Maserati - Im Zeichen des Neptun |
Geschrieben von Wolfgang M. Buchta | |
Heft bestellen - Im Zeichen des Neptun oder Die liebe Familie auf Italienisch Wolfgang M. Buchta versucht etwas Licht in die komplizierte Geschichte der Marke mit dem Dreizack zu werfen. In diesem Jahr bekam das Ehepaar Carolina und Rodolfo Maserati ihr erstes Kind, den kleinen Carlo. In den folgenden Jahren sollten noch sieben weitere Söhne folgen, von denen allerdings einer bereits früh verstarb. Die sechs Brüder - Carlo (1881), Bindo (1883), Alfieri (1887), Mario (1890), Ettore (1894) und Ernesto (1898) sollten mit einer Ausnahme ihrem Vater nacheifern. Dieser war Lokomotivführer in Voghera im italienischen Pavia, und fünf seiner Söhne zeigten bald ein bemerkenswertes Interesse für alles Technische und Mechanische. Einzig Mario wandte sich der Malerei zu. Carlo wollte zunächst bei der Eisenbahn tätig werden, als aber in den 1890er Jahren in Italien die ersten Automobile auftauchten war die Anziehung der Straßen größer als die der Schiene. Mitte der 1890er Jahre begann er seine Tätigkeit bei einem Fahrradproduzenten im Nachbardorf. 1897 baute Carlo einen kleinen Einzylinder-Motor, den er in einen Fahrradrahmen montierte. Ein Lederriemen trieb das Hinterrad an - fertig war der erste Maserati, wenn auch nur auf zwei Rädern und nicht unter dem Namen des Erbauers. Einem vermögenden Adeligen aus der Gegend, dem Marquese Carcano di Anzano, war der junge Mann aufgefallen und er finanzierte dem mittlerweilen 17-Jährigen eine kleine Serienproduktion. Unter dem Namen “Carcano” kamen die Motorräder des Carlo Maserati auf den Markt. In lokalen Rennen waren Carlo und sein Geldgeber damit durchaus erfolgreich. Beim Rennen Brescia-Mantua-Brescia begegnete Carlo einem gewissen Vincenzo Lancia, der später mit seiner eigenen Automarke Berühmtheit erlangen sollte. Im Jahre 1900 war Lancia Rennfahrer für Fiat und er stellte die Verbindung zwischen dem Automobilbauer in Turin und dem jungen Motorradkonstrukteur her. Carlo kündigte seine Partnerschaft mit Carcano (die Firma überlebte seinen Abgang nur kurze Zeit) und zog nach Turin. Ob er dort eine Anstellung bei Fiat bekam ist, so seltsam das klingen mag, nicht mit Sicherheit feststellbar. Während einige Historiker von der Position des Leiters der Testabteilung sprechen, wollen andere dazu in den Archiven nichts gefunden haben. Wie auch immer - einmal in Turin fand Carlo 1903 eine Stelle bei der renommierten Firma Isotta-Fraschini als “technischer Berater und Testfahrer”. Vier Jahre später (1907) wechselte Carlo dann zu Bianchi nach Mailand. Dort war er als Chef-Tester und Rennfahrer mäßig erfolgreich, da die Rennwagen von Bianchi der Konkurrenz ganz einfach unterlegen waren. Carlo hatte seinen Posten bei Isotta-Fraschini allerdings nicht spurlos verlassen. Bruder Alfieri hatte sich in der heimischen Werkstätte geschickt gezeigt und Carlo den 16-Jährigen noch bei Isotta untergebracht. Bindo Maserati folgte kurz darauf. Ehe Carlo im Alter von nur 29 Jahren verstarb, war er noch zwei Jahre (1908-1910) als Chefkonstrukteur bei “Automobil Junior” mit der Entwicklung eines Rennwagens und eines Flugmotors beschäftigt. Kurz darauf holte Alfieri einen weiteren Bruder, Ettore, zu Isotta, ehe beide im Jahre 1912 von der Firma in die Fabrik in Argentinien geschickt wurden. Dort bauten die beiden aus Isotta-Teilen Rennwagen, mit denen sie bei lokalen Rennen einige Erfolge erringen konnten. Nach einem kurzen Aufenthalt in London landeten Alfieri und Ettore in der Nähe von Bologna, wo sie am 1. Dezember 1914 in Pontevecchio ein kleine Garage eröffneten. Mit dabei war der jüngste Bruder Ernesto. Dieses Datum gilt heute als das offizielle Geburtsdatum der Marke Maserati. Der Erste Weltkrieg unterbrach vorerst die motorsportliche Betätigung der drei Brüder, da jetzt eher Flugmotoren als Rennautos gefragt waren. Allerdings waren die Jahre nicht ganz verloren, da wertvolle Erfahrungen, heute wurde man sagen “Know-how”, gesammelt wurde. So nebenbei gründete Alfieri in Mailand eine Fabrik für Zündkerzen, die nach Kriegsende nach Bologna übersiedelte. Nach dem Kriegsende setzten die Brüder dort fort, wo sie 1915 unterbrochen worden waren - beim Rennwagenbau. Anfang der 1920er Jahre entstand der “Tipo Speciale” mit 6,3 Liter Hubraum und ein vergleichsweise kleiner Wagen mit nur 3 Liter. Auf den Rennwagen stand “Isotta-Fraschini”, die Konstruktion stammte von den Maserati-Brüdern. Diese waren weiterhin als Rennfahrer aktiv und Alfieri und Ernesto konnten mit den Isotta-Rennwagen einige Erfolge bei (Berg-)Rennen erzielen. Die Leistungen, auf konstruktivem wie fahrerischem Gebiet, konnten der Konkurrenz nicht verborgen bleiben, und 1922 erhielt Alfieri ein Angebot von Diatto, dem er nicht widerstehen konnte. Dort musste er zunächst die vorhanden Modelle überarbeiten und wurde schließlich 1924 mit der Konstruktion eines 2-Liter-Grand-Prix-Wagens für die 650 kg-Formel beauftragt. Mit rund 150 PS aus acht Zylindern mit Kompressor war der Wagen schnell aber unausgereift. Da Diatto finanzielle Probleme hatte, wurde Ende 1925 die Zusammenarbeit mit Alfieri Maserati gekündigt. Die Brüder zogen aus der Kündigung die einzig sinnvolle Konsequenz - sie machten sich selbstständig. Und die “Officine Alfieri Maserati S.p.A.” nahm 1926 in Bologna ihre Tätigkeit auf. Der 8-Zylinder-Motor wurde weiterentwickelt, der Hubraum auf 1.500 ccm verkleinert und die Kinderkrankheiten ausgemerzt. Seine Premiere hatte der neue Wagen am 25. April 1926 bei der Targa Florio auf Sizilien. Mit Alfieri Maserati und Guerino Bertocchi konnte die junge Marke einen viel beachteten neunten Platz und den Sieg in der 1,5-Liter-Klasse erringen. Nach diesem vielversprechenden Einstand war der weitere Weg klar vorgezeichnet. Das erfolgreiche Konzept - der 8-Zylinder-Reihenmotor von 1.492 ccm leistete mit zwei oben liegenden Nockenwellen und Kompressor 120 PS und verschaffte dem 750 kg schweren Zweisitzer eine Geschwindigkeit von 180 km/h - wurde über die nächsten Jahre konsequent weiterentwickelt. Nach dem Erfolg bei der Targa Florio waren zwei Maserati Tipo 26, so lautete die Bezeichnung, mit Alfieri Maserati und Emilio Materassi beim Grand Prix von Italien in Monza am Start. Beide Wagen fielen mit defekten Kompressoren aus. Zum Trost gewann Alfieri mit 168 km/h in einem Kilometer-Rennen seine Klasse. Von den Erfolgen beflügelt beschlossen die Brüder, ihre Rennwagen Privatfahrern anzubieten und erstaunlicherweise sollte das Rezept aufgehen. Für das nächste Dutzend Jahre konzentrierten sich die Brüder ausschließlich auf die Produktion von Rennwagen und konnten bemerkenswerterweise sogar davon leben. 1927 mutierte der Tipo 26, auf 2 Liter vergrößert, zum Tipo 26B. Bei der Targa Florio und beim Grand Prix von Tripolis konnte Alfieri jeweils den sensationellen dritten Platz im Gesamtklassement erringen. Materassi gewann mit dem 26B die italienische Meisterschaft. Die Werbewirkung der Siege blieb nicht aus. Hatten die Brüder 1926 drei Tipo 26 gebaut, so waren es 1927 bereits fünf, von denen einer an einen Kunden ging. Ein Jahr später waren es bereits acht Fahrzeuge, darunter drei Tipo 26 für Kunden. Zusätzlich wurde die Produktpalette erweitert. Technisch blieben zwar alle Tipo 26 gleich, allerdings wurde der Tipo 26 MM (und der Tipo 26B MM) mit Kotflügeln und Scheinwerfern ausgestattet und erhielten so eine gewisse Straßentauglichkeit - ein wichtiger Punkt für Straßenrennen wie die Mille Miglia. Nach einer eher erfolglosen Saison 1928 kamen 1929 zwei neue Modelle heraus. Während der Tipo 26C einen auf 1.100 ccm verkleinerten Motor hatte, war der V4 ein Hubraumriese. Aus zwei Tipo-26B-Motoren zu je zwei Liter war ein V-16-Motor mit 90 Grad Winkel entstanden. Die Typenbezeichnung “V4” stand also nicht für einen Wagen mit vier Zylindern in V-Anordnung, sondern für einen V-Motor mit 4 Liter Hubraum. Die Leistung wurde mit 305 PS bei 5.500 U/min gemessen und die erwartete Höchstgeschwindigkeit wurde mit 250 km/h angegeben. Am Fahrwerk waren einige Modifikationen vorgenommen worden, um mit der gestiegenen Leistung fertig zu werden. Der Radstand wurde um 10 cm (auf 175 cm) vergrößert. Am 1. Juli 1929 hatte der V4 mit den Fahrern Alfieri Maserati und Baconin Borzacchini am Rundkurs von Cremona seinen ersten Auftritt. Obwohl der Wagen ausfiel, konnte Borzacchini auf einer 10 km langen Geraden (in Laufe des Rennens!) mit 246 km/h einen Weltrekord aufstellen und Alfieri schaffte die schnellste Runde. Der V4 war zwar schnell, aber schwer zu fahren und nur drei Fahrer (neben den bereits erwähnten hatte auch Ernesto einen Einsatz mit dem V4) sollten den Wagen im Rennen bewegen. Zum Glück hatte die Firma für Privatfahrer mittlerweilen eine ganze Palette von 8-Zylinder-Rennwagen zwischen 1,1 und 2,0 Liter mit verschiedenen Karosserien. Für 1930 wurde der Motor auf 2,5 Liter vergrößert und die Typenbezeichnung auf 8C-2500 geändert. Die Basis bildete noch immer der mittlerweilen 4 Jahre alte Tipo 26. Targa Florio, Grand Prix von Tripolis und Rom oder San Sebastian - neben guten Platzierungen konnte Maserati mit den verschiedenen Typen in diesem Jahr sieben Siege gegen die Hauptkonkurrenten Bugatti und Alfa Romeo erringen. Weniger erfolgreich war der erste Ausflug zum 500-Meilen-Rennen von Indianapolis. 1931 standen wichtige Änderungen im Reglement bevor. Die mitfahrenden Rennmechaniker, die “Riding Mechanics”, waren aus der Mode gekommen, aber ein zweiter Sitz war noch immer vorgeschrieben. Diese Bestimmung fiel für die Saison 1931 - der Weg zum Monoposto war frei. Der eher glücklose V4 wurde auf fünf Liter vergrößert, worauf der “Sedici Cilindri” folgerichtig als V5 bezeichnet wurde. Jetzt mit 360 PS und 260 km/h schnell war das Fahrverhalten nicht besser geworden. Fagioli, Ruggeri und Taruffi waren die einzigen, die sich an das Monster heranwagten. Mit unterschiedlichen Erfolgen: Während Fagioli beim Grand Prix von Rom den einzigen Sieg des V5 einfahren konnte, verunglückte Ruggeri bei einem Rekordversuch in Monthlery tödlich. Der Wagen wurde wieder aufgebaut und Taruffi verunglückte damit spektakulär im Grand Prix von Tripolis. Er überlebte mit viel Glück, aber die Karriere des V5 war endgültig zu Ende. Zwei weitere “Sedici Cilindri”-Motoren wurden gebaut - für die Rennboote des Grafen Trossi. 