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Freitag, 26. April 2024
MG Nachkriegs Saloons Drucken E-Mail
Geschrieben von Gernot Kronberger   

Heft bestellen - Der Earl of Abingdon auf Zeitreise

MG wird heuer 90 Jahre alt und die Magnette feiert ihren 60. Geburtstag. Es ist an der Zeit, ein eher unbekanntes Kapitel der Firmengeschichte aufzuschlagen, den MG Nachkriegs-Saloons.

Text: Gernot Kronberger
Photos: Wolfgang M. Buchta, Archiv
  ImageWie kaum eine andere Marke verkörpert MG den Auf- und Abstieg, den Wiederbeginn und das erneute Scheitern der britischen Automobilindustrie.  Bis 1980 wurden in Abingdon on Thames Sportwagen vom Schlage eines MG TC, TD, TF, A, Midget, B und C gebaut, ehe es, unter Führung der Rover Group bis 2005, mit dem MG F und TF Hoffnung auf ein Überleben am Standort Longbridge gab. Dass in dieser Zeit großartige, skurrile, sehr sportliche, aber auch farblose MG Saloons, also Limousinen, entstanden, ist eher nur Eingeweihten bekannt.  Und dass in Longbridge bei Birmingham noch immer Autos gebaut werden, MG bis zum heutigen Tage existiert und ein Comeback plant, ist weitgehend unbekannt, aber Tatsache. Doch dazu später. Blicken wir zurück ins Jahr 1938.

Die Y-Baureihe, Gruß aus der Vergangenheit.  In diesem Jahr präsentiert Morris den 10 Serie M und etwas später den kleinen Morris 8 Serie E. Diese beiden sollten für die Entwicklung des Y sehr wichtig werden. Innerhalb der Nuffield Organisation suchte man nach einer Möglichkeit, die MG-Typen SA, VA und WA mit einem kleineren Saloon nach unten abzurunden.  Unter dem Projektnamen EX 166 entsteht der Prototyp des 1-¼-Liter-MG. Es war der erste MG dessen Design nicht das Werk des Firmengründers Cecil Kimber sein sollte. Der auch MG Ten genannte Prototyp wurde 1939 konstruiert, um 1940 präsentiert und ab 1941 produziert zu werden. Durch den 2. Weltkrieg verschob sich die Produktion des MG Y Type, wie er dann heißen sollte und fast unverändert auf EX 166 zurückgehen sollte.
Der EX 166 hatte eine neu konzipierte Vorderachse mit Einzelradaufhängung. Die Konstruktion stammt von Alec Issigonis, dem späteren Vater des Mini, und Jack Daniels, einem Ex-MG-Konstrukteur. Dieser damalige Entwicklungssprung sollte bis zum MG B aus 1980 prinzipiell beibehalten werden. Des weiteren erhielt der Y Type die erste Zahnstangenlenkung im Nuffield Konzern. Ein von Gerald Palmer optisch modifizierter Karosseriekörper des Morris 8 war die Ausgangsbasis. Dazu wurde der MG typische Kühler verwendet. Außerdem wurden etwas schnittigere Kotflügel an die Karosserie angebaut. Der neu konstruierte Rahmen des Y Types war um einiges steifer, als die Konstruktion des TA, TB oder TC.
ImageDer MG YA, welcher vom Frühjahr 1947 an die Fabrik in Abingdon on Tames verließ, war ein guter Kompromiss zwischen traditioneller britischer Handwerkskunst und fortschrittlicher Karosseriebauweise. Die bereits erwähnte vordere Einzelradaufhängung war ein wichtiger Schritt in die Moderne, ebenso wie die hydraulische Bremsanlage an Vorder- und Hinterachse.  Als Antriebsquelle fand der allgemein bekannte 1250er XPAG-Motor Verwendung, welcher im Gegensatz zum MG TC nur einen Vergaser und dementsprechend nur 46 bhp hatte. Eine besondere technische Finesse des YA war die eingebaute hydraulische Wagenheberanlage.  Diese erlaubte, das Fahrzeug an der Vorderachse, an der Hinterachse oder aber auch komplett auf die 4 am Rahmen angeschraubten hydraulischen Stempel zu stellen und anzuheben. Dieses System fand schon bei SA, VA und WA serienmäßig Verwendung. Die Innenausstattung war im Stile der MG Saloons gewohnt edel. Bequeme Ledersitze, Holzverkleidungen an den Türen, Holzarmaturenbrett, achteckige Instrumente sorgten genauso für Club-Atmosphäre, wie Aschenbecher und Scheibenwischerknöpfe aus Bakelit.
