Heft bestellen - Kommt er oder geht er? In der liebenswert, absurden Welt der Kleinstwagen der 50er Jahre - denken wir nur an Konstruktionen wie die BMW Isetta oder den Messerschmitt Kabinenroller - bildet ein Fahrzeug aus Nürnberg wahrscheinlich die "Krone der Schöpfung"... Wolfgang M. Buchta hat sich den Zündapp Janus genauer angesehen...
Die "Zünder- und Apparatebaugesellschaft" in Nürnberg wurde 1917 gegründet und begann 1921 mit der Fertigung von Motorrädern. Unter dem Markennamen Zündapp entwickelte sich das Unternehmen im Laufe der Jahre zu einem der größten deutschen Motorradherstellern. Aber irgendwie, so scheint es, waren zwei Räder dem Firmengründer Geheimrat Fritz Neumeyer, offenbar zu wenig - bereits drei Jahre später, im Jahre 1924, liebäugelte er mit der Automobilproduktion. Mitte der 1950er Jahre sollte er diesem Ziel näher als je zuvor kommen ... Die ersten 1 1/2 Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind als "Wirtschaftswunder" in die Geschichte eingegangen und dieses Wirtschaftswunder schlug sich auch in der Motorisierung nieder - das Motorrad erlebte einen Boom - als ernsthaftes Transportmittel und nicht als Sport- und Freizeitgerät wie heute - aber irgendwie strebten alle nach mehr, nach mehr Komfort, mehr Wetterschutz, mehr Transportkapazität und wohl auch nach mehr Prestige - kurz gesagt: nach einem Automobil. Was wir heute als typische Automobile das Wirtschaftswunders erleben - Opel Kapitän, Mercedes 180 Ponton oder Porsche 356 waren für die meisten unerreichbar und selbst der VW Käfer war für viele in Anschaffung und Betrieb zu teuer. So wiederholte sich die Geschichte: Was in den 1920er Jahren an abenteuerlichen Konstruktionen unter der Sammelbezeichnung "Cycle Cars" herumgefahren ist erlebte jetzt als "Rollermobile" - mit drei oder vier Rädern - seine Renaisance. Renommierte Hersteller wie BMW fertigten die Isetta, ehemalige Flugzeugbauer wie Willy Messserschmitt oder Ernst Heinkel brachten Kabinenroller auf den Markt und unzählige, meist obskure und unterkapitalisierte Unternehmen, versuchten ein "Stück vom Kuchen" zu ergattern. Einer dieser Glücksritter war ein gewisser Hans Trippel, der sich vor allem in der Kriegszeit als Konstrukteur von Schwimmwagen einen Namen gemacht hatte und später als Vater des Amphicar seinen Platz in der Automobilgeschichte finden sollte. Aber 1950 hielt sich der Bedarf an Schwimmwagen eher in Grenzen und Trippel versuchte sein Glück mit einem SK 10 genannten Kleinwagen. Der, sagen wir einmal eigenwillig geformte Zweisitzer wurde von einem 500-ccm-Motor mit stattlichen 18,5 PS Leistung angetrieben, der im Heck werkte und seine Kraft auf die Hinterräder abgab. Die Höchstgeschwindigkeit wurde mit 115 km/h angegeben (womit ein "richtiges" Auto wie der Käfer das Nachsehen hatte!) und der Verbrauch mit 4,0 bis 4,5 Liter.
