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Donnerstag, 28. März 2024
BRM British Racing Motors Drucken E-Mail
Geschrieben von Alexander Korab   

Heft bestellen - BRM British Racing Motors - Racing for Britain

Aufstieg und Niedergang der englischen Rennwagenschmiede BRM.

British Racing Motors, als ehrgeiziges Projekt von nationalem Interesse begonnen, schlitterte immer wieder in schwere Krisen und schaffte doch ein einziges Mal den ganz großen Triumph.

Von Alexander Korab

  ImageUm das Phänomen "BRM" verstehen zu können, müssen wir uns einige Schritte zurück in die Pionierzeit der englischen Automobilgeschichte begeben. 1865 wurde der "Red Flag Act" in Großbritannien eingeführt, um Unfälle mit den immer häufiger aufkommenden Dampfwagen im Straßenverkehr zu vermeiden. Das heute absurd erscheinende Gesetz schrieb für "Gefährte ohne Pferde" eine Höchstgeschwindigkeit von 4 Meilen pro Stunde vor. In Ortschaften durften maximal 2 Meilen pro Stunde gefahren werden und jedem Fahrzeug musste zur Warnung der Bevölkerung eine Person mit einer roten Fahne voranschreiten. Dennoch fanden 1875 in Großbritannien 1589 Menschen bei Unfällen mit Dampfwagen und Lokomobilen den Tod. Der Red Flag Act wurde zwar 1896 wieder aufgehoben, doch einige Historiker meinen, dass diese Maßnahme die Entwicklung der englischen Automobilindustrie nachhaltig gehemmt hat.  Jedenfalls ließen - bis auf wenige Ausnahmen - nennenswerte Erfolge im internationalen Motorsport mit englischen Fabrikaten jahrzehntelang auf sich warten, was sich zu einem nationalen Trauma auswuchs.

Ein ehrgeiziges Ziel ... Wer in den 20er und 30er Jahren bei einem Rennen vorne dabei sein wollte, musste sich ein Auto vom Kontinent besorgen.
Zu jenen privilegierten Engländern die sich so ein Fahrzeug leisten konnten zählte Thomas Raymond Mays. Der 1899 geborene Mays besaß unter anderem zwei Bugatti Brescia, die er vor allem bei Bergrennen einsetzte. Ein weltberühmtes Foto zeigt Mays, als sein Bugatti am Caerphilly Mountain ein Hinterrad abwarf.  Nach und nach wurde Mays von dem unbeugsamen Wunsch beseelt, mit einem englischen Rennwagen konkurrenzfähig zu werden. So war er in den 30er Jahren maßgeblich an der Entwicklung der legendären ERA (English Racing Automobiles) beteiligt. Die bemerkenswerten Singleseater kamen den Alfas, Maseratis und Bugattis leistungsmäßig gefährlich nahe, doch dann machte Adolf Hitler Mays einen Strich durch die Rechnung. Die Propagandamaschinerie des Führers forderte Spitzenleistungen von der deutschen Automobilindustrie und ließ es an den erforderlichen Mitteln nicht fehlen. Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. Auto Union und Mercedes präsentierten Wettbewerbsfahrzeuge, die einfach nicht zu schlagen waren.
ImageRaymond Mays dürfe von der Performance der Deutschen ziemlich beeindruckt gewesen zu sein. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs setzte sich Mays mit den ERA-Kollegen Peter Berthon und Ken Richardson zusammen, um ein ehrgeiziges Vorhaben zu besprechen. Die Pläne, einen britischen 1,5 Liter Grand Prix-Rennwagen zu bauen, mussten jedoch noch fünf Jahre ruhen.
Mays hatte seine Ziele hoch gesteckt. Es sollte der beste und schnellste Rennwagen aller Zeiten werden. Während des Krieges reifte die Idee, die Entwicklung dieses Autos zu einem Projekt von nationalem Interesse zu erheben. Nicht nur zur Finanzierung sondern auch zur Bündelung des Know-how holte er die renommiertesten englischen Unternehmen ins Boot.
Am 2. März 1945 - noch vor der Kapitulation Deutschlands - schickte er einen Aufruf an zahlreiche Geschäftsleitungen und erntete auf Anhieb mehr Zustimmung, als er zu hoffen gewagt hatte. Sofortige Zusagen erhielt er von Lucas-Electrics, von der Rubery Owen Organisation, von Rolls Royce, der Standard Company, von David Brown (Aston Martin) und Tony Vandervell, von Girling, Borg & Beck und anderen.  Nach wenigen Monaten waren es 350 Firmen, die sich an dem Projekt beteiligen wollten.  Es wurde ein "Trust" aus Partnern und Sponsoren gebildet.
Zum Kernteam gehörten neben Mays, Berthon und Richardson auch Harry Mundy und Frank May sowie 30 Zeichner, Techniker und Mechaniker.  Als Arbeitstitel wurde "B.R.M." (British Racing Motors) gewählt, alle bezogen Quartier in den Hallen einer alten Mälzerei unweit von Mays Wohnsitz in Bourne/Lincolnshire und machten sich sofort an die Arbeit.
Als der legendäre Mercedes-Rennleiter Alfred Neubauer eines Tages in Bourne zu Besuch war, lobte er den Mut der kleinen BRM-Mannschaft und merkte an, dass ihm vor dem Krieg für ein ähnliches Vorhaben mehr als 200 Fachkräfte zur Verfügung gestanden hatten.

