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Freitag, 29. März 2024
Bristol Automobile Drucken E-Mail
Geschrieben von Wolfgang M. Buchta   

Heft bestellen - Bristol Automobile

Etwas Billigeres können wir uns nicht leisten.

Wolfgang und Ulli Buchta haben die noblen Sportwagen Bristol in ihrem einzigen Showroom - in Kensington in London - besucht und versucht den Mythos der Marke zu erfassen.

Text: Wolfgang M. Buchta
Photos: Ulli Buchta, Bristol, Archiv Austro Classic

 

ImageWir schreiben das Jahr 1854 und George White wird in Bristol geboren - ein weiter Weg zur knapp 100 Jahre später gegründeten Nobelautomarke Bristol, ein weiter, aber ein logischer Weg ...
George White wurde zur richtigen Zeit am richtigen Ort geboren - Bristol war eine pulsierende Hafenstadt, wo Dampfschiffe zusehends die traditionellen Segelschiffe ablösten und auch sonst war man neuen Transportmitteln gegenüber aufgeschlossen.  Dem jungen Mann blieben die "Segnungen formaler Bildung" erspart - mit 15 verließ er die Schule, mit 20 hatte er ein eigenes Unternehmen und mit 22 war er Mitglied der "Bristol Stock Exchange", zu der Zeit eine der wichtigsten Börsen Englands.
Bald waren "George White & Company" auf Aktien von Transportunternehmen spezialisiert und George selbst wurde die Leitung der neuen Pferdetramway von Bristol angeboten.  In den 1890ern erkannte White das Potential der Elektrizität und wurde zum Pionier der elektrischen Straßenbahn, eine Neuerung die sich von Bristol in etliche britische Städte verbreitete und Ende des Jahrhunderts, gehörten unter anderem die "London United Tramways" zum Familienunternehmen.
1904 wurde George White geadelt, und das Familenunternehmen setzte 1908 den nächsten logischen Schritt von Straßenbahnen zu Autobussen.  Der hügeligen Gegend um Bristol waren die herkömmlichen Busse nicht gewachsen und so entstanden im Tramway Depot in Filton Autobusse und einige Lastkraftwagen.  Im gleichen Jahr lernte Sir George White in Frankreich die Gebrüder Wright kennen und erkannte neuerlich das Potential einer neuen Technologie und 1910 eröffnete White seinen Mitaktionären der "Bristol Tramway Company", dass er und seine Familie eine Flugzeugfabrik gründen würden - die "British and Colonial Aeroplane Company" war mit einem Grundkapital von 25.000 Pfund geboren.
ImageDas erste Modell war ein Fehlschlag aber mit dem Doppeldecker "Boxkite" hatte White sein erstes Erfolgsmodell. 1912 galt das Werk in Filton als die größte Flugzeugfabrik der Welt und mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs "explodierte" das Geschäft und mehrere Kapitalerhöhungen waren erforderlich, um mit der Expansion Schritt halten zu können.
Am 22. November 1916 konnte Sir George die stressigen Arbeitsjahre nicht länger verleugnen - nach einem harten Arbeitstag brach er zusammen - der Firmengründer wurde gerade einmal 62 Jahre alt. Als kleiner Trost könnte gesehen werden, dass er den Erstflug des "Bristol Fighter" noch miterlebt hatte. Dieser sollt einer der erfolgreichsten Flugzeugtypen des Ersten Weltkriegs werden und die letzten der mehr als 5.000 gebauten Exemplare wurden erst Anfang der 1930-er außer Dienst gestellt.
Georges um sieben Jahre jüngerer Bruder Sam wurde sein Nachfolger als Chairman der Firma und nach etlichen familieninternen Transaktionen auch Hauptaktionär.  Mit dem Kriegsende im Jahre 1918 brach der Markt für Flugzeuge natürlich zusammen und man musste sich nach neuen Produkten umsehen.  Da alle Familienmitglieder begeisterte Automobilisten waren, lag ein Einstieg in die Motorindustrie nahe.