Allerdings die Frage nach Preise, Straßenlage und Haltbarkeit stellte sich nicht, denn Trippel hatte einen wichtigen Punkt übersehen oder ignoriert: Die meisten seiner potenziellen Kunden hatten einen Motorradführerschein, der das Fahren mit Kleinwagen bis 250 ccm erlaubte - für den SK 10 brauchte der Fahrer einen PKW-Führerschein. Wenig überraschend verschwand der SK 10 noch schneller von der Bildfläche, als er aufgetaucht war - nach schätzungsweise 15 Exemplaren wurde die Fertigung schon wieder eingestellt. Der geneigte Leser mag sich vielleicht fragen, was dieser Wagen mit unserer Geschichte zu tun hat. Die Antwort lautet: Der Motor der SK 10 war ein verkleinerter Zweizylinder-Boxer aus - erraten - dem Hause Zündapp. Was einst die Beiwagenmaschinen der Wehrmacht angetrieben hatte weckte bei Geheimrat Neumeyer wieder den Appetit auf den Automobilbau, eine Idee die zweifellos gut war, den das Ende des Motorrad-Booms war irgendwie absehbar. Neumeyer schreckte klugerweise von einer Eigenentwicklung zurück und machte sich auf die Suche nach einem Lizenzgeber.
Vater Claude und Sohn Claudius Dornier - der Vater war in den Zwischenkriegsjahren als Konstrukteur bahnbrechender Flugboote berühmt geworden - hatten nach Kriegsende, wie alle flugzeugbauenden Kollegen, einen gewissen Karriereknick zu verkraften und, wie einige der angesprochenen Kollegen, konstruierte Sohn Claudius einen Kleinwagen - und das "Delta-Mobil" genannte Fahrzeug hatte es in sich. Optisch glich das gute Stück mehr einem Wellblechzelt als einem Automobil und als wohl einziger Zweitürer der Automobilgeschichte hatte das Delta-Mobil keine einzige Seitentür. Diese befanden sich nämlich vorne und hinten und schwangen beim Öffnen um die Oberkante nach oben - wie die Heckklappe eines Kombi. Fahrer und Beifahrer stiegen vorne ein und die Passagiere durch die hintere Tür. Die bis zu vier Personen saßen jetzt Rücken an Rücken, was zwar der Kommunikation nicht gerade zuträglich war, aber dafür konnten die hinten (und entgegen der Fahrrichtung) sitzenden, dem nachfolgenden Verkehr fröhlich zuwinken. Die absolut symmetrische Form des Vehikel war zwar gut für die Produktion, für die Optik leider weniger. Der Motor war als echter Mittelmotor genau in der Mitte des Fahrzeugs platziert, wo er zwischen den beiden Sitzreihen, gleichsam mitten im Fahrgastraum, seine Arbeit verrichtete. Das war wiederum weder dem Geräuschpegel noch dem Gepäcksraum zuträglich. Das Lärmproblem war allerdings vorerst nicht so schlimm, den Herr Dornier hatte noch keinen Motor für das Delta-Mobil gefunden.
So kam es wie es kommen musste - Dornier hatte ein Fahrzeug ohne Motor, Neumeyer hatte Motoren und suchte ein Auto und im Jänner 1956 wurde ein Lizenzvertrag zwischen den beiden Parteien unterschrieben. Aber sogar der begeisterte Neumeyer hatte die hauptsächliche Schwachstelle des Delta-Mobils - seine Optik - erkannt und sich klugerweise vertraglich jegliche Änderungen vorbehalten. Bereits im Februar kam das Delta-Mobil per Bahn nach Nürnberg und die Techniker von Zündapp machten sich an die Arbeit. Rasch zeigte sich, dass außer dem Aussehen noch die eine oder andere Kleinigkeit der Überarbeitung harrte. So war das Delta-Mobil, vielleicht überraschend, da es doch einer Flugzeugfabrik entstammte, mit 480 kg deutlich übergewichtig - Zündapp strebte einen Wert von "unter 400 kg" an. Konsequent wurde jeder einzelne Bauteil gewogen und auf mögliche Gewichtsreduzierungen geprüft. Auch die "Heckklappen" fanden keine Gnade vor den Nürnbergern und so wurden die beiden auf seitlich angelenkte Türen nach dem Vorbild der BMW Isetta umkonstruiert. Dafür musste allerdings erst eine Lösung gefunden werden, die nicht unter das Patent von ISO, den Lizenzgeber der Isetta, fiel. Da Zündapp als Motorradbauer keine Erfahrung mit Karossiedesign hatte engagierte man einen Herrn Kratschmann, der auf etwas unkonventionelle Weise eine recht hübsche Pontonkarosserie auf die Räder stellte: Er kleckste den Kitt direkt auf das Delta-Mobil um zur endgültigen Form zu kommen, und, da die Zeit drängte, begannen die Karosseriebauer parallel zur Entwurfsphase mit der Fertigung der Blechteile. Abgesehen davon, dass das Endprodukt anstatt leichter sogar etwas schwerer geworden war, konnte der erste "Zündapp-Wagen" - einen Namen hatte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht - dank unzähliger Überstunden aller Beteiligter am 1. Juni 1956 zur Jungfernfahrt starten.