Ungetüm mit 16 Zylindern.
Die Entwürfe für den Rennwagen waren im Frühjahr 1947 fertig gestellt. Es handelte sich um die bislang aufwendigste Konstruktion aller Zeiten, ein aufgeladener V16-Zylinder mit 1,5 Litern Hubraum und vier obenliegenden Nockenwellen, von dem man sich eine Literleistung von 500 PS erwartete.  Die Vorderradaufhängung mit Torsionsstabfederung glich jener des Auto Union - eine Konstruktion von Porsche. Hinten hatte man eine De-Dion-Lösung gewählt.
ImageNun machten sich die Partnerfirmen daran, die hunderten Einzelteile zu produzieren. Rolls Royce war für den Kompressor zuständig, Borg&Beck für die Kupplung, Girling für die Bremsen und so weiter. Es kam zu vielen ungeplanten Verzögerungen und so zog sich die Umsetzung fast zwei Jahre hin. Das Projekt und alles was darüber nach und nach an die Öffentlichkeit kam, entfachte eine Euphorie im ganzen Land.
Am 15. Dezember 1949 war der erste BRM bereit für eine Demonstrationsfahrt in Folkingham, einem Militärflugplatz, den die Regierung zur Verfügung gestellt hatte. Der BRM war extrem niedrig und elegant gebaut. Der Motor saß geneigt im Fahrgestell, um die Kardanwelle seitlich am Fahrersitz vorbeiführen zu können.
Dadurch erreichte man eine tiefere Sitzposition als bei den Vorkriegsrennwagen. Wer den furchterregenden Sound des V16 jemals gehört hat, vergisst ihn sein Lebtag nicht mehr - ein Brüllen wie von einem wütenden Stier im mittleren Drehzahlbereich, welches sich jenseits der 10.000 Umdrehungen zu einem orgiastischen Kreischen steigert und einem kalte Schauer über den Rücken treibt. Sogar die königliche Familie war angereist, um das Wunderwerk zu bestaunen.
Bei weiteren Testfahrten unter Ausschluss der Öffentlichkeit zeigte sich jedoch allzu deutlich, dass der Rennwagen noch weit davon entfernt war, an die Front geschickt zu werden. Es kam zu Problemen mit den Lagern, den Pleueln, den Laufbuchsen und vor allem Zündaussetzer bei hohen Drehzahlen sollten Mays und Berthon noch länger beschäftigen. Doch der Druck der Öffentlichkeit und der Sponsoren stieg, den Wagen möglichst bald bei einem Rennen zu sehen. Die Entwicklung hatte 160.000 Pfund verschlungen und einige Partner drohten bereits mit dem Ausstieg. Also ließ sich Mays breitschlagen, zwei Wagen für ein Rennen in Silverstone am 26. August 1950 zu nennen.
Tag und Nacht schufteten die Ingenieure und Mechaniker, dem BRM die Kinderkrankheiten auszutreiben. Als Fahrer waren Raymond Sommer, Reg Parnell und in Reserve Peter Walker auserkoren. Am Tag vor dem Rennen kam es bei beiden Autos zu Motorschäden und das total erschöpfte Mechanikerteam arbeitete die ganze Nacht hindurch, um zumindest einen BRM fahrbereit zu bekommen.