Es entstanden vermutlich zwei Exemplare eines Kleinwagen, des Bristol Monocar und Karosserien für Armstrong Siddeley, aber im wesentlichen konzentrierte sich Bristol wieder auf seine Autobusse.  Mit der Übernahme eines in Schwierigkeiten geratenen Flugmotorenbauers erweiterte Bristol die Produktpalette im Luftfahrtbereich.  Die Flugmotoren der Firma Cosmos, die unter der Leitung von Roy Fedden entstanden waren, sollten zu den Urahnen der kriegswichtigen Bristol-Motoren im Zweiten Weltkrieg werden.  Ein von Cosmos entwickelter Kleinwagen mit luftgekühltem Motor - in der Geschichte von Bristol begegnen wir immer wieder dem Automobil - wurde als wenig vielversprechend nicht weiter entwickelt...
Image1928 starb Sam White, der schon länger kränklich gewesen war, und William Verdon Smith, ein Neffe von Sir George und bisher zuständig für die Busproduktion, wurde Chairman des Gesamtkonzerns.  1935 trennten sich die Familien White und Smith von ihrer Anteile an den Straßenfahrzeugen und konzentrierten sich auf die Flugzeugund Flugmotorenproduktion. Ob das eine kluge Entscheidung war, ist sogar im Rückblick schwer zu entscheiden - mit der neuerlich drohenden Kriegsgefahr versprach der Flugzeugbau lukrative Aufträge, aber nach Kriegsende wäre ein zweites Standbein wohl von Vorteil gewesen...
Nun, vorerst entwickelte sich die nunmehr "Bristol Aeroplane Company" genannte Firma prächtig. 1935 ging Bristol an die Börse und Ende des Jahres hatte der ehemalige Familienkonzern bereits mehr als 8.000 Mitarbeiter.  1939 umfasstem die Bristol Werke eine Grundfläche von knapp 3 Mio. Quadratmeter.
Während des Zweiten Weltkriegs wuchs Bristol kräftig - bis auf 50.000 Mitarbeiter - und war einer der wichtigsten britischen Flugzeugproduzenten.  Neben zahlreichen anderen kriegswichtigen Produkten sind vor allem die Typen "Blenheim" und "Beaufighter" zu erwähnen.
1946 wurde William Verdon Smith, wohl nicht zuletzt auf Grund des "war efforts" von Bristol zum Sir William geadelt und blieb Vorstandvorsitzender des Konzerns, bis dieser 1955 unter dem Druck der Regierung mit English Electric und Vickers Armstrongs zur "British Aircraft Corporation" zwangsfusioniert wurde.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahre 1945 stand Bristol wieder einmal vor bereits bekannten Problemen - mit dem Ende der Kriegsproduktion mußte ein neuer Geschäftszweig "aus dem Hut" gezaubert werden. Da die meisten Familienmitglieder eifrige Automobilisten waren, war der (Aus)-Weg eigentlich vorgegeben - Einstieg in den Automobilbau, wieder einmal ...
ImageDie Idee war weder neu noch originell - denken wir nur an die Herren Heinkel oder Messerschmitt, beides Flugzeugbauer die nach Kriegsende in den Kleinwagenbau einstiegen, oder die "Svenska Aeroplan AB", die 1947 den Saab 92 herausbrachte.  Mit der automobilen Vergangenheit der Familien White und Smith kamen Kleinwagen oder Micromobile natürlich nicht in Frage, da lag die Latte schon etwas höher.
Bereits 1941 machten man sich Gedanken über ein zukünftiges Automobil, das gleichemaßen sportlich, luxuriös und technisch fortschrittlich sein sollte - Lancia Aprilia und BMW 326 wurden als mögliche Vorbilder diskutiert. Vor allem die die BMW-Modelle hatten es George White, dem Enkel des Firmengründers, angetan. Vor dem Krieg waren die Gebrüder Aldington die Importeure von BMW. Die Brüder hatten 1929 die Firma Frazer Nash übernommen und vertrieben kaum veränderte BMW 326, 327 und 328 als Frazer Nash-BMW.
Unter Umständen die heute nicht mehr ganz klar sind - manche Quellen sprechen von erzwungenen Reparationszahlungen, andere von einer Rettung der technischen Unterlagen vor den russischen Besatzungstruppen mit Einverständnis, vielleicht sogar auf Wunsch, von BMW - fanden Pläne, Werkszeuge und Bestandteile der Vorkriegsmodelle von BMW von Eisenach nach England - darunter natürlich auch der Motor des legendären BMW 328 und ein BMW 338 Cabrio, mit dem Reginald Verdon-Smith 1945 seinen Sommerurlaub in Cornwall verbringen durfte.