1933 nahmen Maseratis an 23 Rennen teil. Den wohl wichtigsten Sieg konnten Nuvolari und Campari bei Grand Prix von Frankreich erringen. Der Motor war inzwischen auf 3 Liter zum 8C-3000 weiterentwickelt worden und leistete jetzt 210 PS. Mit dem 8CM-3000 entstand der erste, äußerst schmal gebaute, Monoposto. Neben den Grand-Prix-Wagen mit dem Reihenachtzylinder war bereits 1931 ein kleiner Vierzylinder-Rennwagen entstanden, der sich zur Haupteinnahmequelle entwickelt hatte und in einer Vielzahl von Versionen (Karosserie und Motor) blendend verkaufte. 1934 wurde die Rennformel wieder geändert. Die “750 kg - Formel” beschränkte das Gewicht des Wagens (ohne Kraftstoff, Fahrer, Wasser und Reifen) auf 750 kg. Damit sollten Auswüchse wie der V5 unterbunden werden. Nun, die oberste Motorsportbehörde konnte ja nicht ahnen, was Mercedes und Auto-Union für Ideen im Ärmel haben würden ... Ende 1934 war der 8CM-3000 am Ende seiner langen Entwicklung angelangt und nicht mehr konkurrenzfähig (obwohl Privatfahrer damit noch immer erfolgreich waren). Für 1935 waren daher Veränderungen angesagt. Ab dieser Saison wurden die Werkswagen nicht von Maserati selbst, sondern von der “Scuderia Subalpina” des Grafen delle Chiesa eingesetzt. Außerdem wurde ein komplett neuer Wagen entwickelt - der Tipo V8RI. Der V-8-Motor leistete aus einem Hubraum von 4,4 Liter 310 PS. Namensgebende Neuheit war die Einzelradaufhängung (“ruote indipendenti”), die eine verbesserte Straßenlage garantieren sollte. Der neue Wagen konnte erstmals im Juli 1934 eingesetzt werden. Bis dahin mussten die alten Fahrzeuge genügen - aber nicht nur dadurch hielten sich die Erfolge der “Scuderia Subalpina” in Grenzen. Fassen wir die traurige Geschichte kurz: Philippe Etancelin konnte auf dem V8RI (mit mittlerweilen auf 4,8 Liter vergrößertem Motor) Anfang 1936 mit viel Glück den Grand Prix von Pau gewinnen. Was die Chronisten gerne verschweigen: Auto-Union, Mercedes und Alfa Romeo waren nicht am Start gewesen. Kurz - der Wagen ein Flop, dem die Kinderkrankheiten nie ausgetrieben werden konnten. Dies hätte durchaus das Ende der Marke bedeuten können, denn Maserati war nach wie vor eine reine Rennwagenmanufaktur, die ausschließlich vom Verkauf ein- und zweisitziger Rennwagen lebte. Die wenigen Straßenfahrzeuge waren nur modifizierte Einzelstücke. Glücklicherweise hatten die Brüder eine Marklücke erkannt und rasch gefüllt - Rennwagen der 1.500er Klasse, die sogenannten Voiturette. Hier waren nicht die deutschen Silberpfeilen die Konkurrenten, sondern bezwingbarere Gegner wie die englischen ERA und später die Alfa Romeo 158 Alfetta. Der neue Rennwagen, der 6CM, hatte einen 6-Zylinder-Reihenmotor von 1,5 Liter Hubraum mit zwei oben liegenden Nockenwellen und Roots-Kompressor. Mit einer Leistung von rund 185 PS war der 6CM damit in seiner Klasse konkurrenzfähig. Seinen ersten Einsatz hatte der 6CM beim Eifelrennen am 14. Juni 1936 - und beendete sein erstes Rennen mit einem Sieg von Felice Trossi. Drei weitere Siege und ebenso viele zweite Plätze waren die höchst erfreuliche Bilanz des ersten Rennjahres. Sportlich wie kommerziell sollte sich der 6CM zum erfolgreichsten Modell der Vorkriegszeit entwickeln: Nach der Saison 1936 konnten im nächsten Jahr nicht weniger als neun Siege und 32 zweite und dritte Plätze eingefahren werden 1938 ging es mit Siegen in bedeutenden Voiturette Grand Prix (Taruffi in Tripolis, Rocco bei der Targa Florio, Villoresi in Albi, Hug in Bern ...) weiter. Der kommerzielle Erfolg blieb nicht aus - zwischen 1936 und den Beginn des Weltkriegs produzierte Maserati nicht weniger als 28 komplette Fahrzeuge sowie zwei zusätzliche Motore. Diese Erfolge weckten die Begehrlichkeit des Commendatore Adolfo Orsi, der in seinem umfangreichen Konzern Werkzeugmaschinen, landwirtschaftlichen Geräte und Zündkerzen produzierte und daneben Stahlwerke sowie Straßenbahn-Betriebe sein Eigen nannte. Da passte Maserati natürlich nett hinein, wobei dem Commendatore neben dem guten Namen vor allem die Maserati-Zündkerzen ins Auge gestochen waren. Orsi machten den Maserati-Brüdern ein verlockendes Angebot. Neben einer größeren Summe bot er ihnen einen Vertrag für 10 Jahre, der ihnen freie Hand in der Rennwagenmanufaktur gab sowie zusätzliche Mittel für die Entwicklung eines neuen Wagen für die große Rennklasse. Im Frühjahr 1938 waren sich die Partner handelseinig. Omer Orsi, der Sohn des Commendatore, übernahm die Geschäftsleitung und die “Officine Alfieri Maserati” übersiedelte nach Modena, womit sie in die direkte Nähe ihrer Konkurrenten Scuderia Ferrari und Stanguellini gerückt war. Ohne finanzielle Sorgen konnten sich die Maserati-Brüder auf die Konstruktion eines neuen Rennwagen stürzen. Der Motor des 8CTF war aus zwei 4-Zylinder-Blöcken zusammengesetzt. Aus 3 Liter Hubraum leistete der Motor bei 6.000 U/min 350 PS, genug, um den 700 kg schweren Wagen auf 260 km/h zu beschleunigen. Der neue Wagen sollte in der aktuellen Rennformel (3 Liter mit oder 4,5 Liter ohne Kompressor) den Silberpfeilen von Mercedes und Auto-Union Paroli bieten. Das sollte leider nicht sein. 1938, in der letzten vollen Saison vor Kriegsbeginn war der 8CTF fünfmal am Start. Vier Motorschäden und ein fünfter Platz von Franco Trossi in Monza waren das dürftige Resultat. Im Jahre 1939 sollte es nicht viel besser laufen. Kinderkrankheiten und mangelnde Vorbereitung verhinderten die großen Erfolge dieses vielversprechenden Typs. Seine (bescheidene) Sternstunde hatte der 8CTF beim Großen Preis von Deutschland am Nürburgring, als Paul Pietsch (der spätere Gründer des Motorbuch Verlags) in der dritten Runde Nuvolari auf Auto-Union überholen konnte und damit zeitweilig an der Spitze lag. Im Ziel reichte es immerhin noch für einen dritten Platz. Erfolgreicher war des 8CTF in Übersee, wo Wilbur Shaw die 500 Meilen von Indianapolis gewinnen konnte. In vielen Siegerlisten wird man den Maserati allerdings vergeblich suchen - der Wagen war, wegen des Sponsor, als “Boyle Special” gemeldet. Ein Jahr später, am 31. Mai 1940 konnte Wilbur Shaw auf demselben Wagen seinen Erfolg wiederholen. Wiederum ein Jahr später fiel Shaw, mit großem Abstand in Führung liegend, ein 12 Runden vor Schluss wegen eines gebrochenen Rades aus. Parallel zum “großen” Rennwagen hatte Orsi den Brüdern Maserati die Entwicklung eines Voiturette finanziert. Der 4CL-1500 hatte einen Vierzylinder-Motor mit, eine absolute Neuheit bei Maserati, vier Ventilen pro Zylinder. Mit einer Leistung von 220 PS und einer Spitze von bis zu 250 km/h sollte der 4CL konkurrenzfähig sein. Nach einem vielversprechenden Debüt in Brooklands (dritter Platz bei der “Junior Car Club International Trophy”) und dem Doppelsieg von Villoresi und Taruffi bei der Targa Flori war klar, dass den Brüdern wieder ein großer Wurf gelungen war. Bevor der Weltkrieg alle Aktivitäten im Rennwagenbau stoppte wurden noch neun Exemplare verkauft. 1946 wurde dann die Fertigung in fast unveränderter Form wieder aufgenommen und bis 1948 wurde weitere 14 Tipo 4CL produziert. Abgeleitet von 4CL entstanden noch zwei Exemplare der 8CL (eines vor und eines nach dem Krieg). Zwei Vierzylinder-Motoren wurden zu einem beindruckenden Reihenachtzylinder mit 32 Ventilen, 430 PS zusammengesetzt, der dem Wagen eine Spitze von 305 km/h verlieh. 1940 konnte, wie bereits beschrieben, noch ein Sieg in Indianapolis eingefahren werden und wiederum ein Doppelsieg bei der Targa Florio (Villoresi vor Cortese auf dem 4CL) und dann war es mit dem Rennsport für mehr als fünf Jahre vorbei. Kriegsbedingt musste sich Maserati der Produktion “nützlicherer” Produkte zuwenden - Schleif- und Fräsmaschinen und Drehbänke standen jetzt am Produktionsprogramm sowie Zündkerzen und Akkumulatoren. Von letzteren war es ein logischer Schritt zum Bau von Elektrofahrzeugen. 1942 kam ein Lastendreirad, das EC10 “Elettrocarro”, für eine Nutzlast von 1000 kg heraus. Bis 1950 wurden immerhin 321 Exemplare des EC10 gefertigt. 1943 wurde das Dreirad in ein vierrädriges Transportfahrzeug weiterentwickelt. Alle EC-Modelle wurden von einem Elektromotor angetrieben. 1951 kam dann das letzte Nutzfahrzeug von Maserati heraus. Der TM15 “Muletto” hatte wahlweise einen Elektromotor oder einen Zweitakt-Benzinmotor. Mit 547 ccm und 15,5 PS hatte der Zweizylinder mit den Rennmotoren des Hauses keine Gemeinsamkeit. Der TM15 war so schwachbrüstig motorisiert, dass er keine Steigungen über 16% erklimmen konnte, und daher nur eine eingeschränkte Zulassung erhielt. Auch wenn die offiziellen Maserati-Chroniken diese bescheidenen Lasteseln gerne vergessen, haben sie lange Jahre in innerstädtischen Verkehr und vor allem im eigenen Werk Dienst getan. 1946 wurden fünf 4CL ausgeliefert, von denen drei an die “Scuderia Milan” von Luigi Villoresi gingen, die bereits 1944 ein Exemplar erhalten hatten. Am 22. April 1946 begann Villoresi die Siegesserie des 4CL beim Grand Prix von Nizza, eine Reihe, die sich über das ganze Jahr fortsetzen sollte. Der “exotischste” Sieg war wohl der von Bobby Unser beim Pikes-Peak-Rennen in den USA. Gleichzeitig wurde das Thema “Straßensportwagen” wieder aktuell. Bereits 1936 waren Überlegungen für einen Tipo 6CS - der Sechs-Zylinder-Motor des 6CM ohne Kompressor in einem zweisitzigen Sportwagen - angestellt worden. Da die Firma aber mit den Rennwagen ausgelastet war, wurden die Pläne vorerst auf Eis gelegt. Während des Krieges entstand 1940 ein Sportwagen mit einer Barchetta-Karosserie aus Aluminium. Motorisiert war der Wagen mit dem 6-Zylinder-Reihenmotor aus dem 6CM vom 1.500 ccm Hubraum. Mit drei Weber-Doppelvergasern statt des Kompressor leistete der Motor bescheidene 90 PS. Jetzt, nach Kriegsende, wurde der Wagen wieder aktiviert und von Guido Barneri bei einigen kleineren Rennen eingesetzt. Davon angeregt entstand für einen Kunden aus Bologna ein 6SC/46 (wiederum eine inoffizielle Bezeichnung) mit Gitterrohrrahmen und dem bereits bekannten Sechszylinder-Motor, der für diesen Wagen auf 110 PS frisiert worden war. Ebenfalls 1946 entstand eine “Gran Turismo Berlinetta”, also ein Coupe für die Straße, wobei die Vorarbeiten bis in das Jahr 1941 zurückverfolgt werden können. Unter der Projektnummer A6 entstand mit dem 1.5 Liter Sechszylindermotor mit einer oben liegenden Nockenwelle ein Coupe mit attraktiver Pininfarina-Karosserie. Für den Straßenbetrieb sorgte ein einzelner Webervergaser für 75 PS Motorleistung, ausreichend für rund 150 km/h. Der Prototyp hatte mechanisch betätigte Klappscheinwerfer, die bei der Präsentation am Automobilsalon von Genf 1947 bereits durch feste Scheinwerfer ersetzt waren. Bis 1950 entstanden 61 Exemplare des “1500 Gran Turismo”, wie dieser Typ offiziell bezeichnet wurde. Wir erinnern uns