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Samstag, 20. April 2024
Mercedes-Benz Baureihe W 116 Drucken E-Mail
Geschrieben von Wolfgang M. Buchta   

Heft bestellen - Mercedes-Benz Baureihe W 116 - Sonderklasse!

Die S-Klasse bildet, sieht man von Exoten wie Maybach und SLR einmal ab, seit 1972 (Baureihe W 116) die Spitze der Typenhierarchie bei Mercedes und die von 1979 bis 1991 gebauten Modelle sind nach Ansicht mancher Markenenthusiasten die Spitze der S-Klasse.

Text: Wolfgang M. Buchta
Photos: Wolfgang M. Buchta, Daimler

 

ImageUnumstritten ist auf jeden Fall, dass die Baureihe W 126 die am längsten - September 1979 bis Oktober 1991 - gebaute und mit 892.123 Exemplaren - fast doppelt so viele Fahrzeuge wie von allen anderen Baureihen davor und danach - die nach Stückzahlen erfolgreichste S-Klasse war.
Die Entwicklung der neuen S-Klasse begann in den 70er Jahren unter zwei großen Namen aus der Mercedes-Geschchte. Für die Optik zeichnete Bruno Sacco, der Leiter der "Hauptabteilugn Stilistik" verantwortlich und von technischer Seite Werner Breitschwerdt als "Direktor des Bereichs PKW-Aufbauten".
Die Entwicklungsarbeiten standen ganz im Zeichen der Ölkrise und neben der bei Mercedes traditionellen Sicherheitsaspekte standen bereits verbrauchssenkende Maßnahmen - geringeres Gewicht, verbesserte Aerodynamik, ... - im Pflichtenheft.
Der Verbrauch konnte dadurch gegenüber dem jeweiligen Vorgänger um rund 10% gesenkt werden. Das ehemalige Spitzenmodell der Vorgängerbaureihe, der 450 SEL 6,9 mit 285 PS, wurde als "nicht mehr zeitgemäß" eingestellt, denn der neue 500 SEL hatte mit "nur" 241 PS und deutlich geringerem Verbrauch nahezu die gleichen Fahrleistungen.
Auf der IAA im September 1979 wurde der W 126 in zwei unterschiedlichen Radständen - SE und SEL für "lang" und einen um 14 cm verlängerten Radstand - präsentiert und konnte ab diesem Zeitpunkt von den Kunden auch bestellt werden.
Das "Basismodell", der 280 S war das einzige Modell mit Vergaser, alle anderen hatten Einspritzer und damit die prestigeträchtigen Buchstaben "SE" am Heck.
ImageZwei Jahre später. im Oktober 1981 wurde der viertürigen Limousine ein zweitüriges Coupe zur Seite gestellt. Die Bodengruppe des SEC (interne Bezeichnung C 126) entsprach der der Limousine, war aber um 85 mm gekürzt, aber immer noch um 30 mm länger als die Coupes der vorherigen Baureihe. Traditionell waren die Coupes teurer und besser ausgestattet als die Viertürer und ausschließlich mit V-8 Motor erhältlich.
"Top of the Line" waren die Limousinen 560 SE und 560 SEL sowie das 560 SEC Coupe.  Wie bei Mercedes üblich, war die neue S-Klasse mit technischen Innovationen "vollgestopft", die dann im Laufe der Zeit auch in den darunterliegenden Baureihen verfügbar werden sollten.
1981 wurde erstmals ein pyrotechnischer "Luftsack" - so nannte die zeitgenössische Verkaufsliteratur den Airbag - angeboten. Der Preis dafür betrug DM 1.525,50, ebenso viel wie ein Schiebedach.
Den "Luftsack" gab es vorerst nur für den Fahrer, ein Beifahrerairbag kam erst Ende 1987. ASR (Antriebsschlupfregelung) oder Partikelfilter (für die Dieselmodelle) elektrische Sitzverstellung oder ein (optionaler) "Reiserechner" genannter Bordcomputer waren einige weitere Innovationen.
Bereits zu Lebzeiten, sprich Produktionszeit, war die S-Klasse der Baureihe W 126 eine Legende.  Nicht nur in Deutschland war der Wagen das Auto der Politik und Wirtschaft, der Mitbewerb von BMW und Audi kontne da noch nicht mithalten.
Bundekanzler Helmut Kohl nutzte angeblich während seiner gesamten Amtszeit den gleichen Wagen, der erst mit mehr als 500.000 km ausgeschieden wurde. Traurige Berühmtheit erlange der W 126 durch das Bombenattentat auf Alfred Herrhausen, den Chef der Deutschen Bank.
ImageAus den Kreisen der Rennfahrer fuhren 20 von 25 Formel-1-Piloten in der Saison 1983 privat eine S-Klasse, darunter Niki Lauda, Keke Rosberg und Nigel Mansell. Gleichfalls beliebt, worüber Mercedes wohl weniger erfreut war, war die S-Klasse im sogenannten Rotlichtmilieu, wo man gerne mit "veredelten" W 126 unterwegs war. Dass der Wagen auch zahlreiche Filmauftritte hat, wird jetzt niemanden mehr überraschen.
1985 bekam die Baureihe W 126 ein umfangreiches "Update". Die Motoren waren für den Einbau des Katalysators vorbereitet oder hatten diesen bereits ab Werk. Wer, bespielsweise weil bleifreies Benzin noch nicht flächendeckend in ganz Europa erhältlich war, ein Fahrzeug ohne Katalysator wollte, konnte die poetisch benannte RÜF-Version (= Rückrüstfahrzeug) erwerben.
Optisch sind Fahrzeuge der zweiten Generation an geänderten Stoßfängern, die weiter heruntergezogen waren, und Schutzleisten, neue 15"-Felgen und neuen 15-Zoll-Felgen erkennbar. Die Änderungen im Innenraum fallen wohl nur ausgesprochenen Markenspezialistren auf.
Die Neupreise nahmen in der 12-jährigen bauzeit natürlich eine "dynamische Entwicklung", d.h. die S-Klasse wurde im Laufe der Jahre empfindlich teurer. Der 500 SE, ein Modell, das während der ganzen Bauzeit angeboteten wurde, kostete 1980 DM 52.681 und im Jahre 1991 mit DM 93.708 fast das Doppelte.
ImageUnter den 892.123 gebauten Fahrzeugen waren 74.060 Coupes. Rund 300.000 Fahrzeuge, also ein Drittel, wurden in die US A exportiert, ein Drittel blieb in Deutschland und die restlichen gingen in alle Welt.
Die "Überlebensrate" ist natürlich - wie bei Mercedes erwartet - recht hoch, und heute sind alle Modelle der Baureihe, vor allem natürlich die Coupes, gesuchte Youngtimer, bei denen man "viel Auto", viel Fahrspaß und volle Alltagstauglichkeit um (relativ) wenig Geld bekommt, so wie z. B. bei unserem Photomodell*, dem achatgrünen 300 SE mit 180 PS und dem raren Schaltgetriebe, den aufmerksame Interessenten ein paar Seiten weiter in der Schatztruhe entdecken können ...
 
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