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Mittwoch, 24. April 2024
9. Internationales Steyr-Treffen Drucken E-Mail
Geschrieben von Manfred Loy   

Heft bestellen - 9. Internationales Steyr-Treffen - Steyr or Whisky

Eine Erlebnisfahrt am Wochenende des 27. bis 29. Juni 2014 durchs Land der Berge, am Strome, Land der Dome und der Hämmer, Heimat großer Töchter, Söhne!

Text & Photos: Manfred Loy

  ImageBAFF, und zwar so richtig baff, waren am Freitagnachmittag sogar einheimische Besucher und auch Teilnehmer des 9. Steyr Treffens im Landhotel Aumühle, als sie die versammelten Steyr Automobile, 41 an der Zahl, besichtigen konnten.
Die gesamte Pkw-Produktionspalette der einst berühmten Steyr Werke, gebaut in der gleichnamigen Stadt, quasi im "Land der Hämmer", vom Typ II dem Erstmodell aus 1920 bis zum letzten Produkt, einem 220 Innenlenker aus dem Kriegsjahr 1941, konnte bestaunt werden. Alle waren vertreten, die stolzen Sechszylinder mit ihren kugelgelagerten Kurbelwellen und oben liegenden Nockenwellen, die tapferen Vierzylinder, ruhiglaufend mit seitlich stehend angeordneten Ventilen. Zu den einzelnen Modellen und Neuvorstellungen kommen wir während unserer geplanten Rundreise durchs Mühl- und Waldviertel. Das Mühlviertel, im automobilen Sektor speziell bekannt durch Land der Jänner Rallye, sozusagen ein leichtes Terrain für Steyr-Bergsteiger, die Gegend um Turrach und Katschberg könnte man hingegen als schweres Terrain bezeichnen, denn hier tummelten sich ehemals Steyr-Werkswagen bei der Erprobung.
Die Interessensgemeinschaft "Steyr Register", veranstaltet turnusmäßig alle zwei Jahre für Besitzer von Steyr Vorkriegswagen ein Treffen, hatte ins Hotel Aumühle geladen. Dieses Haus befindet sich im "Land am Strome", von Grein aus der Donau entlang, einige Serpentinen hoch ins Granitland des östlichen Mühlviertels und war von seinem Ambiente her bestens geeignet, alle Steyr-Equipen aufzunehmen.
Kurz vor der Abendveranstaltung, also dem Umzug Gastgarten ins Restaurant, trifft ein Steyr 30 S Roadster im Parc fermé ein. Die Vorstellung mit gleichzeitiger Jungfernfahrt des Roadsters hat sich Eigner Alfons M. eigens für das Steyr-Treffen vorbehalten. Ähnlich einer überirdischen Erscheinung pilgerten prompt alle STEYR-Men zum wahrscheinlich einzig überlebenden 30 S Roadster.
Am Begrüßungsabend wurde unser Cholesterinspiegel mit hausgemachten Spezialitäten wie Leberschädl, Saumeise, gebackenen Speckknödeln aufgepäppelt, auf Wunsch passend dazu Most, vom Wirts-Opa gepresst und vergoren.

ImageSamstag, der Event! Morgens um 6:00 raus aus den Federn und ab zu den Steyr. Die beste Zeit, Fotos zu machen. Vor die Linse kommt, frisch aus einer Restaurierungs-Werkstatt, ein in elegantem Dunkelblau gehaltenes 220 Gläser 2-Fenster-Kabriolett. Es scheint, in den letzten Monaten ist es im Bereich Steyr zu einem regelrechten "Gläser Karosserie Wettbewerb" gekommen. Es ist noch etwas Zeit bis zum Frühstück und anschließendem Start, schweifen wir also etwas zu Gläser ab.
