Horch Automobile |
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Geschrieben von Wolfgang M. Buchta | |
Heft bestellen - Horch Automobile - Er baute Autos! Es ist eine beachtliche Leistung, eine Automarke gegründet zu haben, und wenn man den passenden Namen trägt, könnte die Marke sogar diesen Namen tragen - das hebt den Gründer in die Liga von Ford, Ferrari, Peugeot, Opel oder Porsche, was deutlich besser als Müller GT oder Buchta Cabrio klingt. Und dann gibt es den exklusiven Kreis der Firmengründer, die zwei Marken mit dem eigenen Namen begründet haben, und da fallen uns nur die Herren Carl Benz (Benz & Co und Carl Benz Söhne), Ransom Eli Olds (Oldsmobile und Reo) und eben August Horch (Horch und Audi) ein.Wolfgang M. Buchta hat sich mit der Geschichte von August Horchs erster Firmengründung beschäftig, Ulli Buchta und das August Horch Museum in Zwickau haben die Bilder dazu beigesteuert. ![]() Der kleine August hatte es mit seiner Familie "gut getroffen", insbesonders mit dem Beruf seines Vaters, denn es war schon seit jungen Jahren ein Bastler und Tüftler und begann daher logischerweise nach der Schule seine Lehre in der väterlichen Werkstätte. In seiner Autobiographie erzählt August Horch, dass er sich mit 13 Jahren ein dreirädriges Fahrrad gebaut hat. Mit 15 1/2 Jahren hatte er seine Lehre abgeschlossen und brach mit einem Freund und 20 Mark in der Tasche zur Wanderschaft auf. Seine erste Anstellung fand er bei einem Schmied in Heidelberg. Sein weiterer Weg führte in nach Böhmen, Österreich, Ungarn und schließlich nach Belgrad, wo er Arbeit beim Bau der Eisenbahnline von Serbien nach Bulgarien fand und dabei neben viel neuem Wissen auch eine schwere Malariaerkrankung erwarb, die ihn zur Heimreise zwang. Nach vier Jahren Wanderschaft kehrte er zu seiner Familie zurück, die er allerdings bald wieder verlassen sollte: Seinen Wunsch nach einer "formaleren" technischen Ausbildung, als es Lehre und Wanderschaft bieten konnten, konnte er sich am angesehnen Technikum in Mittweida in Sachsen erfüllen. Nach sechs Semestern hatte August Horch im Oktober 1891, drei Tage nach seinem Geburtstag, das angestrebte Ingenieurspatent in der Tasche und konnte "in die Wirtschaft" gehen... Seine erste Position als Konstrukteur fand er bei einer Eisengießerei in Rostock, die nach nicht einmal einem jahr verließ, um zur ebenfalls in Rostock beheimateten Neptunwerft zu wechseln. Bei Neptun stieg er rasch zum Betriebsleiter auf, ehe die Pleite der Werft, diese Karriere fürs erste beendete. ![]() Im Frühsommer 1896 präsentierte die Firma "Hildebrand & Wolfmüller", die Hersteller des ersten serienmäßigen Motorrads, ihre neue Maschine Leipzig - und August Horch was fasziniert und bewarb sich bei "Benz & Co" in Mannheim, wo er bereits im Juni 1896 als "Assistent des Betriebsleiters der Abteilung Gasmotorenbau" begann. Benz war zu dieser Zeit zwar der größte Automobilhersteller der Welt, aber die Fahrzeuge waren, vorsichtig ausgedrückt, durchaus noch verbesserungsfähig, eine Aufgabe, der sich Horch, inzwischen zum Betriebsleiter aufgestiegen, gerne widmete oder vielleicht sollte man besser sagen, der sich Horch gerne gewidmet hätte. Carl Benz war gelinde gesagt konservativ und allen