Get your Kicks on Route 66! |
Geschrieben von Wolfgang Prochazka | |
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Bericht über die Fahrt von Chicago nach Los Angeles und über den Versuch, mit einem modernen Fahrzeug samt Navigationsgerät der historischen Route 66 zu folgen – mit kleinen „Detours“ – also Umwegen … In der Folge nun ein kleiner Abriss unserer Reise-erlebnisse. Dinge, die man in jedem Reiseführer nach-lesen kann, haben wir hier nicht gesondert angeführt. Unmittelbar nach unserer Ankunft in Chicago haben wir nach Ausleihen eines konventionellen Autos mit dem Versuch begonnen, der Route 66 nach Los Angeles zu folgen. Wir, das sind meine Gattin Michi und meine Wenigkeit. Noch in Pontiac begannen wir mit unseren Versuchen, die Route 66 zu finden und ihr zu folgen. In Springfield (IL) machten wir Station im Abraham Lincoln Museum. Ich habe auch dort wieder einmal jede Menge über die Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika gelernt. Weiter ging’s nach Alton, ca. 20 Meilen von St. Louis entfernt. Nachdem wir unsere Koffer in den zweiten Stock in ein typisches herrschaftliches Schlafzimmer getragen hatten, bewunderten wir die vielen Kunstgegenstände, die sich in diesem Haus in den verschiedenen Salons befanden. Dann machten wir einen Spaziergang durch Alton. Die Straßen sind mit Ziegelsteinen gepflastert, wir bewunderten die wunderschönen Herrschaftshäuser dieser Kleinstadt. Eines schöner, als das andere. Letztlich landeten wir in der gerade wieder eröffneten Brauerei von Alton, denn der Mississippi war im Frühjahr für die verheerendste Flut seit Menschengedenken verantwortlich und hatte auch die Brauerei überschwemmt. Die Folgen dieses Jahrhunderthochwassers haben wir dann auf dem Weg nach St. Louis und danach mit Entsetzen bemerkt. Das Wasser hatte erst vor wenigen Wochen begonnen zurück zu gehen, der Mississippi führte noch immer Hochwasser. Wieder versuchten wir der Route 66 nach Südwesten zu folgen. Teilweise war die Route 66 dem Navigationssystem bekannt, konnte aber – je nach Bundesstaat – nur mit unterschiedlichen Bezeichnungen gefunden werden, welche uns als Greenhorns nicht geläufig waren. Denn die Landkarte (aus 2019 und in den USA gekauft) war eigentlich schon wieder obsolet. Wir versuchten halt nach den Prinzip „Try and Error“ der Mother Road, wie die Route 66 auch bezeichnet wird, zu folgen. Das endet manchmal im Nirwana – oder – wenn wir das Zeichen „Dead End Road“ nicht befolgten, vor einem Fluss mit weggerissener Brücke oder einem Abgrund. Der Tag 5 sollte ein sehr spannender Tag werden; wieder passierte es, dass wir vor einem „Dead End“ umkehren und dann reumütig auf dem Highway 44 bis zum nächsten Versuch die Route 66 zu finden, fahren mussten. Aber nach etwa 40 Meilen waren wir erfolgreich und konnten wirklich einige 100 Meilen der originalen Route 66 folgen – zwar zum Teil in miserablem Zustand – aber wir hatten unser Ziel erreicht. Auf der Suche nach dem im schlauen Buch beschriebenen blauen Wal in der Stadt Arcadia hatte Michi diesen beim Vorbeifahren entdeckt – oder glaubte ihn entdeckt zu haben. Wie sich dann herausstellte, war es nicht der gesuchte blaue Wal, sondern eine viel kleinere Kopie, genauer gesagt John (Hargroves) Place: Jede Menge zerschnittener VW Beetles, Bullies, sowie etliche Fahrzeuge aus den 1930er-Jahren teilweise zerlempert, teilweise wirklich