ImageKinderkrankheiten.
Der BRM-Transporter erreichte die Rennstrecke um 9:40 Uhr des 26.  August. Das offizielle Training war bereits vorbei und Sommer musste in der letzten Startreihe Aufstellung beziehen.
Als die Startflagge fiel, heulte der V16 auf und dann war ein unschönes metallisches Knacken zu vernehmen. Der Wagen machte einen kleinen Sprung nach vorne und stand. Das Auto musste in die Box gerollt werden und unter einem Pfeifkonzert und Buh-Rufen der enttäuschten Zuschauer diagnostizierte man den Bruch einer Halbachse.
Mays ahnte, dass das Projekt nun an der Kippe zum Abbruch stand. Das gesamte Team gab sein Bestes, weitere Probleme in den Griff zu bekommen.  Beide Autos wurden für einen Bewerb am 30. September in Goodwood angemeldet. Mays hoffte und betete, dass ihm dort eine ähnliche Blamage wie in Silverstone erspart bliebe. Endlich schien der Pannenteufel besiegt. Reg Parnell führte im ersten Lauf, dem Woodcote Cup, vom Start bis zum Ziel. Beim zweiten Lauf, dem Trophy Race mit internationaler Beteiligung, startete Parnell aus der zweiten Startreihe. Er heftete sich gleich an die Fersen von Bira und ging nach wenigen Kurven an dessen Maserati vorbei. Bira versuchte noch im Windschatten zu bleiben, doch Parnell drückte das Gaspedal durch und der BRM schoss unter dem frenetischen Jubel
des Publikums davon. Der Platzsprecher brüllte: "Was für ein Auto! England wird endlich im Grand-Prix-Zirkus mitspielen!"
Das Drama von Silverstone war vergessen und Raymond Mays fasste den kühnen Entschluss, gleich ein Monat später beim Grand Prix von Barcelona teilzunehmen. In Spanien lief es nicht so gut wie in Goodwood. Walkers Wagen verreckte am Start und Parnell kam nur langsam in Schwung. Beinahe das ganze Feld ging an Parnell vorbei, dann erholte sich der BRM und zeigte volle Leistung. Innerhalb einer Runde überholte Parnell 17 Konkurrenten und setzte sich an die vierte Position hinter drei Ferraris ehe die Kompressorwelle brach. Nach 33 Runden hatte sich Walker auf Platz 5 nach vorne gekämpft, doch ein Getriebeschaden zwang auch ihn zum Aufgeben.
ImageÜber den Winter war viel zu tun, um BRM für die Grand Prix Saison 1951 fit zu machen.  Für dieses Pensum hatte Mays weitere 100.000 Pfund veranschlagt, doch der Trust genehmigte nur 58.400 Pfund. Daher ging die Weiterentwicklung nur sehr eingeschränkt voran. Große Sorgen machten den Technikern immer noch die unerklärlichen Zündaussetzer.
Der Einsatz beim Grand Prix von Europa in Rheims am 1. Juli 1951 musste abgesagt werden und es folgten wieder zahllose Nachtschichten, um die überarbeiteten Autos zumindest für Silverstone vorzubereiten. Dort konnte sich das BRM-Team erstmals an der Weltspitze messen.  Die Autos liefen soweit ganz gut mit, doch die neu verlegten Auspuffrohre heizten den beiden BRM-Piloten Parnell und Walker gehörig ein.  Zudem flossen wegen eines Konstruktionsfehlers die Chatchtanks über und es bildete sich in beiden Cockpits ein Benzinsee. Parnell und Walker kamen herein und wollten aufgeben. Mays flehte sie an weiterzufahren. Am Ende hatten sich die beiden wacker geschlagen. Sieger wurde Gonzáles auf Ferrari, gefolgt von Fangio (Alfa-Romeo), Villoresi (Ferrari) und Bonnetto (Alfa-Romeo).  Fünfter wurde Reg Parnell gefolgt von Sanesi (Alfa-Romeo) und Peter Walker. Walker und Parnell mussten nach dem Rennen ärztlich versorgt werden, aber Mays war mit dem Ausgang ganz zufrieden.

