Heft bestellen - Das richtige Auto zum Motor Wir befinden uns im Winter 1940/41, ”The Blitz”, wie die Engländer die deutschen Luftangriffe genannt haben, ist gerade in der zweiten Phase, bevorzugtes Ziel ist nicht länger London, sondern Industriestädte und Häfen des Vereinigten Königreichs, Städte wie Southampton, Bristol, Liverpool, Portsmouth und auch Coventry. Und genau dort beginnt unsere Geschichte ... Text: Wolfgang M. Buchta Photos: Friedrich Berger (www.bestmoments.at), Benjamin N. Buchta, Archiv
Über die Anfänge der Marke Jaguar haben wir ja in Austro Classic 4/2005 berichtet, eine Geschichte die mit dem Kriegsbeginn im Jahre 1939 ein abruptes Ende fand. Die Fabrik von William Lyons in Coventry produzierte nicht mehr Sportwagen sondern allerlei kriegswichtiges Material. Wegen der Bombenangriffe hatte die britische Regierung für alle wichtigen Fabriken Feuerwachen verordnet, die durch die Belegschaft durchzuführen waren. In der Fabrik von „SS Cars” in der Holbrock Lane teilte sich das Management brav diese langweilige, nächtliche Tätigkeit mit der Belegschaft. Da die Herren William Lyons, William Heynes, Claude Bailey und Walter Hassan der Karten, der Dominosteine und der Zigaretten bald überdrüssig wurden, begannen sie Zukunftspläne für die Zeit nach dem Kriegsende zu schmieden, und ein wichtiger Bestandteil dieser Zukunftspläne war ein neuer Motor. Bisher hatte die Firma ja ausschließlich modifizierte Motoren von Standard und anderen Herstellern verwendet. Auf leeren Zigarettenschachteln, so erzählt es die Legende, entstanden die Skizzen für den ersten eigenen Motor. Das „Pflichtenheft” war einfach: Nach Kriegsende wollte Lyons eine komplett neue Sportlimousine auf den Markt bringen, welche die magische Marke von 100 Meilen (161 km/h) erreichen sollte. Dafür müsste, so die Berechnungen, eine Leistung von 160 PS ausreichend sein. Der erste Versuchsmotor (er lief unter dem Codenamen „XF”) hatte nur 1.360 ccm Hubraum aber zwei oben liegende Nockenwellen und halbkugelförmige Brennräume. Ein „XG” genannter Motor hatte die Nockenwelle im Block und wurde vor allem auf Grund seines geräuschvollen Laufs verworfen. Der Sache näher kamen die Herren schon mit dem „XJ”. Der Vierzylinder hatte einen Hubraum von 1.996 ccm und wiederum zwei obenliegende Nockenwellen. Damit war man dem späteren Serienmotor (bis auf die Anzahl der Zylinder) schon recht nahe. An diesem Motor wurden alle möglichen Ventiltriebe und Brennraumformen erprobt. Schließlich wurde aus dem Vierzylinder ein Sechszylinder mit 3,2 Liter Hubraum und der Motor, der unter der Typenbezeichnung „XK” weltberühmt werden sollte, war im Prinzip fertig. Als England im Mai 1945 den „VE Day” („Victory Europe”) und drei Monate später den „VJ Day” feierte war „SS Cars” aus nahe liegenden Gründen bereits in „Jaguar Cars” unbenannt worden und ab Herbst 1945 wurden bereits wieder die ersten Automobile produziert. Dies waren natürlich im Wesentlichen unverändert weiter gebaute Vorkriegslimousinen (die Produktion des SS 100 wurde nicht mehr aufgenommen) mit den seitengesteuerten 2 1/2 und 3 1/2 Liter Motoren der Vorkriegszeit. Der XK Motor war zwar bereits fertig entwickelt (als Vierzylinder mit 2 Liter und als Sechszylinder mit 3,4 Liter Hubraum), aber an eine Serienfertigung war vorerst nicht zu denken und vor allem gab es kein passendes Automobil dazu. Für die London