AFN hatte die Unterlagen und die Rechte für die Vorkriegsmodelle von BMW und Bristol wollte rasch mit der Automobilproduktion starten, ohne bei Null beginnen zu müssen - nach anscheinend nicht ganz friktionsfreien Verhandlungen einigten sich die beiden Partner und Bristol konnte mit der Konstruktion des ersten Automobil beginnen, das stark vom BMW 327 inspiriert war.
ImageHerzstück des neuen Wagens war natürlich der bewährte 2-Liter-Sechszylinder, der 1940 geholfen hatte, die Mille Miglia zu gewinnen. Bereits im Mai 1946 lief die erste bei Bristol gebaute (und gegenüber dem Original von BMW leicht modifizierte) Motor am Prüfstand in Filton. Im Herbst wurde ein Bristol-Motor in den BMW 327 von Reginald Verdon-Smith eingebaut und von diesem ausgiebig getestet.
Bereits vor dem Krieg hatte BMW Überlegungen zu einer viersitzigen, oder vielleicht sollte man lieber sagen 2+2 sitzigen Version des 327 Coupes angestellt - Überlegungen, die jetzt in England fortgesetzt wurden. Ungefähr an dieser Stelle in unserer Geschichte hat ein gewisser Tony Crook seinen ersten Auftritt. Tony Crook war im zweiten Weltkrieg Kampfflieger gewesen und besaß nicht nur einen Alfa Romeo 8C 2900 sondern auch einen Frazer Nash-BMW 328. Als Crook irgendwo hörte, dass Bristol unter die Automobilhersteller gehen wollte setzte er sich kurzerhand in seinen 328er und fuhr nach Filton - das wechselseitige Interesse war vorhanden und als er Bristol wieder verließ, hatte er neben einem der verbesserten Zylinderköpfe für seinen 328-er auch einen Vertrag als Bristol-Händler "in der Tasche".
Im Herbst 1946 erschienen in den britischen Automobilzeitschrift die ersten Artikel über den neuen Wagen. Im September schrieb "The Autocar" über den neuen "Frazer Nash-Bristol", eine Darstellung, die AFN zwei Wochen später dementierte - die sportlichen Limousinen aus Filton würden unter dem Namen Bristol laufen und die Sportwagen aus Isleworth in London würden als Frazer-Nash - jetzt mit Bindestrich - angeboten werden.
Ende Oktober durfte "The Motor" in Filton die erste beiden Exemplare des Bristol 400 testen und waren von Fahrleistung - knapp 150 km/h - und Straßenlage mehr als beeindruckt.  Der Typ 400 war optisch eine Mischung aus BMW 327 und BMW 335 - zwei Türen, vier Sitze und eine Stromlinienform, die im firmeneigenen Windkanal - wozu war man denn Flugzeugbauer - optimiert worden war. Auf einem massiven Rahmen saß eine Stahlkarosserie mit tragendem Holzgerüst. Angetrieben wurde der Typ 400 natürlich vom Motor des BMW 328 mit etwa 80 PS.
ImageAuch die Typennummer dokumentierte die starke Verbundenheit mit BMW. Vor dem Krieg hatten die PKW bei BMW Typennummern mit 300 - 326, 327, 328,... - gehabt; darüber haben wir ja vor rund einem Jahr ausführlich in AC - "Der flotte Dreier" - berichtet, und die ersten Nachkriegsmodelle von BMW waren die Typen 501 und 502 - und dazwischen liegen, erraten, mit dem Bristol 400 beginnend die englischen Verwandten.
Im März 1947 hatte der Bristol sein großen Auftritt am Automobilsalon in Genf, Mit einem "Saloon", einem "Drop Head" - also einem geschlossenen und einem offenen Wagen - sowie einem Chassis war die neuen, kleine Firma recht würdig repräsentiert.
Ursprünglich waren der Saloon um 1.450 und der offenen Wagen mit 1.500 Pfund - beides exklusive Kaufsteuer - angekündigt, als die britische Regierung für alle Autos über 1.000 Pfund die Kaufsteuer von 33% auf 66% erhöhte. Die Entwicklung des offene Typ 400 wurde gestoppt und der geschlossenen kostete den Kunden jetzt inkl. aller Steuern stolze 2.374 Pfund - rund das Doppelte eines 3,5 Liter Jaguar. Und im Laufe der folgenden Jahre wurde der Preis noch weiter erhöht ...