ImageHiobsbotschaft aus Paris. Am 16. September stand der Grand Prix von Italien in Monza auf dem Programm. Das BRM-Team wollte etwas früher anreisen, um wichtige Einstellungs- und Abstimmungsarbeiten vorzunehmen. Wegen zu rauer See konnte die Fähre jedoch nicht am französischen Ufer anlegen und musste umkehren.  Ein wertvoller Tag war verloren, aber ein paar Proberunden auf dem ultraschnellen Kurs gingen sich noch aus. Die Fahrer waren diesmal Parnell und statt Walker, welcher immer noch an den Verbrennungen von Silverstone litt, der Testfahrer Richardson. Die Rennleitung war damit aber nicht einverstanden, da Richardson keine internationale Rennlizenz vorweisen konnte.
Als Ersatzfahrer bot sich der Österreicher Hans Stuck an. Im Training kam es bei Stucks Wagen zu Getriebeproblemen und Parnell hatte einen Lagerschaden. Zu allem Überfluss waren auch wieder die Zündaussetzer da, weil der hochverdichtete BRM-Motor den italienischen Treibstoff nicht vertrug. Die Boxenmannschaft war am Ende ihrer Kräfte und so entschied Mays drei Stunden vor dem Start, die beiden BRMs aus dem Rennen zu nehmen.
Zu den nicht gerade ruhmreichen Ergebnissen kam gegen Ende des Jahres 1951 dann noch eine Hiobsbotschaft aus Paris. Die FIA hatte das Ende der 1,5-Liter-Kompressorformel verkündet und beschlossen, dass Grand-Prix-Rennen ab 1952 nach dem bisherigen F2-Reglement gefahren werden sollten.
1952 konnte BRM nur mehr an Bewerben der Formula Libre teilnehmen und auch dieses Jahr war von zahllosen Pannen überschattet. Immerhin gewann Mays die Argentinier Juan Manuel Fangio und José Froilán González als Fahrer sowie das junge Talent Stirling Moss. In Albi schaffte Fangio einen neuen Streckenrekord, musste aber wegen Kühlungsproblemen aufgeben.  Bei der Ulster-Trophy in Irland kämpfte Fangio mit der Spritversorgung, Gonzáles mit dem Getriebe und der Wagen von Moss wollte überhaupt nicht losfahren. Parnell gewann ein unbedeutendes Rennen in Schottland - ein Sieg, auf den man mangels ebenbürtiger Gegner nicht stolz war.