"Luxus auf 4 Rädern - 150 Jahre Gläser Karosserien Dresden" lautet der Titel eines Flyers der anlässlich einer Sonderausstellung im Verkehrsmuseum Dresden für 2014 aufgelegt wurde. "Lassen Sie sich ein Gläser-Kabriolett vorführen, ehe Sie sich entschließen", mit diesem Slogan warb einer der renommiertesten deutschen Carrossiers für seine Erzeugnisse – die Gläserkarosserie GmbH in Dresden. Durch seine formschönen und extravaganten Kabriolett Aufbauten avancierte das Unternehmen in den 1930 Jahren zu einem Karosseriehersteller von Weltruf. Begonnen hat alles 1864, als Carl Heinrich Gläser es schaffte, binnen kürzester Zeit zum "Königlichen Hofwagenbauer" zu avancieren. So war es nicht verwunderlich, dass Kunden, die eben das Besondere suchten, z. B. Chassis von Audi, Bugatti, Buick, Cadillac, Horch, Mercedes, Opel, Steyr oder Wanderer orderten, um anschließend in der Fa. Gläser einen schicken Aufbau fertigen zu lassen. Unweit von unserem Veranstaltungsort steht ein weiteres 120 Gläser-Kabriolett, unrestauriert zum Verkauf. Mein Tipp: zugreifen! Ein weiterer Neuzugang fasziniert, ein Steyr Typ IV, ein Spitzkühlermodell aus der ersten Steyr-Konstrukteurs-Epoche. Hans Ledwinka, ein geborener Klosterneuburger, also einer der "großen Söhne", war ja bekanntlich der Mann, der mit seinen Steyr-Konstruktionen gleich vom Start weg, 1920 der Marke Weltgeltung verschafft hatte. Dieser Typ IV lief längere Zeit in der Schweiz, anschließend im Raum Stuttgart und hat 1980 an seinem ursprünglichen Erzeugungsstandort bei der XII . Wolfgang Seelmaier Gedächtnisrallye "Rund um die 1000-jährige Styraburg" ein kurzes Gastspiel gegeben. Beruhigend, dass er letztendlich vor kurzem bei einem Steyr-Sammler in N. Ö. gelandet ist.
ImageUm 8:30 starten wir unsere Runde zum ersten Zwischenstopp bei der sehenswerten Kathedrale in Waldhausen. Ein herrlicher Sommertag kündigt sich an, sodass Lodenjanker und Steirerhut, Attribute eines kernigen Steyr-Fahrers im Hotelschrank verbleiben. Durch Wiesen und Wälder zieht eine sehenswerte Steyr-Kolonne im "Land der Berge" ständig leicht bergauf. Inmitten der Urtyp aller, zerpflügt ein Steyr II mit seinem Spitzkühler die noch frische Morgenluft in zwei Hälften. Ebenfalls eine Neuvorstellung in Österreich, vor nicht allzu langer Zeit war dieses Auto in Norwegen beheimatet. Auf dem Titelblatt der Allgemeinen Automobil- Zeitung Wien, vom 15. August 1923 wird verkündet, König Gustav von Schweden hat auf dem Ausstellungsstand der Marke Steyr in der Gotenburger Automobilausstellung einen Steyr Sechszylinder bestellt. Da war es doch eine Selbstverständlichkeit, dass Autler aus dem Nachbarland sich ebenfalls für Steyr erwärmen konnten.
Am Fuße der Kathedrale, "Land der Dome", werden die Autos geparkt, die Besatzungen machen sich auf den Weg, das Innere des Gotteshauses zu besichtigen. Für mich eine gute Gelegenheit, alleine auf dem Parkplatz, weitere Gustostückerl zu genießen. Da wäre ein 30 S Kabriolett zweitürig, der Besitzer Heini N. ist, wie an allen bisher stattgefundenen Steyr-Treffen, aus Innsbruck per Achse angereist. Bemerkenswert und wenig bekannt ist die Nordafrikafahrt des Grafen Ostrovski, der im November 1932 mit dem neuen 30 S die schwierige Rundstrecke Algier – Ghardaia – Timimoun – Adrar –Beni Abes – Colomb Bechar – Ain Safra – Oran – Algier defektlos durchfuhr.
Der aufmerksame Leser merkt schon, wir sprechen jetzt von einem Modell mit arabischen Ziffern. Wie kam es dazu: Die römische Ziffer "XX" war noch unkompliziert genug, um als Typennummerierung verwendet werden zu können, über die XX hinaus hätten sich wahrscheinlich kleine Komplikationen und jedenfalls umständliche Schreibweisen ergeben, weshalb beim "Dreißiger" auf arabische Ziffern übergegangen wurde. Außerdem wurde der "30" alsbald ebenso wie seine Vorgänger ohne Hinzufügen seines Markennamens bekannt, war doch "STEYR" in der kleinen Alpenrepublik mittlerweile derart populär, dass sich dessen Nennung erübrigte.