Motor Show im Jahre 1948 war der Jaguar Mark V angekündigt, ein Wagen in bester Vorkriegstradition. Der Mark V hatte bereits das von William Heynes neu entwickelte Chassis mit vorderer Einzelradaufhängung, aber den neuen Motor wollte Lyons nicht in diesem Übergangsmodell „verheizen”. Zur Typenbezeichnung „Mark V” kam das neue Modell übrigens angeblich, weil es der fünfte Prototyp mit Einzelradaufhängung war. Irgendwie war das Publikum der Motor Show natürlich enttäuscht, dass die völlige neue 100-Meilen- Limousine nicht zu sehen war, aber die Enttäuschung schlug blitzschnell in das genaue Gegenteil um. Denn neben dem Mark V stand ein niedriges, windschlüpfriges Etwas, das alle anderen Fahrzeuge auf der Show in den Schatten stellte. Binnen weniger Monate hatte Jaguar einen Sportwagen „zusammengestoppelt” - das Chassis stammte, um rund 45 cm gekürzt, vom Mark V, als Motor fand der neue 3.4 Liter Sechszylinder Verwendung und das ganze war in eine elegante, zweisitzige Karosserie aus Aluminium gekleidet. Heute würden wir die Übung als „Concept Car” bezeichnen. Hauptaufgabe des „XK 120” genannten Sportwagens (XK stand für den Motor und 120 sollte die erreichbare Höchstgeschwindigkeit in Meilen, also 193 km/h symbolisieren) war es, Aufmerksamkeit zu erregen, Aufmerksamkeit für den in Planung befindlichen Mark VII, der ein Jahr später (mit dem XK-Motor) den Mark V ablösen sollte. (Die Nummer VI wurde übersprungen, weil „Mark VI” bereits von Bentley verwendet wurde. Nun gut, für phantasievolle Typenbezeichnungen sollte Jaguar auch in späteren Jahren nicht berühmt werden ...) Die Form des ersten XK 120 soll von William Lyons in nur zwei Wochen entworfen worden sein und das Show Car von Earls Court hatte wahrscheinlich zum Zeitpunkt der Motor Show keinen einzigen Meter aus eigener Kraft zurückgelegt. Der XK 120 war also alles andere als produktionsreif. Er sollte die Werbetrommel rühren und falls es ein paar Käufer geben sollte – umso besser. Man dachte bei Jaguar an eine Kleinserie von vielleicht 200 Stück. Nun, da sollten sich die Herren in Coventry gewaltig verschätzt haben, denn die potenziellen Kunden erkannten rasch das phantastische Preis-Leitungs- Verhältnis des XK 120. Um wohlfeile 1.263 Pfund (inkl. Steuern) bekam der Käufer einen Wagen, der nicht nur hinreißende Optik, sondern auch überragende Fahrleistungen bot. Der vergleichbare Aston Martin DB 2 war langsamer, aber dafür um 650 Pfund teurer. Mit 160 PS Leistung kündeten die zeitgenössischen Prospekte von einer (namensgebenden) Spitze von 120 Meilen und einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in rund 10 Sekunden. Das waren für die späten 40er Jahre beeindruckende Werte. Und der XK 120 war nicht nur schön und schnell, sondern auch bequem und luxuriös (OK, zumindest für einen Sportwagen von 1948). Komfortable Ledersitze, Teppiche und Kartentaschen in den Türen schufen einen behaglichen Innenraum. Ein richtiges Verdeck, das in geöffnetem Zustand hinter den Sitzen verschwand, sowie Steckseitenscheiben machten den Wagen allwettertauglich und selbst der Kofferraum war zwar flach aber recht geräumig. Das große Lenkrad von der Firma Bluemel erleichterte zwar nicht das Ein- und Aussteigen, aber erlaubte die Steuerung mit halbwegs vernünftigen Lenkkräften; eine Servolenkung war natürlich noch lange nicht erhältlich. Das Armaturenbrett informierte den