Österreichs Adler
Geschrieben von Peter H. Reisch   

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Peter H. Reisch über die Österreichische Adlerwerke Ges. m.b.h. in Wien.

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„Nichts Genaues weiß man nicht” war das Ergebnis der Anfragen bei Fachleuten in der internationalen Adler-Szene. So wurde in der Geschichte geforscht, um das „Rätsel“ zu lösen. Ausgehend von dem Adler Typ 7, welcher, nun restauriert, in der „Max Reisch”-Ausstellung steht, begaben sich mein Vater und ich ab 1967 gezielt auf eine Spurensuche, welche sich bald wie ein Netz über Europa verteilte.


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Das Typenschild schreibt, Motorwagen Nr. 4372 mit einem Motor von 14/17 PS und Österr. Adlerwerke, vorm. Heinrich Kleyer, Gesellschaft m.b.h., WIEN I., also im 1.Wiener Gemeindebezirk.

Im Deutschen Museum, München, fanden sich 1975 die ersten Adler-Unterlagen in meiner Nähe, Kustos DI. Hans Strassl und Restaurator Schwaiger zeigten den 1911er Typ K 7/17 und einen 1913er Landaulet.

Frau Elisabeth Mertz-Kleyer stellt die Autobiographie von Otto Kleyer, „Erinnerungen aus meinem Leben“ zur Verfügung.


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Dr. Hans Seper, Kustos der Abteilung „Straßenfahrzeuge“ im Wiener Technischen Museum verifiziert 1978 sinngemäß folgendermaßen: „Die ’Österreichischen Adlerwerke‘ hat es im Sinne einer eigenständigen Produktion nicht gegeben, wohl aber aus steuerlichen und zolltechnischen Gründen. Bis 1910 war der Firmensitz in Wien am Karl-Lueger-Platz, von 1910 bis 1918 am Stubenring, Geschäftführungen durch F. Kornblüh, A. Andreae und A. Hobel.”

Es wurde also eine Art „Assembling“ durchgeführt, wie damals - und auch später üblich gewesen ist, um die Zollabgaben zu minimieren.

In seiner Enzyklopädie „Autos in Deutschland, 1976, schreibt Hans Heinrich von Fersen auf der Seite 22: „1912 richteten die Adler-Werke in Wien ein eigenes Montagewerk ein, das unter dem Namen ’Österreichische Adler-werke‘ firmierte und für den dortigen Markt einige besonders gefragte Modelle herstellte.”


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„Automobile Quarterly“, das amerikanische Automobil-Fachbuch-Periodikum berichtet in ihrem Adler-Bericht „Adler - The eagle from Frankfurt“ auf Seite 344: „By now exports were being made to Britain, Russia, Scandinavia and Asia. In 1912 an Austrian assembly plant - Österreichische Adlerwerke - startet operations.”

Über Jahre wurden weitere Fachleute kontaktiert, wie Graf Seher-Toss von der ADAC-Biblio-thek, Dr. Walder vom „Verkehrshaus Luzern“, wie auch Henry Goldhann, 1966 Gründer des ersten Veteranenklubs in Österreich. Auch mit anderen Adler-Fachleuten, nämlich „Ancient-Adler“-Besitzern wurden Kontakte über Jahre gepflegt. So, wie mit Herrn E. H. Ruys in Holland, Herrn Otto Kleyer, Sohn des Firmengründers, aber auch mit Mr. K. Stokes vom Vintage Veteran Club in England und man kam zum Schluss, dass es die Österreichischen Adlerwerke ab dem Jahre 1907 gegeben hat. Auch die erste Werbung in der „Allgemeinen Automobilzeitung“, erschienen in Wien am 24. November 1907, weist schlüssig darauf hin. Die erste Adler-Annonce mit Firmierung „Österr. Adler-Werke“ stammt vom 19. Jänner 1908.  