Änderungen abgeneigt, was schließlich zum Zerwürfnis zwischen Horch und Benz führte. August Horch beschreibt die Situation in seiner Autobiographie "Ich baute Autos" so: "ich begann einen umfassenden Angriff auf Papa Benz und schilderte ihm in allen glühenden Farben den Vorteil dieser Konstruktion. Ich redete ihm wie einem kranken Kinde zu, diese Konstruktion für seine Wagen zu übernehmen. Es war vergeblich. Er wollte nicht. Er hatte einen Standpunkt, den ich innerlich nicht ganz verwerfen konnte: niemals hätte er eine Konstruktion von einer anderen Wagenfabrik angenommen. Es war sein Ehrgeiz, an seinen Benz-Modellen nur solche Konstruktionen zu verwenden, die in der Firma Benz entworfen und ausgearbeitet worden waren." So war der nächste Schritt irgendwie logisch und vorhersehbar: Am 15. Oktober 1899 verließ Horch die Firma "Benz & Co" und am 14. November 1899 wurde eine neue Firma ins Handelsregister der Stadt Köln eingetragen, die als Gesellschafter Ingenieur August Horch und seinen Partner, den Tuchhändler Salli Herz, hatte. In einem leerstehenden Pferdestall im Stadtteil Ehrenfeld eröffneten die "A. Horch & Cie" zunächst einmal eine Reparaturwerkstätte für Motorwagen und Maschinen aller Art. Aber eigentlich wollte Horch ja Automobile konstruieren und bauen. Sein erstes Patent erhielt er auf ein neues Abreißgestänge für die Bosch-Magnetzündung, das sich gut verkaufte und ein wenig Geld in die Kassen der jungen Firma brachte, sodass Horch mit der Konstruktion seines ersten Motorwagens beginnen konnte, in der er alles bei Benz gelernte - plus seine neuen Ideen und Verbesserungen - verwirklichen konnte. ![]() Der erste Wagen, der sich bereits deutlich vom Benz-Vorbild unterschied, wurde Ende des Jahres 1900 fertig und absolvierte Anfang 1901 seine ersten Probefahrten. Rasch fand der Typ rund 10 Kunden im Raum Köln und Umgebung, und August Horch konnte sich der Konstruktion eines neuem Modells zuwenden. Natürlich glich der Horch Nr. 2 seinem Vorhänger und hatte wieder einen Zweizylindermotor, der allerdings nicht mehr liegend sondern stehend angeordnet war. Wichtigste Neuerung war die Kraftübertragung mittels Kardanwelle statt Riemen, womit Horch einmal mehr Innovationskraft zeigte. Zylinderblock, Getriebe-, Differentialgehäuse bestanden aus Leichtmetall. Ein Exemplar des Horch Nr. 2 wurde versuchsweise mit einem Einzylindermotor ausgerüstet. Im August 1901 war der Kardanwagen bereit zu den ersten Probefahrten, und Horch stieß auf erste Probleme, die allerdings nicht (primär) technischer sondern finanzieller Natur waren - das Grundkapital von 30.000 Mark war zu gering, und die Banken und andere potentielle Geldgeber lehnten allesamt dankend ab... ![]() Bereits am 11. März 1902 traf Horch in Plauen ein - seine Maschinen folgten kurz darauf. Lediglich die erwartete Fabrikshalle existierte nicht und so musste Horch blitzartig ins benachbarte Reichenbach in eine ehemalige Spinnerei ausweichen. Am 22. März 1902 konnte die Produktion der Zweizylinder-Kardanwagens in Sachsen beginnen. Und Horch hatte große Zukunftspläne, die zumindest in einem Prospekt Niederschlag fanden: "Wir bauen unsere Motorwagen für alle Zwecke: Sport, Industrie und Verkehr mit 1-, 2-, 3- und 4-Cylinder