Alle Probleme wurden minutiös protokolliert und das ergab eine wahrlich lange Liste: Die Lenkung war "unbrauchbar", im Vorwärtsgang fuhr der "Delta II" rückwärts (die Drehrichtung des Differentials war falsch) und über den Motor (aus dem Bella-Roller) berichtet das Protokoll mit unfreiwilligem Humor: "... mechanische, Ansaug-, Auspuff- und Dröhngeräusche wetteiferten miteinander in einem infernalischen Getöse, das bei einer Spitzengeschwindigkeit von 75 km/h nicht weit von der Schmerzschwelle (125 Phon) entfernt zu sein schien." Die Leistung des Motors wurde mit 14,5 PS angegeben und die Fahrleistungen gehörten zu den wenigen erfreulichen Überraschungen. Auf der Geraden kam das "Delta II Mobil" auf 85 km/h und auf Bergabstrecken wurden die magischen 100 km/h überschritten. Was die Erbauer natürlich besonders freute: In der Beschleunigung war der Wagen schneller als Erzrivale und Branchenprimus BMW Isetta. Auf den "Delta II" folgte ein "Delta III" und allmählich wurde allen Beteiligten klar, dass es bis zur Serienreife noch ein langer Weg war. Während die Techniker eine Schwachstelle nach der anderen - und da gab es genug - ausmerzten wurden Aufträge für die Serienfertigung vergeben. Die Blechteile sollten bei der Binz-Karosseriefabrik in Schwäbisch Gmünd gefertigt werden, die Bremsen kamen von Teves und die gesamte Elektrik von Bosch. Ende August 1956 taucht in internen Unterlagen erstmals der Name Janus für das neue Gefährt auf. Janus war bekanntlich der römische Gott des Kommens und des Gehens, der Ein- und Ausgänge und der Tore und Türen. Janus wurde mit zwei Gesichtern - eines nach vorne und eines nach hinten gerichtet - dargestellt. Der Journalist Helmut Werner Bönsch war auf dieses so nahe liegenden Namen gekommen und hatte damit den firmeninternen Namenswettbewerb gewonnen. Auf der IFMA (Internationale Fahrrad- und Motorrad-Ausstellung) im Oktober 1956 in Frankfurt wurde der Zündapp Janus erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Dies geschah nicht zufällig auf einer Motorrad-Messe, denn Zündapp wollte ja vor allem umsteigewillige Motorradfahrer als Kunden ansprechen. Die Motorpresse zeigte sich von Fahrverhalten und Straßenlage angetan, auch für den Federungskomfort und die Kurvenlage gab es Lob. Allerdings waren sich die Tester einig, dass der Janus noch nicht wirklich serienreif war - für die Entwicklungsingenieure hatte die Arbeit erst begonnen.
