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Donnerstag, 28. März 2024
Alte(s) Laster Drucken E-Mail
Geschrieben von Martin Winterle   

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Spielten die Knaben der Wende zum 20. Jahrhundert mit Pferdefuhrwerken, so lösten diese unmittelbar nach dem Erscheinen der Originale Miniatur-Lastwagen ab.

Wenige Jahre waren vergangen, seit die ersten Personenwagen Konstruktionen auf den Straßen dahin keuchten, als erste Lastwagen und Omnibusse mit Benzinmotoren hergestellt wurden. Bereits im Jahre 1893 präsentierte Panhard & Levassor ein kleines Transportfahrzeug. 1895 montierte Benz & Cie. einen Omnibus auf ein verstärktes PKW-Fahrgestell. Ein Jahr später begann die Daimler-Motoren-Gesellschaft mit der Herstellung von Lastkraftwagen. Bedeutend war ab 1903 die LKW-Fertigung bei Büssing in Braunschweig.

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Vor 1918 produzierten alleine im Deutschen Reich nicht weniger als 114 Fabriken Lastwagen. Darunter waren nur wenige dampfgetriebene Fahrzeuge. Manche Fabrikate existierten nur kurze Zeit. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges verhalf dem LKW zum Durchbruch. Bis dahin scheuten viele Transportunternehmer wegen der hohen Preise und ihrer Störungsanfälligkeit den Wechsel vom altbewährten Pferdefuhrwerk hin zu dieser richtungsweisenden Erfindung. Damals war der Vierzylinder-Benzinmotor mit 30–50 PS das Maß der Dinge. Schwere Dampflastwagen waren in den USA aber auch in Frankreich und England bis in den Ersten Weltkrieg hinein im Einsatz. Um die Achslastverteilung zu verbessern, kamen in den 1920er-Jahren Dreiachs-Lastkraftwagen in den Verkehr. Das schwerwiegende Bremsproblem löste die Erfindung der Druckluftbremse. Als wichtigste technische Entwicklung gilt die Konstruktion des schnell laufenden Dieselmotors für Fahrzeuge ab Mitte der 1920er-Jahre.

Die überwiegende optische Erscheinungsform dieser Zeit war der offene Pritschen-LKW, nicht selten mit Plane und hohen (aufgesteckten) Bordwänden versehen. Der sog. Schnelllaster wurde vielfach mit geschlossenen, lackierten Aufbauten in Holz-/Metallbauweise geordert. Die glatten Flächen der Seitenwände sowie die hinteren beiden Türflügel stellten die idealen Flächen für Reklame dar. Von Anfang an konnten Spezialaufbauten wie Feuerwehrleiterwagen, Langgutfuhrwerke, Müllabfuhr- und Brauereiwagen geliefert werden. Bei Überlandlastern war vor dem Zweiten Weltkrieg der geschlossene Aufbau selten anzutreffen, am ehesten noch als Möbeltransporter großer Speditionen. Nahezu alle LKWs konnten mit Anhänger gefahren werden, in Deutschland bis 1952 sogar mit deren zwei.


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Die Entwicklung nach 1945 war aus den Erkenntnissen an den Fronten beeinflusst, wie z.B. mehrere angetriebene Achsen. Der Dieselmotor verdrängte den mit Benzin arbeitenden nach und nach gänzlich, dazu kam später der Abgasturbolader. Von der Optik her war der Frontlenkertyp ab den 1950er-Jahren eine Novität im Straßenbild. Neben dem Lastwagen mit Anhänger kam immer mehr der Sattelzug in Mode. So sind beide Arten heute bestimmend im Verkehrsbild. Wenn sie auch manchmal unbestritten nerven, wir sollten nie vergessen – sie bringen, was wir täglich zum Leben brauchen!

Spielten die Knaben der Wende zum 20. Jahrhundert mit Pferdefuhrwerken, so lösten diese unmittelbar nach dem Erscheinen der Originale Miniatur-Lastwagen ab. Unbestritten die Nummer eins dabei, Leiterwagen der Feuerwehr. Buben, damals wie heute ziehen zum Spielen einen Lastwagen jedem Rennauto vor. Bereits die kleinsten „arbeiten“ lieber mit einem Laster, als das sie mit einem Sportwagen „fahren“. Lastautos gab es in allen Preislagen von kleinen hölzernen Modellen aus Seifen im Erzgebirge, bis hin zu aus lithographiertem Blech gefertigten Superteilen für die Kinder begüterter Eltern.


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Ab den 1920er-Jahren dann auch aus billigem Guss gefertigte Massenware „Made in USA“. Selten, wertvoll und dementsprechend teuer sind alle Lastwagenmodelle, die aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg stammen. Aus den 1950er- und 1960er-Jahren sind uns wundervolle Blechmodelle in Erinnerung. Die meist aus deutscher Fertigung stammend, einen hohen Spielwert aufwiesen, robust und langlebig, leider auch teuer waren. Dazu kamen Modelle aus Kunststoff (Hart- und Weichplastik), die in ihrer einfachen Machart Sandkisten tauglich waren. Und es gab teure, teils aufwendig gemachte Modelle aus Zinkdruckguss. Von den kleinen Matchboxmodellen und ihrer vielen Derivate, bis hin zu den in 1:40 bis 1:50 gefertigten Modelle für den Kinderzimmerboden.

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Nicht zu vergessen die von der KFZ-Industrie in Auftrag gegebenen Werbemodelle. Das Spektrum reicht vom offenen Laster mit und ohne Anhänger, über Tankwagen, Feuerwehrfahrzeuge, Autotransporter bis hin zur militärischen Kraftfahrt. Ob zivile Modelle lediglich, sonst unverändert in mattes olivgrün getaucht wurden, oder Spezialtransporter für Panzer und Raketen darstellten, der LKW zog in den Krieg, auch im Kinderzimmer.

Alle namhaften Erzeuger von Spielzeugautos bauten ausnahmslos auch Lastwagen. Als Spielens wert auch in dieser Zeit, erstrangig Feuerwehrmann mit eigenem Spielzeugauto oder Auf- und Abladen von Sand bis Legosteinen. Erst ab etwa 1970 kam auch im Modell der Fernzug als Sattelschlepper in die Spielzeugläden, verdrängte den Hängerzug aber nie.

Die größte Masse an Lastautos aller Typen, mit allen nur erdenklichen Aufbauten, entsteht aber seit den 1950er- Jahren als Zubehör für die Modelleisenbahn der H0 Größe, also in 1:87 bzw. 1:90. In Salzburg produzierte die Firma ROKO sehr schöne zivile und militärische Modelle. Alleine eine Wiking-Sammlung aller Lastwagen zusammen zu tragen – ein Ding der Unmöglichkeit. Obwohl für die Eisenbahnlandschaft erdacht, entwickelten diese Miniaturen längst ein Eigenleben als Sammelobjekt. Diese Gattung überlebte bis heute und bringt regelmäßig hochwertige Neuheiten auf den Markt. Der klassische Spielzeug-Lastwagen endete parallel zu Personenwagenmodellen in den 1980er-Jahren. In Sammlungen liebevoll gepflegt wird aus manchem alten Laster ein – alte(s) Laster.

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