paarweise gegossen." Die Realität sah deutlich bescheidener aus: Ein- und Dreizylindermotor hat es nie gegeben, und auch die im Prospekt (zeichnerisch) gezeigten Karosserievarianten wurden nur zu einem kleinen Teil verwirklicht. Ende 1902 stieß ein gewisser Fritz Seidel zu Horch, der ein technisches Universitätsstudium abgeschlossen hatte, was Anfang des 20. Jahrhunderts durchaus bemerkenswert war. Mit Seidel hatte Horch einen "guten Griff" getan. Nicht nur konstruierte er - gemeinsam mit dem Chef - den bereits angekündigten Vierzylinder-Motor, sondern er blieb dem Unternehmen bis zu seinem Ableben im Jahre 1936 treu. Dem später als "großer Wagen" bezeichnete Vierzylinder folgte bald ein kleinerer Vierzylinder, sodass Horch Anfang 1904 drei Motorvarianten anbieten konnte, von denen alle drei - 10-12 PS Zweizylinder sowie die beiden 12-15 PS und 17-20 PS Vierzylinder - bei der Zuverlässigkeitsfahrt Berlin - Leipzig - Berlin im Mai 1904 am Start waren und zwei Goldmedaillen erringen konnten. ![]() Lediglich an der "menschlichen Front" tauchten erste Probleme auf. Horch war nicht mehr allein bestimmender Eigentümer und Patriarch "seiner" Firma, sondern die neuen Aktionäre, allen voran Wilhelm Bauer und der Aufsichtsratsvorsitzenden Emil Freytag begannen Horch "drein zu reden"... Als ersten Schritt wurde per 20. September 1904 Horch der Buchhalter Jakob Holler als Prokurist zur Seite gestellt, was Horch vorerst gar nicht einmal so unrecht war, da ihm Technik und Verkauf mehr am Herzen lagen als trockenen Zahlen und Kalkulationen. ![]() Schriftlich forderte der Aufsichtsrat Horch auf, sich auf die drei vorhandenen Vierzylinder-Modelle zu beschränken, allerdings stellte Horch ungeachtet dessen einen großen 35-40 PS Wagen auf die Räder, der über einen 5,8 Liter Vierzylindermotor und etliche Neuerungen verfügte und im Februar 1905 auf der Berliner Automobilausstellung präsentiert wurde. Die drei kleineren Modelle wurden zu einer Baureihe bereinigt und zwischen 1906 und 1909 (kleiner Horch) resp. 1910 (großer Horch) wurden 307 "kleine" und 156 "große" Horch gefertigt. Das klingt nicht nach einer großartigen Produktion, aber im "Business Plan" bei der Gründung der AG war man von 50 Automobilen pro Jahr ausgegangen. Dank stolzer Preise - das 40 PS Chassis kam auf 16.300 Mark - erreichte die junge AG bereits 1905 "schwarze Zahlen" und für 1906 gab‘s für die Aktionäre sogar eine Dividende. Auch in den folgenden Jahren schien Horch auf bestem Kurs zu weiteren Erfolgen zu sein - z.B. 1908: 100 verkaufte Fahrzeuge ergaben einen Umsatz von 1,3 Mio. Mark und einen Reingewinn von 200.000 Mark, und auch sportlich lief vorerst alles bestens. Mit dem Kaiserpreis-Rennen 1907 im Taunus wendete sich das Blatt - alle drei Horchs am Start fielen mit technischen Defekten aus. Dazu kamen Probleme mit dem wieder "ausgegrabenen" Zweizylinder, den niemand wollte und Horchs Arbeiten an dem neuen Sechszylinder - dem Aufsichtsrat waren Horchs "Experimente" zuwider. ![]() Horch war zwar mit vorerst gescheitert, aber steckte nach wie vor voller Idee und gründete sofort eine "August Horch Automobilwerke GmbH", was die "Horch & Cie. Motorwagenwerke AG" natürlich nicht so amüsant fanden und rechtliche