Noch vor der Auslieferung des ersten Serienfahrzeugs baute Zündapp verschiedene größere Motore mit bis zu 600 ccm Hubraum und testete die stärkeren Versionen ausgiebig. Allerdings konnte keine der Versionen überzeugen und in der Serienversion blieb es bei einem Zweitaker von 248 ccm und mit einer Leistung von 14 PS. Am 1. Juni 1957 lief endlich in einer eigens erbauten Halle die Serienfertigung an und am 21. Juni gab der TÜV-München dem Janus in Form der "Allgemeinen Betriebserlaubnis" seinen Segen. Die ersten vier Serienmodelle (Chassisnummer W 1001 bis W 1004) wurden mit je zwei Personen, Ersatzteilen und Sandsäcken als Ballast auf Erprobungsfahrt durch ganz Deutschland geschickt und kamen, nach der Vorgeschichte wohl wenig überraschend, mit einer beachtlichen Mängelliste - undichte Stellen in der Karosserie, gerissene Schweißpunkte, defekte Stoßdämpfer und mangelhafte Entlüftung um nur einige zu nennen - zurück. Währenddessen wurde der Janus weiter massiv beworben, wobei die Werbeabteilung auch vor Gereimtem nicht zurückschreckte, wie ein Werbeprospekt aus dieser Zeit belegt:
Da er jedoch nicht so gebaut, daß vorwärts er und rückwärts schaut, sprach er: "Man muß, um gut zu peilen, zu zweit sich in die Arbeit teilen! Ja, wenn man dazu Lust verspürt, der Wagen peilt ’janusartig’ man zu viert!"
Und so entstand - es ist kein Witz - der Wagen mit dem "JANUS-Sitz"!
Der JANUS-Sitz war sehr vergnüglich, in jeder Hinsicht auch vorzüglich, denn Aussicht ringsherum bezweckt, daß man Verborgenes entdeckt. Das ist doch wohl zu jeder Zeit von ganz besond´rer Wichtigkeit!?!
Als man dem Pferd den Laufpaß gab, nahm jener Wunsch nach Rundblick ab:
Nicht nur auf Höhe ward verzichtet, - die Sitze wurden gleichgerichtet, denn bei der neuen Hast und Eile gab‘s nur noch eins: Der Straßen Zeile!
Ja! Lauernd durch die Windschutzscheibe ging man der Straße kühn zu Leibe, wobei man alles rings vergaß und nur noch KILOMETER fraß! An Kilometern kann indessen man nur zu leicht sich überfressen!
Warm eingeklemmt dahinzufliegen war sicherlich auch ein Vergnügen. doch fehlte irgendwas dabei --!! Man wußte nur nicht, was das sei!!?? - - bis man sich wieder drauf besann, daß man auch anders sitzen kann wobei dann - was zuvor gequält der freie Ausblick nicht mehr fehlt!! Den bietet: ZÜNDAPP‘s JANUS-WAGEN!? und noch viel mehr! O, laßt euch sagen! Der JANUS ist - schon das sagt viel - ein richt‘ger Wagen, sehr mobil!! Scheint er von außen auch nicht groß - er ist geräumig, ganz famos!
Die Tür geht auf - Ihr tretet ein, als würde es ein Zimmer sein, und könnt dabei, wie wir hier seh‘n, bis Ihr Euch setzt, ganz aufrecht steh‘n: Und über garnichts könnt Ihr stolpern: Im JANUS gibt es nichts zum Holpern, denn, was sonst derlei Sorgen macht, ist anderweitig angebracht!
Nun setzt Euch mal! Ob dick, ob schlank, zwei finden Platz auf jeder Bank, ob vorn, ob hinten - voller Staunen sitzt Ihr behaglich, wie auf Daunen!
So. Freunde, nun geht‘s los! Gebt acht, was ganz besondre Freude macht.
Wer mit JANUS fährt zu vieren, wird als angenehm Verspüren, dass, wer umgekehrt gesetzt, nie mehr aufschreit und nerviert! Oft ist so schon was passiert!
Nur, wer einen JANUS fährt, fährt auch wirklich ungestört: Neben sich als Assistent setzt er einen, den er kennt! Alle übrigen Verwandten oder sonstigen Bekannten bringt er rücksichtsvoll und munter auf dem JANUS-Rücksitz unter.
"Hier fahrt Ihr," so hebt er an, "grad wie mit der Bundesbahn - erster Klasse selbstverständlich und die Aussicht ist unendlich
Unbehindert könnt Ihr schauen! Nichts wird Euch den Blick verbauen!