Ohne Zweifel war der Bristol 400 ein teurer Wagen und wer Hubraum und Leistung zum günstigsten Preis kaufen wollte, war hier fehl am Platz.  Aber bereits der erste Bristol begründete den Stil und die Philosophie, der Bristol bis heute treu ist - keine spektakulären, übermotorisierten Sportwagen mit mehr Show- als Nutzwert, sondern exqusit konstruierte Fahrzeuge mit herausragenden Fahrleistungen aus (relativ) kleinen Motoren, die gleichermaßen für den täglichen Betrieb wie auch für lange Reisen geeignet sind.
Bristol wusste auch die Vorteile eines Kleinserienherstellers zu nutzen und ließ kontinuierlich Verbesserungen in die Produktion einfließen - zweifellos ein Umstand, der Originalitäts-Fanatikern heute bei Restaurierungen in den Wahnsinn treibt.
Image1947 verpasste Carrozzeria Touring in Mailand einem Bristol 400 eine runde, elegante "Superleggera" Karosserie, die wie eine Mischung aus einem BMW und einem Vorkriegs-Alfa Romeo wirkte - und deutlich den Weg zum Nachfolger zeigte. Der Bristol 400 wurde von 1947 bis 1950 gebaut und inklusive diverser Sonderkarosserien wurden rund 480 Stück gebaut.
Bereits 1948 wurden dem Typ 400 der Bristol 401 zur Seite gestellt. Die Karosserie war runder geraten und von der Kreation aus dem Hause Touring beeinflusst. Insgesamt wirkte der 401 wesentlich moderner als der 400, der ja optisch in der Vorkriegszeit verhaftet war.
In der Bristol-typischen Liebe zum Detail waren beispielsweise die Türgriffe verschwunden und Druckknöpfen gewichen, was gleichermaßen eleganter und aerodynamischer war. Die neue Karosserie hatte einen CW Wert von nur 0,36 - was in etwa einer modernen Chevrolet Corvette oder einem Ferrari F40 entspricht - und war gleichzeitig geräumiger. Der Bristol 401 war ein echter Fünfsitzer.
Technisch entsprach der neue Bristol seinem Vorgänger - 6-Zylinder Motor mit 2 Liter Hubraum und jetzt 85 PS, vorne Einzelradaufhängung und hinten eine Starrachse sowie vier Trommelbremsen - Evolution statt Revolution war angesagt.
Die Zeitschrift "The Motor" gab die Spitzengeschwindigkeit mit 156 km/h an, die Beschleunigung auf 100 km/h mit 15,1 Sekunden und den Verbrauch mit 13,6 Liter. Geblieben war der hohe Preis - 3.532 Pfund inkl. Steuern.  Trotzdem sollte der Typ 401 mit 611 Exemplaren der stückzahlenmäßig erfolgreichste Bristol aller Zeiten sein. Sein Zwillingsbruder, der Bristol 402, wie die offene Version genannt wurde, hingegen blieb mit 23 Exemplaren ausgesprochen rar.
1953 wurde der Bristol 401 durch das Modell 403 abgelöst, das äußerlich dem Vorgänger zum Verwechseln ähnlich sieht und von diesem praktisch nur anhand eines dezenten "403" Schriftzugs an der Seite der Motorhaube zu unterscheiden ist. Unter der wieder in "Superleggera" Bauweise ausgeführten Karosserie gab es etliche technische Verbesserungen.
ImageVor allem danke größerer Ventile konnte die Motorleistung bei gleich bleibendem Hubraum - unverändert 1.971 ccm - von 85 auf 100 PS gesteigert werden. Damit überschritt der Bristol 403 die "magische Grenze" vom 100 Meilen pro Stunde und war 167 km/h schnell. Der Sprint auf 100 km/h war um drei Sekunden schneller.  Um die gewachsenen Fahrleistung auch sicher im Griff zu haben bekam die Vorderachse einen Stabilisator und die Bremsen bekam "Alfin" - "aluminium finned" - Bremstrommeln, die die Wärme besser ableiteten. Kurioser Weise war Bristol in Sorge, dass der Wagen jetzt "überbremsen" könnte und spendierte die "Alfins" nur für die Vorderachse. Vom letzten Bristol mit der charakteristischen "BMW Niere" wurden 287 Exemplare gebaut.
