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Donnerstag, 25. April 2024
Jaguar ist 75 Drucken E-Mail
Geschrieben von Christian Vanik   

Heft bestellen - Happy Birthday, Jag!

Jaguar ist 75

Neben dem Jahrhundert-Jubiläum von Alfa Romeo fällt auf 2010 - zumindest - auch ein Dreiviertel-Jahrhundert einer anderen Marke, die - was die Bekanntheit und das Charisma anbelangt - zu den ganz Großen der Automobilgeschichte gehört: Jaguar ist hier auf Augenhöhe mit Daimler-Benz, Rolls Royce und Ferrari. Die seit 34 Jahren durchgeführte Wahl einer deutschen Auto-, Motor- und Sportzeitung weist Jaguar bei der Wertschätzung bis heute als erfolgreichste Importmarke im selbstbewussten Deutschland aus. Dabei fing alles ganz klein an.

Text & Photos: Christian Vanik

 

Image"Wie die Schwalbe zur Raubkatze wurde" hat ein gewisser Wolfgang M. Buchta schon auf das Trefflichste in "Austro Classic" dargestellt. Ich möchte die "Schwalben"-Zeit daher so kurz wie nötig streifen und auch die Jaguar-Geschichte versuchen auf das zu konzentrieren, was die Marke im Kontext der gesamten Automobilgeschichte auszeichnet.
Doch zunächst ein kursorischer Rückblick auf die Anfänge in Blackpool, wo William Walmsley und William Lyons einander durch einen Zufall begegneten und Lyons nicht nur großen Gefallen an den eleganten Motorrad-Beiwagen von Walmsley fand, sondern darin auch ein großes Marktpotenzial sah. Lyons war - obwohl jünger - fortan die treibende Kraft in dem mit Wirkung vom 11. 9.  1922 gegründeten Unternehmen "Walmsley & Lyons", das noch im selben Jahr aber bereits als "Swallow Sidecar Company" auftrat. Diese fertigte am ersten Firmensitz in der Bloomfield Road elegant-schnittige Beiwagen statt der bis dahin bekannten hausbackenen Exemplare und war damit äußerst erfolgreich.
Bereits 1923 hatte Walmsley auch eine Autokarosserie zum eigenen Gebrauch geschaffen - interessanterweise auf dem Fahrgestell eines ausgebrannten Austro Daimler! Die zweite Karosserie, einen Roadster, schuf 1926 Cyril Holland, ebenfalls auf Basis eines Unfallautos. In diesem Jahr zog das florierende Unternehmen in ein größeres Gebäude Ecke Cocker Street und Exchange Street.  Der Firmenname wurde auf "Swallow Sidecar & Coachbuilding Company" erweitert und 1927 ein offener Zweisitzer auf Basis des Kleinwagens Austin Seven präsentiert, dem 1928 eine geschlossene Version, ein zweitüriger Sports Saloon folgen sollte.  Die Austin-Swallows waren nur geringfügig teurer als die Serienversion, sahen eleganter aus und waren geradezu edel ausgestattet. So konnte etwa die Dame am Beifahrersitz auf ein Makeupset im Handschuhfachdeckel zurückgreifen.
Image1928 entschlossen sich Walmsley und Lyons, das Unternehmen nach Coventry zu verlegen, von wo sie die meisten Teile bezogen, um Lieferrisken und -kosten zu senken. Die neue Adresse lautete Holbrook Lane (später Swallow Road) im Stadtteil Foleshill. Dort entstanden neben den Austin-Swallows weitere Spezialkarosserien für Morris Cowley, Fiat 509A, Swift 10HP und Standard Nine neben drei Einzelstücken auf Basis eines Clyno, eines Alvis 12/50 sowie eines Morris Minor. Allen gemeinsam war, dass einerseits das Chassis und die Höhe der Motorhaube eine wirklich schnittige Linie nicht zuließen und die serienmäßigen 4-Zylinder-Motoren hinter den Erwartungen zurückblieben, die die Spezialkarosserie weckte. Wesentlich besser waren die Voraussetzungen und daher auch das Ergebnis beim Standard 16 von 1931 und dem Wolsley Hornet von 1931-1933, beide mit 6-Zylinder-Motor.  Beim Hornet legte Swallow gar die Lenksäule flacher und montierte größere Räder. Dem offenen Zweisitzer sollte Ende 1931 ein viersitziges Cabriolet ebenso als Alternative folgen wie 1932 ein stärkerer Motor. Damit erreichte das schicke Wägelchen immerhin 110 km/h bzw. 70 mph.
William Lyons hatte freilich eine noch radikalere Form im Sinn. Sein Ziel war es, einen Viersitzer mit so langer Motorhaube und niedrigem Dach anzubieten, wie man es in England vorher noch nicht gesehen hatte. Auf den Fahrgestellen der Großserienmodelle war dies technisch aber nicht möglich. Doch Lyons erreichte, dass Standard- Chef John Black exklusiv für ihn ein Chassis mit zurückversetztem Motor und tieferer Anordnung der Federung baute, auf das er eine flache Karosserie setzen konnte, die seinem Ideal entsprach. Er sollte sich zu früh gefreut haben, denn als er im Spital lag, machte Partner Walmsley aus seiner Sicht notwendige Abstriche vom radikalen Konzept und erhöhte die Dachlinie wieder. Lyons war wütend, eine Änderung angesichts des unmittelbar bevorstehenden groß angekündigten Präsentationstermins am 8. Oktober 1931 aber nicht mehr möglich. Das unter der Bezeichnung SS 1 verkaufte Modell rief dennoch Begeisterung bei Motorjournalisten wie Käufern hervor. In weniger als 10 Jahren hatten sich Walmsley und Lyons als erfolgreiche Automobilbauer etabliert. Wofür die Abkürzung SS steht, wurde bewusst offen gelassen - so konnte Standard das Modell als einen weiteren Standard Swallow sehen, Walmsley und Lyons aber als Swallow Special oder Swallow Sports.