hübsch restauriert. In den Hallen Restauranteinrichtung, Kinosaal, etc., alles im Stil der 30er- bis 50er-Jahre des letzten Jahrunderts. Zahlreiche Memorabilien und Automobilias in den Hallen und auf den Wänden. Da wir sogenannte Early Birds waren, waren wir auch die ersten Besucher an diesem Tag und wir konnten uns mit John Hargrove sehr lange und wirklich gut unterhalten (trotz seines Südstaatenslangs). Da John aber ein Extremläufer war und ist und Michi gerade für den New York-Marathon trainierte, gab es sehr rasch eine intensive Diskussion über diesen Sport. Bereitwillig zeigte er seine „Laufgeschichte“. Dass wir dann auch über seine Oldtimerrestaurierung sprachen und seine historischen Rennfahrzeuge bewundern konnten, versteht sich von selbst. John werkte gerade an der Restaurierung eines Ford A. Nach einigen Stunden bei John setzten wir unsere Fahrt zum Round Barn fort, natürlich ein Muss und erreichten Oklahoma City. Dort hatte ich eine Vorreservierung im Colcord Hotel -gebucht, ein Hotel mit interessanter Vergangenheit. In Elk City schließlich tourten wir durch eine Art Museumsdorf, in dem jedes der Gebäude Bezug zur Mother Road hatte. Ebenso in manchen Gebäuden eine Darstellung zur Entwicklung in dieser Gegend seit der „Landnahme“ ausgehend von Oklahoma City. Hier war mit einem Indianerhäuptling vereinbart worden, dass derjenige, der am Schnellsten einen Claim absteckte, diesen auch zugeteilt bekam (19. Jahrundert). Tags darauf erst an der Cadillac Ranch vorbei, -einem Platz für alternde Hippies – ich zähle mich nicht dazu – erreichten wir den „Mid Point“ (= also die Hälfte der Route 66). Zwischenstopp bei der Iglesia San Jose, einer katholischen Kirche in einem Indianerreservat. Eine Kirche, zumindest aus dem 16. Jahrhundert, oder vielleicht doch noch älter, im Adobe Stil. Wir vermuten, dass die Kirche noch aus der „spanischen-inquisatorischen“ Zeit stammt. Beeindruckend, eine „voramerikanische“ Kultur- mitten in den USA zu sehen. Nach einer Übernachtung in Gallup, einer Bergwerksstadt, ging’s weiter zum Painted Desert und dann zum Petrified Forest – eine sehenswerte „Detour“ von der Route 66. In Flagstaff zweigten wir nun von der Route 66 Richtung Monument Canyon ab. Nach etwa 300 Meilen Fahrt erreichten wir die indianische Stadt Kayenta. Wir übernachteten in einem von Indianern geführten auch indianisch ausgestalteten Hampton Inn (kein Wigwam – normale Betten!). Da es sehr heiß war, hatte Michi bereits um vier Uhr begonnen, eine Trainingsrunde zu laufen. So waren wir dann auch die Ersten bei der Einfahrt in den Monument Canyon. Die Rundfahrt auf staubigen Naturpfaden mit dem eigenen Auto war beeindruckend. Phantastisch vor allem die Felsformen in unterschiedlichem Sonnenlicht. Noch bevor Horden anderer Touristen eintrafen, hatten wir unsere Tour beendet und fuhren über die Mesa weiter Richtung Page am Lake Powell. Vorsichtshalber, vor allem wegen der übervollen Hotels am Lake Powell, tätigte ich eine Vorbestellung in Williams in dem Hotel, in welchem wir vor 15 Jahren mit unseren Kindern genächtigt hatten. Wie immer – relativ zeitig starteten wir über eine neu gebaute Straße, die 83a Richtung Grand Canyon North Rim. Auch der Grand Canyon war mit mehr Touristen als vor 15 Jahren überfüllt. Menschen und Automassen auf sieben riesigen Parkplätzen verteilt – wie die Rush Hour in Wien auf der Südosttangente. Die