vielleicht, dass Anfang 1937 die Brüder Maserati ihre Firma an Adolfo Orsi verkauft hatten und einen 10-jährigen Vertrag als technische Direktoren erhalten hatten. Diese 10 Jahre waren jetzt abgelaufen. Es gab keinen großen Streit, aber irgendwie scheint die Beziehung zu Orsi nicht mehr die beste gewesen sein und so lief der Vertrag einfach aus. Die Maseratibrüder beendeten ihre Tätigkeit und kehrten nach Bologna zurück, um dort die Firma OSCA (Officine Spezzializata per la Costruzione de Automobile) zu gründen, aber das ist eine eigene Geschichte. Neuer technischer Leiter wurde Ing. Alberto Massimino, der über Fiat und die Scuderia Ferrari 1946 ins Unternehmen gekommen war. Auf ihn warteten jetzt einige Aufgaben: Der 4CL war allmählich in die Jahre gekommen und der A6 bedurfte weiterer Entwicklung. Mit einem Gitterrohrrahmen mutierte der 4CL zum 4CLT und war so, mit einigen weiteren Modifikationen, bis 1950 erfolgreich. Der Motor des A6 wurde auf zwei Liter vergrößert und leistete jetzt zwischen 100 (im 2000 Gran Turismo) und 130 PS (im 2000 Sport resp. A6GCS). Ab 1953 verfügte der A6GCS über zwei oben liegende Nockenwellen und kam damit auf 170 PS. Vom Gran Turismo wurden nur 16 Stück produziert, der Sport hingegen kam auf beachtliche 67 Exemplare mit verschiedenen Karosserien. Der A6GCS war nicht nur ein toller Sportwagen für die Straße, sondern wurde bei allen wichtigen Sportwagenrennen der 50er Jahre eingesetzt. Da sich der A6GCS (ohne Kotflügeln) bei Formel-2-Rennen (2-Liter-Motore ohne Kompressor) wacker schlug, lag es irgendwie in der Luft, wieder einen echten Monoposto zu bauen. Ab 1952 sollte die Fahrerweltmeisterschaft in der Formel 2 ausgetragen werden und dazu wurde der Motor der A6GCS in das verkürzte Fahrgestell des 4CLT verpflanzt - fertig war ein konkurrenzfähiger Formel-2-Rennwagen, der direkte Vorläufer des berühmten 250F. Für die Saison 1954 wurde die Rennformel wieder geändert: Fahrerweltmeisterschaft in der Formel 1, d. h. Saugmotoren mit 2,5 Liter Hubraum oder 750 ccm mit Kompressor. Unter der Leitung von Gioacchino Colombo wurde der bewährte Sechszylinder auf 2,5 Liter vergrößert, die Karosserie etwas überarbeitet und fertig war der 6C-2500, der bald als 250F in die Motorsportgeschichte eingehen sollte. Ursprünglich getreu der Philosophie des Hauses für den Verkauf an Privatfahrer gedacht, war der 250F bewusst simpel und robust gehalten. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb wurde der 250F zu einer der ganz großen Erfolgsgeschichten der Formel 1. Zwischen 1954 und 1958 wurden 33 Exemplare gebaut und bis 1960 wurden die Wagen in Rennen eingesetzt. Fangio, Moss, Schell, Ascari, Salvadori, Bira, Musso, Behra ... - die großen Fahrer dieser Zeit waren mit dem 250F unterwegs und oft erfolgreich. Höhepunkt der Karriere des 250F war wohl die Fahrerweltmeisterschaft von Fangio im Jahre 1957. Trotz der Erfolge in der Formel 1 vernachlässigte Maserati die Rennsportwagen nicht. Waren zuerst die A6GCS im Einsatz, so entstanden zwischen 1955 und 1958 die Typen 250S, 300S, 150S, 200S. 350S und 450S. Während 250S bis 350S im Wesentlichen den Motor des 250F hatten, so war für die “kleinen” Sportwagen, 150S und 250S, ein eigener Vierzylindermotor entwickelt worden. Die “kleinen” Vierzylinder waren vor allem für Privatfahrer als Konkurrenz für den Porsche Spyder oder die kleinen Ferrari gedacht (in Summe wurden fast 60 Stück produziert). Der 450S war ein anderes Kaliber. Er schöpfte seine Kraft aus einem komplett neu entwickelten V-8-Motor mit 4,5 Liter Hubraum. Mit 400 bis 420 PS war der Wagen zwar standesgemäß motorisiert, allerdings konnte das Chassis, das leicht überarbeitet vom 300S übernommen worden war, mit der unbändigen Kraft kaum mithalten, sodass nur wenige Fahrer mit dem schnellen Wagen fertig wurden. Auch die Zuverlässigkeit des Wagens ließ zu wünschen über, sodass der 450S 1957 nur zwei Siege (12 Stunden von Sebring und 6 Stunden von Kristianstad) erringen konnte und sonst immer ausfiel. Ein besonderer Flop war das Coupe für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Der Engländer Frank Costin, seines Zeichens Aerodynamiker für Lotus und Lister, hatte eine strömungsgünstige Karosserie gezeichnet, die dann von Zagato realisiert wurde. Leider wurden die Zeichnungen falsch gelesen, sodass das Coupe innen höllisch heiß war (weil die Entlüftung nicht mehr funktionierte) und statt Frischluft wurden Auspuffgase ins Innere gesaugt. Ein Ausfall in der fünften Stunde beendete das Trauerspiel. Ein weiterentwickelter 450S hätte sicherlich das Zeug zum Sieger, vielleicht sogar zum Gewinn der Sportwagen-Weltmeisterschaft gehabt, allein dazu sollte es nicht kommen. Für 1958 wurde das Hubraumlimit für Sportwagenrennen auf drei Liter begrenzt. Die verbleibenden 450S konnten nur mehr in Amerika eingesetzt werden. Mittlerweile war Alfiere Orsi wieder auf der Suche nach einem erschwinglichen Rennsportwagen für Privatfahrer. Im Winter 1958/59 wurde der Tipo 60 präsentiert. Der 2-Liter-Vierzylinder aus dem 200S war in einen komplizierten Gitterrohrrahmen eingebaut. Dieser Rahmen war aus einer verwirrenden Fülle dünner und dünnster Rohre aufgebaut und verhalf dem Tipo 60 rasch zum Spitznamen “Birdcage” (Vogelkäfig). Die 200 PS verliehen