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Samstag, 20. April 2024
Steyr Treffen Schlögen/Donau Drucken E-Mail
Geschrieben von Manfred Loy   

Heft bestellen - Steyr Treffen Schlögen/Donau - Späte Liebe

8. Internationales STEYR Treffen in Schlögen/Donau, oder von leichtfüßigen Herren und tapferen Knechten...

Text & Photos: Manfred Loy

 

ImageSteyr Automobile genossen in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Weltruf und übertrafen viele andere Hersteller punkto technischer Überlegenheit, Fahrverhalten und Qualität.
Kein geringerer als Berthold Brecht wies in einer Lobpreisung "Singende Steyr Wagen" auf die außerordentliche Qualität der Steyr-Produkte hin. Ein anderer volkstümlicher Gassenhauer wurde in etwa so gesungen: "Ich geh‘ nur mit dem Mayer ... denn der hat einen Steyr ..." Und dann gab es noch: "Ich möchte von Dir ein Baby ... ein Steyr Baby!
Mit der Automobilproduktion wurde in der ehemaligen Waffenfabrik des Josef Werndl 1920 begonnen. Vier weltbekannte Konstrukteure prägten in der kurzen Schaffensperiode von 1922 bis 1941 die Produktion.
Die maßgeblichen Konstrukteure im Hause ST EYR: Dr. h.c. Hans Ledwinka mit seinen frühen Typen II , IV, V, VI und VII , produzierte EH 7245; Ing. Anton Honsig XII , XVI und XX, produzierte EH 14 424; Dr. h.c. Ferdinand Porsche XXX und Typ Austria, produzierte EH 3887; Ing. Karl Jenschke mit den Modellserien 50, 55, 100, 120, 220, 430, 530, 630, produzierte EH 30 396. Wie der geneigte Leser an den produzierten Einheiten erkennen kann, hat der "Mythos Porsche" in den Steyr-Werken nicht zugeschlagen. Im "Steyr Register", das seit 1996 besteht, sind circa 350 Steyr Automobile aus der Produktion vor 1945 vermerkt.
In zweijährigem Rhythmus wird, vom für das Steyr Register verantwortlich zeichnenden Herrn Klaus Tiede und seiner Gattin Waltraud, ein ST EYR Marken-Treffen organisiert.  Für 2012 ist Schlögen an der Donauschlinge als Treffpunkt auserkoren.
Am Freitagnachmittag sammeln sich 48 Steyr-PKW, Teilnehmer aus fast allen österr. Bundesländern, von Wien bis Vorarlberg, Deutschland und Holland im dazu bereitgestellten Tennisplatz des Hotels "Donauschlinge". Von meinem Balkon des Hotels habe ich einen imposanten Überblick über alle präsentierten Raritäten: Aus der Ledwinka-Ära stechen mir zwei Modelle, ein V und ein originaler! VI ins Auge. Wie ich aus berufenem Mund erfahren konnte, ist ein Typ II bei einem Register-Kollegen in Restauration.
ImageVon Anton Honsig konnte man sechs XII Modelle bewundern und acht Steyr XXX oder 30 des Ferdinand Porsche ergänzten die Typen mit den römischen Ziffern. Typ "Austria" war keiner aufzubieten, es wurden davon lediglich drei gebaut. Beim Typ XXX ist man bei Steyr dazu übergegangen auch arabische Ziffern als Typenbezeichnung zu verwenden.
Das Gros der Veranstaltung stellten die vielfältigen Konstruktionen des Karl Jenschke, nämlich 30 an der Zahl.
Ein herrlicher Begrüßungsabend mit "Oberösterreichischem Buffet" auf der sonnengefluteten Hotel-Terrasse, direkt an der Donau, brachte alle Teilnehmer in Hochstimmung. Ab und zu machten moderne Donauschiffe an der Anlegestelle direkt am Hotel fest.
Das restaurierte und in Betrieb genommene Dampfschiff "Schönbrunn" war leider nicht dabei, es hätte sehr gut zur Kulisse der Steyr-Automobile gepasst.
Nachdem das Veranstalterquartett Fam. Tiede, Fam. Eisl, Maximilian Hölzl und Johannes Walderdorff alle Teilnehmer begrüßt und den weiteren Ablauf des Treffens bekannt gegeben hatte, konnte das Fest beginnen.  Wie kam es zu meiner Teilnahme an diesem Treffen?
Im Herbst des Jahres 1963 begann ich meine berufliche Wunsch-Ausbildung an der HTL Steyr, Fachrichtung Motoren und Kraftfahrzeugbau, die zu dieser Zeit unter der Leitung des berühmten Dir. Hofrat Hillisch stand.
Das Schulgeld verbunden mit Unterbringung im Internat betrug pro Monat öS 500.-, für Ausländer-Schüler kostete es das Dreifache.  Meine Eltern brachten mich an einem Samstag im September, wir hatten einen Morris 1100, sozusagen mit "Sack und Pack" in das der Schule angeschlossene Internat, Schlüsselhofgasse 67.