Fahrer umfassend - Tacho, Drehzahlmesser, Tankuhr, Öldruck und Wassertemperatur waren alle vorhanden. Ein kleiner, verchromter Knopf funktionierte die Tankuhr in eine Ölstandsanzeige um. Starterknopf und Fly-Off Handbremser vervollständigten das Instrumentarium. Der Motor unter der langen Motorhaube wurde durch zwei SU-Vergaser mit Kraftstoff versorgt und gab seine Kraft über ein Vierganggetriebe auf die Hinterräder ab. Also ein perfekter Sportwagen? Nun, auch für 1948 waren die Bremsen bestenfalls als „gerade ausreichend” zu bezeichnen. Da der XK 120 „moderne” 16-Zoll-Räder hatte waren die Trommelbremsen sogar kleiner als die des SS 100 (12 Zoll gegenüber 13 Zoll Durchmesser) und den Fahrleistungen des Wagens nicht wirklich gewachsen. Im allerersten Prospekt finden wir auch einen Jaguar XK 100, der in der gleichen Karosserie den Vierzylindermotor von 2 Liter Hubraum hatte, oder besser gesagt haben hätte sollen. Der XK 100 wurde nie gebaut und vom Zweiliter-Motor entstanden nur einige wenige Exemplare. Einer dieser Zweiliter-XK-Motore fand seinen Weg in Goldie Gardners MG-Rekordwagen. Auf 146 PS gebracht beschleunigte der Vierzylinder den MG EX 135 auf 176,694 Meilen (284 km/h). Jaguar scheute sich aber auch nicht, den Nachweis für die behauptete Höchstgeschwindigkeit des XK 120 anzutreten. Im Mai 1949 wurde ein serienmäßiger XK 120 nach Belgien gefahren, wo sich Ron Sutton auf der gesperrten Autobahn bei Jabbeke auf Rekordjagd machte. Vor etwas 20 extra eingeflogenen Journalisten erreichte der Wagen mit der Registrierung HKV 500 eine in beide Richtungen gefahrene Durchschnittsgeschwindigkeit von 126,448 Meilen (203 km/h) - komplett mit Verdeck und Seitenscheiben. Ohne Dach und Windschutzscheibe und einem verkleideten Unterboden war sogar mehr „drinnen” (132,596 mph = 213 km/h). Kein Wunder, dass die Bestellungen nur so hereinströmten und die Kleinserie von 200 Stück bald ausverkauft war. Als am 21. Juli 1949 der erste XK 120 ausgeliefert wurde arbeitete Jaguar bereits mit Hochdruck daran, die arbeitsintensive Karosserie aus Aluminium durch eine aus Stahlblech zu ersetzten. Äußerlich sind Aluminium- und Stahlkarosserie kaum zu unterscheiden (Experten können die beiden Modelle vor allem an der Halterung der Windschutzscheibe unterscheiden), aber unter dem Blech war ein umfassendes Redesign angesagt. Im April 1950 testete „The Autocar” den ersten XK 120 mit Stahlkarosserie. Das Gewicht hatte sich von etwa 1.300 kg auf 1.350 kg erhöht. So wurde die Marke von 100 km/h erst nach rund 12 Sekunden erreicht. Die Spitzengeschwindigkeit hatte kaum gelitten. Ab Mitte 1951 wurde eine ganze Palette von Tuningteilen angeboten - High-Compression Kolben (8:1 oder sogar 9:1 statt der serienmäßigen Verdichtung von 7:1), eine schärfere Nockenwelle, eine leichtere Schwungscheibe, größere Vergaser, Unterbodenabdeckung, Rennscheiben, ... Sorgfältige Auswahl des angebotenen Zubehörs erhöhte die Leistung auf bis zu 181 PS mit einer 0-100 km/h Zeit von 8 1/2 Sekunden. Kein Wunder, dass der XK 120 zunehmend bei Rennen und Rallyes eingesetzt wurde. Im März 1951 wurde dem OTS (Open Two Seater) ein Fixed Head Coupe, also ein Coupe mit festem Dach, zur Seite gestellt. Die Linie des Coupes, vielleicht dem schönsten Modell der ganzen Baureihe, erinnerte stark an eine Sonderkarosserie des SS 100 aus dem Jahre 1938 und an die Limousinen der