ImageNach Weihwasser und Myrrhe bewegen wir uns über die Landesgrenze ins niederösterreichische Waldviertel, wiederum führt uns die Route ständig leicht bergauf, durch dunkelgrüne Wälder. Die Orte Bärnkopf, Gutenbrunn und Martinsberg werden passiert. Das Roadbook weist auf eine Tankmöglichkeit im Ort hin. Der Tipp war goldrichtig, denn wer nach einer Tankstelle mit Neonbeleuchtung, mehrere Tankinseln mit Selbstbedienungssäulen inmitten großer Parkflächen, wie wir sie heute gewohnt sind, Ausschau gehalten hätte, wäre also glatt vorbeigefahren. Tanken war damals und ist anscheinend auch heute noch im Waldviertel eine persönliche Angelegenheit. Das Benzin sprudelte aus einer kleinen rundlichen Säule an der Hauswand eines ehemaligen Kolonialwarengeschäftes, der Tankwart empfahl außerdem unbedingt eine Ölstands-Kontrolle. Bezahlt haben wir dann allerdings Preise von heute in Euro.
Bald, es sind nur wenige Kilometer, erreichen wir unser zweites Etappenziel: eine Whisky- Brennerei in Roggenreith. Familie Haider errichtete diese 1. Whisky-Brennerei Österreichs anfangs der 90 Jahre mit EU-Fördermittel und erwartet uns zu einer Führung durch die Brennerei mit anschließender Verkostung. Damit sind wir auch beim Titel:
"STEYR or WHISKY"! Zur Ehrenrettung aller Teilnehmer, die erstandenen Whiskyprodukte verschwanden alle in den Kofferräumen. Kein einziger ST EYR ist am Parkplatz stehengeblieben, alle Fahrer haben nach einer klitzekleinen Kostprobe ihre Automobile dem Whisky vorgezogen. Verführerisch wars trotzdem, kristallklares Wasser, bodenständiger, goldgelber Waldviertler Roggen, destilliert in ansprechend glänzenden Kupferkesseln und gelagert in Holzfässern, gefertigt aus heimischer Manhartsberger Eiche.
ImageDa wir mit Roggenreith, den höchst gelegenen Punkt mit 820 m Seehöhe unserer Rundreise erreicht haben, geht es nun bergab über Pöggstall, dem "Meran des Waldviertels", so kündet zumindest eine Werbetafel an, nach Maria Taferl zur Mittagsrast. Das freut Fahrer der nächsten Neuvorstellung: Vor wenigen Wochen bei einer Auktion nach einem dramatischen Bietergefecht erstanden, mischt ein Steyr 55, mit geöffnetem Stahlschiebedach, flott mit. Im Windschatten ein weiterer Kleinwagen, ein Steyr-Opel. Ein fehlgeschlagener Versuch von Steyr mit einem kostengünstigen Produkt, einem Lizenzbau des Opel P4, in der Kleinwagenklasse in Österreich Fuß zu fassen. Dies zu einer Zeit, als man kleinen Autos noch Spitznamen gab und die lauteten dann "Baby" oder "Stoppel" wie der eben genannte Steyr-Opel. "Laubfrosch, Trefle, Puppchen, Topolino und sogar Kommissbrot" wurden andere genannt, das wäre aber dann eine extra Geschichte. Bei der Einfahrt in Maria Taferl schaut es aus, als würden wir mit ganz großem Bahnhof empfangen. Eine Musikkapelle, links und rechts der Straße Menschenansammlungen, viele in grüner oder brauner Tracht, mit Goldhauben geschmückte Damen stehen Spalier, für uns?..... Weit gefehlt!
Eine Gedenkfeier "100 Jahre Attentat in Sarajevo" im Schloss Artstetten und Maria Taferl zu der 120 direkte Nachfahren von Erzherzog Franz Ferdinand und Herzogin Sophie von Hohenberg, 100 Mitglieder der Familie Habsburg-Lothringen, über 500 Vertreter von 60 Traditionsregimentern aus der ehemaligen k.u.k. Monarchie sowie Vertreter aus Politik, Diplomatie und Wirtschaft auf Schloss Artstetten, 700 Gäste aus dem In- und Ausland geladen waren, fand ebenfalls zur gleichen Zeit statt. Da stellt sich mir eine Frage: Wurde bei dieser Gedenkfeier mit einem derartigem "Pomp" in Artstettten und Maria Taferl anlässlich des Beginns des WK 1 auch zu Ehren der 17 Millionen Toten oder ausschließlich des Machtverlustes der Habsburger Dynastie gedacht?
