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Freitag, 26. April 2024
Steirerbiene mit großer Klappe Drucken E-Mail
Geschrieben von Hannes Denzel   

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Puch 125 Laro Baujahr 1956

Kaum hatte Piaggio den zweirädrigen Trendsetter namens Vespa (= Wespe) mehr als erfolgreich auf den Markt gebracht, stellten die Konstrukteure in Pontedera dem angriffigen Motorinsekt eine wahre Arbeitsbiene zur Seite, die sie auch so benannten: Ape heißt nämlich zwar im englischen „Affe“, auf italienisch bedeutet es aber schlicht „Biene“.


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Die „Biene“ hatte drei Räder, ein gelenktes vorn, zwei angetriebene hinten, und darüber eine offene Ladefläche. Zumindest in der Version, die 1947 vorgestellt und vom 125er-Motor der zweiten Vespa-Serie angetrieben wurde. Ein praktisches und wendiges Gerät, das Gefallen bei Kleinhändlern, Transportunternehmen und jeder Form von Behörde fand – von der Post bis zur Polizei. Und das sich millionenfach in alle Welt verkaufen ließ – in allen Varianten von 50 bis 400 ccm, mit Ladefläche oder als Kastenwagen, mit offenem Aufbau oder geschlossener Fahrerkabine – und immer noch verkaufen lässt: Seit 2007 wird die Biene in Indien gebaut und ist besonders im asiatischen Raum überall anzutreffen.


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Was Italienern, Asiaten und sonstigen Bewohnern unseres Erdballs billig ist, sollte den Alpenbewohnern recht sein, dachten wohl die Konstrukteure im Hause Puch, und bauten auch ihren bewährten Roller zu einem Lastentransporter um: Der 125er-Roller der Type RLA wurde seines gesamten Vorderbaus beraubt, an eine PKW-Achse (die vermutlich vom 500er-Fiat stammt, der ja auch von Steyr-Daimler-Puch in Lizenz gebaut wurde) angekoppelt und mit einem Ladekasten versehen. 800 Liter Frachtgut passte unter die große Klappe, hinter der ein hochaufragendes Schutzschild mit angedeutetem Dach dem Transportfahrer den Job bei Schlechtwetter so komfortabel wie möglich machen sollte. Für Komfort sorgte auch die Einzelradaufhängung mit der quer führenden Blattfeder. Weil 530 Kilo Gesamtgewicht (inklusive Nutzlast von 200 kg) mit nur einer Person im Sattel ja in Schwung gebracht werden wollen, hatten die Puch-Techniker sowohl die Primärübersetzung als auch die zum Hinterrad angepasst – ausreichend Verzögerung versprach eine hydraulische Einkreis-Bremsanlage, die mit dem Fuß betätigt wurde.  

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Wer waren jetzt die Lastfahrer, die mit den grünen Steirerbienen – die großen Flächen des Laro sorgten wohl auch dafür, dass endlich die letzten Reste der noch aus dem Krieg gebunkerten armeegrünen Farbbestände aufgebraucht wurden – ihrem Job nachgingen? Auf Wochen-, Fleisch- und Gemüsemärkten jedenfalls waren keine Laros anzutreffen. Die Post – für ihre Briefträger respektive Paketzusteller – war mit 100 Stück der Hauptabnehmer der insgesamt 233 gebauten Laros und lackierte ihre Geräte in Postgelb/Schwarz um – beinahe Bienen-farbig eben. Einzelexemplare waren als Straßenkehrmaschinen oder Müllwagen im Dienst, viele standen auch im Dienst anderer Behörden oder Magistrate, auch private Zustelldienste oder lokale Greißler vertrauten dem Laro.


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Zwei Stück gehörten dem ORF, der „Österreichischen Rundfunk GesmbH“, einer Gesellschaft, die unter diesem Namen am 11. Dezember 1955 in Anwesenheit von Bundeskanzler Julius Raab, Vizekanzler Bruno Pittermann und Unterrichtsminister Heinrich Drimmel gegründet wurde und mit 1. Jänner 1958 zur Ausstrahlung des Radio- und Fernsehprogramms berechtigt war (lt. Wikipedia). Die Laros halfen fleißig mit, Kameras, Filmmaterial, Beleuchtungsgeräte oder Sendemasten zu transportieren. Trotz dieser „belastenden“ Tätigkeit hat (mindestens) einer der beiden überlebt und gehört heute dem oberösterreichischen Sammler Alfons Mair, der dem treuen Muli eine aufwendige Restauration gegönnt hat – natürlich mit wiederhergestelltem Firmenaufkleber und lackiert im militärischen „Ungarn-Grün“!

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