ImageOwen Racing Organisation. Die Plätze 1 und 3 für González und Parnell beim Woodcote Cup und 1-2-3 für González, Parnell und Wharton beim Trophy Race in Goodwood konnte die Sponsoren nicht mehr umstimmen. Der Trust entschied Ende des Jahres 1952, das Projekt BRM zu beenden und die Rennautos sowie alle Bestände zu veräußern.
Doch dann kam eine Überraschung für das kleine Team um Raymond Mays. Alfred Owen, Inhaber des Rubery Owen Konzerns, kaufte BRM auf und wollte die Motorsportaktivitäten als "Owen Racing Organisation" (ORO) fortführen.  Owen beauftragte Mays und Berthon mit der Entwicklung eines Autos für die neue Formel 1, welche mit einem Hubraumlimit von 2,5 Litern (ohne Aufladung) ab 1954 in Kraft treten sollte.  Auch dieses Projekt dauerte deutlich länger als geplant. Doch Owen zeigte sich geduldig und er verfügte auch über die Mittel, das Vorhaben finanziell durchzustehen.
Tony Vandervell war schon vor dem Ende des BRM-Trusts ausgestiegen. Es war immer wieder zu Konflikten mit Mays gekommen und letztlich wollte Vandervell eigene Wege im Motorsport beschreiten, was ihm auch höchst erfolgreich gelingen sollte. Zunächst schickte er einen modifizierten Ferrari ins Rennen und es kam zu hitzigen Duellen wenn der sogenannte "Thinwall Special" mit einem BRM zusammentraf.  BRM setzte den V16 noch bis 1955 mit mäßigem Erfolg ein.
Zu den schönsten Erinnerungen für Mays zählte Albi 1953. Ein hochkarätiges Feld hatte 350.000 Zuschauer angelockt. In einem Vorlauf holte sich Fangio einen neuen Streckenrekord und belegte Platz 1 vor Wharton. Im Hauptbewerb wurde González Zweiter hinter Louis Rosier auf Ferrari.
Der V16 war endlich standfest und leistete in seiner letzten Entwicklungsstufe 585 PS bei 11.800 Umdrehungen - doch leider zu spät.  Mays betrachtete zwar nicht das Auto selbst aber dessen Entwicklung als Misserfolg, da mit dem Trust zu viele Partner involviert waren. Aus heutiger Sicht muss man sagen, dass die Ziele zu hoch gesteckt waren und viel Lehrgeld mit der Komplexität der Konstruktion und der Belastbarkeit der Materialien bezahlt werden musste.  Fangio lobte den V16-BRM aber in seiner Biografie als "das aufregendste Auto, das er im Laufe seiner Karriere pilotiert hatte".
Paukenschlag der F1-Saison 1954 war die Rückkehr von Mercedes in den Grand-Prix-Zirkus.  Die Dominanz des W196, dem weder die Italiener noch die Franzosen etwas entgegenzusetzen hatten, überschattete auch das Début des "Vanwall" - eine erfolgversprechende Neukonstruktion des Hauses Vandervell. Noch hatte der Vanwall mit Kinderkrankheiten zu kämpfen, doch nach und nach verbesserte sich die Performance.
Image1955 ging als Katastrophenjahr in die Annalen des Motorsports ein. Alberto Ascari verunglückte in Monza tödlich, was das Traditionsunternehmen Lancia zur Beendigung seiner Rennsportaktivitäten veranlasste. In Le Mans kam es zum bislang schlimmsten Unfall der Motorsportgeschichte mit über 80 Toten, der zum Rückzug von Mercedes führte.
Am 22. August 1955 wurde der neue BRM P25 der Presse vorgestellt. Man hatte aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und setzte nun auf einen eher unaufwendigen 2,5 Liter Vierzylinder mit zwei obenliegenden Nockenwellen und zwei Webervergasern, der 270 PS bei 8000 Umdrehungen abgab.
Die erstaunlich leichte Konstruktion war vorne mit doppelten Querlenkern, hinten mit De-Dion-Achse und an allen vier Rädern mit Dunlop-Scheibenbremsen ausgestattet. Die ersten Einsätze waren vielversprechend, wenn auch von vielen Defekten und Problemen begleitet.  Beim Début in Aintree schlitterte Peter Collins von der Strecke, weil der Motor ausgiebig Öl verspritzt hatte. In Oulton Park startete Collins von ganz hinten und holte sich zuerst die beiden Connaughts, dann die beiden Vanwall, dann zwei Lancia-Ferrari und einen Maserati und schied an zweiter Stelle hinter Moss auf Maserati mit Verdacht auf Ölpumpenschaden aus. In der Box stellte sich heraus, dass nur das Instrument kaputt war, aber das Rennen war gelaufen.
1956 hatte es sich der Pannenteufel wieder in Bourne gemütlich gemacht. Mays verpflichtete Mike Hawthorn and Tony Brooks als neue Fahrer.  Wenn der P25 fuhr, war er schnell. In Silverstone führte Hawthorn zehn Runden lang bis der Motor streikte. Es gab praktisch in jedem Rennen einen Defekt, der BRM zum Aufgeben zwang. Immerhin kam Brooks in Aintree durch und schaffte einen zweiten Platz. Mays und Berthon waren mit ihrem Latein am Ende und riefen den jungen Colin Chapman zu Hilfe. Der Lotus-Gründer hatte sich schon um den Vanwall gekümmert und empfahl den BRM-Technikern tiefgreifende Änderungen bei Fahrwerk und Federung.

