit, Elektrikprobleme, ... - Bitter bekam mehr und mehr Reklamationen und schickte bis zu sechs seiner Mitarbeiter zu Intermeccanica, um den Italienern beizubringen, wie man Autos baute - was diese nicht wirklich goutierten.
Reisner und Bitter waren nicht die einzigen, die die Mechanik des Opel Diplomat als Basis für schicke Sportwagen verwendeten. Sowohl Pietro Frua als auch Opel selbst hatten bereits auf der IAA in Frankfurt im Jahre 1969 ihre jeweiligen Versionen eines "Gran Tourismo" präsentiert.  Frua zeigte sein "Diplomat Spezial Coupé", von dem schlussendlich zwei Exemplare - ein silberner und ein blauer - entstehen sollten, und Opel präsentierte den Opel CD, wobei "CD" für "Coupe Diplomat" stand.
Der Opel CD hatte ein um 30,5 cm verkürztes Chassis des Opel Diplomat, eine Kunststoffkarosserie und eine spektakuäre (und höchst unpraktikable) Glaskuppel für den Einstieg. Der Opel CD kein fahrbereites Automobil sondern nur eine rollfähige Marquette, die von eine Produktion meilenweit entfernt war.

ImageDer Bitter CD. Auch in Rüsselsheim hatten die Verantwortlichen inzwischen die Probleme Bitters mit Intermeccanica mitbekommen und nach rund zwei Jahren und etwa 60 produzierten Indras kamen Erich Bitter, Bob Lutz und der Designer George Gallion anlässlich eines Mittagessens auf den Opel CD zu sprechen.
Ein Wort gab das andere und ein Treffen das nächste und schließlich landete Erich Bitter beim Karosseriebauer Baur in Stuttgart, der vor allem für seine Arbeiten für BMW bekannt war, und handelte einen Vertrag zwischen den drei Partnern - Bitter und Opel lieferten das Design, Opel die mechanischen Teile und Baur sollte für die Konstruktion und Produktion zuständig sein.
Jetzt schien es Bitter an der Zeit, auch Frank Reisner mitzuteilen, dass er ihm keine Fahrgestelle mehr liefern würde und auch an der Lieferung weiterer Indras nicht interessiert war. Reisner tobte und klagte "Gott und die Welt", aber vor allem General Motors. Der Prozess Reisner vs. GM sollte Bitter als Hauptzeuge noch jahrelang verfolgen ...
Inzwischen machten die neuen Partner in Deutschland "Nägel mit Köpfen" - Erich Bitter gründete in Schwelm die "Bitter Automobil GmbH & Co. KG" und pendelte zwischen Schwelm, Rüsselsheim und Stuttgart, das Opel Design Center machte sich daran, den Opel CD zu einem praktikablen Auto umzukonstruieren - eine Aktion der als erstes die Glaskuppel zum Opfer fiel und konventionellen Türen weichen musste - und Baur in Stuttgart bereitete alles für den Bau der Prototypen und der späteren Serienmodelle vor.
Jetzt gab es nur mehr ein kleines Problem, das es schon früher gegeben hatte - das liebe Geld. Baur hatte zwar alle Werkzeuge vorfinanziert, aber die Mechanik sollte von Bitter gekauft werden, und der war als Folge der Indra-Probleme nur mäßig liquid. Aber wozu hat man gute Freunde? Erich Bitter konnte Opel zu einem Deal überreden, in dem Opel drei fertige Coupés bereits bezahlte und damit die Mechanik vorfinanzierte.
Das Coupé - auffälligste Features waren Klappscheinwerfer und eine riesige, rahmenlose gläserne Heckklappe - das schlussendlich auf den Namen Bitter CD hören sollte, war kein Opel, kein Baur sondern ein echtes Bitter - die "Bitter Automobil GmbH & Co. KG" wurde nach längeren Diskussionen vom Kraftfahrbundesamt als Hersteller akzeptiert.
Ehe der Bitter CD im Herbst 1973 auf der IAA in Frankfurt präsentiert wurde, durften eine ausgewählte Gruppe von Opelhändlern die drei Bitter CD schon im Sommer begutachten und war begeistert und bestellte brav - der jüngste Automobilhersteller Deutschlands hatte Aufwind ...