Im Oktober 1948 wurde auf der Earls Court Motor Show die offene Version, der YT präsentiert.  Der XPAG-Motor hatte wieder 2 Vergaser und entsprach im Wesentlichen der auch im TC verwendeten Version. Bis auf die zusätzliche Tankanzeige war auch das Armaturenbrett mit dem des TC ident. Die Karosserie war eine komplett neue selbsttragende Konstruktion mit nur 2, statt der im YA obligaten 4 Türen. Bis 1950 sollten 877 YT gebaut werden. Gegen Ende 1951 plante MG eine Überarbeitung des YA. 1952 kam der YB auf den Markt und sollte Detailverbesserungen aus dem MG TD erhalten.  Ein neues Lockheed-Bremssystem mit verbesserter Wirkung, eine neue Hinterachse und ein Stabilisator an der Vorderachse verbesserten das Fahrverhalten eindeutig und nachhaltig. Der Übersteuerungstendenz des YA sollte die Verwendung von 15-Zoll-Rädern anstatt der 16 Zoll entgegen wirken. Bis Ende 1953 werden insgesamt 8336 MG Y gebaut, ehe ein neues Zeitalter bei MG anbricht.

ImageMG Magnette ZA/ZB, die "Bürgermeister-Limousine".  Bei MG macht man sich schon sehr rasch Gedanken über einen Nachfolger des YB. Zu diesem Zwecke kehrt im Jahr 1949 Gerald Palmer, bereits von 1937 bis 1942 bei MG beschäftigt, als Chefdesigner zur Nuffield Group zurück, von der MG mittlerweile aufgekauft wurde. Bei Nuffield soll er neue Modelle für MG, Riley und Wolseley entwerfen. Als YB- Nachfolger entwirft er die Z-Magnette und den Wolseley 4/44, die am unteren Ende der Mittelklasse für Ersatz sorgen sollen. Für die Riley-Reihe entsteht der Pathfinder, der eine Nummer größer ist.
Bei seinem Entwurf ist Palmer von den großen italienischen Designern beeinflusst, was die Ähnlichkeit zum Lancia Aurelia und anderen Fiat- und Alfa-Romeo-Modellen erklärt.  Obwohl der MG als erstes entworfen wurde, erscheint 1952 zunächst sein Bruder, der Wolseley 4/44, weil ein neues Wolseley-Modell dringender benötigt wird. Angetrieben wird er vom XPAG-Aggregat, welches aber weniger Leistung als in den MG-T-Modellen besitzt und deshalb keine berauschenden Fahrleistungen für die über eine Tonne schwere Limousine zuläßt.  Im Oktober 1953 stehen dann auf der London Motor Show eine grüne ZA Magnette mit beiger Innenausstattung und eine Grau/Graue, die beide erst kurz vor Ausstellungsbeginn fertiggestellt wurden. Wegen Produktionsproblemen entsprachen die gefertigten Fahrzeuge nicht in allen Punkten der Werbung. Die präsentierten Magnettes besitzen noch keine Dreiecksfenster und auch das angekündigte Holzarmaturenbrett konnte wegen Materialknappheit nicht gebaut werden. Dies sollte sich erst im März 1955 nach 6000 gebauten Einheiten ändern, als italienisches Walnussfurnier verfügbar war. Dafür wurden die Autos durch serienmäßige Nebelscheinwerfer und Stoßstangenhörner aufgewertet, vermutlich wollte man damit eventuellen Schwierigkeiten von Anfang an aus dem Weg gehen.
ImageAuch die sonstige Ausstattung kann sich durchaus sehen lassen. Serienmäßig wird eine Heizung angeboten, was in diesen Tagen auch bei teureren Modellen noch nicht Standard war.  Darüber hinaus durften die Passagiere auf edlen Ledersitzen Platz nehmen. Insgesamt ist der gesamte Innenraum "very british". 1954 sollte die Produktion dann anlaufen.
Technisch gesehen bleibt die ZA Magnette auf der konservativen Seite mit eher harmlosen Fahrleistungen. Einzelradaufhängung mit Teleskopdämpfern vorne, Zahnstangenlenkung und halbelliptische Blattfedern, ebenfalls mit Teleskopdämpfern, sorgen für gute und sichere Straßenlage. Allerdings, und das macht heute die Erhaltung einer Magnette so spannend, ist so gut wie nichts mit den anderen MG Modellen austauschbar. Angetrieben wird die Magnette von dem neuen B-Serien-Motor, der mit einem SU H2 Doppelvergaser immerhin 60 bhp abliefert und so eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 130 km/h ermöglicht. Die Werte sind zwar besser als die des Wolseley 4/44, aber von Sportlichkeit kann keine Rede sein. Darüber hinaus kostet die ZA Magnette weniger als der YType, jedoch für europäische Verhältnisse ist der MG entschieden zu teuer. In der Schweiz kostet die Magnette beispielsweise 12.800 sfr, ein Opel Rekord ist dagegen schon für 7.300 sfr zu haben. Der Verkaufserfolg am Kontinent sollte eher überschaubar bleiben. In Amerika hingegen lässt sich die Magnette schon alleine wegen des Markennamen MG gut verkaufen.
