Ende oder Anfang – der Schrottplatz |
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Geschrieben von Martin Winterle | |
Heft bestellen - Ende oder Anfang – der Schrottplatz ![]() Faszination Schrottplatz Zahllose Erlebnisse aus der motorisierten Jugendzeit der heutigen 50+ Generation, zu der ich mich auch zählen darf, sind untrennbar mit den gelegentlichen Besuchen auf den, damals noch mehrfach vorhandenen, Endstationen einstiger automobiler Pracht, verbunden. Aber was hat die Erinnerung daran so intensiv wach gehalten? NEIN – ganz entschieden – NEIN! Was die Erinnerung in Bildern und Gerüchen so 100%ig ins heute herüber zu bringen vermag, war ein weinroter 220S mit cognacfarbiger Lederausstattung, viel Chrom, Kurbelschiebedach, gelben Nebelscheinwerfern, Nussholzarmaturenbrett und – angeblich nur – fehlender Batterie und (aus Sicherheitsgründen) ausgebautem Radio. Um lächerliche 10.000,- Schilling zum Mitnehmen. Für mich wären es fünf Monatsgehälter gewesen. Ersparnisse hatte ich keine, Sponsoren erst recht nicht. Zudem keinen Stellplatz, nicht die leiseste Ahnung von Mechanik, Elektrik und Spenglerei. Wie oft ich ihn bestaunt, gestreichelt und hinter dem wundervollen Lenkrad Platz genommen habe, weiß ich wirklich nicht mehr. Meine Freunde, die mich, minderbemittelten Autolosen, zu diesen Exkursionen mitnahmen, fanden nach ausgiebigen Betrachtungen und maulwurfartigen Gebärden immer etwas zum Feilschen. Gerade noch bedingt taugliche Winterreifen auf ehemals schwarzen, nun halb rostroten Stahlfelgen für den 15M Turnier vom Hans. Der Ernst suchte immer nach Veglia-Zusatzarmaturen für seine Giulia. Hätte er lieber auf die serienmäßig eingebauten geachtet, wäre ihm der kapitale Motorschaden erspart geblieben. Da ich die Reaktionen meiner Gattin nicht ausloten möchte, wenn ich nun Schälchen mit Altöl und Superbenzin, wahllos im Arbeitszimmer verteile, um das Flair beim plastischen Gestalten meiner Erinnerungen realistischer zu gestalten, werde ich es wohl besser sein lassen und meine Gedanken in die verklärte, rostige Vergangenheit begleiten ... Grundsätzliches zum Dioramenbau Das Bauen von plastischen Bildern (so die Übersetzung von Dioramen), kam in den 1960er Jahren in Mode. Vor der Jahrtausendwende schlief es wieder (fast) ein. Dargestellt wird eine bestimmte Szene, ein Landschaftsteil, ein Gebäude mit Umfeld, aktuell- oder historisch unterlegt. Aber immer so naturgetreu, wie irgend möglich. Die Gestalter kommen aus dem Kreis der Fahrzeug-, Schiff- und Figurensammler, denen das monotone Anein-anderreihen ihrer Sammelstücke keinen Kick mehr gibt. Sie wollen mit ihren Ideen Bewegung in die Sammlung bringen, etwas formen, gestalten. Wichtigstes Kriterium dabei ist die maßstäbliche Einheit aller Details. So unendlich groß die Themenvielfalt ist, so spannend ist sie gleichzeitig. Für Modellautosammler, egal ob in 1:87 oder 1:24, ist von der Rennstrecke, über Schrottplatz, Museumslandschaft bis hin zu alltäglichen Straßenszenen alles umsetzbar. Ein faszinierendes Betätigungsfeld für stressgeplagte, handwerklich und künstlerisch halbwegs begabte Bastlernaturen. Dioramen stellen die Basis der damit verbundenen Fotografie und Präsentation dar. Da jedes selbst kreierte plastische Bild ein weltweites Unikat darstellt, sind das erhoffte Erfolgserlebnis und die Anerkennung der Bewunderer, bei entsprechendem Ergebnis, garantiert. Als Basis für Bauten können Papierausschneidebögen dienen, wie sie beispielsweise die Fa. Schreiber anbietet. Diese müssen, vor dem Druck, auf den Maßstab von 1:43 vergrößert werden. Macht jede Kopieranstalt. Ausgehend von der tatsächlichen Maßstäblichkeit alter Märklin 8000er-Modelle, Tekno Busse, Corgi Toys usw., reicht eine Vergrößerung auf 1:50, je nach Art und Größe des Bauwerkes durchaus auch. Nachmessen wird kein Mensch und passen soll letztlich die Optik des Gesamtbildes. Mit welcher Raffinesse und welchem Zubehör die Gebäude dann aufgerüstet und ausgeschmückt werden, obliegt einzig dem Können und dem Geschmack des Künstlers.