ImageAuf den ersten Blick war die IAA 1973 mit gewaltigem Presseecho und mehr als 150 Bestellungen ein voller Erfolg, aber irgendwie hatten sich Bitter und Opel mehr erwartet. Der Opel Diplomat kam 1973 auf DM 28.000, ein stolzer Betrag, den der Bitter CD locker verdoppelte: DM 58.000, und die enthusiastischen Opelhändler bekamen die sprichwörtlicheen kalten Füße - "Was sollen meine Kunden denken, wenn ich mit einem so teuren Auto vorfahre?"
Kaum hatte die IAA im Septermber 1973 ihre Pforten geschlossen begann am 6. Oktober in Nahost der Jom-Kippur-Krieg und mit ihm die erste Ölkrise - ein Auto vom Habitus des Bitter CD war jetzt natürlich fehl am Platz ... Andere hätten jetzt vielleicht ihre Automobilbaupläne abgeschrieben und sich einem konventionellen Beruf zugewandt, allerdings nicht ein Mann wie Erich Bitter, der erst jetzt zur Hochform als Marketinggenie auflief.
Alle wollten den Bitter CD fahren, aber keiner wollte ihn kaufen - OK, da musste ein komplett neues Vertriebsmodell her. Bitter sprach gezielt Prominente an - Fußballer wie Paul Breitner, Skifahrer wie Bernhard Russi und Christian Neureuther oder Sänger wie Ireen Sheer und Howard Carpendale und machte ihnen ein "unsittliches Angebot": Ich will von Dir keine DM 58.000 für das Auto, sondern nur eine Bankgarantie über den Betrag. Und pro Monat zahlst Du DM 1.000 Nutzungsgebühr. Und wenn Du den Wagen einmal nicht mehr willst - kein Problem, dann bekommst Du die Bankgarantie zurück.
Und der Deal ging auf: Die prominenten "Besitzer" fuhren Bitter CD, wurden damit gesehen und die Regenbogenpresse berichtete ausführlich darüber. Und so kamen auch "normale" Kunden auf den Geschmack - Trotz Ölkrise verkaufte Bitter im Jahr 1974 mehr als 70 sündteure Bitter CD.
1975 entstanden vier Exemplare einer leistungsgesteigerten Version des Bitter CD - statt der serienmäßigen 230 PS aus dem 5,4 Liter V-8 aus dem Opel Diplomat hatte der "Super-CD" den 5,7-Liter-Motor aus dem Pontiac GTO , den stärksten Motor im ganzen Konzern: 370 PS!  Erich Bitter gerät noch heute ins Schwärmen, wenn er von seinen Duellen mit Lamborghini Miura und Porsche 911 erzählt ...
Alle waren mit dem Bitter CD zufrieden: Baur verdiente gutes Geld mit der Produktion, die Kunden hatten ein exklusives Fahrzeug mit zuverlässiger Technik und Opel konnte sich über dem Imagegewinn freuen, lediglich der Namensgeber war nicht restlos zufrieden, den einen großen Gewinn konnte er damit nicht einstreifen.

ImageDer Kadett Aero. Ein kleines aber exklusives Auto müsse her, so argumentierte Erich Bitter gegenüber Opel, das sich in größerer Stückzahl als der mittlerweile auf 70.000 DM verteuerte Bitter CD verkaufen lasse.
Opel hatte ein kleines (raltiv) schickes Auto im Programm, den im August 1973 präsentierten C Kadett und Baur war gerne bereit, den Zweitürer auf ein Cabrio zu modifizieren. Mit der Veredelung und dem genialen Marketing von Erich Bitter war ein Star geboren.
Bitter stellte einen Prototypen auf die Räder - dunkelblau, weißes Dach, breite Kotflügel, viel Leder und als Gag sogar einen kleinen Fernseher - und stellte diesen vor die Tür des Opel Stylingzentrums.  Die "hohen Herrn" von Opel waren begeistert, mehr begeistert als es Bitter lieb gewesen ist, denn sie wollten das Auto bauen, allerdings nicht als Bitter sondern als Opel - und Bitter bekam dafür eine ansehnliche Lizenzgebühr pro Fahrzeug.