Wurde der neue Wolseley 1952 noch gelobt, geht bei der MG-Vorstellung ein Aufschrei durch die Fangemeinde. Die Wiederverwendung des ruhmreichen Namens Magnette an einer Familienkutsche mit Wolseley-Karosserie, Austin-Motor und Kühlerattrappe entspricht nicht dem, was man bisher von MG gewohnt war. Dabei ist der MG keine Kopie des Wolseley. Um die Sportlichkeit hervorzuheben, wurde die Karosserie um 2 Inch niedriger gelegt, was nicht nur flotter aussieht, sondern auch ein besseres Handling verspricht. Das hat aber auch zur Folge, dass die beiden sich nur noch wenige Bleche teilen.  Außer dem Dach, den Fronttüren und der Kofferraumklappe sind die Bleche unterschiedlich!
ImageEin Horror für die Buchhalter im Konzern. Die Bodengruppe, Schweller, Vorder- und Heckkotflügel sind verschieden, außerdem tragen beide Autos ihren eigenen, traditionellen Kühlergrill.  Nicht einmal die Motorhauben sind untereinander austauschbar. Dennoch leitet die Magnette in Abingdon eine neue Ära ein. Sie ist der erste MG, der über eine selbsttragende Karosserie verfügt.  Dies bringt natürlich produktionstechnisch Probleme mit sich, hat man doch in Abingdon immer MG´s mit Rahmen montiert, wie es zeitgleich noch beim TF und ab 1955 auch noch im MG A geschieht. So ist es nicht verwunderlich, dass anfangs die Bauzeit für eine Magnette bis zu 4 Wochen beträgt. Nach 140 gebauten Fahrzeugen verkürzt sie sich auf eine Woche, was bis zum Ende Standard bleiben sollte.
In Juli 1956 erhält der Motor eine Leistungskur.  Höhere Kompression, größere H4-Doppelvergaser und geänderte Ein- und Auslasskrümmer erhöhen die Leistung auf 68 bhp, was die Magnette jetzt 140 km/h schnell macht und sie in 18 Sekunden von 0-60 Meilen beschleunigen lässt.  Im September erscheint die ZB Magnette, die sich nur durch leicht geänderten Chromschmuck vom Vorgänger unterscheidet. Auffälligster Unterschied ist die gerade Chromleiste am vorderen Kotflügel, die den sogenannten "hockey-stick" der ZA ersetzt. Für einen geringen Aufpreis kann man sich jetzt auch für das Varitone-Modell entscheiden.  Dieses bietet, wie unser Titelauto, ein größeres Heckfenster, eine Zweifarbenlackierung und eine nochmals geänderte Zierleiste, die jetzt seitlich an der Motorhaube montiert ist und den farblichen Kontrast zusätzlich unterstreicht. Allerdings gibt es auch einfarbige Varitones. Zusätzlich gab es eine nie wirklich funktionierende und unpopuläre automatische Kupplung, die sogenannte "Manumatic clutch". Die Besitzer merkten sehr rasch, dass der Aufpreis falsch investiert wurde.
An sportliche Erfolge konnte MG mit der ZA/ZB Magnette nie anknüpfen. Die Magnette war zu schwer und hatte zu wenig Leistung. Gedanken an 6 Zylinder oder den gerade entwickelten Twin Cam-Motor wurden schnell wieder fallen gelassen. Dennoch nahmen 1955 drei Magnettes unter dem Namen "The Three Musketeers" an der Rallye Monte Carlo teil, allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Ein Jahr später belegte Nancy Michell den 3. Rang in der Damenwertung.  Selbst Pat Moss blieb auf der Magnette ohne Erfolg.
ImageDas Ende für die ZA/ZB Magnette kommt nach 36.601 gebauten Exemplaren im Dezember 1958. Diese Stückzahlen wurden bis dahin von keinem anderen MG erreicht. Die Ablöse kommt Mitte 1959 und sollte für die MG-Fans ein echter Schock werden. Was uns bleibt ist die Erinnerung an den letzten klassischen, eigenständigen Saloon von MG. Alles weitere sollte reines "Badge Engineering" werden oder sich auf bloße MG-Bezeichnung für sportliche Varianten der diversen Konzernkonglomerate beschränken.