Mark-VII-Baureihe. Im Inneren glich das Coupe dem Roadster, hatte allerdings ein Armaturenbrett aus Nussholz. Sonnenblenden, Innenbeleuchtung, Kurbelfenster und Handschuhfach machten aus dem Sportwagen einen eleganten aber dennoch potenten Reisewagen. Eine Heizung war optional erhältlich. Ebenfalls optional war in beiden Karosserieformen eine „Special Equipment”-Version erhältlich. Scharfe Nockenwelle, Doppelauspuff, erhöhte Verdichtung und Speicheräder sorgten für weiter verbesserte Fahrleistungen. Vor allem die Speichenräder fächelten den überforderten Bremsen etwas mehr Kühlung zu, als die bisher ausschließlich verwendeten Scheibenräder. Im April 1953 kam die letzte (Karosserie)-Version des XK 120 auf den Markt. Das Drophead Coupe kombinierte die Ausstattung des Coupes (Kurbelscheiben, Holz etc.) mit einem versenkbaren Stoffdach. Zur gleichen Zeit konnte der Zylinderkopf des Jaguar C-Types zum Preis von knapp 200 Pfund geordert werden, der einen neuerlichen Leistungsschub auf 210 PS bewirkte. Als im Herbst 1954 der letzte XK 120 gebaut wurde, konnte Jaguar eine stolze Bilanz ziehen. Statt der ursprünglich geplanten 200 Stück waren nicht weniger als 12.078 XK 120 (7.631 OTS, 2.678 FHC und 1.769 DHC) gebaut worden - nicht schlecht für ein „Concept Car”. Aber der Wagen war noch lange nicht am Ende seines Potentials angekommen. Im Oktober 1954 wurde auf der London Motor Show der Nachfolger des XK 120, der XK 140 präsentiert. Die Typenbezeichnung ließ sich jetzt nur mehr mit sehr viel Optimismus als „Geschwindigkeit in Meilen” interpretieren, aber ein guter XK 140 erreichte je nach Version zwischen 120 und 130 Meilen, war also, trotz Gewichtszunahme, keineswegs langsamer als sein Vorgänger. Die drei Varianten wurden weiterhin angeboten, aber die Karosserie war leicht überarbeitet worden. Auf den ersten Blick sind XK 120 und XK 140 schwer zu unterscheiden. Optische fallen zuerst die Stoßstangen ins Auge. Während der XK 120 vorne zwei zarte Hälften als Stoßfänger hatte und hinten gar nur zwei Stoßstangenhörner, hatte der Nachfolger jetzt an beiden Enden relativ massive, durchgehende Stoßstangen vom Mark VII - ein Zugeständnis an den wichtigen amerikanischen Markt. Unter der Haube produzierte der aus dem XK 120 SE bekannte Motor wie gehabt 190 PS. Optional konnten diese mittels Zylinderkopf des C-Types auf 210 Pferde aufgestockt werden. Bedeutsamer war aber die Repositionierung des Motors. Dieser war um 3 Zoll (7,5 cm) nach vorne versetzt. Diese wirkte sich auf das Platzangebot im Innenraum ebenso wie auf das Fahrverhalten aus. Der gewachsene Innenraum wurde uneingeschränkt gelobt (vor allem am amerikanischen Markt), über das Fahrverhalten waren die Meinungen geteilt. Viele Fahrer lobten die bessere Richtungsstabilität, andere kritisierten eine gewisse Kopflastigkeit. Die neue Lenkung von „Alford and Alder“ war direkter angelegt und die vorderen Stoßdämpfer hielten auch auf schlechten Straßen die Vorderräder besser auf derselben. Der neue Kühlergrill hatte weniger, aber dafür dickere Rippen. Beim Coupe wanderten die beiden 6 Volt Batterien, die sich bisher hinter den Sitzen befunden hatten in die vorderen Kotflügel und stattdessen fanden sich hinter den Sitzen zwei „Sitzchen”, die den XK 140 zum „occasional”, zum sehr fallweisen Viersitzer machten. Kleine Kinder und die sprichwörtlichen „legless dwarfs”, die beinlosen