Unter der Bezeichnung Kadett Aero und zu einem Preis von rund 15.000 DM - um rund 5.000 DM teurer als die Limousine und um 2.500 DM teurer als das Käfer Cabrio - wurden von dem hübschen, kleinen Wagen bis zum Produktionsende im Jahre 1978 immerhin gut 1.300 Stück gebaut, allerdings war vom Konzept Erich Bitters außer dem Cabrioverdeck nicht viel übriggeblieben, keine tollen Lackierungen, kein Leder, keine Verbreiterungen, kein leistungsgesteigerter Motor, ja nicht einmal ein Fernseher ...
Aber trotzdem waren alle zufrieden - Opel mit dem Imagegewinn und Bitter mit den Tantiemen.  Und die letzten 10 Exemplare der Produktion gingen dann an Erich Bitter, der daraus zum Schluss noch das Auto machte, von dem er zuvor geschwärmt hatte: Der 1.600er Motor leistete dank Irmscher-Tuning 90 PS. Die Recarositze waren lederbezogen und unter den verbreiterten Kotflügeln wohnten hübsche Alufelgen. Zum Zeichen der Trauer über das Produktionsende waren alle schwarz. Das Paket hatte allerdings den stolzen Preis von 30.000 DM, also doppelt soviel wie der normale Opel Aero, aber Erich Bitter wurde wieder seinem Ruf als Verkaufgenie gerecht: Binnen zwei Wochen waren alle 10 Autos verkauft, allerdings nicht an zaudernde Opel-Händler sondern direkt an Endkunden.

ImageDer Bitter SC. Im Sommer 1977 wurde Opel Diplomat eingestellt, was Bitter zum ungünstigsten Zeitpunkt traf, denn der Bitter CD begann sich gerade gut zu verkaufen. Opel legte für Bitter zwar noch 150 Diplomat-Bausätze "zur Seite", aber damit war natürlich keine langfristige Planung möglich, und auch Baur war vom absehbaren Produktionsende nicht erfreut.
Zum Glück hatte der Diplomat mit dem im September 1977 auf der IAA präsentierten Senator einen Nachfolger und die Verträge zwischen Bitter, Baur und Opel wurden ganz einfach umgeschrieben - aus dem "Coupé Diplomat" wurde das "Senator Coupé".
Bevor es allerdings so weit war, machte Bitter einen Ausflug ins Gelände, und blieb dabei natürlich dem Konzern treu. Konzernschwester Chevrolet baute in den US A in großer Stückzahl einen Geländewagen namens Blazer, der allerdings kein Konkurrent für den noblem Range Rover darstellte. Also nahm sich Bitter des Patienten an und bei Michelotti in Turin entstand ein Exemplar des Bitter Blazer, wobei natürlich der gestalterische Spielraum beschränkt war und sich im Wesentlichen auf Kühlergrill, das Heck, ein paar Bitter-Typenschilder und den Innenraum beschränkte.
Nicht erst nach einem desaströs verlaufenen Phototermin - Merke: Mit Sommerreifen im Schnee rettet dich auch Allradantrieb nicht - hatte Bitter die Freude - zuviel Chevrolet und zu wenig Bitter - an dem Projekt verloren, und es blieb bei einem einzigen, heute verschollenen, Exemplar. Die Zeit für Luxus-Geländewagen war einfach noch nicht gekommen.
Mittlerweile begann der Bitter SC (= "Senator Coupé") Gestalt anzunehmen, als Ende 1977 wieder einmal ein Tiefschlag kam: Karl Baur eröffnete Bitter, dass er das neue Modell leider nicht bauen könne, da seine Kapazitäten mit dem BMW M1 völlig ausgelastet waren. BMW war wegen Problemen und der nachfolgenden Pleite von Lamborghini zu Baur "übersiedelt" - wie wäre es, wenn Bitter mit der SC-Produktion dafür in den Süden ginge?  Kurze Zeit überlegten Erich Bitter und seine Partner, ob man nicht Lamborghini übernehmen sollte, immerhin gab es in Santa Agatha recht nette Motoren, aber sowohl gute Freunde als auch sein eigener Hausverstand anlässlich eines Besuchs im Werk rieten ihm dringend von der Übernahme ab.