ImageDie Engländer kommen. Die Owen Racing Organisation hatte eine denkbar schlechte Presse und Mays konnte für 1957 keinen Spitzefahrer mehr bekommen. Schließlich unterschrieben Ron Flockhart und Roy Salvadori. In Monaco, einem der spannendsten F1-Rennen der Geschichte, feierten Jack Brabham und ein untermotorisierter Mittelmotor-Cooper eine beeindruckende F1-Premiere. Fangio siegte auf Maserati, Flockhart fiel auf dem 5. Platz liegend mit gebrochenem Nockenwellenantrieb aus.  Beim Grand Prix von Frankreich in Rouen wurde Flockhart bei einem Überschlag schwer verletzt und schied für mehrere Wochen aus. Salvadori war bereits zu Cooper gewechselt. Raymond Mays hatte zwar noch das Vertrauen von Alfred Owen, aber weder standfeste Autos noch erfahrene Piloten zur Verfügung.
Doch dann sollte sich das Schicksal auf wundersame Weise wenden. Beim Grand Prix von Aintree waren wieder beide P25 ausgefallen.  Stirling Moss gelang auf Vanwall der erste Sieg eines britischen Fahrers bei einem Heim-Grand- Prix mit britischem Material seit 1923. Bei einem feierlichen Abendessen nach dem Rennen trat plötzlich der französische Maserati-Fahrer Jean Behra an den Tisch des deprimierten BRMTeams.  Behra fragte Mays, ob er den BRM in Caen ausprobieren könnte. Der Grand Prix von Caen fand eine Woche nach diesem Gespräch statt und Mays hatte alle Hände voll zu tun, diesen außerplanmäßigen Einsatz zu organisieren.  Am Abend vor dem Rennen meldete sich auch Behras Teamkollege Harry Schell bei Mays an, da sein Maserati wegen einem Defekt nicht zur Verfügung stand.

ImageRettung durch Behra und Schell. Als der Grand Prix gestartet wurde, fuhr Behra vorne weg und gleich einen neuen Streckenrekord. Schell lag zunächst auf dem 4. Platz und schloss dann auf Behra auf. Der Abstand zu den Ferraris, Maseratis und Cooper wuchs und die beiden lieferten sich einen höllischen Zweikampf an der Spitze.  Es gab keine Stallorder und den frischgebackenen BRM-Piloten schien es auch noch Spaß zu machen. Schells Motor gab den Geist auf, doch Behra fuhr trotz Schaltproblemen einen glänzenden ersten Sieg für den P25 heraus.
Dieser Erfolg stimmte die Owen Racing Organisation wieder optimistisch. Der Nürburgring, Pescara und Monza fanden ohne die Beteiligung von BRM statt, da sowohl Behra als auch Schell bei Maserati verpflichtet waren. Für Silverstone standen drei P25 bereit sowie Behra, Schell und der wieder genesene Ron Flockhart. In dieser Reihenfolge gingen sie ins Rennen, führten vom Start weg und kamen vor einer Meute von Maseratis ins Ziel. 1-2-3 bei einem Grand Prix - davon hätte Mays zu Beginn des Jahres nicht zu träumen gewagt.
Dank Colin Chapmans Re-Design entwickelte sich Vanwall in den Jahren 1957 und 1958 zu einem gefährlichen Gegner für Ferrari und Maserati.  Moss wurde in beiden Jahren auf Vanwall Vizeweltmeister in der Formel 1. Die Saison 1958 gewann Mike Hawthorn auf Ferrari V6 mit nur sehr geringem Vorsprung, doch es sollte der letzte WM-Sieg mit einem Frontmotor-Rennwagen sein. Cooper führte eindrucksvoll vor Augen, dass die Zukunft dem Mittelmotor gehörte. Weltmeister in den Jahren 1959 und 1960 wurde Jack Brabham auf Cooper.  BRM reagierte mit dem P48, einem Mittelmotor- Rennwagen, der aber erst im September 1959 zur Verfügung stand. Der P25 kam immer öfter über die volle Distanz und das gar nicht langsam.
Image1958 reichte es allerdings nicht für einen Sieg.  Bestes Ergebnis waren die Plätze 2 für Schell und 3 für Behra in Zandvoort. Im selben Jahr stieß auch der Schwede Joakim Bonnier zum BRM-Team. Bonnier holte 1959 in Holland den ersten Sieg bei einem zur WM zählenden Grand Prix für BRM.
Jean Behra war mit einem Sportwagen auf der AVUS tödlich verunglückt. Mays wollte nun zwei jüngere Fahrer. Er verpflichtete Dan Gurney und Graham Hill - Hill deshalb, weil er mit dem Lotus 18 bereits ein wenig Mittelmotor-Erfahrung gesammelt hatte.  BRM schaffte 1960 mit dem P48 nur ein paar Punkte aber leider keinen Sieg. Aber Hill demonstrierte sein außergewöhnliches Talent bei einem atemberaubenden Zweikampf mit dem Weltmeister Brabham auf Cooper beim Grand Prix von Holland, aus dem Brabham nur knapp als Sieger hervorging.
1960 war das letzte Jahr der 2,5-Liter-Formel.  1961 wurde das Hubraumlimit auf 1,5 Liter herabgestuft.  Es war eine überraschende Entscheidung, die den Engländern sehr ungelegen kam und Ferrari einen Vorteil verschaffte. Die englischen Rennställe mussten erst konkurrenzfähige 1,5 Liter-Motoren vorbereiten. Erwartungsgemäß wurde Phil Hill auf Ferrari auch Weltmeister 1961.