Im Jahr 1953 brachte Bristol gleich zwei neue Modelle heraus - neben dem bereits besprochenen 403 war das der Bristol 404, der optisch etliche Neuerung zu bieten hatte und - für Bristol - fast revolutionär war.
Die komplett neue 2-Sitzige Karosserie hatte einen um rund 45 cm kürzeren Radstand als das Standardchassis und war ausschließlich in geschlossener Form erhältlich. Optisch auffälligste Änderung war wohl der Kühlergrill, der nicht mehr im Stile von BMW gehalten war, sondern einen einzelnen, großen Lufteinlass hatte, der wohl an ein Flugzeug erinnern sollte.
Der Typ 404 hatte auch erstmals die für lange Zeit charakteristischen Stauräume in den vorderen Kotflügeln - links, also der in England dem Straßenrand zugewandten Seite, Reserverad und Wagenheber und rechts Batterie und Sicherungskasten.  Unter dem Blechkleid wurde die Mechanik neuerlich vorsichtig renoviert: Dank höherer Kompression leitete der Motor jetzt 105 PS (100B Motor) oder gar 125 PS (100C Motor) und ein kürzerer Schalthebel verbesserte die Schaltung, die zu ihrer Zeit ohnedies eine der besten überhaupt war. Mit nur 52 gebauten Exemplaren war der Bristol 404 selbst in diesem exklusiven Kreis ein Exote.
ImageAuf größere Stückzahl - 308 Exemplare - kam der 1954 präsentierte Nachfolger des Bristol 403, der Typ 405. Der Bristol 405 hat die gleiche Linie wie der 404 - und wird mit diesem daher auch oft verwechselt - ist allerdings bis heute der einzige Viertürer in der Geschichte der Firma. Unter der Karosserie hat der 405 alle Verbesserungen des 404 - stärkerer Motor, Getriebe,...
aber natürlich aufgrund des "normalen" Radstands von 290 cm ein höheres Gewicht und geringere Fahrleistungen.
Der 404 wurde bereits 1955 wieder eingestellt während der 405 bis 1958 produziert wurde.  Die Viertürer der späteren Jahre konnten mit einen serienmäßigen Overdrive und optionalen vorderen Scheibenbremsen auftrumpfen.  Um die Verwirrung 404 vs. 405 zu perfektionieren, gab es vom Bristol 405 ein (zweitüriges) Cabrio, dessen Karosserie bei "Abbotts of Farnham" gebaut wurde und das optisch näher am 404 als am 405 ist. Die meisten der Bristol 405 D (Drophead) genannten Cabrios hatten den leistungsgesteigerten 100C Motor mit 125 PS.
Bristol-Feinspitze haben meist den Film "Absolute Beginners" aus dem Jahre 1986 daheim, denn darin spielt David Bowie einen Schaufensterdekorateur, der in einer kurzen, für Bristol- Enthusiasten aber denkwürdigen Szene, lebensgroße Weihnachtsmänner im Fonds eines Bristol 405 Cabrios durch London chauffiert.
1956 wurde die Automobilabteilung aus dem Luftfahrtkonzern herausgelöst und schließlich 1960 in einem "Management-buy-out" von Sir George White und Anthony Crook übernommen.
1973 wurde Tony Crook alleiniger Eigentümer von Bristol Cars.
1958 wurde der 405 durch den Typ 406 abgelöst, der die Linie des 404/405 fortsetzte, allerdings zum klassischen 2-türigen Viersitzer zurückkehrte.
ImageDa Bristol mit einem 2-Liter-Motor, dessen Wurzeln in den 30-er Jahren lagen, in der sportlichen Luxusklasse nicht mehr konkurrenzfähig war, versuchte man in Filton der traditionellen Sechszylinder auf 2,2 Liter Hubraum zu vergrößern. Die Motorleistung blieb dabei gleich, allerdings verbesserte sich der Drehmomentverlauf bei geringerer Drehzahl. Der Bristol 406 war auch eines der ersten Automobile mit vier Scheibenbremsen.
Dass der vergrößerte Motor keine wirkliche Lösung für das mittlerweile bestehende Leistungsdefizit gegenüber dem Mitbewerb war, zeigte sich auch in den Verkaufszahlen - nach nur 174 Stück kam 1961 schon ein Nachfolger. Sechs Bristol 406 hatten eine spektakuläre Karosserie aus dem Hause Zagato, zwei davon auf verkürztem Chassis.