ImageSo reiste Bitter weiter ins nahe Turin um sich mit dem großen Giovanni Michelotti zu treffen, der für viele Hersteller-Marken - Triumph, Opel, BMW, ... - Fahrzeuge entworfen hatte. Rasch war man sich handelseinig, dass Michelotti einen Protyp bauen sollte und dann auch die Serienfertigung organisieren sollte. Bitter überwies brav Geld am Michelotti, der im Februar 1980 tragischerweise an Krebs starb. Das Geld war weg, der Generalunternehmer tot und ein paar Fahrzeuge von höchst zweifelhafter Qualität waren alles, was vom Projekt SC vorhanden war.
Etliche Wochen und zwei Millionen Mark später fand Bitter mit der Ilca Maggiora S.p.A. zwar einen Karosseriebauer, der den Bau der Rohkarosserie zu seiner Zufriedenheit ausführen konnte, und mit Gavina einen Produzenten für die Innenausstattung. Aber für Lackierung und Endmontage hatte Bitter vom schönen Italien endgültig genug und sorgte wieder einmal für den Österreich-Bezug unserer Geschichte. Bitter probierte sein Glück in Graz, wo Jürgen Stockmar bei Steyr-Daimler-Puch seinem Anliegen durchaus aufgeschlossen war.
Und so geschah es dann auch: Karosserien und Innenausstattung wurde aus Italien angeliefert, ein modifizierter Kabelbaum sowie natürlich die ganze Mechanik des Senators - inkl. des 3-Liter- Sechszylinders - kamen aus Deutschland, und in Graz wurde die Karosserie Tauchlackiert und der ganze Bitter SC endmontiert, und zwar in einer Qualität, die Erich Bitter durchaus zufriedenstellte.  Die ersten 79 in Italien gebauten Exemplare haben bis heute in Qualität und Rostschutz einen legendär (schlechten) Ruf ...
1980 ehelichte Erich Bitter seine zweite Frau und die Hochzeitsreise führte das Paar nach Monte Carlo zum Grand Prix, natürlich mit dem Bitter SC, der als "Intervention Car" im Grand Prix auf die Rennstrecke durfte, um für die kleine, exklusive Marke unbezahlbare Werbung zu machen.

ImageBitter in den USA. Ende 1980 reiste Erich Bitter auf Einladung von General Motors nach Amerika, um den Bitter SC ausgewählten Buick-Händlern zu präsentieren, die begeistert gleich mehrere hundert Exemplare bestellen, eine Menge die Bitter frühestens in zwei Jahren liefern konnte. Außerdem gab es in den US A natürlich Probleme mit den US -amerikanischen Zulassungsbestimmungen, die der Autohändler Richard "Dick" Fritz lösen und offizieller Importeur werden wollte. Mr. Fritz hat da schon einige Erfahrung, denn seine Firma "AMERIS PEC" in Ridgefield, Connecticut, hat sich auf den Import europäischer Sportwagen spezialisiert.
Auch in Europa "hebt" der SC nach seinem Auftritt am beim Grand Prix und am Genfer Saloon 1981 ab, und so muss Erich Bitter die kleine Firma auf finanziell solidere Basis stellen. Bereits 1978 gründete er für den Vertrieb in der Schweiz die "Bitter Automobil AG" mit Sitz in Zofingen in Aargau.
Vorerst einmal lief die Sache ausgezeichnet, und wieder konnte Bitter etliche prestigeträchtige Kunden - die Fußballer Karl-Heinz Rummenigge, Bernd Hölzenbein und Paul Breitner, oder Schlagerstars wie Heino und (wieder) Ireen Sheer - gewinnen.
Für den amerikanischen Markt wurde der serienmäßige 3.0-Liter-Motor des Opel Senators als zu schwach befunden - durch den Katalysator verringerte sich die Leistung von 180 auf 160 PS - und Tuner Mantzel entwickelt eine auf 3.9 Liter vergrößerte Version, die 210 PS leistete und 230 km/h schnell war. Parallel dazu entwickelt Cabrio-Spezialist Keinath eine offene Version des Bitter SC, die ab 1984 erhältlich war.
Natürlich war der Bitter SC nicht billig. Anfangs begannen die Preise bei 115.000 DM (und in den US A bei US $ 60.000), die allerdings im Laufe der Jahre sich deutlich nach oben entwickeln sollten. Auch Sonderwünsche trieben die Kosten nach oben. Teuerste Version war der Bitter SC 4WD mit einem Allradantrieb vom britischen Allradspezialisten Ferguson.