ImageWenn man sich vor Augen hält, dass der Austin Swallow von 1927 eine Länge von nur 269 cm hatte, der SS 1 hingegen 442 cm bzw. ab 1933 in der zweiten Serie 477 cm maß, so kann man den Quantensprung im Auftritt des neuen Modells nachvollziehen. Bereits Ende 1932 hatte Lyons die Serie 2 präsentiert, die voll und ganz seinen Vorstellungen von den richtigen Proportionen entsprach, wobei die Motorhaube allein die Hälfte der Länge in Anspruch nahm. Diesem Ideal einer flachen Karosserie mit langer Motorhaube sollten noch viele weitere Fahrzeuge folgen, für die William Lyons verantwortlich zeichnete.
Mindestens genau so beeindruckend wie die äußere Form des neuen Modells war aber die formvollendete Ausgestaltung des Innenraums mit hochwertigen Materialen, die auch von deutlich teureren Mitbewerbern nicht übertroffen wurde.
Die aus der Erscheinung abgeleitete Leistungserwartung konnten die frühen SS freilich mit den von Standard gelieferten Motoren nicht erfüllen.  Der laufruhige Reihen-Sechszylinder mit 2,6 Liter Hubraum war 1931 gerade mal für 55 PS, 1935 mit 2,7 Liter Hubraum für zumindest 70 PS gut - gut, aber eben nicht gut genug für ein Auto wie William Lyons es im Sinn hatte.
Also war das nächste Ziel von William Lyons ein leistungsstärkerer, exklusiv für SS gefertigter Motor. Harry Weslake war der Techniker, der den Weg dazu schuf und John Black, der Vorstandsvorsitzende von Standard war bereit, nach der Chassis- auch eine Motorenfertigung nach den Wünschen und Vorgaben von William Lyons umzusetzen. Die insbesondere durch den Wechsel zu hängenden Ventilen modifizierten 2,7-Liter-Motoren erreichten 102 PS bei ihrem Debut 1935.
William Walmsley, der nicht so von der Arbeit bestimmt war wie William Lyons, war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Unternehmen. Er war bereits 1934 von der im Oktober 1933 ins Unternehmensregister eingetragenen "SS Cars Ltd." ausgeschieden und erfolglos in das Wohnwagen- Geschäft gewechselt.
ImageWilliam Lyons hingegen hatte nun allein das Sagen im börsennotierten Unternehmen und alle Komponenten für sein nächstes Ziel, einen eleganten, leistungsstarken, aber auch geräumigen Saloon. Der Wagen sollte im Unterschied zu den früheren SS vier Türen haben und die neue Ära auch durch einen neuen Namen signalisieren. Ursprünglich dachte Lyons daran, die Markenrechte von Sunbeam zu erwerben und seine Automobile künftig unter dieser Bezeichnung anzubieten. Die Rootes-Brüder kamen Lyons aber beim Erwerb der Markenrechte zuvor, sodass dieser gezwungen war, einen alternativen Namen zu suchen.  Damals wie heute wurde eine Werbeagentur - Nelson Advertising - bemüht, die zuerst Tiernamen im Sinn hatte und dabei gleich Jaguar favorisierte. Das schlanke und schnelle Raubtier passte hervorragend zum Produkt. Der Name war außerdem zusätzlich positiv besetzt durch einen Flugzeugmotor von Armstrong-Siddeley aus dem ersten Weltkrieg.
Lyons zögerte jedoch, nach Schwalbe wieder auf einen Tiernamen zu setzen und genehmigte Jaguar vorerst nur als Zusatz für die neuen Modelle mit den neuen Motoren, nicht jedoch als neuen Markennamen. Somit hieß das neue Modell SS Jaguar 2½ litre Saloon.
Lyons darf ruhig auch als einer der Pioniere von gelungenem Marketing im Automobilbereich gesehen werden. So verstand er es etwa, die Neugierde auf das neue Modell durch Ankündigungen in Zeitungen zu schüren - ohne ein Bild oder auch nur eine Zeichnung zu offenbaren. Das neue Modell wurde der Öffentlichkeit bei einer Abendgala am 24. September im Londoner Mayfair-Hotel präsentiert. Dabei waren die Gäste aufgefordert, den Preis des neuen Modells zu schätzen. Der durchschnittliche Schätzwert lag bei 600 Pfund, Lyons verlangte für das neue Modell jedoch lediglich 385 Pfund.
ImageDas Auto wurde ein großer Erfolg und behielt den Doppelnamen. Im November 1937 wurde freilich "Jaguar Cars Ltd" als Tochterfirma von SS Cars Ltd. registriert. Den Kühler zierte nur ein Schriftzug, von der Autozubehörfirma Desmo wurde jedoch ein springender Jaguar als Kühlerfigur angeboten. Dem seit 1934 bei SS tätigen Werbechef Ernest William Rankin mißfiel dieses Modell aber so sehr, dass er sich veranlasst sah, für eine schönere Form zu sorgen. Er wandte sich an Frederick Gordon Crosby, den Grafiker von "The Autocar", der den Wunsch von Rankin nach einer naturgetreuen, leicht stilisierten Form eines springenden Jaguars brilliant umsetzte - zu einer der drei berühmtesten Kühlerfiguren der Welt.  Der Leaping Jag wurde von SS ab Dezember 1938 als Extra angeboten. Er blieb bis 1970 in unterschiedlicher Größe, aber praktisch unveränderter Form für einige Modelle im Programm. Auf manchen Exportmärkten und im Zubehörhandel war er auch danach noch erhältlich.
Markenzeichen und Karosserie stehen bei keinem Autobauer so in Einklang wie bei Jaguar - eine lange, schlanke Linie, Antrittsstärke sowie hohe Geschwindigkeit charakterisieren die vierbeinige wie die vierrädrige Version.