Ja, Ihr seht (- "s‘ist keine Fama! -) stets ein BREITWAND-PANORAMA!"
An den Polstersitz geschmiegt hockt Ihr nicht, o nein, Ihr liegt angenehm zurückgelehnt, so daß niemand ächzt und stöhnt, denn, Ihr lieben Fahrtgenossen, streckt nur aus die Hinterflossen: Ihr vermögt sie nach Belieben und Bedarf gut zu verschieben!
Niemals werdet Ihr gerädert! JANUS ist famos gefedert! Nimmer wird er je Euch rütteln oder durcheinanderschütteln! Selbst der Bodenwellen Tücken bringen JANUS nicht zum Nicken!
Und wenn wir durch Kurven fegen, wird er sich bestimmt nicht schrägen oder nur die Absicht zeigen, sich, wie üblich, leicht zu neigen, denn ein Zauberapparat hält auch dann ihn völlig grad!
Kurz, der JANUS hat, ich sage, allerbeste Straßenlage!
Wenn wir plötzlich halten müssen, sinkt Ihr tiefer nur ins Kissen und kommt nicht in hohem Bogen auf den Vordersitz geflogen! Ja, wenn Ihr mir anvertraut, was Ihr rückwärts grad erschaut, können wir zudem vermeiden, daß wir hinten Schaden leiden!?
"Unser MOTOR ist - gebt acht - in der Mitte angebracht, leicht erreichbar und bequem, was besonders angenehm, wenn ein Schaden uns verdrießt und es grad in Strömen gießt: Schön im Trocknen - unter Dach gehen wir dem Fehler nach!?"
"Jeder weiß: Was ZÜNDAPP macht, das ist lückenlos durchdacht!"
HIER EUER JANUS! Bitte sehr! Groß ist sein Vorteil im Verkehr!
Ihr überblickt - ganz ohne Frage von ihm aus bestens jede Lage!
Man schuf, da der Verkehr jetzt dichter, ihn gleich für 2 X 2 Gesichter:
Zwei blicken vorwärts - zwei zurück! Das Ganze ist ein Meisterstück!
Der JANUS wird - das prägt sich ein - wie ZÜNDAPP ZUVERLÄSSIG sein! Der gleiche Prospekt gab den Preis eines Janus in "Adriablau" mit 3.290,- DM an. In der langen Liste mit optionaler Sonderausstattung standen heute so selbstverständliche Dinge wie eine Heizung (DM 42,- für "am Zylinder erhitzte Frischluft"), chrompolierte Stoßstangen (29,- DM) und ebensolche Radkappen (6,- DM), Zigarettenanzünder (7,- DM) oder ein Auspuffendstück. Serienmäßig waren das Vierganggetriebe, Ausstellfenster vorne und hinten, Innen- und Außenspiegel und die Türschlösser. Wie lagen die Konkurrenten preislich? BMW Isetta 300: 2.600,- DM, Goggomobil T 250: 2.940,- DM, Lloyd LP 250 V; 3.350,- DM oder Fiat 500 um 3.470,- DM. Die Steuer wurde mit 44,- DM und die Haftpflichtversicherung mit 94,- DM - beides pro Jahr - angegeben. Aber dann ging es gleich wieder poetisch weiter:
Für‘s Gepäck - laßt‘s mich erwähnen gibt es Platz zwischen den Lehnen und auch unter beiden Bänken! Sehr bequem, wenn wir‘s bedenken! Habt Ihr sowas schon gekannt? Gut verstaut - und doch zur Hand!
Für gewerbliches Gepäck nehme man den Rücksitz weg, weil sich dann, sofern‘s beliebt, sehr viel Laderaum, ergibt! Man begibt auf weite Fahrt stets sich nur auf diese Art! Falls wir allzu lang mal rollen - oder übernachten wollen, - oder unser Fahrtenbuch meldet uns: "Halt! Jetzt genug!" - oder auf der Campingreise regt der Wunsch sich still und leise ein Quartier mal aufzuschlagen, brauchen wir uns nicht zu plagen: Ein - zwei Griffe - bitte schön: Im JANUS kann man schlafen gehn! Ja, der JANUS - flink und schnell ist ein fahrbares Hotel!