Aufgrund fortgesetzter Probleme musste sich Bitter von Importeur Fritz trennen und fand einen neuen potenten Investor im Immobilienentwickler (und Bitter-Fahrer) Lee Miglin, und Erich Bitter flog kreuz und quer durch die US A, um ein Händlernetz aufzubauen. Die Firmenzentrale von "Bitter of America" befand sich in 8850 Wiltshire Boulevard, Beverly Hills, in Sichtweite des "Beverly Wiltshire" und des Rodeo Drive und in bester Nachbarschaft von Ferrari, Rolls Royce und Jaguar. Bitter hatte es wieder einmal geschafft, und sowohl die Motorpresse als auch die Gesellschaftsmagazine berichteten über die Luxusmarke und ihre prominenten Kunden.
ImageIm Juni 1984 waren die amerikanischen Händler zu einer Tagung nach Schwelm geladen, bei der Erich Bitter am Ende fast 1.300 Bestellungen für den SC - den es mittlerweile als Zweitürer, als Cabrio und als viertürigen Sedan gab - und den neuen, kleinen Bitter Rallye GT entgegennehmen konnte.
Der Rallye GT war ein kompakter, zweisitziger Roadster, der auf der Basis des Opel Manta B aufbaute, der zusammen mit Eberhard Schulz von Isdera entwickelt worden war. Im Juni 1984 existierte ein Prototyp, aber für 1985 war die Serienproduktion angekündigt.
Anfang 1986 setzte ein überraschender Konkursantrag den ambitionierten Plänen vorerst einmal ein Ende. Was war geschehen?  Intern war schon 1984 bekannt, dass der Opel Senator demnächst einen Nachfolger bekommen sollte, was natürlich auch einen Nachfolger für den Bitter SC erforderlich machte, was wiederum frisches Kapital erfordern würde.  Zum Glück, zumindest schien es zu der Zeit so, hatte Erich Bitter einen geschäftstüchtigen Freund, nennen wir ihn "EP", der eine glänzende Idee hatte: Über eine komplizierte Konstruktion wurde die "Bitter Corp. Inc. Utah" gegründet, die zu 51% im Besitz Erich Bitters bleiben und zu 49% an Investoren verkauft werden sollte.
Ab da begann die Sache fürchterlich schief zu laufen, denn der oben erwähnte geschäftstüchtigen Freund war vielleicht etwas zu geschäftstüchtig.  Während Bitter in den US A unterwegs war, verzehnfachte "EP" einfach die angepeilten Produktionszahlen von 10.000 Fahrzeuge pro Jahr auf 100.000 Stück und verkaufte die Aktien um den sechsfachen Preis, ein Vorgehen, das man ohne weiteres als Betrug bezeichnen könnte.  Aber es kam noch besser: Zur Weihnachtszeit war "EP" verschwunden und nicht erreichbar und mit ihm auch die Aktien der Schweizer "Bitter Automobil AG" - und genau diese, von der Erich Bitter eigentlich geglaubt hatte, das sie ihm gehört, hatte den Konkursantrag gegen die "Bitter GmbH & Co. KG" in Schwelm gestellt.
Alles sehr verwirrend und unerfreulich. Erich Bitter war mehr oder weniger das ganze Jahr damit beschäftigt, den Konkurs abzuwehren, seine Aktien wieder in seinen Besitz zu bringen und alle (betrügerischen) Geschäfte, die sein Geschäftsführer "EP" eingegangen war, so gut als möglich rückabzuwickeln und sich bei Opel 150 Bausätze des bald eingestellten Opel Senator zu sichern.
Die Produktion des Bitter SC war also vorerst einmal gesichert, aber was war aus dem hübschen, kleinen Rallye GT geworden, von dem die Händler ja so begeistert gewesen waren?  Opel war leider weniger begeistert, denn der Manta B war 1984/85 bereits ein Auslaufmodell und sollte 1988 eingestellt werden - also leider kein zukunfstträchtiges Projekt, das Erich Bitter schweren Herzens einstellen musste - es blieb bei diesem einen (fahrbereiten) Prototyp.

ImageDer Typ 3 - "Bitter rettet Steyr!" Bitter musste wieder einmal eine neue Idee haben: 1986 präsentierte Opel mit dem Opel Omega den Nachfolger des Opel Rekord und aus dessen Technik sollte sich doch "etwas machen lassen". Dieses "Etwas" sollte ein offener Zweitürer werden, für den es auch ein Hardtop geben sollte, und analog zum SC war für später eine viertürige Limousien mit längerem Radstand geplant.