Ein kleiner Preischeck: 1961 kostete in Frankreich ein Mercedes 220 COupe 37.000 Francs, ein Lancia Flaminia Coupe 39.000 Francs, ein Alfa Romeo 2000 Sprint 33.400 Francs - und der letzte Sechszylinder-Bristol 65.000 Francs.
Aber in diesem Jahr war auch bei Bristol die Zeit des altehrwürdigen Motors aus den 30er Jahren abgelaufen und mit dem Bristol 407 begann eine neue Epoche, die bis heute andauert.  Äußerlich sah der 407 gar nicht revolutionär aus und glich bis auf ganz minimale Details seinem Vorgänger, aber unter der Motorhaube....
Bristol war nach reiflicher Überlegung auf Einkaufstour nach Amerika gegangen und kam mit einem V-8 von Chrysler (5.130 ccm, rund 250 PS und aus kanadischer Produktion) zurück.  Wie andere Kleinserienhersteller davor und danach hatte Bristol erkannt, dass es nirgendwo günstigere Pferdestärken als in Amerika gab.  Die Kraftübertragung erfolgte über eine Torqueflite Dreigangautomatik - eine weitere Neuerung für Bristol. Der Verkaufspreis war mittlerweile auf stolze 5.141 Pfund angewachsen, aber mit einer Spitze von 200 km/h und einem Sprint auf 100 km/h in 9,2 Sekunden war Bristol jetzt wieder ganz vorne dabei. Ein kräftig überarbeitetes Fahrwerk - Spiralfedern, neue Lenkung,...
- sorgten dafür, dass der Wagen den gewaltigen Kraftzuwachs auch sicher auf die Straße brachte.  Für die angestammte Klientel - Shocking, what‘s an American engine doing in here? - muss es aber doch ein gewisser Schock gewesen sein - bis 1963 hielt sich die Stückzahl mit 88 Exemplaren in Grenzen.
ImageMit dem Bristol 408 (83 Stück zwischen 1963 und 1966) stand eindeutig wieder die Evolution im Vordergrund. Die erste Serie hatte die idente Technik und nur an der Front war der Lufteinlass der Sechszylinder-Modelle einem rechteckigen Kühlergrill gewichen. Die Bristol 408 der zweiten Serie hatten eine modifizierte Drucktastenautomatik, die Bedienungsfehler ausschließen sollte, ein Getriebegehäuse aus Leichtmetall, das mehr als 30 kg an Gewicht sparte und einen um knapp 100 ccm vergrößerten V-8.
Der von 1965 bis 1967 zeitweise parallel zu seine Vorgänger gebaute Bristol 409 ist an seinem trapezförmigen Kühlergrill erkennbar. Unter der Motorhaube hatte der gleiche Motor eine geringfügig höhere Leistung und Bristol stieg auf die von Chrysler bereits länger verwendete Wechselstromlichtmaschine um. Eine komfortablere Abstimmung des Fahrwerks, eine etwas längere Übersetzung der Hinterachse und die vorerst optional erhältliche Servolenkung setzten den Weg vom Sportwagen zum "Gentleman's Express" fort.
In den Jahren 1968/69 hielt der Bristol 410 die Fahnen der kleinen Firma aus Filton hoch.  Wieder ist es für den oberflächlichen Betrachter schwierig, den Typ 410 von seinem Vorgänger und seinem Nachfolger zu unterscheiden. Am ehesten gelingt dies anhand der Scheinwerfer, die in den Kotflügeln zurückgesetzt sind. In Summe war die Karosserie in vielen, kleinen Punkten aerodynamisch verfeinert worden und insgesamt etwas "runder" geworden. Wenn man das Glück hat, einen Bristol 409 und einen Bristol 410 direkt nebeneinander stehend zu sehen, könnte vielleicht noch auffallen, das die 16 Zoll Rädern auf 15 Zoll geschrumpft sind. Das Reserverad residierte natürlich nach wie vor hinter der Klappe im linken, vorderen Kotflügel.
Im Inneren war die einst so beliebte Drucktastenautomatik unter "Beschuss" der Sicherheitsaposteln geraten, und ebenso wie Chrysler hatte Bristol von diesem Feature Abstand genommen - einen Bristol 410 schaltet man über einen konventionellen Automatikwählhebel zwischen der Vordersitzen.