Zwerge, mögen sich dort wohl gefühlt haben. Auf jeden Fall waren die beiden zusätzlichen Sitze vor allem in den USA ein wichtiges Verkaufsargument. Das Drophead Coupe bekam die gleichen Modifikationen und wurde so zum 2+2-Sitzer. Lediglich der „Open Two Seater” blieb, wie schon der Name sagte ein reiner Zweisitzer ohne so „verweichlichte” Details wie Kurbelscheiben, Notsitze oder Holzapplikationen. Damit wurden die Puristen unter den Sportwagenliebhabern zufrieden gestellt. Der gewonnene Raum stand, da keine zusätzlichen Sitze vorhanden waren, als Stauraum zur Verfügung. Vor allem für dieses Modell waren wohl die nach wie vor erhältlichen Tuningteile gedacht, denn generell ging der XK 140 mehr in Richtung Luxus und Reisen als Richtung totaler Performance. Nichts desto trotz, der XK 140 war immer noch ein wirklich schnelles Auto. „The Autocar” testete einen XK 140 Special Equipment. Trotz einer Gewichtszunahme von weiteren 50 kg konnten die Tester eine Spitze von 129,6 Meilen (208 km/h) messen. Andere Tests sprachen sogar von mehr als 220 km/h. Die Beschleunigungswerte werden in zeitgenössischen Tests mit etwa 11 Sekunden auf 100 km/h angegeben. Die einzige große Schwachstelle des Wagens bestand aber weiter. Der schnellere und schwerere XK 140 wurde noch immer durch Trommelbremsen verzögert, die mehrfachen Stopps von höherer Geschwindigkeit auch nicht gewachsen waren. Erst nach dem Ende der Produktion bot Jaguar einen Umbausatz auf servounterstützte Bremsen an. Dadurch wurde zwar der Pedaldruck geringer, gegen das gefürchtete Bremsfading bot dies allerdings keine Abhilfe ... Als Anfang 1957 die Produktion des XK 140 auslief, hatten 8.884 Exemplare die Werkshallen in Coventry verlassen, viele davon Richtung Amerika. Im Mai 1957 wurde der XK der bisher größten Revision unterzogen. Der nunmehr XK 150 genannte Wagen war optisch leicht von seinen Vorgängern zu unterscheiden. Am augenscheinlichsten war die moderne, einteilige Panoramawindschutzscheibe, welche die bereits mehr als überholte zweiteilige Frontscheibe ablöste. Die Karosserie selbst war in alle Richtungen gewachsen und erstmals war die später so berühmte Kühlerfigur, die springende Katze, als Extra verfügbar. Alle XK 120- und XK 140- Modelle, die diese Figur auf der Haube haben, wurden nachträglich modifiziert. Die Karosserieform war der 3.4-Liter-Sportlimousine angeglichen, wohl um die Familienzusammengehörigkeit zu unterstreichen. Von diesem stammte auch das Design der Stoßstangen. Trotz des optischen Eindrucks: Viele Karosserieteile waren (mit minimalen Änderungen) vom Vorgänger übernommen worden, um die Kosten im Rahmen zu halten. Vielleicht waren nicht alle Kunden mit dem Äußeren glücklich, aber es haben sich wohl nur wenige über das neuerlich geräumigere Interieur beschwert. Noch weniger Beschwerden gab es über die Bremsen. Der Jaguar XK 150 war der erste Großseriensportwagen mit vier Scheibenbremsen. Aus den Erfahrungen mit den Le Mans Rennwagen hatten Jaguar und Dunlop eine Bremsanlage entwickelt, die mit den Fahrleistungen des neuerlich schwerer gewordenen Sportwagen fertig wurde. Theoretisch waren die Scheibenbremsen nur eine Option, aber vermutlich wurde kein einziger XK 150 mit Trommelbremsen ausgeliefert. Normalerweise hatte der XK 150 Speichenräder, vorerst mit 54 Speichen und ab Juni 1958 mit 60 Speichen. Einige Exemplare wurden aber mit Stahlrädern