Bei der Firma Cecomp in Loggia bei Turin entstand ein 1:1 Modell und dann nach Anlieferung ein Opel Omega mit 3,9-Liter-Motor ein fahrfähiger Prototyp, der bei einem um 35 cm verkürzten Radstand alle mechanische Komponenten des "Spenders" übernahm. Zum Genfer Automobilsalon im März 1987 reiste das knallgelbe Cabrio auf eigener Achse an. Über den Namen waren sich die Schöpfer nicht ganz einig - "Talladega" nach der amerikanischen Rennstrecke, "Austro" zu Ehren der Partnerschaft mit Steyr-Daimler-Puch - vorerst bliebt es einmal bei einem schlichten "Type 3". Aber auch ohne Name wählte Nuccio Bertone den Type 3 zum "Best of Show".
Ebenfalls in Genf kam eine Delegation von Isuzu, der japanishen GM-Tochter, an den Stand und fragte an, ob der Bitter Type 3 vielleicht als Isuzu in Serie gehen könnte und dabei war gleich von 10.000 Stück pro Jahr die Rede - in der "Kronen Zeitung" stand bereits "Bitter rettet Steyr!"
Eine Überschlagsrechnung ergab eine Investitionssumme von 50 Millionen DM, was für alle Beteiligten eine gewaltige Summe war, aber irgendwie gelang es Erich Bitter mit einer komplizierten Konstruktion mit der "Security Pacific National Bank", Lloyds in London, der CA in Wien und einer neu gegründeten Firma, der "Bitter & Co Automobile GmbH" den Betrag darzustellen. Alle Partner begannen mit den Vorbereitungen zur Serienproduktion.
Jänner 1990 lud Isuzu zu einem routinemäßigen Treffen in die Amerika-Zentrale nach Los Angeles und eröffnete einem völlig verblüfften Erich Bitter "We have to cancel the contract, because you are late!" - jetzt war "Feuer am Dach" und ein langwieriger Rechtsstreit vorprogrammiert ... Etwas später machte Isuzu ein "Vergleichsangebot" von lächerlichen 100.000 Dollar, das Erich Bitter "dankend" ablehnte. Später wurde das Angebot unter strengstem Stillschweigen auf eine "sehr hohe Summe" erhöht, die alle Beteiligten mit einem blauen Auge auszusteigen ließ. Den Grund für den plötzlichen Sinneswandel der Japaner, hat Erich Bitter bis heute nicht erfahren ...
Trotz der Ausstiegs planten die verbliebenen Partner den Bau von Cabrio und Limousine, wenn auch in verringerter Stückzahl, als wieder einmal die Modellpolitik in Rüsselsheim einen Strich durch die Rechnung machte: Der Omega A wurde durch den weitgehende neu konstruierten Omega B ersetzt - nach einer Handvoll Prototypen verabschiedeten sich Bitter und Partner endgültig vom Type 3 und wandten sich anderen Projekten zu.

ImageDas Supersportwagenprojekt. Erich Bitter war ein flottter Fahrer und natürlich den Supersportwagen der Zeit zugetan, und die bisherigen Bitter-Modelle waren zwar sportliche Fahrzeuge, aber keine Supersportwagen. Das sollte sich in Kooperation mit dem englischen Fahrzeugentwickler "MGA Developements" in Birmingham ändern, zu dem Bitter natürlich auch freundschaftliche Kontakte hatte.
Mit Hilfe einer kleinen britischen Firma, die Repliken des Ford GT 40 baute, sollte ein zweisitziges Coupé mit einem großvolumigen amerikanischen Mittelmotor entstehen, wobei der V-10-Motor aus der Dodge Viper favorisiert wurde.
Und warum ist der Tasco genannte Supersportwagen heute völlig unbekannt? Nun, die Sportwagenfirma ging in Konkurs und Bitter und MGA hatten nicht die finanziellen Mittel, die Konkursmasse zu übernehmen; ein japanischer Investor verabschiedete sich nach der japanischen Finanzkrise Anfang der 90er Jahre - vom Traumwagen blieben lediglich ein "running chassis" und ein 1:1-Modell, das heute unter dem Namen "Baltic Concept Car" im "Coventry Museum of Transport" steht.  

