Heft bestellen - Immer sportlich ... Frazer Nash
Trotz zahlreicher Erfolge im Motorsport und einer Reihe von bemerkenswerten Produkten zählt Frazer Nash zu den weniger bekannten Automobilmarken Englands. Der Grund dafür ist wohl in der ziemlich verwirrenden Firmenhistorie, einer undurchschaubaren Typenvielfalt und dem relativ geringen Output an Fahrzeugen zu suchen. Text und Farbfotos: Alexander Korab
Ein kontinuierlicher roter Faden lässt sich wegen der komplizierten Verästelung von Firmenkonstellationen, in die Frazer Nash im Laufe von 90 Jahren verwickelt war, nur schwer darstellen. Die Geschichte ist vielmehr durch ein ständiges Kommen und Gehen verschiedenster Protagonisten gekennzeichnet. Jedenfalls lassen sich zwei Namen aus der langen Liste von involvierten Personen isolieren, welche für die Evolution von Frazer Nash nachhaltig von Bedeutung waren. Da wäre einmal Archibald (Archie) Goodman Frazer Nash zu erwähnen, der als Gründer und Konstrukteur eine wesentliche Rolle spielte. Die Marke hätte jedoch nur wenige Jahre überstanden, hätte es nicht Harold John (HJ) Aldington gegeben, den man „Aldy” nannte - ein Business-Genie, das für den nötigen kommerziellen Erfolg sorgte. Es dauerte jedoch einige Zeit, ehe sich die ziemlich kontroversiellen Charaktere Archie und Aldy über den Weg liefen. Die Cycle-Car Ära Archibald Frazer Nash wurde 1889 in Indien geboren, verbrachte seine Jugend aber in London. In der Finsbury Technical School lernte er Henry Ronald Godfrey kennen. Was die beiden verband war die Faszination für Automobile. Bald nach der Ausbildung bastelten sie mit einfachsten Mitteln in einem Schuppen hinterm Haus der Familie Frazer ein primitives Cycle-Car zusammen, das durchaus zufriedenstellend funktionierte. Sie tauften den Wagen „GN” (für Godfrey & Nash) und starteten 1910 voll Enthusiasmus eine improvisierte Serienherstellung. Das Unternehmen entwickelte sich überraschend gut und bis zum Jahr 1914 musste das GN-Werk aus Platzmangel zweimal übersiedelt werden. Als der 1. Weltkrieg ausbrach, ging Archie zur Armee, während sich Ron Godfrey weiter um die kleine Firma kümmerte. Archibald Frazer kehrte im Rang eines Captains von der Front zurück und die Produktion wurde unverzüglich mit einer verbesserten Version des Ur-GN wieder aufgenommen. Das mit einem luftgekühlten V2-Zylinder-Motor ausgestattete Modell wies mit seinem Kettengetriebe bereits typische Merkmale späterer Frazer Nash- Klassiker auf. 1919 übersiedelten GN abermals, diesmal nach East Hill, Wandsworth, südlich der Themse, nicht weit von der legendären Rennstrecke von Brooklands. Ein Jahr später wurde ein gewisser Harold Aldington als Lehrling bei GN vorstellig, ohne dass die beiden Firmenchefs besondere Notiz davon nahmen. Die frühen 20er Jahre brachten einen deutlichen Entwicklungsschub in der Automobilindustrie. Es gab nun schon eine Reihe durchaus preisgünstiger Fahrzeuge auf dem Markt, die wesentlich mehr zu bieten hatten, als die populären Cycle-Cars der Vorkriegsjahre. Godfrey und Frazer hatten sich zu sehr auf Autorennen konzentriert und dabei die Zeichen der Zeit übersehen. Geldsorgen führten schließlich zur Trennung der beiden Schulkollegen. Godfrey gründete in der Manor Road, Richmond, eine Reparaturwerkstatt für GN-Fahrzeuge und Frazer setzte mit mäßigem Erfolg die Weiterentwicklung seines Konzepts unter dem Titel „Frazer Nash Ltd.” auf eigene Faust fort. 1925 war Harold Aldington wieder da, den die Krise den Job bei GN gekostet hatte. Er arbeitete nun als Verkäufer