Die Farina-Magnettes, der falsche Weg. Die mittlerweile stark gestiegenen Verkaufszahlen des MG A und die Tatsache, dass die ZA/ZB Magnettes unproduktiv und zu teuer produziert wurden, lassen die Erbsenzähler endgültig die Oberhand im BMC Konzern gewinnen.  Die Nuffield Group und damit auch MG gehören mittlerweile der British Motor Corporation an. Aus diesem Grund wurde das sogenannte "Badge Engineering" forciert. Also ein Auto, welches dann im Prinzip bis auf wenige Details baugleich unter verschiedenen Markennamen verkauft wird. Diese traurige Schicksal blieb der MG Magnette Mk3 nicht erspart. Der unter dem Codename ADO9 entwickelte Austin A55 Cambridge sollte als Basis dienen. Das Design stammte von Pininfarina und war mit seinen markanten Heckflossen und den eher eckigen Formen ganz im Stil der Zeit. Ein Vergleich mit dem Peugeot 404 ist von der Optik her an dieser Stelle nicht unangebracht. Auch hier stammte das Design von Pininfarina. Dem BMC-Stylisten Sid Goble blieb einzig und alleine die Aufgabe, den MG-Kühlergrill zu integrieren und den Innenraum mit Holz, Leder und hochwertigeren Armaturen edler zu gestalten. Ein großer Kofferraum und komfortabler Innenraum stehen auf der Haben-Seite der Farina-Magnette.  Vom technischen her versteht man, warum die MG-Fans die Farina-Magnette nie wirklich akzeptierten.  Der 63-bhp-Motor aus der ZB Magnette war trotz Zweivergaser-Anlage mit dem hohen Fahrzeuggewicht überfordert. Die Fahrwerksauslegung in Richtung Komfort und die mehr als indirekte Schneckenlenkung ließen alles andere als das typische MG-Feeling aufkommen.
ImageDie Farina-Magnette war eher ein Familienauto als eine Sportlimousine. Daran konnte auch die 1961 eingeführte Magnette Mk4 wenig ändern. Auf Drängen von BMC hatte MG das Auto in vielen Details verbessert. Stabilisatoren, Querlenker, längerer und breiterer Radstand sowie geänderte Stoßdämpferführung brachten zwar Verbesserung, änderten aber nichts an dem komfortablen Gesamteindruck. Der jetzt verwendete 1622er-Motor aus dem MG A ließ mit seinen 68 bhp zwar bessere Fahrleistungen zu, aber vom Thema sportlich war man meilenweit entfernt. Vor allem in die USA verkaufte sich die Farina Magnette recht passabel. 1968 zog BMC die Notbremse und stellte die MG Magnette Mk4 ohne Nachfolger ein. In 11 Jahren Bauzeit entstanden rund 31.000 Farina Magnettes. Zum Vergleich, die ZA/ZB Magnette brachte es in nur 7 Jahren auf über 36.000 produzierte Einheiten.  Dennoch, die Farina Magnettes sind heute, so skurril sie auch aussehen mögen, stilvolle Familienoldtimer und haben schon auf Grund ihrer Seltenheit einen fixen Platz in der MGGeschichte, zumal sie die letzten in Abingdon produzierten MG Saloons sind.

MG 1100/1300, Vorläufer der Golf-Klasse. 1962 beweist MG allerdings auch, wie "Badge Engineering" erfolgreich funktionieren kann.  Auf Basis des Austin 1100 entsteht der MG 1100, ein fortschrittliches und zugleich durchaus sportliches Auto. Der Austin 1100 wurde unter dem Entwicklungscode ADO16 (Austin Drawing Office) von Alec Issigonis entworfen.  Nach dem erfolgreichen Mini wollte Issigonis ein größeres, noch innovativeres Auto bauen, um nach der 850er-Klasse auch die der 1100er abzudecken. Wie der Mini wurde auch der ADO16 rund um den BMC-A-Motor konstruiert, der, quer eingebaut, die Vorderräder antreibt . Das Getriebe war direkt unter dem Motor angeflanscht und wurde von einem gemeinsamen Kreislauf mit Öl versorgt. Neben Scheibenbremsen mit schwimmend gelagertem, einzelnen Bremssattel bekam der ADO 16 als erstes Auto das von Alex Moulton erdachte Hydrolastic-System. Darunter versteht Moulton eine Radaufhängung, die die sonst üblichen Schraubenfedern durch eine Verbundfederung aus Gummielementen und Flüssigkeitsverdrängern ersetzt. Dadurch konnten die Räder quasi direkt an jede Ecke des Fahrzeuges platziert werden, was einen extrem niedrigen Schwerpunkt und sensationelle Fahreigenschaften ermöglichte.  Für das Styling wurde Pininfarina von BMC engagiert und er machte daraus ein Meisterstück, da er bei geringen Außenabmessungen für einen Innenraum sorgte, der dem eines Ford Cortina vergleichbar war. Vom Gesamtkonzept her gilt der ADO16 als der direkte Vorläufer der heutigen Kompakt- oder Golf-Klasse, einzig das System der Heckklappe fehlte noch.
