Landpartie und die Lust auf Ästhetik |
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Geschrieben von Wolfgang M. Buchta | |
Papa, warum haben alte Autos so große Lenkräder? Vater, sind alle Ferraris rot? „Das Schöne ist das Bessere!“ Formen, die zeitlos sind, noch heute den guten Geschmack treffen, werden anlässlich der 22. Ötztal-Classic im Tiroler Oberland durch die Gegend rauschen. Die zu bewundernden Autos stammen kaum aus Museen, sind oft Alltagsgefährten der Besitzer, eine angenehme Zeiterscheinung, ein Gebrauchsgegenstand, geben sich so wie die guten Roten aus dem Piemont, der Toskana, dem Burgenland und der Steiermark. Gut ist was das Auge erfreut, das Gehör zum Staunen bringt und in der Nase mit feinen, ehrlichen Düften von halbverbrannten Treibstoffen das Oldtimerherz zum Springen bringen. Die stolzen Fahrer umgreifen ein blank poliertes riesiges Holzlenkrad, schalten auf langen Wegen die wenigen Gänge, und auf einmal spürt man ihn, den Atem der Rennsportgeschichte. Legenden kommen einem in den Sinn: Rindt, Clark, Fangio, und jetzt du, der in einem der klassischen Autos sitzt und den die Besucher bestaunen. Die Route der Ötztal-Classic ist für Freunde der Navigation ein leichter Happen, hohe Fahrkunst ist hingegen Voraussetzung, denn es gilt 180-Grad-Kehren, schmale, unübersichtliche Kurvenorgien im Hochgebirge und dünne Luft zu überwinden. Nur wer etwas wirklich ernst nimmt, bringt auch etwas wirklich Außergewöhnliches zuwege. Fahrer und Beifahrer müssen sich am Riemen reißen, damit sie dem Charme der Kulisse nicht allzu oft erliegen, denn sonst rückt der Stockerlplatz in weite Ferne. Natürlich haben es PS starke, rote Sportwagen auf den Tiroler Gebirgsstraßen einfacher als schwachbrünstige Familienautos. Da kann es gut sein, dass aus dem einen oder anderen Auto die unsterbliche Musik von Janis Joplin zu vernehmen ist: „Oh Lord, won`t you buy me a Mercedes Benz. My friends all drive Porsches...“ Hat man in seinem Oldtimer Platz genommen, so gilt sowieso nur eines: Die schönste Verbindung zwischen zwei Punkten sind viele Kurven der Bergstraßen, ein spiegelglatter Asphalt, dann messen Enthusiasten den Pulsschlag in Umdrehungen pro Minute und lesen diesen von einem nicht vorhandenem Drehzahlmesser ab, hören am besten auf die Ansage des Co-Piloten, die Fliehkraft der Kurvengeschwindigkeit wird dabei, frei nach Niki Lauda, mit dem Hintern in Zehntel-Gs wahrgenommen.
Programm - 22. Ötztal Classic 6.-8. August
12:12 Uhr Start in Steeg Richtung Kaisers und retour
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