Im Schatten des 2½litre Saloon, der William Lyons wichtiger war, wurde am 24. 9. 1935 auch ein SS 100 genannter Roadster mit identem Motor präsentiert, der 100 mph Höchstgeschwindigkeit erreichen sollte, was bis dahin Bentley, Bugatti oder BMW vorbehalten war. Mit einem zwei Jahre später nachgereichten 3,5-Liter-Motor wurde auch der SS 100 diesem Anspruch gerecht. SS 100 konnten 1937 auch die ersten Gesamtsiege bei motorsportlichen Veranstaltungen auf Straße wie Rundstrecke für SS Jaguar erringen. Jack Harrop gewann im März die RAC-Rallye und Thomas H.  Wisdom im Oktober das Handicap-Race beim BARC-meeting in Brooklands.
ImageWenig später erforderte der Krieg die Verlagerung der Produktion auf Flugzeugkomponenten.  Als nach dem Krieg die Automobilproduktion wieder aufgenommen werden sollte, wollte man unangenehme Erinnerungen an Hitlers Schutzstaffel vermeiden. Da alle Modelle den Zusatz Jaguar trugen, war es naheliegend, Jaguar zum Markennamen zu erheben. Offiziell geschah dies in einer außerordentlichen Hauptversammlung im März 1945.
Kurzes Fazit aus dem bisher dargelegten: Es wäre durchaus legitim, den SS 1 von 1931 als Vorläufer der Marke Jaguar zu sehen und 2011 das 80-jährige Bestehen zu feiern, genau so wie es hoch formal richtig wäre, heuer erst das 65-Jahr-Jubiläum der Marke zu würdigen. Der Mittelweg, an 1935 anzuknüpfen, ist so gesehen ein Kompromiss und soll uns nicht abhalten, 2011 SS-Cars, 2012 die Firmengründung von Swallow Sidecars oder 2017 Swallow coachwork bzw. die Firmengründung von "Jaguar Cars Ltd." zu feiern.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde nur die Produktion des viertürigen Saloon wieder aufgenommen - praktisch unverändert, nur das Reserverad war nicht mehr seitlich angeordnet. Das erste neue Modell wurde im September 1948 vorgestellt, hatte eine verbesserte Radaufhängung sowie Federung und trug den Namen Mk.V. Woran bei dieser Zählung angeknüpft wurde, ist nicht restlos geklärt - fest steht nur, dass die von 1945- 1948 produzierten Saloons und Drop Head Coupés seither als Mk.IV bezeichnet wurden.
Doch William Lyons hatte schon das nächste Ziel im Visier. Er wollte einen deutlich größeren und komfortablen Saloon schaffen, der bis zu 100 mph schnell sein sollte. Im Unterschied zum leichten offenen Zweisitzer SS 100 mit eingeschränktem Platz und Komfort bedurfte es dafür aber eines grundlegend neu konstruierten, deutlich kräftigeren Motors.
Der Aufgabe, einen neuen, Maßstäbe setzenden Motor zu entwickeln, nahmen sich gleich fünf hochbegabte Techniker an: Claude Baily, Walter Hassan, William Heynes, Harry Mundy und Harry Weslake. Produkte im Versuchsstadium erhielten bei Jaguar das Präfix "X" als Synonym für "experimental", ergänzt um weitere Buchstaben oder Ziffern als Ordnungsgröße. Man kann daher nachvollziehen, dass das elfte Konzept, Experimentalmotor K oder kurz XK, ein Sechszylinder- Reihenmotor mit 3.442 cm³, im Jahre 1948 schließlich allen Anforderungen gerecht wurde. Der Motor mit damals für einen Großserienmotor fortschrittlichen zwei oben liegenden Nockewellen war zunächst auf 160 PS ausgelegt und laufruhig sowie kräftig zugleich. Er sollte zu einem Meilenstein der Automobilgeschichte werden und von 1948-1992, also 44 Jahre, Fahrzeuge aus dem Hause Jaguar bewegen.
ImageWilliam Lyons hatte damit den Motor für seinen schnellen Saloon, aber noch nicht die Karosserie, weil es beim Zulieferer Pressed Steel langwierige Probleme bei der Herstellung der großflächigen Teile gab. Um im Herbst 1948 beim ersten Londoner Automobilsalon nach dem 2.Weltkrieg nicht ohne ein neues Modell dazustehen, entschloss er sich kurzfristig, einen Sportwagen auf verkürztem Mk.V-Chassis mit dem neuen Motor zu entwerfen. Die Bezeichnung des neuen Motors und die angepeilte Höchstgeschwindigkeit ergaben den Namen des neuen Jaguar: XK 120.
Lyons kalkulierte mit 240 Stück Gesamtproduktion des Imageträgers, der die Zeit bis zur Verfügbarkeit des Saloon überbrücken sollte. Tatsächlich wurde sein Entwurf für den Open Two Seater jedoch so überzeugend, dass er sechs Jahre später dafür als erster Autobauer von der Royal Society of Arts geehrt werden sollte und bis 1961 über 28.000 Stück vom XK 120 und seinen Ablegern XK 140 und XK 150 in Serienfertigung gebaut werden sollten.
Und der Wagen hielt, was Form und Name versprachen.  Bei einer Präsentation für die Öffentlichkeit wurden von Ronald M. Sutton am 30. 5.  1949 auf dem gesperrten belgischen Autobahnteilstück bei Jabekke - im Vereinigten Königreich gab es noch keine Autobahnen - auf Anhieb 126 mph, also über 200 km/h erzielt. Das war Weltrekord für nicht aufgeladene Serienwagen.  Und auch das erste britische Rennen für Produktionswagen in Silverstone im August desselben Jahres endete mit einem mühelosen Doppelsieg für das neue Modell. Weitere Siege auf der Rundstrecke und bei Rallyes ließen nicht lange auf sich warten, wobei die meisten Erfolge am Kontinent auf das Konto eines gewissen Ian Appleyard gingen, so ganz nebenbei auch Schwiegersohn von William Lyons. Patricia Appleyard war daher quasi die geborene Beifahrerin - die beiden heirateten sogar im Rahmen der Alpine-Rallye 1950.  Ihr weißer OTS mit Kennzeichen NUB 120, mit dem die Appleyards zahlreiche Preise bei der Alpine-Rallye gewannen, wurde zum berühmtesten XK 120.