In der Zeit von Italienreisen, Camping und Liegesitze wurde der Janus auch damit beworben, dass sich die vier Sitze zu einer fast 2 m langen, ebenen Fläche anordnen ließen - wer brauchte da noch ein Hotel! Mit 1.731 im Jahre 1957 verkauften Exemplaren war Zündapp nicht gerade glücklich. Die Preiskalkulationen waren von 12.000 Exemplaren im Jahr ausgegangen. Per Anfang 1958 wurde der Basispreis auf 3.370,- DM erhöht, aber dafür waren jetzt die Sonnenblenden, das Gepäcksnetz und ein Haltgriff serienmäßig. In der Werbung betonte Zündapp immer wieder wie vernünftig und praktische die ungewöhnliche Sitzordnung sei, die Käufer blieben allerdings skeptisch und so versuchte Zündapp den Janus als ideales Fahrzeug für den kleinen Gewerbetreibenden anzupreisen, was mit oft konstruierten Werbephotos untermauert werden sollte. Als "Universalgenie" für alle Aufgaben wurde der Janus gleichermaßen als "raumbequemes Familienauto für vier Personen", als "geräumiger Kombi fürs Geschäft" und als "Camping-Wagen mit Doppelbett für Reise, Erholung und Sport" gelobt - von der eigenen Werbeabteilung wohlgemerkt. Was die Werbung wohlweislich verschwieg, war der Verbrauch: Ein hausinternes Dokument äußert sich dazu mit der handschriftlichen Anmerkung "wird nicht angegeben - 5,2 bis 7 Liter je nach Belastung und Fahrweise". Im Winter 1957/58 zeigte sich auch, dass die Radkästen für die Montage von Schneeketten nicht geräumig genug waren. Da immer mehr Kunden einen "richtigen" Führerschein hatten forderten diese immer wieder einen (Hubraum)-stärkeren Motor und die Versuche mit 400-ccm- resp. 600-ccm-Motoren wurden Ende 1957 wieder aufgenommen, aber konnten auch diesmal kein befriedigendes Resultat liefern. Parallel zu den Versuchen mit größeren Motoren wurden am Serienmodell laufend Verbesserungen vorgenommen, die vor allem Laufruhe und Lebensdauer des Zweitakters verbessern sollten. Die Werbeabteilung versuchte auch, den Janus über die "sportliche Schiene" zu vertreiben und so belegte ein Werkswagen mit den Fahrern Weiß, Pohl und Keitel bei der Langstreckenfahrt Lüttich-Brescia-Lüttich den beachtlichen zweiten Platz und konnte den Mannschaftspreis erringen. Allen werblichen Anstrengungen zum Trotz blieben die Verkaufszahlen bescheiden - zwischen Jänner und Juni 1958 fanden sich gerade einmal 5.000 Käufer und die Kosten für das "Auto- Abenteuer" lasteten immer schwerer am ganzen Unternehmen. Zur Jahresmitte erfüllten sich die düsteren Prognosen und die Mitarbeiter des Nürnberger Werks von Zündapp mussten beim Öffnen ihrer Post eine Kündigung lesen. Die Zweiradproduktion sollte sich bis zur endgültigen Schließung im Jahre 1984 in München konzentrieren. Am 12. September 1958 wurde der 6.902te und letzte Zündapp Janus fertiggestellt. Verglichen mit beispielsweise 280.000 Goggomobils sicherlich ein enttäuschendes Ergebnis. Heute sind die wenigen überlebenden Exemplaren natürlich gesuchte Raritäten die zu entsprechenden Preisen gehandelt wurden. Wir durften dank Dr. Mylius einen von wahrscheinlich zwei Exemplaren in Österreich probefahren und können bestätigen: Der Gott der beiden Türen wurde, zumindest von Fahrverhalten her, unter seinem Wert geschlagen. |