ImageDer MG 1100 erhielt einen MG-typischen Kühlergrill, eine hochwertige Innenausstattung mit Holzarmaturenbrett und Ledersitzen sowie eine Zweivergaseranlage. Die dadurch von 48 auf 55 bhp gesteigerte Motorleistung machte den MG zu einem sportlichen und agilen Kompaktwagen.  145 km/h Spitze für einen 1100er waren damals so ziemlich einzigartig. Auf Grund der sensationellen Straßenlage und der guten Fahrleistungen ist der als 4-Türer gebaute 1100 ein Fahrzeug in bester MG-Tradition und verkauft sich von Anfang an sehr gut. Einen 2-Türer gab es vom MG 1100 ausschließlich für Exportmärkte, speziell für Amerika. Gebaut wurden beide im Werk Longbridge bei Birmingham.  Ab 1967 folgt analog zum Austin 1300 der MG 1300. Wie schon zuvor erhielt er die MG-typische Aufwertung, diesmal um 3 chromumrandete Rundinstumente ergänzt. Der 1275er-Motor leistete dank zweier Vergaser statt 60 bis zu 70 bhp, was den MG 1300 knapp 160 km/h schnell machte. Damit war man nur unwesentlich langsamer und nicht minder sportlich als in einem MG B unterwegs. Der MG 1300 sollte zunächst als 4-Türer und optional als 2-Türer angeboten werden. Von 1969 bis zu seinem Produktionsende 1971 wurde er dann ausschließlich als 2 Türer angeboten. Danach sollte der MG vom Austin 1300 GT abgelöst werden. Bis 1970 war die Austin-1100/1300-Baureihe mit ihren Anverwandten MG, Morris, Riley, Vanden Plas und Wolseley jedes Jahr das erfolgreichste Automodell in Großbritannien. Insgesamt mehr als 2 Millionen Stück der ADO16-Baureihe fanden einen Käufer. Alleine vom MG 1100/1300 wurden in knapp 10 Jahren Bauzeit ca. 157.400 Stück gebaut, wobei der MG 1300 mit rund 34.000 Einheiten das seltenere Modell bleiben sollte. Leider war Rostbefall der größte Feind dieser Baureihe und so sind diese MG extrem selten geworden. Schätzungen zufolge haben kaum mehr als 100 Stück überlebt. Über 10 Jahre werden vergehen, ehe das MG-Logo wieder einen Saloon, wenn auch einen kleinen, ziert.

ImageMG Metro, der Mini-MG. Das Ende der Produktion des MG B und damit die Schließung des Werkes in Abington 1980 ließ weltweit alle MG-Fans laut aufschreien. British Leyland, die MG nie die Unterstützung gaben, die benötigt worden wäre, war sich der Liebe der Fans und der Markentreue nicht bewusst und dementsprechend von dieser Reaktion überrascht. Der Plan, die Marke in aller Stille sterben zu lassen, wurde ganz schnell verworfen. Zu positiv und zu emotional war das Bild von MG geprägt.  Zur gleichen Zeit wurde der Mini Metro eingeführt und sollte sich als Kleinwagen sehr schnell durchsetzen. Den "alten" Mini zu verdrängen war zwar nicht angedacht, dennoch stellt sich der Metro als das zeitgemäßere Konzept auf solider technischer Basis dar. Neben dem modernen Design wurden vor allem die Heckklappe und umlegbare Rückbank als echter Fortschritt gewürdigt. Zumal der Metro das erste Fahrzeug war, bei dem sich die Rückbank im heute gängigem Schema 1/3-2/3 umklappen ließ. Es lag auf der Hand, ähnlich dem Mini Cooper, eine schärfere Version nachzulegen.
Doch zur allgemeinen Überraschung kündigte British Leyland nicht einen Metro Cooper, sondern den MG Metro als Top-Version an. Nach anfänglicher Skepsis, ein MG mit Vorderradantrieb war ungewöhnich, sind die MG-Fans begeistert. Den MG 1100/1300 hatte man offensichtlich nicht mehr in Erinnerung, da er auf Grund schlechter Rostvorsorge (so gut wie keiner) aus dem Straßenbild nahezu gänzlich verschwunden war. Der MG Metro ist von Anfang an sehr beliebt, da er wieder die MG-typischen Attribute besitzt. Sehr gutes, sicheres Fahrverhalten, agiles Handling und ansprechende Fahrleistungen.  Das 1275er BMC-A-Triebwerk wurde gegenüber dem Mini Cooper S und dem MG Midget nur geringfügig modifiziert und galt, vorne quer eingebaut und mit dem unten angeflanschten Getriebe, von Anfang an als robust und extrem drehmomentstark.