bei Frazer Nash, jedoch konnte er nicht verhindern, dass Archie neuerlich in finanzielle Bedrängnis geriet. William G. Thomas, der mit der Aufbereitung von alten Armee-Lastwagen Geld gemacht hatte, rettete Archie vor dem drohenden Konkurs und bot den kümmerlichen Resten der Frazer Nash Ltd. in seiner Halle ein neues Quartier. So entstand 1925 in der London Road, Kingston on Thames die „William G. Thomas, & Frazer Nash Ltd.” Es gab zwar keinen Schauraum, aber der junge Aldy nützte geschickt persönliche Kontakte, um Kunden für den neuen Frazer Nash, einen schon recht ausgereiften Wagen mit wassergekühlem 4-Zylinder Anzani-Motor zu gewinnen. Zum Unterschied von Archie, der die Auffassung vertrat, seine Klientel könne sich glücklich schätzen, von ihm überhaupt einen Wagen zu erhalten, hatte Aldy stets ein offenes Ohr für Kritik und Anregungen der Konsumenten. Der Boss war jedoch nicht sehr empfänglich für die Vorschläge seines Verkäufers. Diese Differenzen führten dazu, dass sich Aldington eines Tages mit Ron Godfrey zusammentat und in Richmond gebrauchte FN-Modelle nach Kundenwunsch modifizierte. Das Geschäft florierte und Aldy überredete seinen Bruder Donald Arthur (DA), der bereits Branchenerfahrungen mit dem Verkauf von Bugattis, ABC und Singer Automobilen bei „Murphy's of Mortlake” gesammelt hatte, ihn bei seinen Aktivitäten zu unterstützen. Die Brüder riefen „Aldington Motors” ins Leben und siedelten sich in der Nähe der Kew Gardens an. Die Aldingtons übernehmen das Ruder. Die William G. Thomas & Frazer Nash Ltd. lief indes mehr schlecht als recht. Pro Woche wurde gerade mal ein Auto fertig gestellt - zu wenig für ein positives Betriebsergebnis. Im Frühjahr 1927 sah man sich gezwungen, die Besitzverhältnisse neu zu ordnen. Mit der finanziellen Unterstützung weiterer Teilhaber wurde die AFN (Archibald Frazer Nash) Ltd. gebildet. Trotzdem sank die Produktivität weiter dramatisch ab. Bei einer Krisensitzung im Dezember 1928 kam man überein, die erfolgreichen Aldington Brüder mit der Leitung der AFN zu betrauen. So bekleidete Aldy ab dem 1. Januar 1929 den Posten eines Managing Directors. Archie und Aldy arbeiteten also wieder zusammen, allerdings hatte Aldy nun das Sagen und er machte sich gleich ans Aufräumen. Eine Modellpflege war längst überfällig und ein Ersatz für das nicht mehr ganz zeitgemäße Anzani-Aggregat musste gefunden werden. Archie wurde bei Henry Meadows in Wolverhamton fündig. Eine Testfahrt mit dem 4-Zylinder-OHVMotor von Meadows nach Lands End brachte Gewissheit, dieser Antrieb war ideal. 1929 ging ein neuer Frazer Nash mit der Bezeichnung „Special Model” in Produktion. Voll Tatendrang erwarb Aldy ein Grundstück in Isleworth, wo ein kleines, maßgeschneidertes Werk entstehen sollte. 1930 war das Objekt bezugsfertig. Über dem Eingang wurde ein Schild mit der Aufschrift „FRAZER NASH CARS” angebracht. Archie hatte dort ausreichend Platz für die Produktion und Aldy bekam endlich seinen Schauraum. William Henry (WH) oder kurz Bill, der dritte Bruder der Aldingtons, hatte in Frankreich Erfahrungen mit Marketing und Pressearbeit gemacht. Er erklärte sich bereit sein Know-how in die Firma einzubringen. Das Team war zwar nicht groß, aber soweit komplett und gut gerüstet, in eine bessere Zukunft zu starten. Die polierten Alu-Bodys, mit denen Archie seine Autos bisher karossiert hatte, sahen zwar bei der Auslieferung prachtvoll aus, doch bereits nach einigen Monaten verloren sie ihren Glanz. Außerdem bildeten sich Risse, die nicht leicht zu