Als künftiger "Zögling" wurde mir ein Schlafplatz in einem Schlafsaal mit 24 Stockbetten und einem Spind zugewiesen. Für den ersten Tag eine ziemliche Ernüchterung.  Am Sonntag wurde uns "Jahrlingen", so die Bezeichnung für die Neuankömmlinge, zum Kennenlernen eine Wanderung vorbei an den Steyr-Werken und der ehemaligen "Porsche Villa" zum Gasthof Schoiber auf den Damberg angeboten.
Diesen ersten schönen Tag in Steyr habe ich bis heute nicht vergessen, mit Steyr-Automobilen hatte ich allerdings zu dieser Zeit nichts am Hut.
ImageMeinen ersten Oldtimer erwarb ich 1978, aber das war kein Modell aus Steyr.  Erst als 2002 das Buch "Das Steyr-Baby und seine Verwandten" erschien, wurde mein Interesse für Steyr-Oldtimer geweckt. Jetzt sollte, auch als Erinnerungen an die fünfjährige Schul-Jugendzeit in Steyr, ein Oldtimer dieser bedeutendsten österreichischen Automobilmarke Einzug in meine kleine Sammlung finden.
Jahrelange intensive Suche nach einem interessantem Modell aus der unterschiedlichen Palette der ST EYR-Produktion folgte, knapp an einem 220 Model mit Gläser-Karosserie in schlechten Zustand vorbei, konnte ich in Kärnten 2010 ein ST EYR XII Doppelphaeton erwerben.
Damit stand einer aktiven Teilnahme beim Steyr Treffen 2012 nichts mehr im Wege. Als Zaungäste waren meine Gattin und ich ja bereits regelmäßig seit 2004 dabei.
Samstag früh: Start der Ausfahrt, die Donaubundesstraße aufwärts bis zur ersten Zwischenstation, dem Kloster "Engelszell". An der Klosterpforte gibt es neben dem bekannten Kräuterlikör und Trappistenkäse auch seit 1. Juni 2012 das Ergebnis des 1. Bier-Sudes und das heißt "Gregorius", zu kaufen. Ein feines Bier der dunklen Sorte mit 9,7% Alkohol und damit haben die Trappisten-Padres einen weiteren Verkaufs-Hit im Programm.
Weiter flussaufwärts sehen wir hoch über der Donau die Burg Vichtenstein, einige Kilometer weiter Burg Krämpelstein, im Volksmund auch "Schneiderschlössl" genannt. In weiterer Folge verlassen wir die Donau-Bundestraße, biegen links ab und erreichen nach einigen steilen Serpentinen, die, die Steyr-Modelle mit ihrer angeborenen Bergfreudigkeit tadellos meistern, den Gasthof Blaas, ganz knapp an der österreichischbayerischen Grenze gelegen. Nicht nur kulinarisch verwöhnt werden wir hier, auch der Blick zur alten Bischofstadt Passau mit dem Zusammenfluss von Donau, Inn und Ilz lässt die meisten Teilnehmer nicht kalt. Oder ist es bereits der schöne heiße Sommertag?
Auf der Nachmittags-Etappe besuchen wir den Baumkronenweg in Kopfing, eine sehr interessante Anlage, um Besucher den schönen Sauwald näher zu bringen. In früheren Zeiten war Kopfing mit seinen umliegenden Dörfern berüchtigt gewesen, als Ort, in dem es viele "Zechenraufereien" gegeben hat.
ImageDie Bezeichnung "Sauwald" geht zurück auf den Lebensraum von Wildschweinen, die von Böhmen her kommend, das obere Mühlviertel und die Donau querten und eben auch im dichten Wald rechts der Donau Lebensraum fanden.
Die Route führt uns über die "Sauwald Panoramastraße", wiederum herrliche Ausblicke auf das Donautal genießend, zum Tagungshotel Donauschlinge.  Ganz der Tradition der ST EYR-Qualität entsprechend, gab es keinen einzigen Ausfall und alle Equipen wurden wiederum in Reih und Glied im eingezäunten Tennisplatz abgestellt.
Ein imposantes Bild, wie sie alle nebeneinander stehen, die leichtfüßigen Sechszylinder, die tapferen Vierzylinder und im Licht der Abendsonne glänzen. Hatten sie alle, in der Region in der sie erzeugt wurden, eine schöne Vorstellung ihrer Leistungsfähigkeit, trotz hohem Alter gegeben.  Halt, drei Modelle waren dabei, die hatten eine ausländische Karosserie. Für besonders zahlungskräftige Kunden bot Steyr zusammen mit der Karosseriemanufaktur "Gläser" Dresden, Cabriolets nach Kundenwunsch an. Es waren drei sehr seltene Exemplare zu bewundern, quasi als Salz in der Suppe.
Einen Entschluss habe ich spät abends beim Galaabend heimlich gefasst, im Jahr 2013 werden es 50 Jahre, dass ich die Stadt Steyr und die HTL kennengelernt habe. Mit meinem Steyr XII werde ich eine persönliche Jubiläumsfahrt an die Stätte seiner Produktion und meiner beruflichen Ausbildung machen, und den Gasthof Schoiber dieses Mal mit Steyr Kraft besuchen.
Und so wird auch die lange Wartezeit von zwei Jahren bis zum nächsten Steyr Treffen etwas kurzweiliger.
 
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