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Donnerstag, 25. April 2024
Kennen Sie Den? Ascort – Der Karmann Ghia von „Down Under“ Drucken E-Mail
Geschrieben von Wolfgang M. Buchta   

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Sie kennen sich also mit Autos aus, schließlich lesen Sie ja regelmäßig Austro Classic, aber in der Literatur finden sich rund 16.000 Auto-marken.

Kennen Sie den?

Mirek Craney (geboren am 3. Juli 1925 als Miroslav Krajnik in der damaligen Tschechoslowakei) hatte in Prag Kunststofftechnik studiert, ehe er 1950 nach Australien emigrierte, wo er sich schließlich in Sidney ansiedelte.

1957 heiratete er „seine“ Anna und wie viele junge (und auch ältere) Menschen dieser Zeit träumten die beiden von einem schnittigen Sportwagen, und es sollte nicht beim Träumen bleiben, denn Anna und Mirek waren sozusagen des „Traumpaar“ der Eigenbauautobewegung – Mirek hatte Erfahrung mit Fiberglass, dem neuen Wundermaterial des Boots- und Automobilbaus, und Anna war eine begabte Interior-Designerin. Als „Zusatzqualifikation“ war Mirek Importeur von Okrase-Tuningsätzen für VW-Motore und er (oder ein Freund, das ist nicht so klar überliefert) besaß zu diesem Zeitpunkt einen Karmann Ghia, der mit einer „Okrasa TSV 1300“ aufgerüstet war. Vielleicht könnte man das aber noch besser machen …


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Damit war der weitere Weg vorbestimmt und logisch, und Familie Craney begann alle gewünschten Verbesserungen in einer langen Liste zusammenzuschreiben – übersichtlich, gute Belüftung, großer Tank für gute Reichweite, geräumiger Kofferraum, Sicherheit (Gurten, Knautschzone und Überrollbügel), …

Mit der Gründung der „Continental Coachworks Pty Ltd“, an der sich zahlreiche Freunde mit kleineren oder größeren Summen beteiligten, kam der große Schritt vom Traum zur Realität. Um 1958 konnten die beiden ein Modell im Maßstab 1:4 vorzeigen, das einen formschönen Sportwagen darstellte und einen guten Eindruck gab, was da in Sidney im Entstehen war.

Das kleine Team begann mit dem Bau eines Gipsmodells in Originalgröße, von dem dann die sechs Formen für die Karosserie abgenommen wurden. Der Wagen sollte mehr sein, als eine simple, dünnwandige Fiberglas-Karosserie, die dann auf eine Käferbodenplatte geschraubt wurde, sondern eine solide Konstruktion mit doppelwandigen Strukturen.

Am 22. Oktober 1959 vermeldete die „Australian Post“, dass bereits vier Bestellungen vorlägen. Sobald der erste Prototyp mit seiner VW-Bodenplatte und dem getunten Käfermotor vermählt worden war, wurde dieser umfangreichen Tests und Verbesserungen unterzogen.

Wenn nicht am Prototypen geschraubt wurde, widmeten sich unsere jungen Freunde der Namenssuche – persönlich, beschützend, ein treuer Begleiter, … waren ein paar Schlagworte, die dabei fielen. Begleiter, also „Escort“ auf Englisch schien ein guter Name, solange bis ein kleiner Van von Ford mit dem Namen Escort im Blickfeld auftauchte (der spätere Bestseller Escort lag noch zehn Jahre in der Zukunft) – so wurde aus dem „Escort“ der „Ascort“, der sogar den Vorteil hatte, dass er im Alphabet weiter vorne stand.


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Anfänglich bestanden große Zweifel, ob ein derartig qualitativ hochwertiges Auto, wie es den beiden vorschwebte, kostendeckend produziert werden könnte, aber dann kam Bill Daly vom „Modern Motor Magazine“, borgte sich den Ascort als Testwagen aus und war begeistert. Er kommunizierte das seinen Lesern, und bald folgten enthusiastische Berichte in weiteren Magazinen in Australien, Großbritannien und Amerika. Um das Glück zu vervollkommnen, wurde die „Continental Coachwork Pty Ltd“ eingeladen, den Ascort auf der 1959 Melbourne Motor- Show zu präsentieren, kostenlos!

Mit so viel positiver Publicity konnte eigentlich nichts mehr schief gehen, und für das Jahr 1959 wurde optimistisch die Fertigung von 42 Fahrzeugen geplant, von denen ein Drittel in den Export (vor allem in die USA) gehen sollte.

Nach dem anfänglichen Enhusiasmus kamen die Mühen der Ebene, und bald musste der Perfektionist Mirek erkennen, dass der Bau eines handgefertigten Qualitätssportwagens doch recht aufwendig war, auf jeden Fall aufwendiger, als geplant. So entstanden vorerst einmal wahrscheinlich 12 Stück – die erratische Nummerierung schafft da einige Verwirrung – von denen der „Chef“ einen eigenhändig gegen einen Baum fuhr. Die Sicherheitsausrüstung bewährte sich – Mirek blieb praktisch unverletzt – aber aufwendige Reparaturarbeiten standen an.

Ein Exemplar ging nach Neuseeland und Anna Craney erzählte, dass ein Ascort in die USA gegangen, was aber bis heute nicht belegt ist …

Nach den ersten 12 Exemplaren setzten die Probleme ein. Anna und Mirek bekamen zu dieser Zeit ihr erstes Kind – OK, Kinder sollte man vielleicht nicht als „Probleme“ bezeichnen – und hatten plötzlich veränderte Prioritäten.


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Volkswagen war auf einmal nicht mehr bereit, die „Continental Coachwork Pty Ltd“ mit Teilen zu beliefern, vermutlich weil die Herren in Wolfsburg den Sportwagen aus Sidney als Konkurrenz zum Karmann Ghia sahen. Zu Recht, weil man erkennen muss, wenn man die zeitgenössischen Testberichte und Vergleichstests liest – der Karmann Ghia war fast immer leistungsmäßig und auch optische Zweiter …

Nach reiflichen Überlegungen entschied man sich – trotz 57 fixen Bestellungen, für die auch schon Geld geflossen waren –, das Projekt zu beenden. Die Anzahlungen wurden refundiert und die Produktion eingestellt. Mirek konzentrierte sich statt dessen mit seiner anderen Firma „Hermex Corporation“ auf den Import von Maschinen für die Fiberglas-Verarbeitung, was die Familie bis zu Mireks Ableben im Jahre 1982 offenbar recht gut versorgen sollte. Für endlose Diskussionen unter den einschlägigen Sammlern sorgt die exakte Stückzahl. Heute gilt die Zahl 19 – 1 Prototyp, 15 komplettierte Ascots und 3 unfertige Karosserien – als am wahrscheinlichsten. Davon dürften 13 Stück – in verschiedensten Erhaltungszuständen – überlebt haben.

 PS: Die „Continental Coachwork Pty Ltd“ produzierte auch Flugzeugtanks aus Fiberglas und auch einige wenige „Ascort Sonic“ Sportboote, deren Produktion auch zu ungefähr dieser Zeit eingestellt wurde. Ob davon eines überlebt hat, ist nicht bekannt.

PPS: Familie Craney hat im Laufe der Jahre mehrere verschiedene Ascorts besessen und für zumindest 16 Jahre als einziges Familienauto genutzt.


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