Schritte einleiteten. Und jetzt zeigte sich, dass eine solide humanistische Bildung auch im Geschäftsleben nützlich sein kann. "Horch" ist der Imperativ, also die Befehlsform von "Hören" und im Lateinischen heißt "hören" "audire" und der Imperativ "audi" - am 25. April 1910 wurde die "Audi Automobilwerke GmbH Zwickau" in das Handelsregister der Stadt Zwickau eingetragen ... Dass sich die Wege der Marken Horch und Audi gut 20 Jahre später wieder kreuzen sollten, und dass Audi eine bis heute andauernde Erfolgsgeschichte vorweisen kann, das ist eine andere Geschichte - aber wie erging es Horch ohne Horch weiter? Ein Dutzend erfahrene Mitarbeiter waren ihrem Chef gefolgt, und Diplomingenieur Fritz Seidel wurde zum neuen Leiter der Konstruktionsabteilung ernannt. Ihm zur Seite wurde Heinrich Paulmann als Betriebsingenieur gestellt. Vorerst wurde einmal das bewährte Typenprogramm - 11/22 PS und 23/40 PS - beibehalten, und nach und nach ergänzten Seidel und Paulmann das Angebot mit einem 13/35 der 1913 zum 14/40 vergrößert wurde. Dem vorsichtigen aber allgemeinen Trend zur Motorisierung folgend, entstand 1910 zwei "Einstiegsmodelle", der 6/18 PS und der 8/24 PS. Nach oben hin wollte man das Spektrum durch Luxusautos mit ventillosen "Knight Schiebermotoren" erweitern, die man von der englischen Daimlergesellschaft in Coventry zu importieren dachte. Über den Druck von Prospekten kam dieser Plan allerdings nicht hinaus ... ![]() Per 3. Februar 1918 wurde das Unternehmen in "Horchwerke AG" umbenannt, und mit Kriegsende war klar, das der Weg von der Kriegsproduktion zur Zivilproduktion ein herausfordernder Schritt sein würde, der durch die in Deutschland herrschende Inflation und die in großer Stückzahl gebauten Importfahrzeuge zusätzlich erschwert wurde. 1920 übernahm Dr. Moritz Straus die Aktienmehrheit des krisengebeutelten Automobilbauers und konnte in die Beziehung mehr als "schnöden Mammon" einbringen, dann Dr. Straus besaß auch die Mehrheit an der "Argus Flugmotorenweke GmbH" in Berlin, wodurch sich für Horch natürlich interessante Synergien ergaben. Zur Verwirklichung seiner Pläne wurde Jakob Holler aus der Firma komplimentiert und Arthur Löwenstein, der von Daimler abgeworben wurde, wurde zum Vorstandsvorsitzenden bestellt. Die Bedeutung der Nutzfahrzeuge wuchs für Horch und die luxuriösen PKWs waren im wesentlichen Konstruktionen der Vorkriegszeit - 1920 hatte Horch sechs Personenwagen und drei Lastwagen im Angebot. Die Bereinigung der Baureihen war angesagt, und 1923 liefen die alten Modellreihen aus - in Summe waren bis dahin 7.185 Horch-Wagen gebaut worden - und wurden durch den Horch 10/35 PS abgelöst, dessen Motor vom Schweizer Konstrukteur Arnold Zoller bei der "Konzernschwester" Argus entworfen worden war. ![]() Mitte 1922 war die Zeit von Arnold Zoller bei Horch zu Ende, und er wurde durch einen "ganz großen Namen" abgelöst: Am 1. Juli 1922 begann Paul Daimler, der älteste Sohn Gottlieb Daimlers, bei Horch und widmete sich einmal der Modellpflege des 10/35 PS Horchs. Der bekam jetzt die schon von Zoller vorgesehene obenliegende Nockenwelle und kam damit auf eine Leistung von 50 PS, sowie neue mechanische Vierradbremsen. Der jetzt 10/50 PS Horch genannte Wagen