Alles, außer den Gebäuden, kann von der Modelleisenbahn adaptiert werden. Streumaterial für Wiesen, Straßen, Wege, Hinterhöfe ist vom Eisenbahngeländebau genauso zu verwenden wie Bäume und Sträucher. Wie groß ein Baum ist, hängt bekanntlich von dessen Art und Alter und nicht von der Größe H0 ab. Die am echtesten wirkenden Gewächse fertigt man aus über den Winter getrockneten Kräutern und Pflanzen selber an. Ein Spaziergang im Frühling zwischen Waldrand und Flussufer kann fette Beute bringen. Mittels Nagelschere und Klebstoff entstehen Maßbäume in Einzelanfertigung. In Leimwasser getaucht und mit Streumaterial beflockt, bin ich der Herr über Sorte des Baumes und der gewünschten Jahreszeit. Sträucher sind noch leichter herzustellen. Ganze lebende Zäune können so nachgebaut werden. Zum Zusammenfügen, in Form schneiden, verkleben, beflocken, dient zwischenzeitlich ein Stück Styropor als fixierende Bodenplatte. Styropor, normalerweise lästiger Verpackungsabfall, ist sehr leicht und gut zu bearbeiten. Der billigste Kleber dafür ist gewässerter Kaltleim. Für Holzimitate, vom Bretterzaun über Reklametafeln, Wandvertäfelungen, Verkaufsbuden, Holzhütten, Sandkisten, Tische, Bänke, Vordächer, Bretterstapel, Schindeldächer bis hin zu Ladegut für Lastautos, eignen sich – Furnierreste. Diese kann man in den meisten Tischlereien erbitten. Zubehör in 1:50 bietet der Architekturmodellbau an. Aller-dings heute längst nicht mehr in jenem Umfang, wie dies noch vor zwanzig Jahren der Fall war. Aber ein Straßencafé mit Sonnenschirmen und ein paar Fahrräder müssten beschaffbar sein. Alle Beschriftungen, Firmenschilder, Verkehrszeichen, Reklamen etc. lassen sich, in die passende Größe gebracht, bei einem Streifzug durch das World Wide Web an Land ziehen. Plastisch erhaben wirken diese durch Unterlagen aus Karton oder Plastik. Versteift sind die Schilder dann auch gleich und selbst einer freitragenden Anbringung, steht nichts mehr im Wege. Dass wir Schaschlikstäbchen, Eishölzchen, Strohröhrchen und vieles andere mehr, in Hinkunft mit den Augen ihrer möglichen modellbaulichen Verwendbarkeit betrachten, ist keine Sinnestäuschung, sondern Logik. Kein Scherz – wer den Neujahrsspaziergang zum Aufsammeln von Holzstäbchen abgeschossener Silvesterraketen nutzt, hat genug Balsaholzvierkantlinge bis zur kommenden Silvesterparty. Los, auf geht‘s – bauen wir uns einen Schrottplatz! Ein Schrottplatz für (ausgediente) Spielzeugautos - Das Umfeld: Ein altes Lagerhaus mit größerem Grundstück dient als Kulisse. Büro, Teilelager und Verkauf befinden sich ebenerdig im Gebäude. Im ersten Stock liegt die Pächterwohnung. Im Hof erfolgt die Anlieferung und Zerlegung der Schrottautos. Ruinen und Restaurationsobjekte gammeln dort einträglich in offensichtlich zeitloser Bedeutungslosigkeit ihrer Entdeckung und Wiederbelebung entgegen. Dieses Werkzeug sollte bereit liegen: Kugelschreiber, Bleistift, Notizblock, Spitzer und Radiergummi, Filzstifte, Buntstifte, Lineal und Dreieck, Papierschere und Modellbaumesser nebst Ersatzklingen, Beim Gumhold Bausatz können Türen und Fenster, optisch in die Mauer vertieft verbaut werden, was sehr gut aussieht. Sollte das Gebäude später mittels Flachbatterie, Fassung, Lampe und zwei dünnen Drähten, beleuchtet werden, dürfen die Fenster nicht mit Karton hinterlegt werden. Nie einen Fensterrahmen unter einmal kleben. Immer Seite für Seite mit Trockenpause. So wird das nervige Verrutschen verhindert. Alle Kanten sauber vorfalzen und jeden Einschnitt exakt zu Ende schneiden. Niemals reißen, aber Ecken mit dem Bastelmesser nachputzen. Runde Partien von Fenstern und Türen trennt man am leichtesten mit der Stecknadel von der Front ab. Ecken mit Stecknadelloch markieren, mit Messer heraustrennen. Bleiben die punktierten Linien sichtbar (was leider vorkommt), hilft retuschieren mit Bleistift oder Farbstift, je nach dem. Reste von Bausätzen können später anderwärtig verwendet werden, daher nicht wegwerfen. Blumenkästen, Dachrinnen, und Straßenlaternen machen sich immer gut und sind einfach zu fertigen. Die unterschiedlich hohen Mauern werden aus Styroporresten geschnitten. Mit Fixierstiften aus Zahnstochern werden diese mit Kaltleim auf dem Boden geklebt. Nur Styroporkleber oder Kaltleim, aber keinesfalls UHU oder Pattex verwenden!
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