ImageMit Tony Rudd zur WM-Spitze. Ein neuer V8-Motor von BRM war in Vorbereitung, wurde aber erst Ende 1961 fertig. Man musste die Saison mit dem P48 und einem Vierzylindermotor von Coventry Climax bestreiten. BRM-Werksfahrer waren Graham Hill und Tony Brooks. Ein zweiter und ein paar dritte Plätze waren die besten Resultate einer weiteren, eher unerfreulichen Rennsaison.
Sir Alfred Owen, den man 1961 in den Ritterstand erhoben hatte, war mit seiner Geduld am Ende. Er forderte Siege von Mays und Berthon, sonst würde er die Finanzierung von BRM einstellen.  Nicht nur Owen hegte Zweifel an den Führungsqualitäten der beiden angegrauten Eminenzen.
Als dann auch noch die Fahrer mit einem Streik drohten, wurden Mays und Berthon entmachtet.  Owen bestellte Tony Rudd zum technischen Direktor von BRM. Mays und Berthon behielten beratende Funktion. Rudd war schon 1950 während der Entwicklung des V16 von Rolls Royce zu BRM gestoßen. Unter seiner Leitung kam frischer Wind in die alten Hallen von Bourne.  Werksfahrer für 1962 waren Graham Hill und Richie Ginther.
Beiden stand auch schon zu Beginn der Saison ein neues Auto zur Verfügung, der P57. Sein V8-Motor mit Benzineinspritzung, Transistorzündung und einer Leistung von 188 PS bei 10.250 Umdrehungen war ein echter Wurf.  Auch Coventry Climax hatte einen hervorragenden V8 herausgebracht. Chapman verwendete diese Maschine für den genialen Lotus 25, dem ersten F1-Rennwagen in Monocoque-Bauweise.  Der Zweikampf zwischen Graham Hill und dem nicht minder begabten Lotus-Fahrer Jim Clark wurde im Laufe des Jahres immer spannender.  Hill siegte bei den Großen Preisen von Europa (Zandvoort), Deutschland und Italien, Jim Clark in Belgien, England und in den US A. Erst beim letzten Rennen in Südafrika kam die Entscheidung.
Clark lag uneinholbar eine halbe Minute vor Hill, dann musste der Schotte mit Zündungsproblemen aufgeben. Hill ging als erster durchs Ziel und wurde Weltmeister. Der Jubel in Bourne war groß - der erste Gesamtsieg nach 16 Jahren harter Arbeit und bitteren Rückschlägen!  Es sollte jedoch der einzige WM-Sieg in der 33jährigen Geschichte von BRM bleiben. 1963 war der Lotus 25 ausgereift und unschlagbar.  Clark dominierte die Saison und wurde Weltmeister.  Tony Rudd reagierte auf den Lotus 25 mit dem P61, der sich durch eine Mischung aus Rohrrahmen und Monocoque auszeichnete. Hill wurde in den Jahren 1963, 1964 und 1965 Vizeweltmeister auf BRM. 1965 kam Jackie Steward ins Team, gewann in seiner ersten F1-Saison bereits Monza und wurde Dritter der WM 1965.