Und zu Filmruhm ist der Bristol 410 auch gekommen: In der in England beliebten Krimiserie "Inspector Lynley" fährt der Titelheld zuerst einen Peugeot, dann einen Jensen Interceptor und schließlich einen Bristol 410 - das nennt man wohl sozialen Aufstieg.
ImageLanglebig (1969 bis 1976) und in großer, OK automatik, elektronische Zündung,... - Bristol 411 ist, also mehr oder weniger nahtlos an den Bristol 411 Serie 5 des Jahres 1976 anschließt.  Aber zurück in den 70er Jahren bekam der langlebige Bristol 411 gleich zwei Nachfolger. 1975 kam der Bristol 412 heraus, das letzte Modell mit der traditionellen 400-er Seriennummer.
Der Bristol 412 hatte eine kantige Karosserie von Zagato mit einem Targadach. Über das Styling gehen die Meinungen auseinander - während die einen die dezent-unauffällige Form loben vergleichen die anderen den Bristol 412 wenig charmant mit einem übergroßen, übermotorisierten und überteuerten Ford Cortina Cabrio ...
Unter der kontroversiellen Karosserie fand sich mittlerweile gewohntes - Chrysler V-8 und Automatik. 1977 wurde der 412 überarbeitet - kleinerer - OK, immer noch 5,9 Liter Hubraum - Motor, dem geringeren Gewicht angepasste Vorderachse, neue Sitze und verlängerte Serviceintervalle.  Katalysator und verstärkter Überrollbügel sollten den Weg in den lukrativen US -Markt öffnen - mit limitiertem Erfolg. Die meisten "amerikanischen" Bristol 412 wurden nach Kontinentaleuropa exportiert und einer(!) soll seinen Weg nach Kanada gefunden haben.
1982 wurde aus dem Bristol 412 der Bristol Beaufighter, eine Homage an das gleichnamige Flugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg. Erkennbar ist der Beaufighter vor allem an den Doppelscheinwerfern.  Wichtiger war wohl, dass der V-8 einen Turbo von Rotomaster bekam, wodurch die Fahrleistung nochmals substantiell - auf 150 Meilen resp. 242 km/h - gesteigert wurden.  Die Produktion des Beaufighter wurde 1993 eingestellt, aber bis 1994 sollte noch die letzte Variation des Bristol-412-Themas gebaut werden.
Der Bristol Beaufort, der Name eines anderen Flugzeugtyps aus dem Zweiten Weltkriegs, hatte statt des Targa-Bügels des 412/Beaufighter ein elektrisch versenkbares Stoffdach, war also ein Vollcabrio. Zum Ausgleich für den fehlen- den Überrollbügel wurde der Scheibenrahmen verstärkt und dank eines 136-Liter-Tanks hatte der Beaufort trotz des durstigen V-8 eine Reichweite von 800 km. Fast alle der wenigen gebauten Beaufort waren linksgesteuert und wurden nach Kontinentaleuropa exportiert.
ImageEin Jahr später stellte Bristol den zweiten Nachfolger des 411 vor. Der Bristol 603 beendete nicht nur die traditionelle Serie der 400-er Typennummern sondern hatte auch eine komplett neue Karosserie, die keine Mutation des Bristol 406 aus den späten 50er Jahren war. Laut Herstellerangabe bot die neue Karosserie den Insassen mehr Raum als alle Bristols davor.
Die Energiekrise der 1970er Jahre ging auch an der wohlhabenden Klientel der Firma Bristol nicht spurlos vorbei und der Bristol 603 wurde als 603 E mit einem "kleinen" V-8 von "nur" 5,2 Liter Hubraum und als 603 S mit 5,9 Liter Hubraum angeboten - beide Versionen waren sparsamer als die Vorgänger. Im Innenraum fanden sich als neue Luxusmerkmals elektrisch verstellbare Sitze und eine Klimaanlage.
Mit der Serie 2 - neue Scheinwerfer und Kühlergrill - war die Energiekrise vorerst einmal vergessen und es wurde nur mehr der große V-8 angeboten und mit der Einführung der Serie 3 - kleinerer Kühlergrill und neue Rückspiegel - wurden auch die Autos der Type 603 nach historischen Flugzeugen benannt.
Der Bristol Britannia - benannt nach einem viermotorigen Turboprop-Verkehrsflugzeug der 50er Jahre - war die "Standardversion" und der Bristol Brigand - benannt nach einem 1945 eingeführtem zweimotorigen Kampfflugzeug - hatte den aus dem Bristol Beaufighter bekannten Rotomaster Turbo, der für beeindruckende Fahrleistungen sorgte.