ImageBeflügelt durch den unerwarteten Verkaufserfolg des MG Metro, legte British Leyland nur ein Jahr nach Einführung eine noch schärfere Version nach, den MG Metro Turbo. Turbo hieß Anfang der 80er das Zauberwort für Leistungssteigerung und so ließ sich der BMC-A-Motor von 72 auf 93 PS hochzüchten. Bei nahezu unveränderten Gewichtsverhältnissen erreichte der kleine MG extrem sportliche Fahrleistungen. Man stieß mit dem MG Metro Turbo weit in die Klasse der diversen GTI´s vor und war, bedingt durch die Wendigkeit, im Straßenbetrieb weit überlegen.  Eine hochwertigere und auf sportlich getrimmte Ausstattung, Niederquerschnittreifen auf 13-Zoll-Alufelgen, Sportsitze, Heckspoiler und der obligate seitliche Turbo-Schriftzug unterscheiden ihn auch optisch vom billigeren MG Metro. Bis 1994 sollten sich der MG Metro und der MG Metro Turbo sehr gut verkaufen und das Segment der kleinen schnellen Kompaktwagen nachhaltig prägen. Ein Nachfolger war von der nunmehrigen Konzernmutter BMW nicht angedacht.  BMW hatte andere Pläne und wie die aussahen sieht man heute am aktuellen Mini.  Wie in England üblich, wurde für den MG Metro Turbo 1992 ein eigener Markenpokal geschaffen.  Dies wäre im Prinzip nicht weiter erwähnenswert, da in Großbritannien für nahezu alles, was 4 Räder hat, ein eigener Markenpokal existiert.  Jedoch die Tatsache, dass es heute, 20 Jahre nach Produktionsende, den MG Metro Cup noch immer gibt, ist umso erstaunlicher, als er damit der langjährigste Markenpokal weltweit ist. Sorry, der Porsche Carrera Supercup ist ein Jahr jünger.
Auf internationaler Bühne sollte ein eigens von Williams Grand Prix Engineering entwickelter Super Metro, der MG Metro 6R4, für positive Schlagzeilen in der Rallye-WM sorgen. Eine zu kurze Entwicklungszeit und das für den 6R4 zu frühe Ende der Gruppe B 1986, ließ nur kleine Achtungserfolge zu. In seiner zweiten Karriere als Rallyecross-Auto sollte er seine Qualitäten zeigen dürfen und errang 1992 mit Will Gollop am Steuer die Rallyecross-Europameisterschaft.

ImageMaestro/Montego gemeinsame Plattform. Die Geschichte der Maestro/Montego-Baureihe beginnt mit der Beinaheinsolvenz von British Leyland 1973 und der rettenden Verstaatlichung 1975. Eine Produktpalette, die am kontinentaleuropäischen Geschmack vorbei ging, gepaart mit Qualitäts- und Imageproblemen galten als Hauptursachen des Niederganges.  Bereits 1976 begannen die dringend notwendigen Enwicklungen einer neuen Fahrzeugpalette, zunächst unter dem Codenamen LC10. Ziel war es, eine gemeinsame Plattform für Fahrzeuge sowohl in der Kompaktklasse als auch der Mittelklasse zu entwickeln, um so Kosten zu sparen.  Das Projekt wurde in zwei Teilprojekte aufgeteilt: LM10 wurde die Basis für den neuen Austin Maestro, LM11 entwickelte sich zum Montego.  Die Modelle Austin Maxi, Morris Marina, Austin Allegro, drei Fahrzeugtypen, die heute als gefährliche Drohung gelten, sollten damit ersetzt werden.
Im März 1983 wurde der Austin Maestro als fünftürige Schräghecklimousine vorgestellt und ein Jahr später sollte die Top-Version, der MG Maestro, folgen. Optisch außen und innen mehr auf Sport getrimmt, motorenseitig mit 2-Liter-Aggregat und 115 PS versehen, war man durchaus zeitgemäß unterwegs. Wie beim Austin kennzeichnet die ersten Baujahre ein futuristisches Interieur, mit Digitalinstrumenten und einem sprechenden Bordcomputer.