Beim Start vom Parkplatz unterhalb der Wallfahrtskirche in die Nachmittagsetappe steht neben meinem XX ein elegantes XII Kabriolett, weinrot mit schwarzen Kotflügeln. Lilian Harvey, der berühmte Filmstar der US A fuhr Ende der 20er Jahre so einen Steyr, ebenso wie Fürst Alexander zu Dietrichstein, ein bekannter Polound Golfspieler. Gelesen in der vor kurzem ersteigerten Steyr Revue II . Jahrgang NR. 2 von 1928 zum Preis von 15.- , Damals in Schilling! Einen herrlichen Blick ins Alpenvorland genießen wir, als wir anschließend die Serpentinen von M. Taferl zur Donau abwärts fahren, vorbei am Kraftwerk Ybbs-Persenbeug, auf der Nibelungenstraße donauaufwärts mit dem Ziel, die hoch über der Donau gelegene Greinburg. Dieses Schloss befindet sich in Privatbesitz und gehört der Familienstiftung des herzoglichen Hauses Sachsen-Coburg und Gotha. Bei der Einfahrt ins Schloss bekomme ich die nächste Neuvorstellung, einen dunkelblauen XX Innenlenker vor die Kamera. Mit exakt dem gleichen Modell unternahm Fräulein Elisabeth Simon, die in Paris 1929 als schönste Frau Europas preisgekrönt wurde, anlässlich der Wiener Automesse eine Probefahrt mit dem neuen XX.
ImageAls letzte Präsentation habe ich mir meinen Topp-Favoriten aufgehoben, ein vom Zustand her gesehen, den bis jetzt vorgestellten, äußerst konträres Modell. Ein total verbrauchtes 100 Kabriolett, mit Erst-Lack in Grau, authentische Dellen und Kratzer vom Gebrauch, Ledersitze vernarbt und abgewetzt, alle Instrumente und Schalter verfärbt und abgegriffen.
Die allerletzte und kürzeste Etappe vom Schlosshof, der Donau abwärts zum Tagungsziel Hotel Aumühle genießen alle Teilnehmer. Allen voran die einzige Lenkerin unter all den Steyr- Automobilisten, Lisl M. im ebenfalls frisch restaurierten 100 Kabriolett mit der deutschen Modefarbgebung Schwarz-Rot, die zugleich den original Farbtönen entspricht.
Der Steyr-Abend, bei dem typisch österreichische Spezialitäten serviert wurden, verging viel zu schnell, an dieser Stelle herzlichen Dank an das Veranstalterteam Klaus T. und Johann E. samt ihren Gattinnen Waltraud und Christine, die sicherlich einen Großteil der Arbeiten im Hintergrund erledigt haben.
Ein stimmiges Bild am Abreisetag vor dem Hotel Aumühle ergab sich mit den Typen XVI, XX und 30. Insbesondere, wenn man den Hintergrund von XVI und XX etwas näher betrachtet. Beide Modelle gehörten in den dreißiger Jahren in den Fuhrpark der Lederfabrik Vogl in Mattighofen. Ein weiterer nachstehend angeführter 220 und ein Gräf & Stift rundeten den Firmen- Bestand ab. Mit folgenden Kennzeichen, wobei der Buchstabe C für das Bundesland Oberösterreich stand und die niederen Zahlen von 1 bis 999 der Bezirkshauptmannschaft Braunau zugeordnet, waren diese wie folgt behördlich gemeldet. C 7 Typ XVI ; C 8 220 Modell; C 10 Gräf & Stift; C 11 Typ XX.
Was fehlt noch um einigen Passagen der neu gestalteten Bundeshymnne gerecht zu werden: "große Töchter"! Nun, der aufmerksame Leser hat es bereits gemerkt, wir verzeichneten eine Dame am Lenker, zwei weitere Töchter zogen die Fäden für die Veranstaltung und last but not least, in der ausgezeichneten Hotelküche habe ich keine Männer gesehen.
Nachsatz: Am Sonntagnachmittag, der Steyr XX in der Garage, lag die Entscheidung dann bei zweiterem des Titels, die feine Note des J.H. Original RYE WHISKY umschmeichelte meinen Gaumen.
 
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