dem nur 585 kg schweren Wagen eine Spitze von 240 km/h. Genug, dass Sterling Moss gleich das erste Rennen des Typs in Rouen gewinnen konnte. Von diesem Erfolg beflügelt wurde der Motor auf drei Liter aufgebohrt und so entstand der Tipo 61, der vor allem für den amerikanischen Markt gedacht war. Der Tipo 61 war in den Jahren 1960/61 beim 1000 km Rennen am Nürburgring zweimal erfolgreich. Cooper hatte damit begonnen und andere Konstrukteure zogen allmählich nach: Der Frontmotor wurde im Rennsport durch den Mittelmotor ersetzt. Maserati musste reagieren und stellte den Tipo 62 auf die Beine. Der Mittelmotor-Birdcage mit dem 3-Liter-Motor machte im Dezember 1960 seine ersten Probefahrten. Die endgültige Version hatte dann den V-12 Motor mit drei Liter Hubraum, der bereits in den letzten 250F zum Einsatz gekommen war. Die Werksunterstützung war nur halbherzig und so hielten sich die Erfolge in Grenzen. Die beste Platzierung bei einem größeren Rennen war ein vierter Platz bei den 24 Stunden von Le Mans des Jahres 1961 durch das Team Cunningham. Für 1962 baute Maserati zwei Tipo 63 um, vergrößerte die Motoren und unter der Bezeichnung Tipo 64 wurden die beiden von der “Scuderia Serenissima” ohne nennenswerten Erfolg eingesetzt. 1965 erschien dann noch als Nachzügler ein einsamer Tipo 65 mit 5-Liter-V-8-Motor - das Projekt wurde nach nur einem Rennen aufgegeben. Noch einmal entwickelte Maserati einen neuen Rennwagen. Der Tipo 151 war von konventioneller Konstruktion (vom aufwändigen Gitterrohrrahmen des Birdcage war man wieder abgegangen) - 4 Liter V-8-Frontmotor, traditionelles Chassis und ein widerstandsarme Coupekarosserie - und speziell für den Einsatz in Le Mans zugeschnitten. 1962 waren alle drei gebauten Wagen am Start - in fielen aus (Unfall, Motorschaden und Reifenprobleme) - zwei Exemplare gingen mit Briggs Cunningham nach Amerika. Für 1963 wurde der letzte Wagen auf 5 Liter vergrößert - und fiel wiederum aus. Gestreckt und mit geglätteter Karosserie war Chassis Nummer 151/3 wieder am Start und erreichte vor seinem Ausfall mit Elektrikproblemen auf der Hunaudieres-Geraden mit 310 km/h die bis dahin höchste Geschwindigkeit. 1965 wurde der Hubraum neuerlich erhöht. Beim Training im Regen kam Lucky Casner mit dem Wagen von der Strecke ab - der Fahrer kam ums Leben und der Wagen wurde völlig zerstört. Ein trauriges Ende für 40 Jahre Rennwagenbau unter dem Zeichen des Dreizacks. Bei Ferrari sorgten die Erfolge der Rennwagen für Verkaufserfolge der Straßenfahrzeuge - warum sollte dieses Rezept bei Maserati nicht funktionieren? Bereits Anfang der 50er Jahre hatte Maserati mit den Modellen 1500 Gran Turismo und 2000 Gran Turismo mit der Produktion von Straßenautomobilen begonnen. Im Sommer 1956 begann Chefingenieur Giulio Alfieri mit dem Entwurf eines Motors, der vom 350S abgeleitet war, für einen Straßensportwagen. Am Genfer Salon wurde dann im März 1957 der Prototyp des 3500 GT präsentiert. Der Motor leistete 220 PS, genug für 220 km/h - ein für 1957 beachtlicher Wert. Die elegante Coupe-Karosserie stammte von Carrozzeria Touring, wo auch die meisten Karosserien der ab Sommer 1957 anlaufenden Serienproduktion entstanden. Der 3500 GT wurde mit leichten Retuschen an Karosserie und Technik bis 1964 gebaut. Ab Juni 1961 war der 3500 GT als 3500 GTI statt mit drei Weber-Vergasern mit Benzineinspritzung von Lucas erhältlich. In Summe wurden bis 1964 2.225 Exemplare gefertigt - der meistgebauteste Maserati bis dahin. Exklusiver, stärker und wesentlich teurer war der 1959 herausgekommene 5000 GT. Wie die Typenbezeichnung vermuten ließ wurde hier der V-8-Motor des 450S auf 325 PS gezähmt. Phantastisch schnell (270 km/h) und phantastisch teuer blieben die bis 1966 gebauten 34 Stück einem kleinen Kundenkreis vorbehalten - Briggs Cunningham, die Industrieboss Agnelli und Innocenti, der Aga Khan und der Schah von Persien gehörten zu den Glücklichen. “Volksnäher” und preiswerter gaben sich die Typen Sebring und Mistral, die 1962 resp. 1963 herauskamen. Für den Sebring übernahm Alfieri die Technik des 3500 GT nahezu unverändert und die Karosserie von Vignale war als modernisierte Version des 3500 GT erkenntlich. Zwischen 1962 und 1968 kam der Sebring auf 600 Stück. War der Sebring ein 2+2-Sitzer, so kam mit dem Mistral ein reiner Zweisitzer auf den Markt. Mit dem Mistral begann die Tradition, die Sportmodelle nach Winden zu benennen, eine Tradition die angeblich auf Pietro Frua, dem Designer des Mistral, zurückgehen soll. Im Laufe der Produktion wuchs der Hubraum - wie beim Sebring - von anfänglich 3,5 Liter auf 4,0 Liter Hubraum. Dank des geringeren Gewichts lagen die Fahrleistungen des Mistral etwas über denen des Sebrings mit dem jeweils gleichen Motor - in der 4-Liter-Ausführung bei 255 km/h. Unter den 955 gebauten Mistral befanden sich rund 120 Spyder. Im gleichen Jahr wie der Mistral (1963) wurde ein Fahrzeug präsentiert, mit dem Maserati in eine ganz neue Klasse vorstieß - der Quattroporte. “Quattroporte” ist italienisch und heißt “Viertürer”. Tatsächlich hatte der einstige Rennwagenbauer einen luxuriösen, viertürigen Viersitzer herausgebracht, allerdings mit entsprechenden Fahrleistungen. Mit 260 PS aus einem zuerst 4,2 Liter V-8-Motor war der Quattroporte mit 255 