ausgeliefert. In diesem Fall konnte eine Verkleidung für die Hinterräder bestellt werden. Angetrieben wurde der Wagen vom bereits bekannten Motor. Aus 3.442 ccm leistete der Sechszylinder 190 PS. Optional konnte ein „B-Type”-Zylinderkopf bestellt werden. Dieser war primär für die Limousinen entwickelt worden und steigerte die Leistung auf 210 PS. Das normale Schaltgetriebe stammte von der Firma Moss, aber die optionale Automatik aus dem Hause Borg-Warner verkaufte sich beim XK 150 doppelt so häufig wie beim Vorgänger. Vorerst wurde der XK 150 nur als Drop Head Coupe und als Fixed Head Coupe angeboten, der Open Two Seater folgte ein Jahr später, erstmals mit Kurbelscheiben. Die Fahrleistungen entsprachen den Erwartungen. Als „The Autocar” Anfang 1958 ein Coupe mit 210 PS testete lag die Spitze mit 123 Meilen (knapp 200 km/h) etwas unter den Werten des XK 140. Dafür wurde die Marke von 100 km/h bereits nach 8,5 Sekunden erreicht. Gleichzeitig mit der Einführung des Zweisitzers wurde ein neuer Motor vorgestellt. Am Hauptmarkt Amerika hatte mittlerweile jede bessere Limousine 200 PS, da musste auch Jaguar aufrüsten. Motorenpapst Harry Weslake verbesserte die Gasströme im Motor, montierte größere Vergaser und erhöhte die Kompression auf 9:1 - der so entstandene XK 150 S leistete stolze 250 PS mit Fahrleistungen von 136 mph (219 km/h) und einer Beschleunigung von 7,3 Sekunden (auf 100 km/h). Vorerst nur im Two Seater erhältlich, gab es den neuen Motor am Frühjahr 1959 für alle drei Varianten. Mit dem XK 150 S hatte die Baureihe fast ihren Höhepunkt erreicht. Für 1960 war der Motor auf 3,8 Liter vergrößert. Jetzt konnten die drei Karosserieformen mit insgesamt vier Motorvarianten - 3,4 Liter normal und „S” oder 3,8 Liter normal und „S” - bestellt werden. Als Getriebe standen normales Schaltgetriebe, Schaltgetriebe plus Overdrive oder Automatik zur Auswahl. Die Leistung des größeren Motors wurde mit 220 resp. 265 PS angegeben. Die Fahrleistungen waren geringfügig besser als die der 3,4 Liter Modelle, aber eigentlich war der vergrößerte Motor nicht für den XK 150 entwickelt worden, denn im März 1961 sollte in Genf der Nachfolger einer staunenden Öffentlichkeit vorgestellt werden. Auch am Ende seines Lebenszyklus bot der XK ein konkurrenzloses Preis-Leistungs-Verhältnis. Der teuerste XK 150, der 3,8 S Drop Head stand mit 2.204 Pfund in den Preislisten. Der etwa gleich schnelle Aston Martin DB 4 kostete 3.755 Pfund und der billigste Ferrari gar 5.951 Pfund. Nach 9.395 Exemplaren aller Modelle war mit der Produktion des XK 150 Schluss. In Summe haben 30.357 XK Sportwagen die Fabrik in der Browns Lane verlassen. Als kleine, aber feine Fußnote zur Geschichte der XK-Baureihe entstanden auch exakt 16 Exemplare des ultra raren XK SS, der aber nur ein entfernter Verwandter der klassischen XK war. Und zumindest in Amerika wurde der Jaguar E anfangs als „Jaguar XK E” vermarktet. Der letzte XK 150 verließ Ende 1960 die Fabrik, aber die Karriere des Motors hatte gerade erst begonnen. Die „kleinen” Mk. 1 und Mk. 2 Limousinen, der Jaguar E und schließlich der XJ 6, sie alle wurden davon angetrieben. 1986 wurde der letzte XJ 6 mit dem klassischen Motor gefertigt, aber in der Staatskarosse Daimler Limousine, die unter anderem von „Her Majesty Queen Elizabeth II” verwendet wird, wurden der Motor in kleiner Stückzahl bis 1992 eingebaut. |