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In der modernen Zeit des Internets wurden weitere Forschungen betrieben und auch Ergebnisse gefunden, z. B.: http://www.elektroautobilliger.de/der-ursprung-der-adler-werke/ bemerkt: „1909 stellte Adler die Motorradproduktion für vier Jahrzehnte ein und konzentrierte sich auf die Automobilfertigung. 1910 begann man mit der Herstellung von Lastwagen, zwei Jahre später entstand in Wien ein Montagewerk unter dem Namen Österreichische Adler Werke.”

Philippe Boursin, Professor für AutomobileWartungspflege bei Education Nationale, (Professeur de maintenance Automobile) schreibt auf seiner Website http://philippe.boursin.perso.sfr.fr/marques.htm: „1899 - Adler-Fahrradwerke vorm. Heinrich Kleyer AG - Adler-Werke vorm. Heinrich Kleyer AG (Allemagne - Frankfurt am Main); firme allemande fondée à Francfort, en 1886, par Heinrich Kleyer, qui s‘adonne d‘abord la fabrication de bicyclettes, puis se tourne, en 1899, vers la production automobile; la firme devient Adler-Werke vorm. Heinrich Kleyer AG en 1906; en 1912, Adler installe une usine de montage à Vienne, l‘Österreichische Adler-Werke; en Grande-Bretagne, le carrossier Morgan fait importer des châssis et des moteurs Adler, qu‘il habille ensuite au goût anglais;”


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Mit dem Erscheinen des ADLER-Fachbuches (1981) von Werner Oswald im Motorbuch-verlag ist jedoch die Erinnerung an die Österreichischen Adlerwerke gelöscht worden, genauso, wie die Adlerproduktion der Morgan-Werke, welche vor dem 1. Weltkrieg in England getätigt wurde. Oswald fand dies nicht mehr erwähnenswert. Das Buch von Herrn Oswald ist inzwischen eine Art „Adler-Bibel“ geworden, so ist es nicht verwunderlich, dass diese zwei Assembling-firmen in Vergessenheit geraten sind.

Es ist schade, dass dadurch die Recherchen des unvergessenen Automobilhistorikers Hans-Heinrich von Fersen in den Hintergrund getreten sind, Wikipedia würdigt von Fersen: „Er war vermutlich der erste Autor im deutschsprachigen Raum, der detaillierte Automobil-Marken- und Technik-Typologien veröffentlichte.”

Ein zweites Mal möchte ich auf die Ausführungen von Herrn Dr. Hans Seper zurückkommen, welcher noch weiter detaillierte:


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Den Dr.-Karl-Lueger-Platz und den Stubenring in Wien war ein Leichtes zu finden, die Franz Josefbahnstraße schon schwieriger. Es ist seit 1920 die heutige Althangasse, sehr viel früher die Schmiedgasse und Spittelauergasse am ehem. Althangrund.

 Weitere Untersuchungen haben ergeben, dass die erste Reparaturwerkstätte der Adlerwerke in der Gaswerkgasse, nächst der Brünner Straße gewesen ist. Die Verbindung nach Wien wurde durch die Augartenbrücke gewährleistet. Über jene führte zuerst eine Dampftramway Richtung Wien, die Strecke wurde 1912 elektrifiziert. Mit der Verlegung der Reparaturwerkstätte von Stammersdorf in Richtung Althangrund war eine nähere Verbindung zum Stubenring gewährleistet.


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Nachsatz: Dieser Artikel soll ein Beitrag sein, um einen kleinen Lichtpunkt in unsere facettenreiche österreichische Automobilgeschichte zu bringen. Es soll aber auch jener Beitrag sein, welcher den Ursprung des einzigen überlebenden Adler-Typs mit österreichischer Herkunft beleuchtet.

Die Recherche soll den Adler-Enthusiasten wieder Fakten in Erinnerung rufen, Fakten, die vor dreißig Jahren nur mehr einigen Fachleuten bekannt gewesen sind.

Das „Nichts Genaues weiß man nicht“ sollte man also nicht mehr sagen müssen ...

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