Die Berlina-Affäre. Parallell zum Supersportwagenprojekt nahm Bitter auch die Arbeiten an einem "normalen" Auto auf, an dem auch MGA beteilt war. Wenig überraschend basierte die Luxuslimousine, die Bitter Berlina, auf dem aktuellen Opel Omega und der Vertrag zwischen Opel und Bitter musste ganz einfach nur umgeschrieben werden. Der elegante, viertürige Viersitzer saß auf einer im 15 cm verlängerten Bodengruppe des Omega B und besaß den stärksten Motor des Omega MV6 mit 3.0 Liter Hubraum und dank Turbolader knapp 300 PS. Bei MGA entstand ein Prototyp, der 1994 in Genf präsentiert wurde, und nach dieser Vorlage sollte Stola in Turin die Karosserieteile fertigen, die dann bei Karmann endmontiert werden sollten.
Zur Vorbereitung der Produktion war natürlich wieder einmal Geld notwendig und zum Glück bekam Bitter am Stand in Genf Besuch von einem gewissen Hans-Heinrich Kuhlen aus Düsseldorf, der den Wagen sofort kaufen wollte.  In weiteren Gesprächen stellte sich heraus, dass Kuhlen eigentlich Aktien der Firma kaufen wollte, die in großem Stil in den US A an die Börse gehen sollte.
Kommt dem aufmerksamen Leser das Muster bekannt vor? Kuhlen wurde am Heilgen Abend 1995 in München verhaftet und wanderte wegen Anlagebetruges für mehrere Jahre hinter Gitter.  Kuhl hatte unter anderem (illegal) Bitter-Aktien verkauft, und der Broker, der die Aktien exklusiv auf den Markt bringen sollte - die Zulassung zum Börsenhandel war bereits erreicht - schreckte zurück - damit war der Börsengang geplatzt. Erich Bitter musste die Pläne für den Bitter Berlina begraben.
Rund ein Jahr nach der Berlina-Affäre wurde Bitter von einem alten Bekannten, dem holländischen Rennfahrer Toine Hezemans angesprochen, der ein eigenes Rennauto auf Basis des Lotus Elise GT1 bauen wollte, ein Projekt in das Bitter gerne einstieg.
Der unzuverlässige V-8 Motor des Elise GT1 wurde gegen das 540 PS starke Aggregat aus der Dodge Viper getauscht, wofür allerdings der Radstad verlängert werden musste. Unter dem Namen Bitter wurde der Rennwagen im April 1998 präsentiert. Allerdings durfte der Wagen nicht in der (erfolgsversprechenden) GTR Euroserie starten und musste in der GT1 Klasse an den Start gehen, wo er um rund 150 kg schwerer als die Konkurrenten und chancenlos war. Übergewicht und ein unzuverlässiges Getriebe setzten bald einen Schlusspunkt unter das Projekt und damit löste sich auch der vom Rennwagen abgeleiteten Straßensportwagen, von dem Bitter von Anfang an geträumt hatte, in Luft auf, ebenso wie die Idee das Concept Car Chrysler Chronos aus dem Jahr 1998 als Bitter Chronos in Serie zu produzieren, was an der Fusion von Daimler und Chrysler scheiterte.

ImageDer Bitter CD 2. 2003 feierte Bitter seinen 70.  Geburtstag, und während andere in diesem Alter den Ruhestand pflegen, verbrachte Erich Bitter seine Zeit mit einem neuen Automobilprojekt, diesmal in "down under".
Seit den 30er Jahren baute General Motors im fernen Australien Autos unter dem Namen Holden, und jetzt, Anfang des neuen Jahrtausends, war Peter Hahnenberger, langjähriger Entwicklungschef von Opel und natürlich gut mit Erich Bitter bekannt, Chef in Melbourne.  Und Hahnenberger hatte ein neues Coupé, den Holden Monaro, mit bärenstarkem V-8-Motor im Programm. Ob das vielleicht für Bitter von Interesse wäre?