ImageErmuntert durch diese unerwarteten Erfolge, ließ William Lyons auf einem Gitterrohrrahmen eine spezielle Rennversion des XK 120 entwickeln, die wegen des Zusatzes C für Competition meist nur C-Type genannt wurde. Hier wurden dem XKMotor bei unverändertem Hubraum bis zu 220 PS entlockt, die in Verbindung mit einer leichteren und vom Luftfahrttechniker Malcolm Sayer besonders strömungsgünstig gestalteten Karosserie den Wagen schnell genug machen sollten für das bekannteste Rennen der Welt - die 24 Stunden von Le Mans. Die Wettbewerbswagen waren sechs Tage vor dem Rennen 1951 fertig und wurden auf der Straße zur Rennstrecke gefahren, um sich dort mit den Werksautos von Aston Martin und Talbot-Lago sowie dem dreifachen Le Mans - Sieger Luigi Chinetti auf Ferrari zu messen. Jaguar gelang dass Unfassbare - mit einem komplett neuen Auto in dessen ersten Renneinsatz das renommierteste und härteste Rennen mit der größten Durchschnittsgeschwindigkeit, der größten zurückgelegten Distanz und auch der schnellsten Rennrunde bis dahin zu gewinnen! Mit diesem Erfolg durch Peter Whitehead und Peter Walker war Jaguar über Nacht weltweit bekannt und als britische Spitzenmarke etabliert. England war 16 Jahre nach dem letzten britischen Le Mans-Erfolg durch Bentley nun auch im Rennsport wieder vorne dabei. 1953 gelang sogar ein Doppelsieg durch Tony Rolt und Duncan Hamilton vor Stirling Moss und Peter Walker, obwohl die Scuderia Ferrari für Ascari, Villoresi, Hawthorn und Farina 4,5- bzw. 4,1-Liter-Motoren gegen die 3,4-Liter-XK-Motoren aufbot und auch das Alfa Romeo-Werksteam um Fangio und Sanesi hatte einen leichten Hubraumvorteil. Jaguar hatte freilich die besseren Bremsen, nämlich Scheibenbremsen, die erlaubten, Kurven später anzubremsen und vor allem geringere Fadingneigung hatten. Der C-Type war 1953 das erste Le Mans-Siegerauto, das eine Durchschnittsgeschwindigkeit von über 100 mph erreichte!
ImageJaguar war vom Außenseiter nun endgültig zum Favoriten gereift und trachtete, diesen Vorsprung zu halten. Beim Nachfolgemodell D-Type waren sowohl Motor- wie Fahrerposition noch tiefer angeordnet, um die Aerodynamik weiter zu verbessern.  Der Motor erhielt eine Trockensumpfschmierung und mobilisierte nunmehr 250 PS, was für eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h reichte. Bei seinem ersten Auftreten in Le Mans musste sich der D-Type dem 5,0-Liter-Ferrari-V12-Motor nur knapp geschlagen geben. In den Folgejahren triumphierte Jaguar jedoch dreimal in Serie und gewann 1955 durch Mike Hawthorn und Ivor Bueb, 1956 durch Ron Flockhart und Ninian Sanderson sowie 1957 erneut durch Ron Flockhart diesmal zusammen mit Ivor Bueb.  Das Rennen von 1957 kann ohne Übertreibung als der großartigste Sieg der Le Mans-Geschichte bezeichnet werden, war Jaguar doch nur mehr durch das Privat-Team "Ecurie Ecosse" vertreten, die gegen die Scuderia Ferrari mit zwei 335S, einem 315S und dem berühmten 250 Testa Rossa sowie das Maserati-Werksteam mit dem 300S und zwei 450S antrat. Jaguar war klarer Außenseiter, am Ende des Rennens belegten die fünf angetretenen D-Type freilich die Plätze 1, 2, 3, 4 und 6!
Aus der kleinen Schwalbe war im Laufe der Jahre ein echtes Raubtier geworden, dass sich holte, was es wollte - auf der Rennstrecke wie am Markt. Das Werk an der Swallow Road war daher zu klein für den sich abzeichnenden Erfolg des neuen großen und schnellen Saloon und Jaguar übersiedelte 1951 innerhalb Coventrys auf ein fast doppelt so großes Areal, auf dem Daimler seit Kriegsbeginn Rüstungsmaterial fertigte. Der Erwerb des neuen Standortes von der Regierung war daher mit der Übernahme der dort angesiedelten Panzermotorenfertigung verbunden - kein schlechtes Zusatzgeschäft. Die neue Adresse war jene, mit der Jaguar über alle Zeiten verbunden bleiben wird: Browns Lane im Stadtteil Allesley.
Dort konnte nun endlich die Serienfertigung des großen 100-mph-Saloon mit dem neu entwickelten Motor beginnen, die wegen Lieferschwierigkeiten des Stahllieferanten Pressed Steel um zwei Jahre verschoben werden musste! Welchen Stellenwert das Modell für William Lyons hatte, kann daran ermessen werden, dass er Sonderzüge für die Belegschaft zur Präsentation auf der Earls Court Motorshow Ende 1950 organisierte. Mit diesem Modell wurde der Slogan "Grace - Space - Pace" lanciert, der den neuen Jag treffend charakterisierte.