reparieren waren. Ein Frazer Nash sollte aber auch noch nach Jahren einen guten Eindruck machen. Darum entschied sich Aldy nun für textilbezogenes Stahlblech. Im Februar 1930 wurde ein neues Modell mit Viergang-Kettengetriebe vorgestellt. Es erhielt die Fahrgestellnummer 2000, um den Neubeginn zu dokumentieren. Die Kingston-Produktion endete mit der Nummer 1222. Bill Aldington arrangierte Testfahrten für Motorjournalisten. Im Januar 1931 lobte Motor Sport die Fahreigenschaften und beschrieb den Frazer Nash als „einen Allzweckwagen mit derart guten Fahrleistungen, sodaß man ihn ohne weiteres für Rennen, Zuverlässigkeitfahrten, Trials oder Hill Climbs einsetzen kann.” Ganz in der Nähe saß ein Mitbewerber, der einen ähnlich steinigen Weg hinter sich hatte, wie Frazer Nash: Aston Martin in Feltham. Diese Parallele wäre nicht weiter erwähnenswert, hätte es nicht auch eine interessante Überschneidung gegeben. „Bert” Bertelli, der die Marke Aston Martin 1926 übernommen hatte, brauchte dringend Geld. Aldy garantierte für einen Kredit und sicherte sich damit die Option, Astons auch in Isleworth verkaufen zu dürfen. Diese Verbindung bestand jedoch nur wenige Monate und Aldy profitierte sogar ein wenig, indem er fünf Aston Martins vermittelte. Am 10. August wurde eine Gesellschaftersitzung in Kingston angesetzt, die für Frazer Nash eine neuerliche Wende zur Folge hatte. Harold John Aldington gab bekannt, dass er das Firmenkapital von 100 auf 3.600 Pfund aufzustocken gedenke. Durch diesen Schachzug schrumpfte Archibald Frazers Beteiligung auf unter ein Prozent. Archie hatte dem nichts entgegenzusetzen und er räumte das Feld. Immerhin blieb dieser Miniaturanteil bis zu seinem Lebensende im Jahre 1965 in seinem Besitz. AFN bedeutete ab nun „Aldington Frazer Nash” und Aldy hatte die absolute Entscheidungsfreiheit. Die Chain-Gang im Rennfieber. Die folgenden Jahre standen ganz im Zeichen des Motorsports. Nicht nur die Aldington-Brüder sondern auch die Mehrzahl der Kunden wurden zu begeisterten Rennfahrern. So teilten sich HJ und DA Aldington 1930 beim 12- Stunden von Brooklands einen Werkswagen und belegten den 7. Rang in der 1500er Klasse. Aldys Kurventechnik muss so beeindruckend gewesen sein, daß man in verschiedenen Fachmagazinen euphorisch darüber berichtete. Beim Whitson Meeting, einem Bewerb über 10 Runden, heftete er sich sogar an die Fersen des berühmten Malcom Campbell und kam hinter dessen mächtigem 7-Liter-Mercedes als 2. durchs Ziel - eine Sensation. Das Easter Brooklands Meeting 1931 gewann kein Frazer Nash sondern ein sympatischer junger Mann namens A.F.P. Agabeg auf seinem Salmson, nachdem er sich ein paar Ratschläge von Aldy geholt hatte. Ende des Jahres klopfte Agabeg in Isleworth an, um einen Frazer Nash zu ordern. Im Mai 1932 bekam er einen Rennsportwagen mit Fahrgestellnummer 2040 geliefert, der von einem aufgeladenem Meadows Motor angetrieben wurde. Aus diesem Geschäft erwuchsen eine enge Freundschaft und weitere Konsequenzen für Frazer Nash, auf die wir noch zurückkommen werden. Ein besonderes Kapitel in der Frazer Nash-Geschichte ist die Teilnahme bei den „Alpine Trials”. Es war im Juli 1932, als sich die auf dem Kontinent noch unbekannte Marke erstmals an dieser bemerkenswerten Rallye beteiligte. Der Start erfolgte in München und die 1500 km lange Strecke führte über Österreich, Italien, die Schweiz und Frankreich nach San Remo. Die beiden eingesetzten Frazer Nash - am Steuer Gripper/Maxwell und HJ Aldington/Ross - bewältigten die Strecke auf Anhieb fehlerfrei und brachten je einen „Coupe des Glaciers” zurück auf die Insel. 