Die vierte Serie des Bristol 603 höre auf den klingenden Namen "Blenheim" - erraten, wieder einem Namen aus der ruhmreichen Luftfahrvergangenheit der Firma. Mit Benzineinspritzung und geänderten Scheinwerfern gehört der Blenheim in der mittlerweile vierten Serie und ohne die Typenbezeichnung "603" auch heute zum aktuellen Angebot von Bristol.
Womit wir in der Modellpalette in der Gegenwart angekommen sind. Bristol baut derzeit wahrscheinlich eine geringere Stückzahl - über Produktionszahlen spricht man nicht - von mehr unterschiedlichen Modellen als je zuvor. Neben den bereits erwähnten Modellen "Series 6" und "Blenheim", hat der kleine Hersteller zwei weitere Typen im Programm, die nicht wirklich als Automobile für gesetzte Gentlemen durchgehen.
ImageDer Blenheim Speedster ist ein kurioser zweisitziger Roadster, dessen Form angeblich auf einen Prototypen der 50er Jahre zurückgeht und stark an die Modelle 404 und 405 erinnert. Mechanisch basiert der Speedster auf dem Blenheim, ist aber um rund 250 kg leichter - woraus atemberaubende Fahrleistungen - 160 mph (knapp 260 km/h) und um die 5 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h - resultieren.
Wem der Speedster langweilig erscheint, dem sei der Bristol Fighter - richtig, da gab's doch ganz am Anfang unserer Geschichte ein Flugzeug dieses Namens - empfohlem. In einem massivem Rahmen und unter eine Karosserie aus Aluminium und Carbon tut ein Motor von Chrysler seinen Dienst, allerdings handelt es sich dabei nicht um den "banalen" V-8 sondern um den 8 Liter V-10 aus der Dodge Viper mit einer auf 550 PS gesteigerten Leistung.
Die Fahrleistungen werden bescheiden mit 210 mph (338 km/h) und "weniger als 4 Sekunden" auf 100 km/h angegeben. Der Bristol Fighter bietet zwar die Fahrleistungen eines vergleichbaren Supercars, hat aber nicht dessen Einschränkungen, da er relativ schmal ist und gute Sicht bietet, da der Fahrer nicht in eine halbliegende Position gezwungen wird.
Und sollte ein wirklich wohlhabender und verwöhnter Kunde damit noch immer nicht zufrieden sein und es sich unbedingt mit dem Bugatti Veyron des Nachbarn "anlegen" wollen, dann hat Bristol zum Glück noch den Bristol Fighter T - T für Turbo - im Angebot. Mit angegeben 1.012 PS sollte die theoretische Spitze bei 270 mph (434 km/h) liegen...
Aber kehren wir aus der abstrakten Welt der Supercars in die reale Welt der wirtschaftlichen Probleme zurück, von den auch eine Firma wie Bristol nicht verschont geblieben ist.  Bereits 2001 hatte Tony Crook Bristol verkauft und sich 2007 endgültig ins Privatleben zurückgezogen.  Unter dem neuen Besitzer und Chairman Toby Silverton wurde die Firma vorsichtig - ganz im Stil des Hauses - "renoviert" und Silverton war auch für den "frischen Wind" in Gestalt des Fighter verantwortlich.
In den wirtschaftlichen Turbulenzen der letzten Jahre fanden sich dann doch nicht genügend wohlhabende Gentlemen und am 3. März 2011 musste Bristol Insolvenz anmelden, aber noch war nicht alles verloren, denn rund 6 Wochen später gab die "Kamkorp Group", ein Automobilzulieferer zu dem unter anderem Frazer-Nash Research gehört, bekannt, dass sie Bristol übernommen hätten - womit wir wieder zum Ausgangspunkt unserer Geschichte - mit Hilfe von Frazer Nash stieg Bristol einst in den Automobilbau ein - zurückgekehrt sind.
Und damit das Happy End noch perfekter wird, gab Bristol am 16. Februar dieses Jahres bekannt, dass ein gewisser Sir George White, Sohn des Gründers von Bristol Cars und Urenkel des Gründers der "Bristol Tramway Company" zum neuen General Manager von Bristol bestimmt wurde ...
 
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