ImageEin Jahr nach der Einführung des Maestro wurde der Montego im Frühjahr 1984 in Südfrankreich vorgestellt. Etwa 60 Prozent der Teile waren mit denen des kleineren Maestro identisch.  Die Presse war allerdings, wie schon zuvor beim Maestro, von dem Fahrzeug wenig angetan. Detailmängel und Verarbeitungsfehler traten schon bei den Vorführwagen auf. Das Design des Montego wurde als zu konservativ bezeichnet und sein Image galt als langweilig. Daran konnten auch die Top-Versionen MG Montego und MG Montego Turbo nur bedingt etwas ändern.  Der MG Montego wurde mit 115 PS aus einem 2-Liter-Motor mit elektronischer Benzineinspritzung und einer Höchstgeschwindigkeit von 185 km/h angeboten. Erkennbar ist der MG an Front- und Heckspoilern. Innen wurde er mit roten Sicherheitsgurten, Leder und Teppichen ausgestattet. Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber und ein Cassettenradio mit vier Lautsprechern gehörten ebenfalls zur Serienausstattung.
Das umstrittenste Detail der Ausstattung war, wie beim MG Maestro, das Armaturenbrett mit Digitalanzeigen und sprechendem Bordcomputer.  Da viele Käufer davon abschreckten, wurde bereits ab 1985 bei beiden Typen wieder ein herkömmliches Armaturenbrett eingebaut.  Fahrzeuge mit der ursprünglichen Ausstattung sind heute eine gesuchte Rarität.  Im gleichen Jahr erscheint mit dem MG Montego Turbo eine noch stärkere Version. Ausgestattet mit einem Garret-T3-Turbolader leistete der Montego Turbo 150 PS.  In weniger als 8 Sekunden wurde Tempo 100 erreicht und die Höchstgeschwindigkeit lag bei über 200 km/h. Dennoch blieb auch der MG Montego Turbo eher eine Randerscheinung.  Ende 1994 wurde die Produktion aller Maestround Montego-Modelle in England eingestellt, nachdem Austin Rover von BMW übernommen worden war.

ImageMG Z-Serie, Retter aus der Not? Wie bereits erwähnt, hatte BMW nach der Übernahme von Rover kein Interesse, die Marke MG für sportliche Limousinen zu nutzen. Man beschränkte sich darauf, Rover als edle Marke zu positionieren, die Sportwagen MG F und später TF dem BMW Z3 nicht zu nahe kommen zu lassen und die für BMW neue Fronttrieb-Technologie für sich zu perfektionieren. Im Nachhinein betrachtet wird man den Eindruck nicht los, dass es BMW bei der Rover-Übernahme einzig und allein um das Konzept des neuen Mini bei möglichst geringen Entwicklungskosten und schnellem Technologietransfer ging. Ob der Verkauf von Rover im Jahr 2000 von vorhinein einkalkuliert war, ist zwar reine Spekulation, aber bei dem, was wir in den letzten Jahren über Konzerne gelernt haben, nicht unwahrscheinlich.
Die nunmehrige, wieder britische, MG Rover Group wollte, wie schon beim MG Metro, mit zusätzlichen sportlichen Varianten neue Käuferschichten ansprechen und so dringend benötigte zusätzliche Stückzahlen absetzen. Waren die Rover eher auf Komfort als auf Handling abgestimmt, war es bei MG genau umgekehrt.  Schärfere Motoren, straffere Fahrwerksabstimmung und sportlichere Optik unterschieden die drei neuen, 2001 vorgestellten MG-Varianten.  Der kleinste, der MG ZR war aus der Kombilimousine Rover 25 abgeleitet, der Rover 45 bildete die Basis für den MG ZS und die sehr gehobene Mittelklasse-Limousine Rover 75 wurde zum MG ZT entwickelt. Alle MG-Varianten sollten in Longbridge gefertigt werden. Neu war, dass alle Modelle jetzt auch mit Dieselmotoren verfügbar waren. Vom MG ZT gab es zusätzlich eine Kombiversion namens MG ZT-T.
Wie schon beim ZT wurde auch hier eine sportliche Version mit 4,6-Liter-V8-Motor des Ford Mustang angeboten. Zu diesem Zwecke konstruierte 2003 das aus dem Rallye-Sport bekannte Ingenieurbüro "Prodrive" den MG von Front auf Heckantrieb um. Ein echtes Understatement Auto, waren die 260 PS äußerlich nur an den vier Auspuffrohren erkennbar. Ebenfalls 2003 wurde ein aerodynamisch optimierter und mit 6 Liter V8 (765 PS) ausgestatteter MG ZT-T zum schnellsten Kombi der Welt. Bei der 55. Bonneville Speed Week erreichte er eine Höchstgeschwindigkeit von 360,9 km/h.
ImageDer MG ZS sollte mit etwas mehr als 25.000 verkauften Einheiten ähnlich erfolgreich werden, wie der ZT. Er galt mit seinem 170-PS-V6- Motor als das eindeutig beste Fahrerauto des Trios. Die Verwandlung des Rover in einem MG ist in diesem Modell am besten gelungen, da der V6 viel Leistung zur Verfügung stellte und das geschmeidige Fahrwerk für exzellentes Handling sorgte. Mit 224 km/h war man zwischen 2001 und 2005 auf der eher flotten Seite unterwegs und so lag es nahe, den MG ZS ab 2002 in der "British Touring Car Championship" mit wechselndem Erfolg einzusetzen.