1933 fanden sich bereits acht Frazer Nash auf der Starterliste, doch es lief nicht ganz so reibungslos wie im Vorjahr. Nur das Team Aldington/Berry blieb ohne Strafpunkte. Von den sechs Frazer Nash-Teams, die 1934 dabei waren, ernteten Aldington/Berry und Tweedale/King zwei weitere der begehrten Cups. 1932 sorgten HG Aldington/Berry nur wenige Wochen nach dem harten Einsatz in den Alpen (mit dem selben Auto) auch für den größten Frazer Nash- Erfolg der Kettengetriebe-Epoche bei der Tourist Trophy. Sie belegten den 9. Gesamtrang und wurden 2. in ihrer Klasse. Die kleine AFN Ltd. entwickelte sich weiter zufriedenstellend. Frazer Nash wurde zu einer Art Kultmarke in England und der Kreis der Besitzer rottete sich zu einer verschworenen Fan-Gemeinde, der „Chain-Gang” zusammen. Bereits 1933 kam es zur Gründung des Frazer Nash Car Clubs, bei dem damals mehr die motorsportlichen Aktivitäten im Vordergrund standen als die Pflege sozialer Kontakte. Im gleichen Jahr wurde die AFN in die Societey of Motor Manufacturers and Traders aufgenommen und war dadurch berechtigt, bei der Motorshow in Earls Court auszustellen. Auf dem Frazer Nash-Stand gab es aber keine großen Sensationen, denn ein neuer Motor auf Basis der Meadows-Konstruktion, für den Albert Gough einen Zylinderkopf mit verbesserten Brennräumen entworfen hatte, war erst im Entstehen. Das Ergebnis erwies sich zwar als stärker aber nicht so zuverlässig, wie man sich das gewünscht hatte. Der Unterbau war überfordert und es kam bei höheren Drehzahlen zu Pleuelschäden, ja sogar zu Kurbelwellenbrüchen. Schließlich betraute man Gough mit der Entwicklung eines vollkommen neuen Motors mit obenliegender Nockenwelle, der sich als braver Alltagsantrieb eignete, aber auch Kompressoraufladung von über 20 psi vertragen sollte. Da man in Isleworth nicht über die Einrichtungen für den Bau von Motoren verfügte, wurde die Serienfertigung an die Bean Industries übergeben. Wenig später wurde HJ Aldington mit dem Vorschlag konfrontiert, die Leitung der British Anzani Engineering Company zu leiten, ebenfalls ein Spezialbetrieb für Motoren. Ihm kam dieses Angebot nicht ungelegen und er sagte zu. Ein paar Wochen früher wäre es ihm lieber gewesen, denn der Auftrag für den Gough-Motor war bereits unterschrieben. Bei Anzani experimentierte man mit einem Doppelnockenwellen-Motor, für den Aldy bei Frazer Nash keine Verwendung sah. Also offerierte er das Aggregat der Squire Company. Kenner der englischen Szene wissen, dass Squire kein langes Leben beschieden war, denn bereits nach sieben Sportwagen war Schluss. WH Aldington kontaktierte auch das Burny & Blackburne Werk, welches die Invicta Car Company und in der Folge auch Frazer Nash zwischenzeitlich mit 1,5-Liter-6-Zylinder-Motoren belieferte. Doch sein Interesse konzentrierte sich auf den Gough-Motor, da es der erste eigene Frazer Nash-Motor war, wenn man so will, auch wenn er auswärts produziert wurde. Der erste Wagen, welcher mit diesem Motor ausgestattet wurde war ein TTReplica mit Chassis Nr. 2114. Man erkennt Gough- Autos an den vier Auspuffkrümmerrohren anstelle von nur drei bei früheren Meadows-Modellen. Das Jahr 1934 gilt als Höhepunkt in der Geschichte von Frazer Nash. Bei der Motor Show präsentierte man den bislang aufregendsten Frazer Nash, den „Shelsley” mit zwei Kompressoren und in Isleworth wurde der erste einsitzige Rennwagen gebaut. Englisch-deutsche Freundschaft. Es war auch 1934, als