km/h die schnellste Serienlimousine seiner Zeit. Mit dem Mexico wurde von 1966 bis 1972 wieder ein Coupe mit Achtzylinder-Motor angeboten. Mittlerweile hatte Maserati andere Probleme. Bereits in der Nachkriegszeit hatte sich Adolfo Orsi weniger durch technisches Verständnis sondern durch autoritäre Methoden gegenüber seinen Mitarbeitern hervorgetan. Durch Streiks, Aussperrungen und Kündigungen ging viel Wissen und Kapazität verloren. Traurigen Höhepunkt fanden die Streitigkeiten als im Jahre 1950 bei einem Polizeieinsatz gegen streikende Arbeiter sechs Menschen erschossen wurden. Ob dieser Auswüchse zerstritt sich die Familie Orsi und die Aufteilung des Konzerns war die Folge. Adolfo Orsi und sein Sohn Omer bekamen die “Officine Alfieri Maserati S.p.A.” und zwei weitere Fabriken. die “Candela e Accumulatori Maserati”, die Fabrik für Zündkerzen und Autobatterien, hatte daher mit den gleichnamigen Automobilen nichts mehr zu tun. Mittlerweilen hatte Omer Orsi die Leitung der Firma übernommen. Er hatte eine bessere Hand für die Mitarbeiter, aber die Firma hatte einen Berg von Schulden angehäuft. Zweifelhafte Transaktionen seines Vaters in Argentinien verschlechterten die finanzielle Situation weiter. 1958 wurde ein gerichtlicher Masseverwalter bestellt und nur durch den Erfolg des 3500 GT konnte die Firma vor dem Konkurs gerettet werden. Da der Erfolg der Sportwagen nicht ausreichte, den Schuldenberg nachhaltig zu reduzieren kam Orsi 1967 in Kontakt zu Citroen. Diese hatten zwar keine sportlichen Ambitionen suchten aber einen Motor für ein neuen Luxuswagen. Orsi und Alfieri konnte das Management von Citroen überzeugen und letzterer entwarf einen komplett neuen V-6-Motor mit 2,7 Liter Hubraum und 170,5 PS (Citroen hatte eine Leistung von 170 PS gefordert). Im Frühjahr 1968 war der Motor mit der Typenbezeichnung C.114 fertig gestellt und am Genfer Salon stand 1970 der Citroen SM. Inzwischen war aus dem Entwicklungsauftrag eine kapitalmäßige Verflechtung geworden. Ende 1967 hatte Citroen 60% der Firma übernommen, bis Juni 1971 folgte der Rest. Bereits vor der Übernahme durch Citroen hatte Giulio Alfieri eine Reihe weiterer Typen entworfen. 1967 kam der Ghibli heraus. Der bewährte V-8-Motor wurde, zwecks flacher Frontpartie, mit einer Trockensumpfschmierung versehen und die Mechanik wurde in eine elegante zweisitzige Karosserie von Giugiaro gekleidet. Der Wagen, wahlweise als Coupe oder Spyder, fand bis 1972 1.280 Käufer. Eine ähnliche Linie und Technik, aber diesmal als Viersitzer, hatte der Maserati Indy, der am Turiner Salon 1968 ganz unauffällig am Stand von Vignale präsentiert wurde. Der in 1.104 Stück gebaute Wagen war bis zu 280 km/h schnell. Quasi “nebenher” entstanden noch Motoren für die Formel 1 (Cooper-Maserati) - 7 Stück Tipo 9 und 3 Stück Tipo 10. 1971 kam schon wieder ein Modell heraus, das für Maserati neue Wege beschritt. Der Bora (Design: Giorgetto Giugiaro) hatte zwar den bekannten V-8-Motor, aber dieser war, bei einem Serien-Maserati erstmals, als Mittelmotor eingebaut. Um die Palette nach unten hin abzurunden (wobei “unten” hier relativ zu sehen ist!) wurde der Motor des Citroen SM auf 3 Liter vergrößert und in eine leicht modifizierte Karosserie des Bora verpflanzt. Das Ergebnis, den Maserati Merak, konnte das Publikum erstmals am Automobilsalon von Paris im Herbst 1972 bewundern. Böse Zungen haben behauptet, dass der Merak nur entstanden sei, um die im Überschuss vorhandenen SM-Motore aufzubrauchen, aber auf jeden Fall war der Wagen aufgrund geringer Entwicklungskosten (viele Komponenten wurden vom Bora übernommen) und großer Stückzahl (1.820 Exemplare) ein kommerzieller Erfolg. Das Jahr 1973 brachte die erste Ölkrise und der Markt für Luxusautomobile brach zusammen. Dies führte zu Absatzproblemen bei Maserati und mit dem SM, sodass Citroen die Freude an der italienischen Tochter zunehmen verlor. Da sich kein Abnehmer für Maserati fand wurde am 22. Mai 1975 ganz einfach der Konkurs angemeldet. Auf diesen Schock hinauf setzten hektische Aktivitäten von Gewerkschaft, Stadtverwaltung und der italienischen Regierung ein, die schließlich am 12. August zur Übernahme durch Alejandro De Tomaso (unter Mithilfe der staatlichen G.E.P.I. Holding) führten. Dieser Deal war nicht unumstritten - De Tomaso war, höflich formuliert, eine schillernde Persönlichkeit, der neben anderen einschneidenden Veränderungen, ein Jahr nach der Übernahme Chefingenieur Giulio Alfieri feuerte und Ing. Mazzoli, den Leiter der Erprobungsabteilung, zu seinem Nachfolger bestimmte. Die Produktpalette dieser Jahre bestand aus den Zweisitzern Bora und Merak sowie dem 2+2-Sitzer Khamsin, ein großes Coupe mit einer Karosserie von Bertone. Diese letzte Kreation von Alfieri hatte den V-8-Motor mit 5 Liter Hubraum und 320 PS und eine beeindruckende Höchstgeschwindigkeit (für ein Automobil mit 1.680 kg Leergewicht) von 280 km/h. Ölkrise, ein hoher Preis und das allgemeine ökonomische Klima sorgten dafür, dass die Stückzahl des Khamsin sich auf 430 Exemplare beschränkte. Unter dem “neuen Management” kamen 1976 gleich zwei neue Modelle heraus. Der Kyalami war das letzte große Coupe mit dem klassischen V-8-Motor. Nicht mehr von Alfieri entworfen, aber ganz im Stil seiner Vorgänger, wurden