ImageDer Wagen trug die Bezeichnung Mk.VII um Verwechslungen mit dem Mk.VI von Bentley zu vermeiden und wohl auch seine Überlegenheit zu manifestieren. Der Mk.VII war größer und dennoch sowohl schneller als auch besser im Handling. Seine Form war so ansprechend, dass er allein bei seiner Präsentation auf der New York Motor Show für Bestellungen im Wert von 20 Mio. US -Dollar sorgte. Er war maßgeblich dafür verantwortlich, dass Jaguar Mitte der 50er-Jahre Importmarke Nr.1 in den US A war! Prominenteste Besitzerin eines Mk.VII M war jedoch die Königin Mutter, die ihr Exemplar mit Automatik gelegentlich sogar selbst steuerte. Andere steuerten den Mk.VII noch energischer und sicherten ihm Erfolge bei Produktionswagenrennen in Silverstone und Daytona oder bei Tulpen-Rallye und Rallye Monte Carlo. 1956 konnte sich Jaguar als einzige Marke bislang sowohl den Sieg bei der Rallye Monte Carlo durch den Mk.VII M als auch den Erfolg in Le Mans durch den D-Type sichern.  Die äußerlich leicht veränderten und in der Leistung nochmals gesteigerten Varianten VIII und IX erreichten dank bis zu 220 PS sogar 183 km/h. William Lyons, seit Anfang 1956 in den Adelsstand erhoben, schien am Gipfel angelangt.  Doch wer den Jaguar-Chef kannte, der ahnte, dass er schon das nächste Ziel vor Augen hatte, den 200-km/h-Saloon.
Zunächst galt es freilich die Umstellung auf selbsttragende Karosserien vorzunehmen, was man mit einer zweiten kleineren Modellreihe erfolgreich bewältigte, die nach den eingesetzten Motoren schlicht 2.4 litre oder 3.4 litre hieß. Aus Vorsicht wurden dabei aber die Dachsäulen und Fensterrahmen sehr massiv dimensioniert, was den Wagen etwas klobig wirken ließ. 1959 wurde dies korrigiert und die Designikone Mk.II - geboren.  Nicht überraschend wurde damit der Vorgänger wieder rückwirkend zum Mk.I. Der Mk.II wurde zum Inbegriff des sportlich-eleganten Viertürers.  Er war für den Concours d’Elegance genauso geeignet wie für Siege in Rundstreckenrennen oder Rallyes - er wurde deshalb auch als "gentlemans express" bezeichnet. Lyons erweiterte nämlich die Motorenpalette für den Saloon um die 3,8-Liter Version des XK-Motors mit 220 PS. So entstand der erste Viertürer, der gut war für 200 km/h. Der Quattroporte von Maserati kopierte dies erst vier Jahre später.
ImageDie Erfolge des Mk.II 3.8 sind so zahlreich, wie die keines anderen Jaguar-Modells, weshalb hier nur stellvertretend auf das Jahr 1963 eingegangen werden soll. Bereits im März begab sich ein Wagen auf die Rennstrecke von Monza um neue Geschwindigkeitsrekorde für 10.000 Meilen in einer 4-tägigen Dauerfahrt mit 5 Fahrern aufzustellen.  Trotz teilweise hartnäckigem Nebel und Frostaufbrüchen in der Betonpiste sowie zweimaligem Wechsel des Benzintanks konnte eine neue Rekord-Durchschnittsgeschwindigkeit von 107 mph bzw. 172 km/h erzielt werden. Das härteste Straßenrennen in Europa war spätestens nach dem Ende der Mille Miglia zweifellos die Tour de France für Automobile, die nicht nur quer durch Frankreich führte, sondern auch Rennen auf Rundstrecken wie dem Nürburgring, Montlhery, Spa, Rouen, Reims, Le Mans, Pau oder dem Circuit d‘Auvergne sowie Bergrennen auf den Col du Tourmalet, Puy de Dome oder Mont Ventoux umfasste. Gefahren wurde dabei in zwei Klassen - GT und Tourenwagen. Nach einem Sieg des Mk.I 1959 machte der Mk.II mit vier Siegen in Serie von 1960-1963 seine Überlegenheit deutlich.  Nur der Ferrari 250 war in der GT-Klasse noch öfter erfolgreich. Auf der Rundstrecke war die 1963 erstmals ausgetragene Tourenwagen-Europameisterschaft eine sichere Beute für die schöne Raubkatze. Es war pikanterweise das deutsche Privatteam Peter Lindner/Peter Nöcker, das am Nürburgring dem siegessicheren Mercedes- Werksteam eine Lektion erteilte. Mike Salmon und Peter Sutcliffe gewannen das dritte EMRennen in Brands Hatch, Peter Nöcker das fünfte in Zolder, John Sparrow Runde 6 in Zandvoort und Peter Nöcker schließlich eines der beiden für das Championat obligatorische Bergrennen - auf das Timmelsjoch. Peter Nöcker mit seinem Jaguar Mk.II 3.8 vom Team Linder wurde damit 1963 der erste Tourenwagen-Europameister der Geschichte.
ImageNach den Erfolgen des Mk.II holte William Lyons den nächsten Pfeil aus dem Köcher. Obwohl sich Jaguar offiziell aus dem Rennsport zurückgezogen hatte, war man bemüht, Konstruktionen für die Straße zu schaffen, die bei einem Renneinsatz keine schlechte Figur abgeben würden. Der Nachfolger der XK-Seriensportwagen war daher eine Weiterentwicklung des D-Type und erhielt konsequenterweise die Bezeichnung E-Type. Der erste Prototyp E1A war schon 1957 fertig. Der zweite, E2A, war Ende 1959 einsatzbereit und hatte bereits die von Robert Knight entwickelte neue Hinterradaufhängung. Er wurde vom Amerikaner Briggs Cunningham beim 24 Stunden- Rennen von Le Mans 1960 eingesetzt und gab der Öffentlichkeit einen ersten Vorgeschmack auf den neuen Seriensportwagen. Auf dem Genfer Automobilsalon im März 1961 standen die Leute Schlange um dieses 150-mph-Auto aus der Nähe zu sehen oder bei einer Fahrt dabei zu sein. Der E-Type wird von vielen als der schönste Sportwagen aller Zeiten bezeichnet - dazu gehört auch das Museum of Modern Arts in New York, das ein Exemplar als Exponat erstanden hat. Unstrittig ist, dass es damals kein Auto gab, dass in dieser oder der nächsthöheren Preisklasse bessere Fahrleistungen bot, erst für das doppelte Geld bekam man etwas Adäquates. Im Rennsport gab zwar jede Menge Erfolge in der Serienwagenklasse, für ganz große Erfolge fehlte es aber am Engagement des Werks.