HJ Aldington erstmals auf BMW aufmerksam wurde. Die deutschen Sportwagen waren ebenfalls beim Alpine Trial am Start und sie beeindruckten Aldy mit ihrer enormen Leistung, die das gesamte Frazer Nash-Aufgebot in den Schatten stellte. Der Legende nach soll HJ Aldington gleich nach der Siegerehrung mit den Bayern Verbindung aufgenommen haben. Doch tatsächlich verfasste er erst in England ein Schreiben, mit dem er um eine Lizenz für den Bau von Fahrzeugen mit BMW-Technik in Isleworth anfragte. Dabei unterlief ihm ein kleiner Fehler, denn er schickte sein Ansuchen nach Eisenach, nicht wissend, dass sich der Firmensitz in München befand. Die weitere Geschichte von Frazer Nash wäre möglicherweise anders verlaufen, hätte der Brief nicht die richtige Stelle erreicht. Jedenfalls reagierte die BMW-Firmenleitung am 30. Oktober 1934 durchaus positiv und lud Aldy nach München ein, um Details für einen Vertrag zu besprechen. Aldington reiste mit dem Zug an und wurde vom damaligen BMW-Verkaufsdirektor Fritz Trösch empfangen. In einer ersten Vereinbarung wurde festgehalten, dass die AFN Ltd. vorerst für ein Jahr BMW-Serienfahrzeuge nach England importieren sollte, bevor man die Genehmigung für eine Lizenzfertigung erteilen würde. Mit Sicherheit erinnerten sich die Münchner bei diesem Deal, dass am Beginn ihrer eigenen Automobilgeschichte eine Lizenzprodukt englischen Ursprungs stand. Die „Dixi-Werke”, die in Eisenach einen leicht modifizierten Austin Seven fertigten, gingen 1928 in den Besitz von BMW über. Bereits im Dezember holte Aldy persönlich die ersten beiden BMWs, einen 315er Zweisitzer sowie ein Cabriolet des gleichen Typs aus Deutschland ab. Nach der Überstellung war er mehr als überzeugt, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Früher oder später hätte man sich ohnehin vom alten Frazer Nash-Layout verabschieden müssen. Einziger Wermutstropfen: die BMWs waren ziemlich teuer. Aber Aldy war zuversichtlich, in England Käufer für die tadellosen Autos zu finden. Noch wurden Kettengetriebe-Nashs gebaut, denn der BMWVerkauf gestaltete sich anfangs etwas schleppend. Trotzdem waren beide Vertragspartner diesseits und jenseits des Ärmelkanals zufrieden mit ihrer Kooperation. 1936, BMW war mittlerweile gut auf dem englischen Markt eingeführt, klopften auch Konkurrenten von Frazer Nash bei den Bayerischen Motoren Werken an. AC hatte vorsichtig um eine Lizenz der Einzelradaufhängung angefragt und Riley wollte den eigenen 1,5-Liter-Motor in ein BMWChassis verpflanzen, doch daraus wurde nichts. Bei einem Besuch Aldys in München im Februar 1936 kam ihm ein spannendes Projekt zu Ohren. BMW bereitete einen 2-Liter-Sportwagen der Superlative vor. HJ Aldington war höchst interessiert, so einen Wagen mit Frazer Nash-BMW-Badge im Rennsport einzusetzen. Ende der Saison wurden drei Autos des neuen Typs 328 bei der Tourist Trophy genannt. So gut hatte man bei dem klassischen Event noch nie abgeschnitten: Platz 1 bis 3 in der 2-Liter Klasse und ein 2. Rang im Gesamtklassement. Den bestplatzierten Frazer Nash- BMW steuerte A.F.P. Fane, kein anderer als A.F.P. Agabeg, der seinen Familiennamen geändert hatte. 1937 ging Fane beim Shelsley Walsh Hillclimb an den Start, ein Bewerb, den in den letzten Jahren Raymond Mays ERA dominiert hatte. Fane trug mit dem 328er einen glänzenden Sieg davon. Zwar war Mays diesmal nicht dabei, aber zur Ehrenrettung muss gesagt werden, dass Fane die Rekordzeit Mays unterbieten konnte. Einen denkwürdigen Auftritt hatte Fane am Nürburgring, wo er sich an die Spitze setzte und dabei die gesamte deutsche Fahrer-Elite überholte. Er musste ein seltsames Gefühl dabei gehabt haben, als ihm Sportführer Hühnlein zu dem hervorragenden „Sieg für das Vaterland” gratulierte. Sein fahrerisches Talent stellte er auch am Großglockner unter Beweis, wo er erneut eine Bestzeit herausfahren konnte. 