hatte einen Flachkühler und ein neues, vom Berliner Graphiker Fritz Böhm entworfenes, Emblem, ein großes "H", das vom Schriftzug "HOR CH" gekrönt wurde. Bis 1926 konnten 300 Exemplare abgesetzt werden. Für Paul Daimler war der "kleine Vierzylinder" nur eine Überbrückung - er wollte "richtige" Autos mit "richtigen" Motoren bauen, und ein richtiger Motor musste nun einmal acht Zylinder haben. Er konnte Dr. Straus von seinen Plänen überzeugen und begann 1924 mit der Entwicklung eines möglichst leisen Motors, dessen Geräuschlosigkeit durchaus auf Kosten der Leistung gehen durfte. Trotz zweier Nockenwellen und Königswellenantrieb leistete der Reihenachtzylinder mit gut 3 Liter Hubraum gerade einmal 60 PS - dafür konnte er es in Sachen Geräuschentwicklung mit allen Konkurrenten aufnehmen. Als der neue Wagen 1926 auf der Berliner Automobilausstellung präsentiert wurde, war in der Presse einfach vom "Horch 8" die Rede und die Zwickauer wurden allgemein gelobt, dass Horch den ersten deutschen Serien-Achtzylinder anbieten konnte. Werksintern hieß er "Horch 8 Typ 303" und hatte anfänglich einen Hubraum von 3.132 ccm - die "Dynastie" der prächtigen Horch-Achtzylinder hatte begonnen. Preislich positionierte sich der Horch 303 in der Oberklasse und war mit 12.500 Mark (später 11.900) etwas teurer als der Mercedes Mannheim, den es um 11.800 gab, aber günstiger als die Mitbewerber von Hansa-Lloyd oder Adler. ![]() Wie zu dieser Zeit üblich baute Horch das "Rolling Chassis" und die Karosserie - Phaeton, Limousine, Pullmann und Sportkabriolet - kamen meist vom der Gottfried Lindner AG aus der Nähe von Halle, die sich mit dem Waggonund Anhängerbau einen guten Namen gemacht hatten - und so sahen die Karosserien auch aus: Solide aber bieder, und nicht dem hochpreisigen Image der Marke entsprechend. Zumindest sah Dr. Straus das so und beauftragte Professor O.H.W. Hadank, seines Zeichens Fachlehrer für Gebrauchsgraphik an der "Berliner Hochschule für Freie und Angewandte Kunst", sich um die "Karosserieentwicklung in allen künstlerischen und formtechnischen Fragen" zu kümmern. Ein weiterer Professor dieser Hochschule, Ernst Böhm, zeichnete für eine neue und standesgemäße Kühlerfigur - einen geflügelten Pfeil - verantwortlich. 1928 konnren die Besucher der Berliner Automobilaustellung erstmals die Kreation von Prof. Hadank bewundern: Der Horch Typ 350 war deutlich abgerundeter und wirkte niedriger, obwohl die Kopfhöhe gleich geblieben war. Die Karosserien waren typischerweise zweifärbig lackiert. Technisch konnte der Typ 350 mit einem auf 3.950 ccm vergrößerten und auf 80 PS leistungsgesteigerten Motor aufwaren. Als erster deutscher Wagen war der Horch 350 mit splitterfreien Glasscheiben ausgestattet. ![]() Ein Jahr später verpasste Prof. Hadank dem Type 350 ein "Update" - länger, breiter, niedriger, eleganter - und fertig war der Typ 375, den es nur mit kurzem Radstand gab. Der Horch 375 bekam auch eine neue Kühlerfigur - der geflügelte Pfeil wurde zu einer geflügelten Weltkugel, die ebenfalls von Prof. Böhm stammte und markenrechtlich geschützt war. Binnen eines Jahres entstanden 936 Exemplare. Damit war Horch im Luxussegment der Achtzylinder die mit Abstand führende deutsche Marke. Bis 