Wichtiger war für William Lyons sein 200 km/h-Saloon, der nur wenige Monate nach dem E-Type im Herbst 1961 debütierte und die Bezeichnung Mk.X trug. Er hatte den gleichen Radstand wie der Mk.IX, war aber 14 cm länger und 21 cm niedriger. Seine Breite von 193 cm war gar Rekordwert für ein britisches Fahrzeug. Es waren nicht zuletzt diese Abmessungen und das daraus resultierende Gewicht, die seinem Temperament Grenzen setzten und ihn die 200 km/h knapp verfehlen ließen. Der Daimler Majestic Major sah zwar im Vergleich sehr hausbacken aus, erreichte aber mit seinem drehfreudigen V8 und 45 PS weniger die gleichen Fahrleistungen. Dass er seit der Übernahme von Daimler 1960 de facto zur eigenen Produktpalette gehörte, war da kein Trost.  In Amerika musste der Mk.X ebenso gegen hubraumstärkere Konkurrenten antreten. Auch war ihm wohl manch kontinentale Garage im wahrsten Sinn des Wortes nicht gewachsen. Mit über einem Drittel geringeren Verkaufszahlen konnte er an den Erfolg seiner Vorgänger nicht anknüpfen.
ImageStilistisch wurde er aber zum Urmeter, an dem alle späteren Jaguar Saloons sich orientieren sollten.  Bis Ende 2009, also 48 Jahre waren Modelle im Programm, die optisch von ihm abgeleitet waren! Der abgesetzte Kofferraum war Vorbild für den S-Type von 1963 aus dem 1966 schließlich der 420 entstand, der wie ein weniger großer Mk.X oder 420G, wie das Modell mittlerweile hieß, wirkte. Er war weniger breit und seine Doppelscheinwerfer waren näher am Kühlergrill platziert.Von Anfang 1969 bis Anfang 1999 gab es zu diesem Aussehen keine Alternative im Programm.  Es gibt nur ganz wenig Modelle in der Automobilgeschichte, deren Design so prägend und zeitlos war wie jenes des Mk.X.
Der 1968 präsentierte XJ6 sollte die Fahrer von gleich vier bisherigen Modellreihen ansprechen, die er ersetzte. Er versuchte dies mit drei unterschiedlichen Motorisierungen. Eine 2,8-Liter-Version mit 149 PS warb um die 240/340-Fahrer, die 4,2-Liter-Variante mit 186 PS zielte auf die 3,4 S/3,8 S-, bzw. 420-Fahrer und für die 420GKlientel wurde eine neue Top-Motorisierung 1972 auf den Markt gebracht, auf die noch gesondert eingegangen wird. Die Homogenisierung der Modellpalette war ein Riesen-Erfolg: von der ersten XJ-Serie wurden mit über 80.000 Stück fast viermal soviel Fahrzeuge verkauft wie von den drei ersetzten Modellreihen zusammen. Der erste XJ war nach dem Mk.II (mit rund 84.000 Stück) das zweiterfolgreichste Modell von Jaguar bis zu diesem Zeitpunkt. Damit war der Grundstein gelegt für eine "ein Modell-Politik" beim Saloon, die von 1970 bis 1999 Bestand haben sollte. Der XJ war anderen Viertürern bei Straßenlage, Fahrkomfort und Laufruhe um Jahre voraus.
An E-Type wie Mk.X hatte sich gezeigt, dass der XK-Motor mit 4.2 Liter Hubraum seine größte Ausbaustufe erreicht hatte. Wollte man im Rennsport wieder ganz vorne dabei sein und mit den Saloons 200 km/h überschreiten, so musste ein neues Spitzenaggregat her. Bereits in den Dreißiger- Jahren wurden Rennwagen mit hochdrehenden V12-Zylindermotoren ausgestattet und nach dem Krieg setzte Enzo Ferrari fast ausschließlich auf diese Auslegung, um seine Sportwagen zu Erfolgen zu führen. Mit 1963 beginnend setzte er bei den Rennsportwagen auf den Mittelmotor - bei Jaguar war allen klar, dass für Rennerfolge an diesem Konzept kein Weg vorbeiführt und man entwickelte einen eigenen V12-Zylinder für einen Mittelmotor-Sportwagen. Das 5,0-Liter-Triebwerk geriet brillant, erreichte auf Anhieb 450 PS und auch der Wagen mit der Bezeichnung XJ13 sah atemberaubend aus. Auf der MIRA-Teststrecke erzielte er einen Rundenschnitt von 260 km/h, ein fabelhafter Wert, der erst 1998 von einem McLaren-Formel 1-Wagen unterboten wurde. Als alles darauf hindeutete, dass das Le Mans-Reglement eine Beschränkung auf 3 Liter vorsehen würde, stellte Jaguar freilich das Sport-Projekt ein.
Das Aggregat wurde nun für den Einsatz in einem Straßensportwagen bzw. einem Saloon überarbeitet.  Der Hubraum wurde für besseres Durchzugsvermögen auf 5,3 Liter erweitert, dafür von vier auf zwei oben liegende Nockenwellen reduziert und die Leistung zurückgenommen. Im E-Type standen 276 PS zur Verfügung, im XJ 12 noch 269 PS. Im E-Type waren damit knapp über 240 km/h, im Saloon 224 km/h möglich.
Um die ganze Kühnheit des Projekts zu erfassen, muss man sich vor Augen halten, was es nach dem 2. Weltkrieg an 12-Zylindern mit Straßenzulassung zu kaufen gab: ab 1947 bot Ferrari reinrassige Sportwagen, 1963 folgte Lamborghini.  Einen auf Komfort ausgelegten 12-Zylinder in einer viertürigen Karosserie hat man seit dem Ende des Rolls Royce Phantom III 1939 in Europa bzw. des Lincoln Zephyr 1948 in den US A nicht gesehen. Und Jaguar bot ab 1971 sowohl einen Sportwagen als auch einen Viertürer mit 12-Zylinder-Motor an!