1938 war die Metamorphose von Frazer Nash zu Frazer Nash-BMW vollzogen. Der Verkauf lief hervorragend. Fane and Aldy nannten einen 328er Werkswagen bei der Mille Miglia. Es sollte ein toller Erfolg für BMW werden. Man belegte die Plätze 8 (Fane/Aldington), 10 und 11, sowie 1-2-3 in der Klasse. Abruptes Ende und ein trickreicher Neubeginn. Das Jahr 1939 schien gut zu beginnen. In Isleworth gab es keinen Grund zur Sorge. Den politischen Spannungen zwischen England und Deutschland schenkten die Brüder Aldington keine Aufmerksamkeit, sondern konzentrierten sich wie eh und je auf den Motorsport. Im Laufe des Jahres verfinsterte sich der Himmel über Europa zusehends. Als am 3. September der Krieg ausbrach, hofften die Aldingtons noch, die Krise würde rasch vorübergehen. Aber bald war es bittere Gewissheit, das BMWBusiness war mit einem Schlage tot. Nach dem ersten Schock überlegte Aldy, wie man das Werk über den Krieg retten könnte. Er verhandelte mit dem Militär und man kam überein, das Frazer Nash-Werk in ein Ausbildungs-Camp für Ingenieure des Royal Army Ordnance Corps und der Royal Navy zu verwandeln, was es auch bis 1945 blieb. Das schlimmste Erlebnis für Aldy im Weltkrieg war wohl der Tod seines Freundes Fane, der 1942 mit einer RAF-Spitfire abstürzete. Nach Ende des Krieges waren die Aldingtons zunächst ratlos über die Gestaltung der kommenden Jahre. Aldy dachte zunächst über eine neuerliche Kooperation mit einem anderen Fahrzeughersteller nach, da man mit BMW nicht rechnen konnte. Dennoch wollte er mit seinen alten Geschäftspartnern in Kontakt treten, was nicht so einfach war. Um Probleme mit den amerikanischen Besatzungstruppen zu vermeiden, ließen sich HJ und WH Aldington in Armeeuniformen eingekleidet nach Frankfurt fliegen und wurden von einem USAFMannschaftswagen weiter nach München gefahren. Die Stadt glich einem Ruinenfeld und man befürchtete schon das Schlimmste. Doch groß war die Freude, als man wider Erwarten einige Repräsentanten von BMW im schwer beschädigten Werk antraf. BMW zählte zu jenen Unternehmen, denen erlaubt wurde, die Produktion wieder aufzunehmen, allerdings erstreckte sich dieses Privileg auf landwirtschaftliche Geräte, Kochtöpfe, Kartoffelstampfer und ähnliches. Dennoch zeichnete sich eine Silberstreif am Horizont ab. Aldy erfuhr durch Zufall, daß die Bristol Aeroplane Company in Gloucester, Dorset beabsichtige, sich in der Autoindustrie zu etablieren. Er ließ seine Beziehungen spielen und knüpfte Kontakte zwischen Gloucester und München. Wenn sich in Deutschland keine Möglichkeit bot, eine BMW-Fahrzeugproduktion in Schwung zu bringen, so konnte das vielleicht in England geschehen. AFN fehlte dazu ein starker Partner und Bristol war interessiert. Die beiden Unternehmen wurden vertraglich aneinander gebunden mit dem Ziel, den BMW 6-Zylindermotor in Lizenz zu fertigen. BMW war einverstanden und liefert die Baupläne. Der nächste Schritt war die Entwicklung von zwei kompletten Fahrzeugprototypen. Limousinen sollten mit dem Bristol-Badge, sportliche Zweisitzer als Frazer Nash angeboten werden. Bei der Motor Show in Genf im Frühjahr 1948 teilten sich Bristol und Frazer Nash einen Stand. Man