Der eindeutig erfolgreichste der drei sollte der MG ZR mit knapp 75.000 gebauten Stück werden.  Mit Motoren zwischen 1,4 und 1,8 Liter und 100 bis 160 PS war der ZR während seiner gesamten Produktionszeit einer von Großbritanniens beliebtesten sportlichen Limousinen.  2004 war er das meistverkaufte Fahrzeug der MG Rover Group, das erste Mal übrigens, dass ein MG das populärste Produkt eines der vielen Eigentümerkonglomerate war, zu denen MG im Laufe seines Bestehens gehörte. Besonders junge Menschen sprachen auf Aktionen, wie kostenlose Versicherung oder Preisnachlässe in Höhe der Mehrwertsteuer an. Andererseits fanden sie bald heraus, dass die Motoren der K-Serie sehr gute, scharfe und leicht tunbare Aggregate waren. Bis heute werden MG ZR auf der Insel im nationalen Rallye- und Rundstreckensport erfolgreich eingesetzt. Doch all das half nichts. Die MG Rover Group war im April 2005 endgültig bankrott und das Aus für die Marke MG schien damit für immer besiegelt.

ImageMade in China? Focus online berichtet am 19.  Mai 2014, 07:36: "Englands erfolgreichste Automarke kommt aus China. MG stand einst für puristische Roadster- jetzt bauen die Briten wieder im eigenen Land, und zwar chinesische Klein- und Kompaktautos.  Kann man die China-Briten bald in Deutschland kaufen? Die Marke MG feiert dieser Tage das 90.  Jubiläum und plant Ende dieses Jahres oder Anfang 2015 sogar wieder den Sprung auf den europäischen Kontinent.
Mittlerweile lässt der neue Besitzer Shanghai Automotive Industry Corporation (SAIC) im Werk Longbridge (Birmingham) Kleinwagen und Limousinen bauen. 2013 waren es noch keine 1000 Stück, 2014 könnten es bereits mehr als 5100 Fahrzeuge sein. Nicht nur die Endmontage, auch das Design der Autos entsteht in Großbritannien. Gemessen an der Wachstumsrate ist MG sogar die erfolgreichste Automarke Großbritanniens - mit Steigerungsraten über 200% in einigen Monaten. In absoluten Zahlen bleibt die Produktion freilich noch überschaubar.  2014 sollen aber mindestens 1000 MG Modelle an englische Kunden verkauft werden."

Wie das? Nachdem sich BMW im Jahr 2000 aufgrund schwacher Verkäufe von MG und Rover getrennt hatte, versuchte sich, wie bereits vorher erwähnt, MG Rover alleine unter britischer Führung. Das Ergebnis: Das Unternehmen musste 2005 Insolvenz anmelden. Im Sommer jenes Jahres erwarb der chinesische Autohersteller Nanjing Automobile Corporation (NAC) das britische Unternehmen. NAC wiederum wurde später von Chinas größtem Automobilkonzern Shanghai Automotive Industry Corporation (SAIC) übernommen. Seit Ende 2007 gehört MG damit zu SAIC und im September 2008 nahm MG die Produktion von Autos in Longbridge wieder auf.
ImageZur Modellpalette gehört der MG3, ein vier Meter langer Kleinwagen mit 106 PS starkem Vierzylindermotor und vielen Individualisierungsoptionen nach Art des Mini. Ebenfalls im Programm, der MG6, welcher mit mehreren Diesel-, Benzin- und Turbo-Motoren (135 - 160 PS) gebaut wird. Das Top-Modell ist der MG6 BTCC Edition, welcher, anlässlich des erfolgreichen Einstieges von MG in die British Touring Car Championship, für sportliches Image sorgen soll. Sogar ein SUV-Konzept, der MG CS, ist angedacht.  Neben der Fließheck-Version wird für den MG6 auch eine Stufenheck-Version angeboten.  Der Name lautet folgerichtig: MG6 Magnette.  Der Schwerpunkt der Entwicklung liegt laut MG-Sprecher Doug Wallace zunächst auf den Limousinen, die als Basis für das künftige Wachstum der Marke dienen soll. Wenn diese Phase abgeschlossen ist, "wird es auch wieder einen Sportwagen geben". Damit würde der einstige Nebenschauplatz, die MG Saloons, am Ende die Marke doch noch retten. Unsere besten Wünsche begleiten den alten Earl of Abingdon!

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