bis 1983 200 Exemplare gefertigt. Der 1971 eingestellte Quattroporte erhielt einen Nachfolger, den Quattroporte II, der von dem V-6-Motor aus der Kurzzeit-Ehe mit Citroen stammte. Namen und Aussehen des von Bertone entworfenen Viertürers sollten an den ersten Quattroporte anknüpfen, aber technisch war der Wagen mit Frontantrieb(!) und Hydropneumatik-Federung ein komplett anderer Wagen. Die Fahrleistungen waren mit 200 km/h, dem Zeitgeist angepasst, eher bescheiden. Der Erfolg war es mit 12(!) gebauten Exemplaren auch. Bereits ein Jahr nach dem Flop des Quattroporte II kam das Nachfolgemodell, ein Quattroporte mit dem altbewährten V-8-Motor und einer Karosserie von Giugiaro, heraus. Die Präsentation erfolgte 1977 am Turiner Salon und ab 1979 wurden zum Stückpreis von 210 Millionen Lire (rund 100.000 Euro) 2.155 Exemplare der Luxuslimousine mit Leder, Wurzelholz, Video- und Stereoanlage sowie Minibar ausgeliefert. Das Styling des bis 1990 produzierten Viertürers sollte wegweisend für die ganze nächste Generation von Maseratis werden. Am 14. Dezember 1981 (anlässlich des 67. Geburtstags der Firma) wurde der Öffentlichkeit ein neues Modell präsentiert, das in vielfältigen Abwandlungen die nächsten 10 Jahre bei Maserati bestimmen sollte. Motorisiert war das zweitürige und fünfsitzige Coupe von einem V-6-Motor mit vergleichsweise bescheidenen 2 Litern Hubraum. Dank zweier Turbolader wurde der Motor in der ersten Baureihe zu einer Leistung von 180 PS beflügelt. Der Name des stylistisch mit dem Quattroporte eng verwandten Coupe lautete schlicht und einfach “Biturbo”. Sensationell waren Preis (die ersten Modelle kamen Ende 1982 um 22 Millionen Lire zu den Kunden - ein Porsche 911 kostete knapp das Doppelte) und Qualität. Letztere war allerdings sensationell schlecht! Schleißige Verarbeitung, billig wirkendes Interieur, zahlreiche Motorschäden und Fälle wie der des Amerikaners Pat Genaro, dessen Biturbo mehrmals(!) Feuer fing, verschafften dem Modell vom Start weg einen schlechten Ruf, den es nur schwer wieder los wurde. Dennoch wurde der Biturbo und seine zahlreichen Varianten (2-Türer, 4-Türer, Spyder, Karif, Racing, Ghibli II, Quattroporte IV...) zum Retter von Maserati. Bis Ende der 90er Jahre wurden in Summe rund 40.000 Stück verkauft - mehr als von allen Modellen bis dahin zusammen. Zwischenzeitlich standen Maserati wieder einmal wirtschaftliche Turbulenzen ins Haus. De Tomaso war mit Lee Iacocca befreundet und so entstand 1985 eine hochtrabend angekündigte Kooperation mit Chrysler. Chrysler übernahm einen Teil der Aktien von Maserati (bis 1996 war die Übernahme der restlichen Anteile vereinbart), Chrysler investierte in die Entwicklung neuer Modelle und durfte sich dafür mit dem Namen “Maserati” schmücken, der Bau einer Fabrik in den USA war geplant... In der Realität war der Chrysler-Maserati ein eher peinliches Cabrio mit 4-Zylinder-Chryslermotor der Dank Turboaufladung auf 176 schwachbrüstige PS kam. Ein Import nach Europa wurde gar nicht erst versucht. Schon zwei Jahre später, Ende 1988, hatte Chrysler andere Probleme und erklärte den Rückzug von dem so groß angekündigten Abenteuer. Im gleichen Jahr wurde der Karif, eine weitere Variation der Biturbo, vorgestellt, und bei 200 Milliarden Lire Umsatz schrieb Maserati 37 Milliarden Verlust - kurz, Maserati war wieder einmal reif für eine Übernahme. Retter in der Not war diesmal Fiat. In einer komplizierten Transaktion wurden die “Officine Alfieri Maserati S.p.A.” und Innocenti teilweise in die Maserati S.p.A. eingebracht, die zu 49% von Fiat übernommen wurde. Bis 1993 übernahm Fiat Maserati in mehreren Schritten zu Gänze und in den Jahre 1997/98 wurde Maserati in zwei Schritten mit dem einstigen Rivalen Ferrari fusioniert. Waren in den turbulenten 90er Jahren nur zwei wirklich neue Modelle - der Shamal, ein Coupe mit neu entwickeltem V-8- Motor, und der Barchetta, ein Rennsportspyder mit 2-Liter-V-6-Motor - herausgekommen, so kam dank der Fusion mit Ferrari neues Leben in die Marke mit dem Dreizack. 1998 wurde der 3200 GT präsentiert, ein bildschönes Coupe mit dem Doppelturbo-V-8 des Shamal, respektablen Fahrleistungen (280 km/h mit manuellem Schaltgetriebe) und, zumindest in der ersten Serie, traumhaft eleganten Rücklichtern. Qualität, Image und Fahrleistungen passten wieder zusammen und in nicht einmal vier Jahren wurden 4.795 Stück verkauft. 2001 wurde die Baureihe durch einen Spyder mit verkürztem Radstand und 4,2 Liter V-8 ergänzt. Hier machte sich die Synergie mit Ferrari so richtig bemerkbar - nicht nur der Motor stammte von dort, auch die (optionale) Cambiocorsa-Schaltung. Im gleichen Jahr wurde aus dem 3200 GT dank neuem Motor und kleinen Retuschen der 4200 GT, der als Modell “4200 GT Trofeo” in einer eigenen Rennserie der Marke wieder motorsportliche Aktivität verleiht. Motorsportlich ist auch der MC 12 geplant, ein Supersportwagen, der technisch eng mit dem Ferrari Enzo verwandt ist. 2003 wurde schließlich auf der bewährten mechanischen Basis eine 275 km/h schnelle viertürige Limousine vorgestellt. Deren Name war leicht zu erraten - Quattroporte. Als Maserati im letzten Jahr in großem Stil den 90. Geburtstag feierte, konnte man beruhigt feststellen: Der Marke mit dem Dreizack geht’s wieder gut! |