kleinen Stände an der Straßenkreuzung waren verschwunden. Stattdessen stand dort ein riesiger Hotelkomplex und eine Tankstelle – schon noch mit einigen historischen Fahrzeugen, aber nicht unbedingt pittoresk angeordnet, sondern halt „hingstellt“. Die kurzfristige Vorreservierung in Williams entpuppte sich als gute Idee. Williams ist der Start der Museumseisenbahn zum Grand Canyon. Und die ersten Züge starten zeitig am Morgen. Das Hotel war daher ziemlich ausgebucht. Die Züge hatten ihr Aussehen stark verändert. Leider ziehen heute keine Dampfloks mehr die alten Waggons aus den 30er-Jahren, sondern klassische Dieselloks ziehen Amtrak-Waggons aus den 50er-Jahren (die in blendender Edelstahlverkleidung, wie wir sie auch aus den amerikanischen Filmen von damals kennen). Williams selbst hat sich in den letzten 15 Jahren zu einer richtigen Museumsstadt entwickelt – man glaubt dort in die 50er zurück versetzt zu sein. Ein netter sonniger Abend in einem Pub mit Live-Musik beschloss diesen Tag. Die Route von Williams über Hackberry, Seligman bis Kingman ist der am besten für Touristen ausgebaute und teilweise erhaltene Teil der Mother Road. Die Orte waren zum Teil herausgeputzt wie in den 40er- und 50er-Jahren, teilweise aber verfallen die Häuser. Leider – oder zum Glück – war Montag, die meisten Geschäfte waren geschlossen. Aber in Vegas hatten wir ohnhin anderes vor, als unser Urlaubsbudget in riesigen Spielhallen zu verzocken: Hoover Dam, Boulder City sowie Lake Mead … Und am Abend dann mitten ins Gedränge am Sunset Strip, beeindruckt, was hier aus dem Wüstenboden gestampft worden war. Heute war eine „Scenic Tour“ über den Site-greave Pass geplant – für diese Gegend eine beeindruckende Straße, eine echte Herausforderung für Biker. Auf der Passhöhe eine Art Gräberfeld offensichtlich für Motorradfreaks – wenn man den Bemerkungen auf den grabsteinähnlichen Gedenksteinen glauben schenkte. Über Oatman, einer Bergwerksstadt, die man in ihrem „Urzustand“ belassen hatte, ging’s wieder zurück nach Las Vegas. Auf der Fahrt von Barstow nach Pasadena folgten wir der diesmal sehr gut beschilderten Route 66. Dort hatte ich im gleichen Hilton reserviert, in dem ich früher alle 3 bis 6 Monate abgestiegen bin. Doch vorher ging es an Pasadena vorbei, den Schildern der Route 66 folgend erreichten wir den Santa Monica Beach. So konnten wir die Staus auf den Autobahnen in und rund um LA umgehen. Wir kamen dort am frühen Nachmittag an einem Sonntag an … overcrowded ist der einzige Ausdruck, der mir dazu einfällt. Im Laufe des weiteren Gesprächs war klar: Das amerikanische Headquarter nach dem Zweiten Weltkrieg war in Salzburg. Offiziere wurden samt ihren Familien nach Österreich versetzt, daher wurde sie in Salzburg geboren. Leider sprach sie kein Wort deutsch. Zwei Tage LA reichten vollkommen – der Hollywood Boulevard – ich hab selten sowas Dreckiges gesehen, Horden von Touristen, Shops mit Klumpert! Ein Lichtblick waren da die Viertel der Reichen (und Schönen?) – Wir haben selten soviel wunderbare Architektur auf einem Fleck gesehen. Wir scheiterten jedoch kläglich, zu den „Hollywood Signs“ rauf zu fahren – überall wird man von Security abgewiesen und zu Fuß war es bei 40 Grad etwas zu mühsam. Wir nahmen einen Flug zurück nach Chicago, wo wir dann auch das Schild „Begin of Route 66“ fanden.
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