Aus dem XJ Saloon entstand 1975 mit dem XJ-S auch der Nachfolger des E-Type. Er war eher als komfortabler GT gedacht, denn als Sportwagen.  Dennoch war er im Rennsport erfolgreicher als der E-Type. Bob Tullius war in den US A erfolgreicher Fahrer und Teamchef zu gleich. Nach Klassensiegen 1977 und 1978 sicherte er Jaguar 1981 die Trans Am-Markenwertung. In Europa war sein Pendant als Fahrer und Teamchef Tom Walkinshaw, der mit dem XJ-S in der Tourenwagen-EM antrat. 1982 startete sein Team TWR mit Platz 3 in der Fahrer-Wertung, 1983 war man Zweiter bei den Fahrern und 1984 gewann TWR sowohl die Fahrer- als auch die Teamwertung der Europameisterschaft gegen eine ganze Armada von Werks- und Privatfahrern auf BMW 635 CSi. Sir William Lyons erlebte diesen Triumph noch, ehe er am 8. Februar 1985 auf Wappenbury Hall die Autowelt für immer verließ, die er selbst 50 Jahre, von 1922-1972 so stark mitgeprägt hatte.
Angespornt von dem Erfolg mit dem XJ-S in Europa bekam Jaguar Lust auf mehr - die Raubkatze wollte sich wieder Le Mans schnappen. In den US A begann Tullius rund um den erfolgreichen V12, den er auf 6,0-Liter Hubraum vergrößerte, einen Mittelmotor-Sportwagen für die IMSA-Serie zu bauen und gab ihm unter Anrechnung seines SCCA-E-Types und dreier XJ-S für die Trans Am - Series die Bezeichnung XJR-5. Er erreichte damit bereits im ersten Rennjahr 1983 vier Siege.  In Europa baute Tom Walkinshaw ebenfalls einen Mittelmotor-Sportwagen für die Welt Sport Prototypen Meisterschaft (WSPC) 1985 auf, der die Bezeichnung XJR-6 erhielt und bereits auf 6,2 bzw. 6,5 Liter Hubraum zurückgriff. 1987 schließlich gelangen nicht weniger als 8 Saisonsiege mit dem XJR-8, was Raul Boesel zum Weltmeister bei den Fahrern und Jaguar zum Marken- Weltmeister der Gruppe C der WSPC machte.  Der V12 hatte mittlerweile 7,0 Liter Hubraum und 720 PS. Doch es sollte noch besser kommen.  Der XJR-9 trat 1988 sowohl bei IMSA als auch der WSPC an und erzielte in beiden Rennserien zusammen erneut 8 Siege, darunter die beiden wichtigsten: die 24 Stunden von Daytona durch Martin Brundle/John Nielsen/Raoul Boesel vor einem weiteren Jaguar sowie die 24 Stunden von Le Mans durch Jan Lammers/Johnny Dumfries/ Andy Wallace. Der unverändert große V12 des XJR-9 näherte sich dabei der 800-PS-Grenze.  Martin Brundle wurde Fahrer-Weltmeister, Jaguar gewann erneut bei der Markenwertung.
Während die Folgemodelle XJR-10 und XJR-11 mit V6-Turbomotoren vergleichsweise erfolglos blieben, konnte der XJR-14 mit V8-Saugmotor 1991 erneut sowohl die Fahrer-WM für Teo Fabi als auch die Marken-WM für TWR-Jaguar sichern.  Für die Endurance-Klassiker vertraute man jedoch auf den standhaften V12. Zu Recht, denn mit dem XJR-12 konnte Jaguar 1990 bei beiden Langstrecken-Klassikern sogar Doppelsiege erringen. In Daytona waren Jan Lammers/ Davy Jones/Andy Wallace erfolgreich, in Le Mans Martin Brundle/John Nielsen/Price Cobb.
Die Erfolge in den Gruppe C-Rennen sind umso bemerkenswerter, da die Rennmotoren auf den Serienaggregaten aufbauten. Die in Amerika konzipierten XJR-5 und XJR-7 setzten sogar noch auf die Heron-Zylinderköpfe des Serienmodells, Tom Walkinshaw entwickelte für die anderen Rennmodelle spezielle Zylinderköpfe, die ihrerseits wieder Einzug in das sehr auf Leistung ausgelegte Serienmodell XJR-S 6.0 von 1989-1993 fanden, von dem insgesamt 837 Stück entstanden. Und als sich Jaguar Ende der 80er - Jahre entschloss, den Hubraum des V12 anzuheben, griff man auf die im Rennsport erprobten Zylinderblöcke mit 5.993 cm³ zurück, mit denen man 11 Siege, darunter zwei Doppelsiege bei den 24 Stunden von Daytona erringen konnte.
In der zweiten Hälfte der 80er Jahre, wo Supersportwagen wie der Ferrari GTO oder der Porsche 959 einander an Superlativen überboten, wollte Jaguar nicht zurückstehen, sondern vielmehr noch eins draufsetzen. Bei der Motor Show in Birmingham präsentierte man die Designstudie XJ 220 als das absolute Non Plus Ultra: ein Mittelmotor Sportwagen mit 6,2-Liter-V12-Motor und Allradantrieb. Dem Motor wurden deutlich über 500 PS attestiert, die die angepeilten 220 mph bzw. 350 km/h möglich machen sollten. Damit würde man sowohl Ferrari als auch Porsche übertrumpfen.  Aufgrund der begeisterten Reaktionen entschloss man sich ein Serienmodell zu entwickeln, wobei sich freilich herausstellte, dass man aus Gewichtsgründen sowohl auf den Allradantrieb als auch den schweren V12 verzichten musste, wenn man der Höchstgeschwindigkeit Priorität einräumt. Man wählte daher den 3,5-Liter V6 mit zwei Turboladern aus dem XJ-R 11 Rennwagen, der gut war für 542 PS und zumindest 215 mph. Der XJ 220 war damit zwischen Ende 1991 und 1994 das schnellste Auto mit Straßenzulassung.  Die 280 erzeugten XJ 220 waren auch die einzigen Serien-Jaguar mit Turbolader, bei den XJR-Saloons ab 1994 und den XKR-Sportwagen ab 1998 setzte man auf Kompressoren zur Leistungssteigerung der Reihen-Sechszylinder oder ab 1997 V8-Zylinder.