1930 wurden in Zwickau mehr als 7.000 Achtzylinder gefertigt. Aber nicht nur "Reich und Schön" fuhren Horch, sondern auch die staatlichen Behörden. Ehe sich Paul Daimler Ende 1929 aus gesundheitlichen Gründen von Horch verabschiedete, entwarf er noch "Kübelsitzer" für Polizei und Reichswehr auf Basis des Horch 350 und einen Dreiachser für zwei Tonnen Nutzlast oder bis zu 10 Personen. Die Stückzahl des Dreiachsers ist nicht bekannt, da dieser in den Firmenunterlagen nicht extra ausgewiesen wurde. 1930 trat Fritz Fiedler seinen Dienst als Chefkonstrukteur an, den Dr. Straus mit einem für die Zeit ungewöhnlich lukrativem Angebot von Stoewer abgeworben hatte. Als erstes ließ Fiedler die Typen 350 und 375 mit neuen Blechkarosserien von Ambi-Budd in Berlin versehen, wodurch die schweren Limousinen bis zu 350 kg "abspeckten" und versuchte als nächstes die Horch-Wagen auch technisch zu überarbeiten. Ehe sich Fiedler auch an die Konstruktion eines neuen Motors wagte, wurden diese Übergangstypen als Horch 400 (kurz) und Horch 405 (lang) gebaut. ![]() Wir wollen hier nicht allzusehr ins Detail gehen und nur summarisch die Produktionsjahre 1931 bis 1935 zusammenfassen: 3 Liter Hubraum: Typ 430 4 Liter Hubraum: 410/440/710 4,5 Liter Hubraum: Typ 420/450/470/720/750/750B 5 Liter Hubraum: Typ 480/500/500A/500B/780/780B Im Herbst präsentierten die Horch Werke in Paris ein leuchten gelbes Cabriolet mit braunem Verdeck und grüner Lederpolsterung, aber nicht die Farbe war die eigentliche Sensation, sondern der Motor - ein V-12-Zylinder mit sechs Liter Hubraum und 120 PS. Fiedler hatte diesen "Wundermotor" mit zahlreichen technischen "Schmankerln" versehen, wie eine siebenfach gelagerte Kurbelwelle mit 12 Ausggleichsgewichten und einem Schwingungsdämpfer sowie eine spezielle Schmierung, die beim Starten in jeden Zylinder schon vor dem ersten Hub etwas Öl verteilte. Zur Geräuschminderung und zur automatischen Regulierung des Ventilspiels wurden die Ventile nicht direkt über die Ventilhebel sondern über einen dazwischen liegenden, ölgefüllten Kolben betätigt. Erstmals war ein Horch mit hydraulischen Vierradbremsen ausgestattet. ![]() Leider kam das Prunkstück mitten in der Wirtschaftskrise auf den Markt und zwischen November 1931 und September 1934 entstanden gerade einmal 27 Pullmann-Limousinen und 53 Sport-Cabriolets. 1932 wurde die 400er Baureihe durch die Modelle der 700er Baureihe abgelöst, die bereits in unserer zuvor präsentierten Typentabelle aufscheinen. Krise hin oder her - in der Klasse ab 3,3 Liter kamen (in Deutschland) auf im Jahre 1932 773 zugelassene Horch-Wagen 583 Fahrzeuge aller anderen Konkurrenten zusammen. Abgesehen von diesen relativen Erfolge, stand es um Horch nicht gut. Absatzprobleme, Millionenverluste und die "Monokultur" - Horch war der einzige deutsche Hersteller, der ausschließlich Achtzylinder im Programm hatte - summierten sich zu gewaltigen finanziellen Nöten und das Unternehmen stand bei den Banken, allen voran bei der Sächsischen Staatsbank, tief "in der Kreide". Da es den anderen sächsischen Autoherstellern - DKW, Audi und Wanderer - nicht viel besser ging, entwickelte diese, die Sächsische Staatsbank, einen Plan zu Konzentration der sächsischen