ImageFormel 1 mit 3 Litern. 1966 folgte die 3-Liter Formel und für die englischen Rennställe kam diese FIA-Entscheidung ebenso unvermutet wie schon 1960/61. Coventry Climax wollte keine F1-Motoren mehr liefern. Brabham reagierte am schnellsten, verbaute einen relativ simplen V8-Motor von Repco und wurde damit auch Weltmeister 1966. Peter Berthon empfahl den Bau eines neuen V12, doch Tony Rudd entschied sich für einen H16-Motor, eine hochkomplexe Lösung, bei der zwei Achtzylinder-Boxer übereinander zu einer Einheit verschmolzen wurden.
Bei diesem Aggregat kamen Bauteile des alten V8 zur Anwendung, weshalb die Umsetzung für BRM relativ wenig Zeit beanspruchte.  Der H16 war überraschend kompakt und sah beeindruckend aus - Auspuffanlagen oben und unten, Ansaugtrichter links und rechts. Er erwies sich aber als zu kompliziert, schwer und unzuverlässig. BRM brachte er kein Glück sondern den Spottnamen "British Racing Misery" ein. Lotus hatte bei Cosworth einen V8 in Auftrag gegeben und kaufte H16-Motoren für 1966/67 ein. Clark gelang im Lotus 43 auch der einzige Sieg mit einem BRM H16-Triebwerk in Watkins Glen/US A.
Der V8 Cosworth DFV war 1968 einsatzbereit, brachte Graham Hill, welcher zu Lotus gewechselt war, den zweiten WM-Sieg und wurde zum erfolgreichsten F1-Rennmotor aller Zeiten.  Ab nun ging es mit BRM bergab. Graham Hill war durch Mike Spence, der H16 durch einen V12-Motor ersetzt worden. Die Saison 1967 brachte für BRM nur zwei Podiumsplätze durch Jackie Steward. Steward wechselte dann zu Matra und wurde mit dem französischen Team Weltmeister 1969. Die BRM-Fahrer Richard Attwood und und Pedro Rodríguez schafften 1968 zweimal Platz 2 und zweimal Platz 3.  1969 kam BRM mit John Surtees und Jackie Oliver nur dreimal ans Ziel, darunter immerhin ein dritter Platz. Im selben Jahr wurde Tony Rudd von Lotus engagiert und Sir Alfred Owen war gezwungen, seinen Rennstall umzustrukturieren.  Er übergab BRM an seine Schwester Jean Stanley, Tony Southgate wurde neuer Entwicklungschef.

ImageNiedergang in den 70ern.
Die 70er Jahre sahen für BRM zu Beginn noch halbwegs rosig aus.  Rodríguez gelang 1970 nach vier Jahren Durststrecke ein Sieg in Belgien. 1971 siegte Jo Siffert auf dem Österreich-Ring und Peter Gethin in Italien. Siffert verunglückte am Ende der Saison in Brands Hatch tödlich. Der Schweizer war der einzige Pilot, der am Steuer eines BRM ums Leben kam. Den allerletzten Sieg für BRM holte sich Jean-Pierre Beltoise 1972 in einem Regenrennen in Monaco. 1973 kaufte sich Niki Lauda als dritter Fahrer neben Beltoise und Regazzoni bei BRM ein. Der Analytiker Lauda holte das Maximum aus dem Zwölfzylinder P160 heraus und zeigte in Monaco eine derartig beeindruckende Leistung, dass ihn Enzo Ferrari nach Maranello holte. BRM verdankte einem 2. Platz von Beltoise in Südafrika noch einen Rang sieben in der Konstrukteurs-WM 1974. 1975 verstarb Sir Alfred Owen und die British Racing Motors gingen in Konkurs.
Zwar wurde als Team "Stanley-BRM" noch ein Neustart versucht, aber die Piloten Mike Wilds und Bob Evans konnten 1975 keinen einzigen WM-Punkt mehr erringen. Nach einer Pause von einem Jahr kam es zu einem letzten verzweifelten Aufbäumen mit dem neukonstruierten BRM P207, der aber zumeist schon an der Qualifikation scheiterte. Ende 1977 verschwand die englische Marke endgültig von der Bühne des Motorsports. Raymond Mays überlebte den Untergang von BRM noch um drei Jahre und verstarb im Januar 1980 in seinem Haus in Bourne.
 
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