Nach dem Entwurf von "Bitter-Hausdesigner" George Gallion enstand bei der Firma Holzinger in Beilngries nördlich von Ingolstadt aus dem ersten angelieferten Monaro der Prototyp des Bitter CD 2, der dann bei SALT in Turin eine Innenausstattung aus gediegenem Leder bekam. Der Wagen war komplett fahrbereit, hatte aber noch keine Straßenzulassung, weshalb er per LKW von Turin nach Genf transportiert werden sollte. Als nach langem Stau der Fahrer um seine pünktlichen Dienstschluss bangte, ließ Bitter den Wagen kurzerhand abladen und fuhr mit Probekennzeichen - und ohne irgendwelche Papiere - nach Genf, wo das bildschöne Coupé - nach Ansicht vieler der vielleicht schönste Bitter überhaupt - für Furore sorgte. Auch das Preisschild von EUR 80.000 konnte die potentiellen Interessenten nicht verschrecken.

Der Bitter Vero. Und jetzt passierte genau das, was Erich Bitter schon einige Male um die verdienten Früchte seiner Arbeit gebracht hatte: Die Produktion des Holden Monaro lief aus und ohne Monaro-"Organspender" auch kein Bitter CD 2. Alles was Dennis Mooney, der neue Chef bei Holden Bitter anbieten konnte, war eine viertürige Limousine, der Holden Statesman, einem entfernten Verwandten des Opel Omega, den es sogar serienmäßig als Linkslenker gab.  Bitter willigte ein, ein Problem hatten Bitter und Gallion allerdings mit dem Statesman: Der Wagen war auch optisch so gelungen, dass es schwer fiel, ihn zu verbessern - so wurde schließlich eine neue Schnauze kreiert und vor allem der Innenraum in edelstem Leder und Holz neu gestaltet. Oktober 2007 wurde der erste Wagen in Schwelm präsentiert und in Summe entstanden vom Bitter Vero, wie der Wagen genannt wurde, 10 Exemplare - die Wirtschaftskrise von 2010 verhinderte eine größere Stückzahl des immerhin EUR 100.000 teuren Fahrzeugs - aber mit der Veredelung und (weitgehender) Beibehaltung des ursprünglichen Fahrzeugs, hatte Bitter eine neue Richtung gefunden.

"Insignia by BITTER" Im November 2008, also ein Jahr nach der Präsentation des Vero stellte Opel mit dem Insignia den gemeinsamen Nachfolger von Omega und Vectra vor, der ein schönes Auto war (und nach wie vor ist) allerdings in der Innenausstattung mit dem Vero nicht mithalten konnte, wie Andreas Börner, der Produktmanager für den Insignia selbst erkannte. Ende 2009 kaufte Bitter einen 260 PS starken Insignia V-6 mit Allradantrieb und verwirklichte seine Vorstellungen von Front und Innenraum. Die Vorstände von Opel waren davon angetan und man einigt sich auf den Namen "Insignia by BITTER". Bei einem Preisschild von EUR 75.000 bekamen sowohl die Verantwortlichen in Rüselsheim als auch die deutschen Opel-Händler kalte Füße - fast schien es, als sollte auch der "Insignia by BITT ER" ein Einzelstück bleiben.  Als wiedereinmal die "Österreich-Connection" zuschlug.
Opel Österreich resp. Vertriebschef Markus Oppel, der ja auch den historischen Opels zugetan ist, wurden auf den "Insignia by BITTER" aufmerksam und da Erich Bitter auch private Verbindungen nach Wien hat, kam rasch ein Termin zustande. Und siehe da, die heimischen Händlern waren aufgeschlossener als die deutschen Kollegen. Allein in der ersten Jahreshälfte 2011 wurden in Österreich 11 Stück verkauft, was den "Insignia by Bitter" - nach CD und SC - zum Bestseller in der Geschichte von Bitter macht. Zur Vienna Motorshow 2012 stellten Opel, Oppel und Bitter den 18. und vorläufig letzten "Insignia by BITT ER" auf die Räder: Auf Basis eines 325 PS starken Insignia OPC entstand die "Schwarze Witwe II ", womit sich der Kreis schließt.

"Adam by BITTER" Ist dieser schöne Schluss aber wirklich der Schluss unserer Geschichte über die Automobile des Herrn Bitter? Nicht wirklich, denn seit letztem Jahr geht Erich Bitter nicht nur seinen beiden Hobbies - Reiten und die Malerei - nach, sondern arbeitet an seinem jüngsten Projekt "Adam by BITT ER", einer Veredelung des pfiffigen Kleinwagens von Opel ...