präsentierte gemeinsam den neuen Bristol 400 und ein attraktives, von Touring in Mailand gestaltetes Frazer Nash-Cabriolet. Beide Modelle kennzeichneten die typischen „BMWNieren”, welche unmissverständlich an den Vorkriegs-328er erinnerten. Aber irgendwie stimmte die Chemie nicht zwischen Bristol und Frazer Nash. Immer öfter kam es zu Auseinandersetzungen über die weitere Modellpolitik. Aldy brauchte von Bristol eigentlich nur die Antriebstechnik, Aufbauten lieferten verschiedene Karosseure, die Montage konnte man inzwischen wieder ganz gut selbst erledigen. Nach nicht ganz drei Jahren wurde das schwierige Bündnis zwischen Bristol und Frazer Nash wieder geschieden. Bereits im November 1948 waren in Earls Court zwei neue Frazer Nash zu bewundern, ein Sportwagen, der dem Mille Miglia BMW von 1940 ähnelte sowie ein türloser, zweisitziger Roadster mit freistehenden Rädern und Motorradkotflügeln, der die Bezeichnung „High Speed” oder „Competition” bekam. Beide Modelle boten überdurchschnittlich gute Fahreigenschaften, für den Motorsport war freilich der „High Speed” bzw. sein Nachfolger „Le Mans” interessanter und für die Nachkriegsgeschichte von Frazer Nash bestimmend. 1949 kam das Team NR Culpan/HJ Aldington mit dem „High Speed” in Le Mans auf Platz 3, das beste Ergebnis, das ein Frazer Nash bei den 24 Stunden je erreicht hatte. In Italien teilte sich Aldy das Cockpit eines Bristol 400 mit dem italienischen Grafen Lurani. Bei der Mille Miglia wurden sie 3. und beim Giro di Sicilia 2. in der Tourenwagen-Klasse. Die eindrucksvollste Show in Italien lieferte Frazer Nash 1951 bei der Targa Florio. Es war schon schlimm genug für die Zuschauer, dass Franco Cortese eine „macchina inglese” pilotierte und damit die Ferraris und Maseratis in der 2-Liter-Klasse in Grund und Boden fuhr. Dass er auch noch den Gesamtsieg davon trug, traf die Italiener schwer. Die Stuttgart-Connection. Die motorsportlichen Aktivitäten von AFN sowie der Fahrzeugbau wurde noch bis Ende der 50er Jahre mit mäßigem Erfolg fortgesetzt. In Le Mans fand man den Namen Frazer Nash noch bis 1959 auf der Starterliste, jedoch nicht mehr unter den Siegern. Die Jahre des Wiederaufbaus und des Rock ‘n’ Roll waren keine guten für kleine Automobilfirmen, die in Kleinstserien exklusive und teure Fahrzeuge fertigten. Viele von ihnen wurden damals hinweggerafft und sind heute fast vergessen. Die AFN überlebte auf wundersame Art und Weise bis zur Jahrtausendwende, jedoch nicht als Produzent. Das letzte Kapitel der AFN-Geschichte beginnt eigentlich schon im Jahr 1950, als Bill Aldington auf der Motor Show in Genf einen faszinierenden kleinen Sportwagen mit Heckmotor entdeckte, der vom berühmten Büro Porsche entwickelt worden war. Aldy zögerte nicht lange und vereinbarte mit dem damaligen Porsche Motorsport- und PR-Manager Baron Huschke von Hanstein, den er seit den BMW 328-Zeiten gut kannte, ein Treffen in Stuttgart. 1953 wurde die AFN zum Porsche Generalimporteur für England und blieb es fast 50 Jahre lang. Als Harold John „Aldy” Aldington 1976 verstarb, war die AFN nach wie vor in Isleworth aktiv und übersiedelte erst 1978 in eine neue, große Halle nach Reading. Bis zum Jahr 2001 war dort unter dem Porsche-Logo die Buchstabenkombination „AFN” angebracht, welche nur mehr Eingeweihte an die Frazer Nash-Saga erinnerte. Literatur: David Thirlby The Chain-drive Frazer Nash Motoraces Book Club, London 1967 Denis Jenkinson From Chain Drive to Turbocharger PSL, Patrick Stephens, Wellingborough, ISBN 0-85059-631-9 |