Während einige Auserwählte auf ihren XJ220 warteten, wurde zur allgemeinen Überraschung knapp vor deren Auslieferung von Ende 1990 bis 1991 noch eine zusätzliche Kleinserie von 50 Straßensport- und Rennwagen mit 6 Liter V12- Mittelmotor unter der Bezeichnung XJR-15 angeboten.  Mit 500.000 GBPs übertraf der XJR-15 den XJ 220 beim Preis und war damit der teuerste Jaguar aller Zeiten. Für diesen exklusiven Sportwagen wurde eine eigene Rennserie mit 1 Mio. Dollar Preisgeld im Vorprogramm von 3 Formel 1-Läufen veranstaltet.
Stichwort Formel 1: auch dieser Herausforderung stellte sich Jaguar. Für die Saison 2000 hatte man das ehemalige Team von Jackie Stewart übernommen und ein Auto entworfen, das von einem V10-Motor von Cosworth angetrieben wurde, einer weiteren Tochterfirma von Ford, des Jaguar-Eigentümers von Ende 1989 bis Anfang 2007. Als die Erfolge auf sich warten ließen, holte man im Februar 2001 Niki Lauda zunächst als Technischen Berater, machte ihn schon 6 Monate später aber bereits zum Teamchef. In die Zeit des Österreichers fielen die einzigen nennenswerten Erfolge, je ein dritter Platz 2001 und 2002, ehe sich Ende der Saison die Wege wieder trennten.  Auch der zweite Österreicher im Jaguar Formel 1 - Team, der Fahrer Christian Klien konnte 2004 lediglich ein paar WM-Punkte sammeln. Nach 5 Jahren Formel 1 mit Jaguar verkaufte Ford das Team an Red Bull, die damit 5 Jahre später Favoriten auf den WM-Titel sind. Es war dies das einzige Mal in der Geschichte, dass Jaguar in eine Rennserie einstieg und nicht als mehrmaliger Sieger hervorging.
Anfang 2007 kam es dann auch zur Trennung von Ford und Jaguar, nachdem Ford infolge der Wirtschaftskrise in Geldnöten war und das für Jaguar vorgesehene Expansionskonzept gescheitert war. An den Schluss möchte ich ein paar Anmerkungen zu den im Laufe der Jahre wechselnden Eigentumsverhältnissen stellen sowie eine vorsichtige Analyse des Status quo.
Wenn man die Highlights der Geschichte mit den Eigentumsverhältnissen abgleicht, so wird man feststellen, dass alles was die Legende Jaguar begründet hat, in die Zeit bis 1966, vor der Integration in die British Motors Corporation fällt: 2½ & 3½litre, Mk.VII -IX, Mk.II , Mk.X, 420 und das XJ6-Konzept bei den Saloons, XK 120, E-Type Series 1 und der Mittelmotor-Rennwagen XJ13 mit dem V12 bei den Sportwagen. In den 18 Jahren bei BMC gab es keine grundlegende Innovation, weder technisch noch stilistisch. In den darauf folgenden 5 Jahren von 1984-1989 ohne Einbindung in einen großen Konzern blühten wieder Ideen wie Erfolge. In dieser Periode wurde mit unzähligen Siegen in der schnellsten Rennklasse aber auch mit daraus abgeleiteten Superlativen auf der Straße Meilensteine gesetzt, die den Ahnen um kein Katzenhaar nachstanden und die Basis gewesen wären, für noch größere Beutezüge des Jaguar.
Ford hatte für diese Rolle aber die andere Konzerntochter Aston Martin auserkoren und leitete wertvolles Know-how, ja sogar fertig entwickelte Fahrzeuge um. Was viele nicht wissen oder wahrhaben wollen: der DB7 wurde bei Jaguar entwickelt und rettete die Marke Aston Martin vor der Stagnation in der sie sich mit dem V8 befand, um es sehr vornehm zu umschreiben. Während andere Hersteller wie BMW, Volkswagen und Mercedes mit 14 bis 30 Jahren Verspätung auf den XJ12 reagierten, nahm Ford ausgerechnet den Motortyp aus dem Programm, der wie kein anderer mit Ferrari und Jaguar verbunden wurde.  Ein moderner V12 wurde wieder nur für Aston Martin entwickelt - übrigens aus zwei aneinandergefügten Ford Mondeo V6-Motorblöcken.
Jaguar hingegen wurde von Ford "audisiert".  Korrekte Diesellimousinen für den Vertreter und praktische Kombis für den Einkauf im Supermarkt waren das erklärte neue Modellspektrum.  Aber vernünftige Autos können die Deutschen besser machen und auch das Zielpublikum spielte nicht mit. Ein um ein Viertel teurerer Audi und BMW oder ein um ein Drittel teurerer Mercedes ging eher als Firmenwagen durch als ein Jaguar, dem noch immer der Hauch von Luxus und ein wenig Dekadenz umwehte.
Die Wildkatze zum Stubentiger zu machen, ist zum Glück misslungen. Nun ist sie zwar nicht ganz frei, aber eben nicht mehr im engen Käfig eines großen Tierhändlers - eher in einem Safaripark, mit der Freiheit sich in alle Richtungen zu bewegen ohne auf Mitbewohner Rücksicht nehmen zu müssen. Und sie hat ihr mutiges Naturell nicht verloren. Besonders das neue Innenraumdesign lässt die Konkurrenz alt und hausbacken aussehen und macht deutlich, dass die Raubkatze noch die Kraft hat, zum großen Sprung in eine glorreiche Zukunft anzusetzen - Alles Gute Jag!
 
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