Automobil- und Motorradindustrie, der bei den anderen Gläubigerbanken auf großes Interesse stieß. Nach dennoch langwierigen Verhandlungen wurden am 29. Juni 1932 rückwirkend zum 1. November 1931 die vier Firmen zur Auto Union AG fusioniert - womit die beiden Gründungen August Horchs, also Horch und Audi, unter einem Konzerndach vereint waren. ![]() Die Reihe der "großen Horchs" wurde unter bunt wechselnden Typenbezeichnungen - 850/850 Sport/851/853/853A/855/951/951A bis 1940 weitergebaut. Und andererseits ein "kleiner" Horch, der Horch 830 - 8 Zylinder, 3.0 Liter Hubraum - der allerdings einen komplett neu konstruierte Motor in V-8 Anordnung bekam. Der vom V-12-Motor inspirierte Achtzylinder hatte bei der Präsentation im Jahre 1933 3.004 ccm und 70 PS. Zwei Jahre später wurde der als Horch 830 B benannte Wagen vom vergrößerten V-8 mit 3.250 ccm angetrieben, der in den Folgejahren auf 3.517 ccm (830 Bk / 830 L) und 3.823 ccm (830 BL / 930 V) erweitert wurde. Im Karosserieangebot - Tourer, Limousine, Pullmann-Limousine, Sport-Cabriolet, ... - orientierte sich das neue Modell an seinen Ahnen. Kommerziell war der Wagen, zumindest nach den Maßstäben eines Herstellers wie Horch, ein Erfolg. Zwischen November 1933 und Oktober 1934 wurden über 1.000 Exemplare des Horch 830 in verschiedenen Karosserieformen verkauft, davon bemerkenswerterweise mehr als die Hälfte Cabriolets vom Karosseriebauer Gläser aus Dresden. Die Zukunft ließ weiter steigende Stückzahlen erwarten, allerdings erschwerten zunehmende Wehrmachtsaufträge für die ganze Industrie zunehmend die Produktion ziviler Modelle. ![]() Ab Herbst wurde der 3,8-Liter-Motor mit 92 PS eingebaut, mit dem die Fahrleistungen beachtlich waren. Bei einer Autobahnfahrt von München nach Berlin (529,9 km) in nur 3 Stunden und 53 Minuten wurde ein Schnitt von 136 km/h erzielt. Fraglich, ob dieser Wert heute mit einem modernen Auto noch erreichbar ist. Bis zur kriegsbedingten Produktionseinstellung im Jahre 1940 wurden immerhin 2.000 Exemplare vom 930 V gebaut. In drei Exemplaren entstanden bei Gläser und in Zwickau Prototypen des Horch 930 S, einer spektakulären, sechssitzigen Stromlinienlimousine, mit für die Zeit bemerkenswerten Extras wie einem Radio, einem Frischluftgebläse für die Frontscheibe, einem Lenkradschloss zur Diebstahlsicherung sowie einem Handwaschbecken mit kaltem und warmem Fließwasser hinter dem rechten Vorderrad. Spätestens ab 1940 kamen aus dem Horch-Werk in Zwickau nur mehr militärische Versionen - Kübelwagen, Sanitätsfahrzeuge, etc. - und "echte" Militärfahrzeuge (siehe Kasten). Mit dem Kriegsende 1945 war es mit Horch vorerst einmal vorbei. ![]() Sehr optimistisch hatte die SED Staatsführung für 1956 die Produktion von 6.000 Exemplaren und für 1957 von 9.000 Stück geplant - bis 1959 sollten es dann aber in Summe nur 1.382 Stück werden ... Sowie fünf besonders eigenwillig geformte "Sachsenring Repräsentant" Paradefahrzeuge, die anlässlich der Feiern zu "20 Jahre DDR" am 7. Oktober 1969 vorgestellt wurden. Heute liegen die Namensrechte für Horch bei Audi, und wer weiß, vielleicht gibt es irgendwann wieder eine repräsentative Horch Limousine aus Ingolstadt ... |
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