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Donnerstag, 25. April 2024
Herrlich, diese Viertaktruhe am Berg! Drucken E-Mail
Geschrieben von Hannes Denzel   

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Gahberg Memory - Oldtimerbergrennen anlässlich 40 Jahre MVCA

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An der Westseite des Attersees ragt bei Weyregg der Gahberg empor. Über eine enge, kurvig-serpentinenreiche Kleinstraße erreicht man auf 864 Meter Seehöhe seinen Gipfel, von wo man – wie auch schon unterwegs - einen wunderbaren Blick ins Höllengebirge und über den See genießen kann. Die ideale Gegend für die auch Besuchern offenstehende Sternwarte, für Pilger und Wanderer, welche die kleine hölzerne Gedächtniskapelle besuchen wollen, und für Motorrad-Fanatiker, die ohne Stress und Eile ihr Bike durch enge Kehren schwingen wollen. „Der ideale Ort also für ein Oldtimerberg-rennen“, so dachten auch die Mannen vom MVCA. Gedacht, und auch getan. Gedacht haben sie es schon in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, getan haben sie es dann erstmals 1991 mit dem Gahberg-Victory, das damals aber noch nicht so hieß. Erst im Lauf seiner fast 20jährigen  Bestandszeit erlebte das „schlichte“ Bergrennen die Metamorphose zum Kultbewerb, der nur mehr exklusiven Renn- und Tourenmotorrädern bis Baujahr 1946 einen Start erlaubte. Diese Exklusivität  führte schließlich auch zum sanften Entschlafen des Events, denn immer aufwendiger und zeitraubender gestaltete sich die Organisation, immer mühsamer umzusetzen waren die Vorschriften und Auflagen der Behörden, immer schwieriger gestaltete sich die Suche nach Sponsoren – denn alleine von den Start- und Eintrittsgeldern der Teilnehmer und Zuschauer lässt sich eine internationale Veranstaltung dieser Größe nicht am Leben erhalten.


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2009 konnte der MVCA das 10. Gahberg Victory feiern, gleichzeitig sollte es aber auch das letzte gewesen sein. „Nie mehr wieder“ war das Credo des Organisationsteams rund um Obmann Hans Preuner, aber wie James Bond schon wusste: „Never say never again“. Heuer, 2015, galt es das 40jährige Bestands-Jubiläum des MVCA  zu feiern, und solches Tun ist traditionell mit Erinnerungen verbunden. Woran erinnert man sich lieber als an die Highlights des Clubgeschehens, zu denen das Gahberg Victory unbestritten gezählt hat, und wo tut man das besser als eben am Ort des Geschehens? Noch dazu, wo in den letzten Jahren immer wieder eine Frage gleichen Inhalts aufgetaucht war: „Wann macht ihr wieder einen Gahberg?


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Nun, so sollte es denn sein. Genau wie früher, aber ganz anders. Wegen der Auflagen keine Wertung, keine Strohballen, keine Tribünen, keine Rennmaschinen ... bloß ein Treffen zum Anlass des Erinnerns, mit gemeinsamen Fahrten auf den Berg, für alle die früher schon dabei waren, und für jene, die gerne dabei gewesen wären. Also kein Gahberg-Victory, sondern ein Gahberg-Memory. „Memory“ steht im englischen ja für die Erinnerung.


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Nach Aussendung der Ausschreibung zeigte sich, dass die Veranstaltung in den 25 Jahren ihres Bestehens ins Trotzalter gekommen war, und irgendwie einen eigenen Willen bekommen hatte. Vieles ließ sich nicht so umsetzen wie geplant, dafür wurde plötzlich anderes möglich ... kurzum, letztendlich war fast alles wieder wie damals in 2009 und davor: ein Besichtigungslauf, drei Wertungsläufe, ein gemeinsamer Showrun für alle, ein Showrun nur für die Renngespanne. Baujahrsbegrenzung 1949, für Renngespanne 1979, eine Clubklasse – offen auch für Gäste – bis 1980. Dass keine Autos mehr startberechtigt waren liegt am Jubiläum. MVCA heißt ja MOTORRAD-Veteranenclub Attnang Puchheim.


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Aber es hat sich noch etwas gezeigt: viele Aussendungen – besonders ins Ausland – waren unzustellbar retour gekommen. Was natürlich mehrere Schlüsse zulässt, die aber nicht zu Ende gedacht werden wollen. Jedenfalls setzte sich letztendlich das Gros des Starterfelds aus alten Gahberg-Hasen zusammen, angereichert aber durch eine beachtliche Menge an Novizen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Liechtenstein. Und die erlebten, wie es damals war am Gahberg:  von der schönen Aussicht und der tollen Strecke über den kameradschaftlichen Zusammenhalt im schönsten Fahrerlager Europas samt Festzelt, vom exklusiven Fahrzeugmaterial bis zu den freundlichen Helfern und Funktionären des OK-Teams hin zur familiären Atmosphäre an diesem Wochenende vom 24. – 26. Juli. Sogar das Wetter war wie es am Gahberg IMMER war: einen Lauf MUSS es offenbar jedesmal verregnen ...


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Der Abschluss am Sonntag fand aber wieder bei Kaiserwetter statt, und endete mit einem melancholisch-jubilierenden Höhepunkt: bei der Rückkehr vom letzten Lauf wurde das Starterfeld beim Ziel nicht nur von vielen mit bunten Luftballons „bewaffneten“ Zuschauern und Funktionären empfangen, sondern auch von Rennpfarrer Alois Freudenthaler, dem bei der Fahrzeugsegnung von Rennarzt Dr. Walthenberger assistiert wurde – was anderes hatte der Mann zum Glück an diesem Wochenende auch nicht zu tun.


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So sah man bei der Siegerehrung im Festzelt nur strahlende Gesichter. Gesamtsieger wurde Alfons Mair mit dem ältesten Motorrad im Feld – der mächtigen Bock & Hollender aus 1906 – der gleichzeitig Sieger der Pionierklasse war und noch einen Preis dafür bekam, bei allen vorangegangen Gahberg-Rennen mit am Start (und im Ziel) gewesen zu sein. Womit er aber nicht der einzige war. Preise wurden auch vergeben für die Clubklasse, die Tourenmotorräder, die Gespanne unterteilt in Sitzer und Kneeler, die Rennmaschinen, die Harley-Davidson Sonderklasse und die Abteilung „Battle of Sound“, wo sich die kreischenden Scott-Zweitakter mit den brüllenden Rudge-Viertaktern matchten – und diesmal eindeutig die Oberhand behielten.


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Wie gesagt: Gleichmäßigkeit wurde bewertet. Wäre tatsächlich der Sound bewertet worden, hätten alleine von der Schallfrequenz weder Scott noch Rudge eine Chance gehabt. Der Autor hat sich erlaubt, eine persönliche phonetische Top-Five-Kandidatenliste aufzustellen, anhand einer Messstelle tief in seiner Magengrube. Als da wären: Gernot Grubers Ladepumpen DKW 250 SS, Kurt Reibersdorfer und die Bultaco-Puch, Markus Helfert und seine Tomos-Puch 250 SGSS, Matthias Siebenhühner aus Deutschland mit der Puch S4 250 RS, und nicht zuletzt die drehschiebergesteuerte Hummel-Kreidler von Thomas Attwenger, ein Renner der 50 ccm Klasse (die Gefahr aus dem Schnapsglas: schaut man zu tief rein, wird man blind, hört man zu nah hin, wird man taub). Wie man bemerken kann, alles Zweitakter. Was jetzt zuletzt endlich den Titel erklärt.

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